Protokoll der Sitzung vom 24.06.2009

Wird das Wort gewünscht? – Herr Gwosdz, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir das Thema Produktionsschulen heute hier debattieren, denn mit der Einrichtung von Produktionsschulen verwirklichen wir nicht nur das grüne, sondern, wie ich glaube, un

(Britta Ernst)

ser aller gemeinsames Ziel, gesellschaftliche Teilhabe für genau die Jugendlichen herzustellen, die vom sonstigen schulischen Angebot nicht profitieren können, die wir durch das bisherige System abkoppeln, statt sie anzukoppeln. Die Produktionsschule als Erfolgsmodell aus Dänemark und auch aus Altona erhöht die Chancen vieler Jugendlicher auf dem Arbeitsmarkt. Diesen Baustein der Bildungsoffensive will ich hier noch einmal näher vorstellen und in Erinnerung rufen.

Im Koalitionsvertrag mit der CDU haben wir erfreulicherweise vereinbart, dass neue Produktionsschulen in freier Trägerschaft geschaffen werden mit dem Ziel, in allen Bezirken Produktionsschulen mit insgesamt bis zu 500 Plätzen einzurichten.

(Beifall bei der GAL und bei Dittmar Lemke CDU)

Bereits ein Jahr nach Verabschiedung des Koalitionsvertrags leiten wir die konkreten Schritte in diese Richtung ein. Wir verfolgen damit konsequent den Weg, den Verbleib viel zu vieler Schülerinnen und Schüler in viel zu lang andauernden Warteschleifen zu reduzieren. Das gelingt im Wesentlichen mit einer stärkeren Praxisorientierung. Diese Praxisorientierung ist der Produktionsschule zu eigen. Davon abgesehen bieten die Produktionsschulen auch die Möglichkeit zum Nachholen eines Schulabschlusses, dieser steht allerdings nicht im Vordergrund und das ist ein Vorteil, denn es geht darum, genau die Jugendlichen zu erreichen, die schulmüde sind, die von Schule enttäuscht sind und für die ein Schulabschluss erst einmal nicht im Vordergrund steht. Gerade dass der Fokus auf dem Anschluss und nicht dem Abschluss liegt, schafft einen außerschulischen Ansatz, der sich längst bewährt hat. Praxisorientierung und das gestaltende Element in einer Produktionsschule sind für die Zielgruppe, die wir im Blick haben, genau angemessen und auf sie abgestimmt. Die Schülerinnen und Schüler erwerben Fachwissen und Fähigkeiten, die nicht unmittelbar zu einem Hauptschulabschluss führen mögen. Aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass gerade dieser Ansatz das Interesse nicht nur am Beruf, sondern dann auch wieder an schulischen Abschlüssen weckt. Die erlernten Fähigkeiten und die erbrachten Leistungen werden zertifiziert und in den weiterführenden Ausbildungsgängen verwendet. In den Produktionsschulen, und das ist das Wichtige, wird die Lust am Tun geweckt. Und das ist ein wirksames Mittel, dann auch wieder zum Hauptschulabschluss oder zu weiteren Schulabschlüssen zu motivieren.

Um den Erfolg der Produktionsschule einmal zu verdeutlichen, nenne ich einige Zahlen aus Altona, wo wir seit zehn Jahren eine Produktionsschule haben, die bemerkenswerte Ergebnisse erzielt. Die Altonaer Produktionsschule bringt 42 Prozent ihrer Schülerinnen und Schüler direkt in Ausbildung.

Das klingt jetzt erst einmal vielleicht nicht so toll, aber man muss diese Zahl vergleichen mit den Ergebnissen der üblichen Berufsvorbereitungsmaßnahmen, in denen diese Jugendlichen sonst sind. In Altona gehen 42 Prozent direkt in Ausbildung, in anderen Maßnahmen aber nur 8,4 Prozent, direkt in Arbeit schaffen es 15,4 Prozent, aus anderen Berufsvorbereitungsmaßnahmen nur 4,4 Prozent. Auch beim Übergang in weiterführende Bildungsmaßnahmen ist die Produktionsschule Altona mit 19 Prozent deutlich erfolgreicher als das Berufsvorbereitungsjahr mit 12,8 Prozent.

Das heißt, Produktionsschule hat sich in Hamburg bewährt, und deswegen ist es auch konsequent, dieses Modell auszubauen. Die Behörde wird mit den freien Trägern, die diese Produktionsschulen einrichten werden, natürlich auch verbindliche Kennzahlen über den Verbleib der Schülerinnen und Schüler vereinbaren. Es wird sehr wohl darauf geachtet, dass die in der Produktionsschule erlernten Kompetenzen im Anschluss nicht unbeachtet verpuffen. Wichtig ist auch, dass die Produktionsschule nur ein Baustein im Gesamtkonzept der Reform des Übergangssystems Schule – Beruf ist. Wir haben nirgendwo behauptet, die Einrichtung der 500 Produktionsschulplätze sei die einzige Maßnahme bezüglich des Übergangs in den Beruf, wie uns manchmal vorgeworfen wird. Wie Sie alle wissen, haben wir und hat die Behörde gerade das Rahmenkonzept für die Reform des Übergangssystems Schule – Beruf entwickelt und vorgelegt, die Produktionsschule ist nur eine Alternative in diesem neuen System zur Ausbildungsvorbereitung.

Allen Unkenrufen zum Trotz also konzentriert sich die Behörde für Schule und Berufsbildung nicht nur auf die Reform der Allgemeinen Schulen, das Übergangssystem Schule – Beruf wird nicht vernachlässigt, sondern es ist ein überzeugendes Konzept erarbeitet worden. Und dieses Konzept, das eben vorgestellt wurde, ist nicht nur eine Pflichtübung. Im Gegenteil, das hat die Präsentierung des Rahmenkonzepts für die Reform des Übergangs Schule – Beruf gezeigt, die Senatorin hat diese Reform des Übergangssystems mit allen wesentlichen Partnern abgestimmt. Handelskammer, Handwerkskammer, Unternehmensverband Nord und der Deutsche Gewerkschaftsbund stehen hinter diesem Konzept und dieser Konsens ist eine ganz wesentliche Bedingung dafür, dass das Konzept nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch in der Praxis wirken kann. Dieser Konsens ist ein gelungenes Beispiel für engagiertes, ernsthaftes und verantwortungsvolles Regierungshandeln, dafür gilt an dieser Stelle auch einmal der Dank an die Senatorin und an die Behörde, diesen Konsens erreicht zu haben.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Das Rahmenkonzept für die Reform des Übergangssystems und der heutige Beschluss zur Einführung weiterer Produktionsschulen als ein erster Baustein in diesem Übergangssystem zeigen, wie ernst es CDU und GAL ist, die Zukunftschancen aller Jugendlichen zu verbessern, und zwar in der Praxis und nicht nur auf dem Papier. Konkretes Tun und vorzeigbare Ergebnisse, dies Produktionsschulprinzip gilt auch für unser politisches Handeln. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Lemke.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich schließe mich zunächst den Ausführungen meines Vorredners, Herrn Gwosdz, an und ich habe dem eigentlich gar nicht viel hinzuzufügen. Vielleicht noch einige politische Gedanken.

Ich erinnere mich daran, dass in den Ausschussberatungen von der Opposition Kritik daran geäußert wurde, dass kein Gesamtkonzept vorliege. Dieses Gesamtkonzept haben wir inzwischen. Der Senat und die Regierungsfraktionen streben eine völlige Neuordnung und Systematisierung des Übergangssystems Schule – Beruf an. In diesem Sinne ist die Einführung der Produktionsschulen ein Baustein, dies Wort ist eben auch schon gefallen, und zwar ein auch für die CDU-Fraktion sehr wichtiger Baustein.

Dieses Übergangssystem muss sehr verschiedenen Anforderungen gerecht werden. Die Produktionsschulen richten sich an Schüler, die die Schulen ohne Schulabschluss verlassen, also eine besonders problematische Gruppe von Schülern, eine Gruppe, die nur schwer einen Ausbildungsplatz findet, geschweige denn eine Aufnahme in den Arbeitsmarkt. Es ist völlig klar, dass auch diesen Schülern eine Chance gegeben werden muss, am Leben in diesem Land teilzuhaben. Es geht also um den Begriff der Teilhabe. Wenn wir das heute beschließen, dann beschließen wir auch eine besondere Hinwendung zu dieser Gruppe von Menschen. Und dies entspricht dem christlichen Menschenbild und auch dem Grundgedanken der sozialen Marktwirtschaft, die von der Anlage her allen Menschen die Chancen zu ihrer beruflichen Selbstverwirklichung eröffnen möchte.

(Zuruf von Wilfried Buss SPD – Hans-Detlef Roock CDU: Willi, was ist los?)

Herr Buss, nicht scharren und nicht murren, bitte einfach zuhören. – Das bestehende Altonaer Modell der Produktionsschule muss als sehr erfolgreich bezeichnet werden. Ein hoher Anteil der Schüler dort konnte in Ausbildung vermittelt werden. Herr Gwosdz hat die Zahlen eben schon ge

nannt, 42 Prozent der Schüler sind in eine Ausbildung gewechselt und weitere 15 Prozent direkt in ein Arbeitsverhältnis. Ich bin der Meinung, das kann man als Erfolgsgeschichte bezeichnen, und das ist Vorbild für viele Methodiken, die zum Beispiel auch an den beruflichen Schulen angewandt werden. Auch in den Berufsbildenden Schulen in Hamburg gibt es einige ähnliche Modelle, die diese Grundideen aufgreifen. Ich glaube, und es ist richtig, dass man das auch einmal sagt, dass sich zum Beispiel auch der Bereich Gartenbau der Gewerbeschule G 13 und die Berufliche Schule Recycling und Umwelttechnik G 8 in eine ähnliche Richtung aufgemacht haben und ähnliche Methodiken anwenden.

(Ties Rabe SPD: Aber die dürfen nicht!)

Ich gehe davon aus, dass gleich noch kleinkarierte Kritik von der Opposition vorgebracht werden wird. Sie werden uns sicherlich etwas erzählen über eine angeblich fehlende Fixierung der Produktionsschulen auf das Ziel, einen Schulabschluss zu erreichen. Aber diesen Kritikpunkt, ich nehme schon vorweg, was Sie zu sagen haben, kann ich nicht teilen. Die Zielsetzung der Produktionsschulen ist klar definiert. Die Schüler sollen fit gemacht werden für den weiteren Weg in eine Ausbildung. Das ist auch gerade das Erfolgsgeheimnis. Es ist ein Fakt, dass viele dieser Schüler schulmüde sind, sie erleben die Motivation jetzt neu durch die Erfahrung einer sinnvollen Tätigkeit, die zum Teil sogar unmittelbar für normale Nachfrage auf dem Markt erbracht wird. Das ist eine völlig andere Quelle der Motivation als im System Schule. Das müssen wir in den Produktionsschulen nutzen.

Im Ausschuss ist dann von der Opposition noch die Frage aufgeworfen worden, weshalb die Produktionsschulen eigentlich in freier Trägerschaft organisiert sein sollen. – Ja, genau, Sie waren das, Frau Heyenn. – Also das ist schon komisch, da kommt bei Ihnen doch wieder das Grundmisstrauen gegenüber allem Außerstaatlichen zum Ausdruck. Bei mir ist das genau umgekehrt, ich bin erst einmal misstrauisch, wenn der Staat die Dinge in die eigene Organisation einfügen will.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Das wer- den wir mal ausdiskutieren! – Ties Rabe SPD: Dass ist das Misstrauen gegen Ihre Regierung!)

Ein gesundes Misstrauen auch gegenüber Regierungen ist auf jeden Fall sehr gut. Wie dem auch sei, die Trägerschaft durch Vereine hat doch große Vorteile. Die Träger können ihr Konzept freier bestimmen, sie sind freier in der Personalauswahl und sie haben auch Vorteile bei der Sponsorensuche. Die Produktionsschulen sollen doch ihre Leistungen in bestimmtem Umfang auch kommerziell am Markt anbieten. Aufgrund dieser Umstände ist eine Produktionsschule überhaupt nur in freier Trägerschaft möglich.

(Michael Gwosdz)

Mein Wunsch an den Senat wäre die Schaffung einer Produktionsschule im Bereich Gastronomie. Auch die mittelständische Wirtschaft in Hamburg würde eine solche Bildungseinrichtung sehr begrüßen.

Meine Damen und Herren! Der Weg über die Produktionsschulen wird für eine bestimmte Gruppe von Schülern sehr interessant und erfolgversprechend sein und ich freue mich, dass wir dieses Projekt zusammen mit unserem Koalitionspartner verwirklichen können. Schwarz-Grün macht's möglich.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Frau Ernst.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man die letzten beiden Redebeiträge so hört, merkt man, dass unsere Kritik im Ausschuss Sie schwer getroffen hat; ich glaube, auch zu Recht. So richtig ausgeräumt haben Sie nicht, was wir dort gesagt haben, aber Sie müssen es sich irgendwie gemerkt haben.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen, dass alle Jugendlichen nach der Schule eine Perspektive haben, die Perspektive, einen Beruf zu erlernen, der ihnen Freude macht und der auch die Grundlage dafür bietet, dass sie ein selbstbestimmtes Leben führen können. Von diesem Ziel sind wir in Deutschland weit entfernt, wir alle kennen die Zahlen, rund 10 Prozent der deutschen Schüler verlassen die Schule ohne einen Abschluss, in Hamburg sind es über 8 Prozent, und jeder weiß, dass in heutigen Zeiten der Schulabschluss das Mindesteintrittsticket für eine Berufsausbildung ist, und in vielen Bereichen ist noch nicht einmal das ausreichend. Über die Bedeutung werde ich gleich noch etwas sagen.

Um diesen Jugendlichen zu helfen, hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren ein unüberschaubares Dickicht an verschiedensten Maßnahmen entwickelt, Maßnahmen der früheren Arbeitsämter, der Arbeitsagenturen, der Jugendberufshilfe, der Schulen von freien Trägern. Eigentlich gibt es überhaupt niemanden mehr in Hamburg, aber auch in Deutschland, der da durchsteigt. Die Website der Behörde, die einen Überblick darüber geben soll, macht das deutlich. Die Adresse ist www.ichblickdurch.de. Das ist ja schon der Hilfeschrei einer Schulverwaltung, wenn man zu solchen Bezeichnungen greifen muss, um die eigene Politik überhaupt darzustellen.

(Beifall bei Karin Timmermann SPD)

Wir haben den Überblick in Hamburg eigentlich immer noch nicht. Wir haben ihn mehrfach gefordert, wir haben immer gesagt, wir wollen eine Schwach

stellenanalyse des bestehenden Systems, aber das haben wir nie durchgesetzt. Der frühere Schulsenator Lange in der von-Beust-Regierung hat sich stattdessen damit beschäftigt, die beruflichen Schulen vollständig zu privatisieren. Das ist ihm, Gott sei Dank, nicht gelungen, weil sich in Hamburg viele Bürgerinnen und Bürger dagegen gewehrt haben, sodass es dann irgendwie beim HIBB geblieben ist. Aber das war Ihre Konzeption in den letzten Jahren. Statt sich wirklich damit auseinanderzusetzen, wie wir die Hilfe verbessern können, haben Sie ideologisch einfach nur auf Privatisierung gesetzt und sind, Gott sei Dank, mit diesem Weg gescheitert.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Die Altonaer Produktionsschule hat wirklich gute Arbeit geleistet. Ich bin mir nur nicht sicher, ob sich die Vorredner wirklich klar machen, welche Konsequenzen dieses Modell eigentlich hat. Da geht es nicht um ein bisschen Berufsorientierung und ein bisschen Berufspraxis. Das ist inzwischen Standard an allen beruflichen Schulen und auch an Gesamtschulen und Haupt- und Realschulen. Es geht darum, dass Jugendliche ausschließlich produzieren und dass der Lernvorgang um diese Produktion gerankt wird. Das ist das Besondere und das ist das erfolgreiche pädagogische Konzept, das in der Tat bei Jugendlichen funktioniert, die schulmüde sind und die keine Tafel mehr sehen wollen. Man muss sich klar machen, wie es wirklich aussieht, bevor man hier laut eine Ausweitung in die Fläche fordert und gar nicht weiß, wie konsequent dieses Modell wirklich vor Ort durchgeführt wird.

Es trägt ebenfalls sehr zum Erfolg bei, dass diese Schülerinnen und Schüler ein Teilnehmerentgelt bekommen. Auch das muss doch gesagt werden. Das ist etwas, das wir bisher nirgendwo im Schulsystem haben, worüber man nachdenken könnte, denn es bedeutet natürlich eine Motivation für Schülerinnen und Schüler und vor allem eine Sanktionsmöglichkeit, wenn sie nicht kommen. Das ist ein ganz wichtiger Faktor, den man sehen muss und der mit anderen Bereichen im Hamburger Schulsystem überhaupt nicht vergleichbar ist.

Nun liegt der Bürgerschaft heute diese Drucksache vor und ich fand schon bemerkenswert, dass die beiden Vorredner von Schwarz-Grün das ganze Thema Übergangssystem hier sehr stark betont haben. Dazu muss man natürlich wissen, dass zu dem Zeitpunkt, als wir die Drucksache im Ausschuss beraten haben, die Rahmenkonzeption überhaupt noch nicht vorlag. Das war einer unserer zentralen Kritikpunkte, dass das Konzept der Produktionsschule überhaupt nicht eingepasst ist in das Übergangssystem. Sie haben Hals über Kopf hier eine Drucksache auf den Weg gebracht, weil Sie schon angefangen hatten, die Ausschreibung vorzubereiten. Da ist der Behörde aufgefal

(Dittmar Lemke)

len, dass es an Geld mangelt, und man hat diese Drucksache auf den Weg gebracht, ohne hier das Gesamtkonzept vorzulegen, wie es sich gehört hätte, und ohne deutlich zu machen, in welchem Verhältnis diese Produktionsschule eigentlich zu dem steht, was sie für das gesamte Übergangssystem vorhaben. Das ist der große Mangel und daher ist Ihre Planung der Produktionsschule an vielen Stellen zu kritisieren.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Nach unserem Eindruck passt die Produktionsschule, so wie Sie sie vorhaben, gar nicht in das Übergangssystem, sondern ist ein totaler Fremdkörper, der im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Bevor Sie sich hier gegenseitig bejubeln, kann ich Ihnen nur raten, einmal durch die Stadt zu gehen und mit Menschen zu sprechen, die sich in diesem Bereich auskennen. Sie werden viel Lob und Zuspruch für das Übergangssystem, für das Rahmenkonzept finden, das Sie hier vorgelegt haben. Das bekommen Sie auch von uns, was Sie da auf den Weg bringen, finde ich vernünftig und klug. Sie werden aber überhaupt keinen Zuspruch für diese Ausweitung der Produktionsschulen bekommen, sondern es wird in der Stadt nur eines gesagt, dass dies ein Lieblingsprojekt der Grünen mit dem Charme der 90er Jahre ist, das jetzt im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Da kann ich Ihnen nur sagen, das machen wir nicht mit. Wir prüfen das genau und ich glaube, dass Sie dort wirklich Ihren eigenen Ideologien so ein bisschen erlegen sind und hier etwas kreiert haben, was überhaupt nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist und auch in Ihre Gesamtkonzeption eigentlich überhaupt nicht hineinpasst.

(Beifall bei der SPD)

Um noch einmal zu den Ausschussberatungen zu kommen, Sie konnten dort überhaupt nicht beantworten, welche Gruppe von Jugendlichen denn nun eigentlich in die Produktionsschule gehen und was mit anderen Jugendlichen in der Stadt passieren soll. Das ist nicht beantwortet worden.

Der zweite Punkt ist, das muss man auch sehr deutlich sagen, dass wir zuallererst das allgemeinbildende Schulsystem so gut machen müssen, dass wir nicht so viele Jugendliche haben, die ohne Abschluss die Schulen verlassen. Sie produzieren hier weitere Reparaturmaßnahmen für die Zukunft. Man könnte denken, Sie glauben nicht an Ihre eigene Schulpolitik, wenn man sich diese Drucksache genauer ansieht. Sie wollen hier eine Ausdehnung in die Fläche für Schülerinnen und Schüler, die ohne Schulabschluss das allgemeinbildende Schulsystem verlassen und können noch nicht einmal begründen, was mit denen passiert, die daran scheitern. Diese Schwerpunktsetzung ist falsch.

(Egbert von Frankenberg CDU: Was Sie sa- gen, ist falsch!)

Zum Thema Hauptschulabschluss haben wir dann vielleicht einen deutlichen Dissens. Ich finde, die Argumentation, der Hauptschulabschluss sei nicht wichtig, abenteuerlich. Das ist auch keine neue Argumentation, ich dachte, es sei in dieser Stadt längst überholt, immer ein Gegeneinander zwischen der Orientierung auf die Berufsausbildung und der Orientierung auf den Hauptschulabschluss zu sehen. Ich weiß, dass viele Träger das in der Vergangenheit auch so gesehen haben und ich habe gehofft, dass dieser Unsinn nicht fortgesetzt wird. Wer Jugendlichen den Hauptschulabschluss vorenthält und eine Maßnahme kreiert, die nicht darauf abzielt, dass sie diesen Abschluss machen, produziert doch im Leben dieser jungen Menschen immer wieder neue Brüche; bei jeder Kündigung, die jemanden später treffen kann, fehlt dann diese Basisqualifikation. Ich finde es geradezu zynisch, in dieser Zeit Projekte auf den Weg zu bringen, die nicht das ausdrückliche Ziel verfolgen, dass die Jugendlichen auch einen Hauptschulabschluss erreichen können.