Protokoll der Sitzung vom 02.09.2009

(Aygül Özkan)

weil wir innovativ sind. Es kommt aber auch darauf an, diese Position zu behaupten. Insbesondere die Schwellenländer in Asien, ich nenne hier China, Indien und Taiwan oder auch in Südamerika zum Beispiel Brasilien, schlafen nicht. Sie drängen auf die Märkte und sind eine ernstzunehmende und ernsthafte Konkurrenz. Wir sind deswegen aufgefordert, für die Zukunft Vorsorge zu tragen.

Deshalb ist das, was die SPD in ihrem Deutschlandplan vorgestellt hat, nichts anderes als eine Blaupause für eine zukunftsgerichtete Entwicklung. Warum viele in der Publizistik, aber auch aus der Politik, über diesen Plan hergefallen sind, verstehe ich nicht. Hier ist auf 67 Seiten aufgeschrieben worden, wie der Industriestandort weiterentwickelt werden kann, damit er auch zukunftsfähig ist.

(Beifall bei der SPD)

Zukunftsfähigkeit erreichen wir durch Förderung der regenerativen Energien statt Weiterlaufenlassen alter Atomkraftwerke und durch Förderung der Umwelttechnologie, übrigens eine Branche, die wegen ihrer hervorragenden Produkte, die teilweise führend sind, weltweit Erfolge erzielt. Dort ist die Nachfrage nach deutschen Produkten groß. Wir haben weiterhin Exportchancen und tun gleichzeitig nicht nur etwas für die deutsche Wirtschaft, sondern für den Umweltschutz weltweit. In diese Richtung muss es weitergehen.

Im Bereich der Automobilindustrie werden wir energiesparende und umweltfreundliche Antriebstechniken entwickeln müssen, wenn wir in Deutschland weiterhin einer der bedeutenden Plätze der Automobilindustrie weltweit sein wollen.

(Beifall bei der SPD)

Es kommt auch darauf an – und da sind wir ein Stück weit bei dem, was in der Großen Anfrage beantwortet worden ist –, den verstärkten Einsatz von Forschungs- und Entwicklungsmitteln, insbesondere für die mittelständische Wirtschaft zu organisieren. Die mittelständische Wirtschaft ist oft höchst innovativ, hat aber häufig nicht die erforderlichen Mittel, um die entsprechenden Entwicklungen dann voranzutreiben. Das gilt es, staatlicherseits zu organisieren und den Zusammenhang zwischen mittelständischer Wirtschaft und den Universitäten herzustellen, um die Potenziale, die wir an dieser Stelle haben, zu heben.

(Beifall bei der SPD – Klaus-Peter Hesse CDU: Das steht aber nicht in der Großen Anfrage!)

In der Großen Anfrage, Herr Kollege Hesse, ist aber aufgeführt, welche Bereiche in Hamburg bearbeitet werden, ob es Nanotechnologie oder anderes ist.

Wir Sozialdemokraten haben mit der Schaffung der Innovationsstiftung in dieser Stadt vor vielen Jahren schon einmal vorgemacht, wie man so etwas

machen kann, nämlich mittelständischen Unternehmen entsprechende Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie auch an Forschung und Entwicklung teilhaben können.

(Beifall bei der SPD)

Nur wenn es uns gelingt, die Industrielandschaft in Deutschland zu modernisieren und den technischen Fortschritt zu sichern, werden wir den Industriestandort zukunftsfähig machen und auch nachhaltig sein. Genau das will der Deutschlandplan, den die SPD vorgelegt hat und der die Entwicklung aufzeichnet, die Deutschland bis zum Jahr 2020 in diesem Bereich nehmen kann. Die dort beschriebenen Cluster sind eine gute Chance für Norddeutschland und auch für Hamburg.

Die Förderung der regenerativen Energien wird dafür sorgen, dass Norddeutschland das Stromexportland für den Rest der Republik werden wird. Wir können jetzt schon die Arbeitsplatzeffekte feststellen. Wir müssen uns nur anschauen, wo in Schleswig-Holstein und Niedersachsen, beispielsweise in Husum oder in Cuxhaven, die Windenergieanlagen für die Offshore-Plätze gebaut werden. Dort sind Arbeitsplätze in erheblichem Maß geschaffen worden. Es handelt sich um eine Zukunftstechnologie und es werden noch mehr Arbeitsplätze geschaffen werden, wenn wir konsequent darauf setzen, dieses umzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Dies ist auch eine neue Chance für die maritime Wirtschaft, insbesondere für die maritime Industrie in Norddeutschland. Die Werften dürfen nicht darauf warten, dass es wieder Schiffe zu bauen gibt. Wer immer sich die Situation anschaut und sieht, dass es Überkapazitäten gibt – deswegen gibt es etliche Auflieger, die aus dem Verkehr genommen worden sind und es sind noch viele Schiffe im Bau –, der weiß, dass wir gerade im Bereich der Werftindustrie eine lange Durststrecke überwinden müssen.

Vor diesem Hintergrund sind die Werften eigentlich aufzufordern, zu überlegen, ob sie nicht auch in den Bereich der regenerativen Energie einsteigen. Ein Unternehmen wie Blohm + Voss hat beispielsweise eine Maschinenbausparte, die längst nicht nur im Schiffbau tätig ist, sondern die in der Vergangenheit schon viele andere Dinge gemacht hat: Roboter für die Automobilindustrie, Fahrtreppen für Kaufhäuser, Panzerwannen für die Rüstungsindustrie. Das muss man nicht gut finden,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Herr Kahrs hat sich gefreut!)

aber es zeigt, dass dieses Maschinenbauunternehmen, das wir im Rahmen von ThyssenKrupp haben, durchaus in der Lage ist, auch in anderen Bereichen tätig zu werden. Wir müssen dafür sorgen und gegebenenfalls auch Anstöße dafür geben,

dass die Werftindustrie in Norddeutschland sich umorientiert, um zumindest so lange zu überbrücken, bis der Schiffbau wieder funktioniert und wir in diesem Bereich auch wieder arbeiten können.

(Beifall bei der SPD)

Insgesamt ist Hamburg industriepolitisch auf einem guten Weg und es ist richtig, dass wir uns zum Industriestandort Hamburg bekennen. Es ist keine alte Technologie, keine alte Wirtschaft, es ist zukunftsgerichtete Technik und die Sozialdemokraten stehen fest zu diesem Industriestandort Hamburg. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Klaus-Peter Hesse CDU: Gute Rede, bis auf das Wahlpro- gramm!)

Das Wort hat Herr Kerstan.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Industrielle Kerne in einer Region sind sehr wichtig. Das hat sich im Zuge der deutschen Einheit in Ostdeutschland gezeigt, wo es darum ging, Regionen wirtschaftlich umzubauen. In den Regionen, wo es nicht gelungen ist, industrielle Kerne zu erhalten, ist es dann in der Folgezeit selbst mit sehr viel Geld nicht geglückt, eine sich selbst verstärkende, selbst tragende wirtschaftliche Tätigkeit zu entfalten.

Insofern ist es sicher richtig, in Deutschland und gerade auch in Hamburg ein Augenmerk auf die Industrie zu richten und darauf zu achten, dass vorhandene und erhaltenswerte industrielle Kerne auch gehalten werden. Der schwarz-grüne Senat hat sich auch dieser These verschrieben und im Zuge der Weltwirtschaftskrise dafür gesorgt, dass man versucht, der deutschen Werftindustrie – den Überbleibseln, die wir in Hamburg noch aus einst großen Zeiten haben – zu helfen, um lebensfähige Teile zu erhalten. Das haben wir bei der Sietas-Werft getan, die in bestimmten Bereichen, gerade im Kranbereich bei Massengutfrachtern, durchaus ein weltweiter Technologieführer ist.

In Ostdeutschland hat sich aber auch gezeigt, dass es sehr schwierig ist, in einem entwickelten Industrieland wie Deutschland reife Industrien neu anzusiedeln. Es ist ein großes Manko des deutschen Industriestandorts – nicht nur in Hamburg, sondern in ganz Deutschland –, dass wir in den Branchen stark sind, die in der Lebensphase von Industrien schon sehr weit sind, wo es nicht nur um ein Technologiemanko geht, sondern um Massenfertigung und wo man dann mit der weltweiten Konkurrenz Probleme hat.

In den letzten Jahren ist es viel zu selten gelungen, dass Deutschland – auch Hamburg – als Standort von neuen Industrien, die weltweit hoch

gekommen sind, vorne mitspielt. Die Bereiche IT, Computer, Telekommunikation, all das sind Bereiche, in denen Deutschland neue Trends verpasst hat. In einem einzigen Bereich ist es nicht so. In einem Bereich ist Deutschland Weltmarktführer, auch mit entsprechenden Chancen auf Arbeitsplätze, auf Exporte und das ist der Bereich erneuerbare Energien und Green Tech. Gerade hier hat Hamburg auch gute Chancen.

Hamburg, in der Mitte der Windregion in Deutschland gelegen, entwickelt sich immer mehr zum Zentrum der Windenergie. Auch regionale Unternehmen siedeln immer öfter ihre Export- und Marketingabteilung, teilweise ihre Hauptquartiere, hier an. Selbst ein großer Konkurrent deutscher Unternehmen, Vestas aus Dänemark, hat gerade seine Europazentrale im Bereich Wind nach Hamburg verlegt. Insofern zeigt sich, dass es sich lohnt, neue Industrien zu entwickeln. Durch ein Cluster-Management für erneuerbare Energien will der Senat die Akteure aus Wirtschaft, Politik und Forschung in diesem Bereich voranbringen.

Wenn man sich ansieht, welche Maßnahmen notwendig sind, um Industrien anzulocken, zeigt sich sehr deutlich, dass es darum geht, wie man innovative, neue Industrien ansiedeln kann. Dabei liegt ein Hauptakzent auf Forschung und Entwicklung und auf der Ausbildung von qualifizierten Mitarbeitern. Natürlich kann es auch gelingen, reife, ältere Industrien zukunftsfähig zu machen, wie wir es gerade bei der maritimen Wirtschaft durch die Ansiedlung des Fraunhofer-Instituts für Maritime Wirtschaft versuchen. Wir Grüne versprechen uns davon als einen ganz wesentlichen Schwerpunkt, CO2-optimierte Logistik- und Transportketten zu befördern. In diesem Bereich könnte Hamburg sicher weltweit vorne mitspielen, wenn wir die richtigen Maßnahmen ergreifen.

Hinsichtlich des Konjunkturprogramms ist es richtig, dass wir es schaffen, mehrere neue Forschungsinstitutionen nach Hamburg zu holen. Wenn man Norddeutschland mit Süddeutschland vergleicht, dann haben wir ein ganz großes Manko. Bisher gibt es in diesen Bereichen keine Fraunhofer-Institute in Norddeutschland. Auch Max-Planck-Gesellschaften haben wir viel zu wenige und insofern versuchen wir, einen strukturellen Nachteil der norddeutschen Region gerade auch gegenüber Süddeutschland auszugleichen, indem wir hier das Fraunhofer-Institut für Maritime Wirtschaft, aber auch andere Forschungsinstitutionen wie das Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung oder die Forschungsinstitutionen im Bereich der Lasertechnik ansiedeln. Wir sind auf einem guten Weg.

Allerdings bin ich nicht ganz so euphorisch bei einer Wirtschaftsfördermaßnahme, die gerade bei der CDU, aber auch bei der SPD, sehr großen Anklang findet, nämlich durch eine Bevorratung von

(Ingo Egloff)

Industrieflächen Industrie ansiedeln zu wollen. Natürlich braucht Industrie und brauchen auch neue Industrien Flächen. Wir haben viele Industrieflächen in dieser Stadt, die seit Jahrzehnten ausgewiesen sind und die wie Blei in den Regalen liegen, denn das zeigt das Beispiel Ostdeutschlands auch sehr deutlich. Beim Aufbau neuer Industrien ist eigentlich nicht die Fläche der entscheidende Punkt, sondern das Know-how und die ausgebildeten Mitarbeiter, selbst im Bereich erneuerbare Energien.

In Hamburg haben wir diverse Zentralen erneuerbarer Energien, sind bundes- und auch weltweit führend. Hamburg ist aber kein Standort der Produktion. Die Produktion wird dort angesiedelt, wo es maximale Förderung gibt. Das ist in der Regel nicht in einer der reichsten Städte Deutschlands oder sogar Europas der Fall, sondern bei erneuerbaren Energien produzieren sie in Ostdeutschland. Deshalb ist es wichtig, durch Forschung und Entwicklung hier neue Unternehmen zu gründen, die dann Forschungsanlagen, Forschungsproduktionen, vielleicht auch Pilotproduktionen in Hamburg etablieren werden.

Ich glaube aber nicht, dass es gelingen wird, Hamburg als wesentlichen Massenproduktionsstandort für die neuen Industrien zu etablieren. Daher ist der entscheidende Punkt nicht, Flächen vorzuhalten, denn wir haben viele Flächenbedarfe in dieser Stadt, die wir teilweise gar nicht decken können, im Bereich Logistik und auch in anderen Bereichen, nur die Industrieflächen will keiner haben. Mit der Handelskammer und dem Industrieverband würde ich gerne diesen Punkt einmal diskutieren, was es angesichts dieser Situation bringen soll, noch mehr Flächen als Industrieflächen auszuweisen, wenn man die bestehenden schon gar nicht mehr an Industrieunternehmen vergeben kann.

Dort muss man einen anderen Weg gehen, was wir auch tun, nämlich Forschung und Entwicklung stärken und auch an den Universitäten die Mitarbeiter durch Weiterbildung qualifizieren. Das ist ein wichtiger Standortfaktor bei der Entscheidung von Neuansiedlungen. In den letzten Jahren habe ich noch nicht erlebt, dass die Ansiedlung eines Industrieunternehmens in Hamburg an der Fläche gescheitert wäre.

Es mag sein, dass wir in vielen Punkten einer Meinung sind, manche muss man vielleicht noch debattieren. Angesichts der Flächenknappheit in Hamburg ist das ein Punkt, den man sich einmal kritisch ansehen muss. Wir haben aber eine sehr große Übereinstimmung, wenn ich die Rednerinnen und Redner der verschiedenen Parteien hier höre, und auf diesem Weg sollten wir vorangehen und das umsetzen, was wir realistischerweise umsetzen können. Vor Blütenträumen sollten wir uns schützen. Es gibt andere Bereiche, wo wir neben der Bewahrung und Neuansiedelung von neuen In

dustrien auch noch sehr viel erreichen können. Es ist ein wichtiger Baustein, aber vielleicht nicht der wichtigste für diesen Standort. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort hat Frau Baum.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich mache es ganz kurz. Der Masterplan Industrie ist nicht unbedingt das Schlechteste, was hier diskutiert wurde, nur befürchte ich eine einseitige Konzentration auf einen Sektor der Wirtschaft, während Dienstleistung und Logistik hinten herunter fallen.

(Barbara Ahrons CDU: Das ist doch Unsinn!)

Man darf nicht vergessen, dass Industrie alleine ohne Logistik und Dienstleistung kein Wachstum schaffen kann. Es stehen viele Sektoren zusammen und übergreifend für den wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das bestreitet doch keiner!)

Immer stehen Menschen dahinter, vergessen Sie das bitte nicht. Wie Herr Kerstan schon erwähnt hat, müssen die richtigen Maßnahmen für die Logistik ergriffen werden. Da gibt es zum Beispiel die Hinterlandproblematik bei der Deutschen Bahn und bei der Schifffahrt; all das muss berücksichtigt werden. Dienstleistung kann nichts werden ohne Logistik und Industrie braucht Dienstleistung und Logistik. Man darf das nicht voneinander trennen, sondern muss es als Gesamtpaket betrachten.

(Beifall bei der LINKEN – Klaus-Peter Hesse CDU: Dat mok wi!)

Das Wort hat Senator Gedaschko.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal ist es in der Tat erfreulich, dass wir einen extrem breiten Konsens haben, wenn es darum geht, einen Industriestandort Hamburg zu stärken. Das ist auch das wahre Erfolgsgeheimnis von Hamburg als Industriestandort. Über die Perioden des Regierens hinweg, egal, wer regiert hat, gab es bei den großen Projekten letztendlich immer einen Konsens. Wenn dieser Konsens aufgekündigt wird, wird es die Industrie nicht mehr hierher ziehen. Dass wir es geschafft haben, ein Unternehmen wie Airbus – neue Technologie, sage ich ausdrücklich – hierher zu holen, auszubauen und zu halten in einem Wettbewerb, der zwischen Unternehmen innerhalb eines Konzerns und dann zwischen Kon