Protokoll der Sitzung vom 03.09.2009

Beim besten Willen kann man den Antrag der CDU und der GAL, so wie er heute zur Besprechung angemeldet ist, nicht als großen Wurf bezeichnen. Tatsächlich beinhaltet dieser Antrag zehn Forderungen, sieben davon sind Prüfaufträge. Bei diesen Prüfaufträgen kann man nur den Kopf schütteln, denn alle diese Prüfaufträge müssten bei einem ordentlich arbeitenden Senat längst das Stadium der Umsetzung erreicht haben.

In der Beantwortung der zu diesem Thema gestellten Großen Anfrage der CDU hat der Senat darauf hingewiesen, dass von dem Gesamtumschlag des Hamburger Hafens von über 140 Millionen Tonnen Seegütern 120 Millionen auf die Hinterlandverkehre entfielen, davon 33 Prozent auf die Schiene, 40 Prozent auf die Straße, der Rest auf die Binnenschifffahrt und Feederschiffe. In dem nun vorliegenden Antrag heißt es irgendwo am Ende der begründenden Ausführungen und als letzten Satz vor dem eigentlichen Petitum:

"Das Grundziel ist, den Anteil des Güterverkehrs auf der Schiene kontinuierlich zu erhöhen und so einen ökologisch wertvollen Beitrag zu leisten."

Tatsächlich enthält der uns hier vorliegende Antrag aber keinerlei Maßnahmen, um die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene tatsächlich voranzubringen. In der Tat wirkt die Betonung dieses Zieles, das ursprünglich einmal ein zentraler Punkt war, mehr wie die gebetsmühlenhafte Wiederholung eines hehren Wunsches, allerdings mit der tatsächlichen Zielsetzung, am Trend der weitergehenden Zunahme des Lkw-Verkehrs eben nichts zu ändern.

Nun aber zu den einzelnen Punkten Ihres Petitums. Meines Erachtens ist es ziemlich spät, erst jetzt ein Konzept zur Lösung des ruhenden LkwVerkehrs zu entwickeln. Der Senat weiß seit langem um diese Problematik. Spätestens seit 2003 ist bekannt, dass die Lkw-Tonnagen um 40 Prozent gestiegen sind. Herr Hesse, dass haben Sie selbst in Ihrer Pressemitteilung so weitergegeben.

Als nächstes fordern Sie zu prüfen, ob man zeitliche und gewichtsabhängige Zufahrtsbeschränkungen erlassen kann. Natürlich müssen die Anwohner in Wohngebieten geschont werden. Das ist doch, wie Sie genau wissen, das tägliche Brot in den Bezirksversammlungen und den Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschüssen. Es geht dort in Bezug auf die Wohngebiete hauptsächlich immer um zwei Probleme: den desolaten Zustand der Radwege und die Verkehre in den Wohngebieten, die durch die Lkw-Verkehre verursacht werden. Diese Probleme mit Kontrollen beheben zu wollen, wie Sie das im dritten Punkt Ihres Petitums for

dern, ist keine Lösung, denn damit ist das Problem der fehlenden Lkw-Stellplätze nicht behoben.

Dann noch etwas zur Zwischennutzung. Das ist einer der Punkte, auf den zutrifft, dass der Senat schon längst Lösungen parat haben müsste. Vielleicht nimmt Herr Gedaschko noch dazu Stellung. Ich weiß aber, dass in diesem Bereich tatsächlich eine Menge geprüft wird in der Behörde. Die HPA hat schon reagiert und eine neue Parkfläche in Altenwerder eingerichtet. Das muss natürlich weitergehen. Ich erwarte zeitnahe Erfolge und nicht, dass nach einem so langen Zeitraum erst noch einmal eine Prüfung beantragt wird.

Was die Parkhäuser und dergleichen betrifft, da würde ich den Senat fragen, wie weit die Gespräche mit möglichen Investoren gediehen sind. Die Idee ist gut, das kann man gar nicht anders sagen, aber die Umsetzung muss natürlich vorangetrieben werden.

Zu dem Parkleitsystem für Lkws. Das ist natürlich ganz dringend erforderlich. Das gibt es bereits in anderen Bundesländern. Auch der ADAC ist fleißig dabei, indem er per SMS auf freie Plätze hinweist.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Lieber nicht mit SMS! Mit Truck-Guide!)

Gut, in Ordnung, da lasse ich mich gern von Ihnen belehren.

Aber wie dem auch sei, da ist etwas im Gange, da braucht jetzt nicht erst geprüft zu werden.

Ganz heiß finde ich, dass Sie auch die zur Verfügung stehenden Finanzmittel prüfen wollen. Nur so als Hinweis, Herr Hesse, unser Verkehrsminister Tiefensee stellt, wenn ich das richtig erinnere, bis 2015 260 Millionen Euro zur Verfügung. Er hat dieses Budget um 100 Millionen aufgestockt, um auch wirklich Parkplätze zur Verfügung stellen zu können. Da kann ich Ihnen nur raten, fix zu beantragen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Ja!)

Quintessenz meiner Rede: Natürlich stimmen wir dem Antrag zu. Warum sollten wir das nicht tun? Wir erwarten aber zeitnah Erfolgsberichte. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt nun Herr Hesse.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuerst habe ich mich geärgert, dass ich hier nicht gleich zuerst gesprochen habe, aber nachdem ich Frau Rugbarth gehört habe, freue ich mich darüber, denn es gibt mir die Möglichkeit, meiner Fraktion und Ihnen allen einen zweiten Wortbeitrag als Replik zu erspa

ren und gleich auf die Punkte von Frau Rugbarth mit einzugehen.

(Vizepräsident Wolfhard Ploog übernimmt den Vorsitz.)

Frau Rugbarth, Sie haben vollkommen recht, die Situation in einem Logistik- und Wirtschaftsstandort wie Hamburg ist, wie sie ist. Wir haben bis zur Wirtschaftskrise enormes Wachstum im Hamburger Hafen gehabt und natürlich, das wollten wir doch alle, hat das Einfluss auf unsere Verkehrswege, auf die Verkehrsinfrastruktur gehabt und wir mussten leider in den letzten Jahren vermehrt feststellen, dass es eben auch negative Einflüsse gegeben hat, die kontinuierlich zugenommen haben. Da brauche ich nur einmal an Bilder von der Köhlbrandbrücke zu erinnern, die teilweise von Lkws zugestaut war und dadurch eine wichtige Wegebeziehung im Hafen dicht war. Ich erinnere an Wohngebiete, von Rothenburgsort bis nach Norderstedt, wo die Lkws in den Wohngebieten parken, wo jeden Tag umgeparkt wird, weil die Fahrer einen anderen Parkplatz gesucht haben oder immer noch suchen in der Hoffnung, irgendwann im Hafen einen Auftrag zu bekommen. Ich erinnere an die Autobahnraststätte Stillhorn, wo die Lkws so massiv aufgetreten sind, dass sie sich sogar bis auf die Auffahrten aufgestaut haben und es dort wirklich zu erheblicher Verkehrsunsicherheit gekommen ist.

Wir können uns darüber freuen, dass wir, insbesondere in den letzten Jahren, ein so toller Wirtschafts- und Logistikstandort geworden sind. Wir müssen jetzt aber auch gemeinschaftlich schauen, wie wir die damit verbundenen Nachteile minimieren können, wie wir den Menschen helfen können, die auch unter diesem Wachstum des Logistikstandortes leiden, und wir müssen trotzdem schauen, dass deswegen der Logistikstandort keinen Schaden nimmt, sondern sich weiterentwickeln kann.

Der Kollege Kerstan hat gestern, als wir die Große Anfrage Logistik debattiert hatten, schon etwas zu diesem Thema gesagt. Er hat ausgeführt, dass das Logistikcluster ein wichtiges Cluster ist, mit dem man sich beschäftigen muss, auch wenn es um Klimaschutz geht, wenn es um Vermeidung von unnötigen Fahrten geht oder um Einsparungen von CO2. Und die Kollegin Gregersen hat heute zu Recht in einer Pressemitteilung zu dieser Frage intelligente Lösungen eingefordert. Gerade dieser Antrag schlägt zum jetzigen Zeitpunkt auch intelligente Lösungen vor. Er bedient sich des state of the art, was technische Möglichkeiten angeht, und sagt, wir haben die Möglichkeiten, unsere Straßen und unsere Infrastrukturen optimaler zu nutzen. Zu dem Zuruf, liebe Frau Kollegin Rugbarth: SMS ist es nicht, was uns da groß helfen kann, aber die technischen Möglichkeiten sind durchaus vorhanden und wir haben zum Beispiel mit dem System

(Andrea Rugbarth)

Truck Guide, das vor kurzem vorgestellt wurde, wirklich ein Mittel, Lkws vor unserer Stadt an den Hauptausfallstraßen und Autobahnen zu positionieren und sie just in time in den Hafen zu holen, wenn wir sie benötigen. Wir brauchen keine Lkws mehr, die sich irgendwo im Hamburger Stadtgebiet auf irgendwelchen Plätzen, wo wir sie nicht haben wollen, aufstauen, sondern wir wollen die Lkws wirklich dann im Hafen haben, wenn auch die Fracht da ist oder weggebracht werden muss.

Die technischen Möglichkeiten gibt es, diese gilt es aber auch umzusetzen und deshalb stellen wir diesen Antrag, um auch aus diesem Hause zu signalisieren, dass die Wirtschaftsbehörde, Senator Gedaschko und alle anderen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, unsere volle Unterstützung haben. Wir wollen, dass dieses auch zum Wohle unserer Stadt umgesetzt wird.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Natürlich könnte man das so wie Sie interpretieren, Kollegin Rugbarth, und sagen, es handele sich doch um so viele Selbstverständlichkeiten, die da drinstehen, und das müsste man doch eigentlich alles schon machen. Aber die Realität sah und sieht leider anders aus. Wenn Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen in den Regionalausschüssen sprechen, wissen Sie auch, dass es anders aussieht und dass es wirklich schwer ist, auch Verbote umzusetzen. Ich möchte hier wirklich einmal mahnend in Ihre Richtung sagen, Frau Kollegin, dass Kontrollen in den Wohngebieten dringend notwendig sind. Das dürfen Sie nicht einfach so abtun und sagen, das bringe doch nichts. Es bringt nichts, Verbote auszusprechen, wenn tatsächlich nachher niemand hingeht und sie kontrolliert. Nur so kann man die Lkws von dort wegbekommen, wo sie sind. Wenn nirgendwo kontrolliert wird, bleibt der Lkw-Fahrer stehen und sagt, das stört mich doch nicht, ist doch vollkommen egal, ich muss eh nicht mit einer Strafe oder einem Verweis rechnen. Insofern war es uns als CDU und auch den Grünen ganz wichtig, nicht nur Verbote zu fordern, sondern auch zu sagen, dass diese nachhaltig kontrolliert werden müssen.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ökologie und Ökonomie ist die Überschrift, die nicht nur über dem Koalitionsvertrag steht, sondern die auch über diesem Antrag stehen könnte. Mit unserem Antrag versuchen wir wirklich, ökologische Notwendigkeiten, nämlich den Klimaschutz, den Lärmschutz für die Anwohnerinnen und Anwohner sowie die Lebensqualität in unserer Stadt zu verbessern, aber auch den ökonomischen Aspekt zu bedienen, dass wir klipp und klar sagen, irgendwann ist die Wirtschaftskrise vorbei und so sehr wir momentan als Hafenstadt unter der Wirtschaftskrise leiden, so sehr wir es zu spüren bekommen, kann ich Ihnen eines versprechen: Wir werden auch die Ersten sein, die davon profitieren,

wenn die Konjunktur wieder anzieht. Es wird sehr schnell wieder so sein, dass die Schiffe da sind, dass die Lkws wieder da sind und darauf müssen wir vorbereitet sein. Deshalb müssen wir die Infrastruktur, die wir haben, effizient nutzen.

Das können wir mit diesem Antrag und mit diesen vielen Ideen machen. Ich würde mir wünschen, dass Sie ihm heute zustimmen und uns gemeinsam unterstützen bei der Umsetzung. Unter dem Aspekt Ökologie und Ökonomie ist das ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Gregersen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Rugbarth, eines haben Sie wahrscheinlich nicht verstanden. Wir wussten, dass die Containerstückzahlen in dieser Stadt steigen, aber was wir vielleicht nicht mit bedacht haben, das könnten Sie uns vorwerfen, war, dass mit der Krise auch die Zahl an Lkws, die nutzlos umherstehen, weil sie keine Transporte mehr ausführen können, ein solches Problem werden.

"Die Welt" titelte vor einiger Zeit:

"Die Wirtschaftskrise parkt in Hamburgs Osten. Schlange stillgelegter Lkw wächst jetzt auch auf Autohöfen und am Straßenrand – Polizei prüft Parkscheinautomat für Raststätte Stillhorn"

Es werden Straßenzüge benannt, Lkws stehen Stoßstange an Stoßstange, weil sie auf Ladung warten. Dieses Problem hat dann nichts mit den steigenden Stückzahlen zu tun, sondern damit, dass vielleicht auch Kollegen aus den Nachbarländern auf die nächste Fuhre warten, die sich nicht so eingestellt hat wie gewünscht. Das hat zu echten Problemen in den Quartieren geführt, weil bei der Suche nach Stellplätzen mehrfach Quartiere, auch Wohngebiete, durchfahren werden, weil Sichtbeziehungen durch Parken am Fahrbahnrand blockiert werden und weil es dann auch für Anwohner nicht mehr gemütlich ist, wenn man nur noch vor Lkws steht. Es werden auch die Parkplätze der Anwohner zugeparkt, was tagsüber vielleicht noch geht, aber nachts eigentlich schon gar nicht mehr der Straßenverkehrsordnung entspricht. Anwohner aus mehreren Stadtteilen, es geht rein bis nach Wilhelmsburg, haben sich mit diesen Problemen vermehrt auch an uns gewandt und berichten, dass sie zum Teil sogar in ihrer Nachtruhe beeinträchtigt sind.

Aber man muss natürlich auch die andere Seite sehen. Für die Lkw-Fahrer ist es eine Katastrophe, unbewacht irgendwo im Wohngebiet zu stehen, vielleicht auch ohne Kollegen, ohne die Möglich

(Klaus-Peter Hesse)

keit, sich zu waschen oder auch eine Toilette vor Ort zu finden. Auch das ist eine sehr unschöne Situation. Wenn wir an beide Personengruppen, die Anwohner wie auch die Lkw-Fahrerinnen und Fahrer, denken, gilt es hier zu handeln.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Frau Rugbarth, Sie sprachen auch an, die Grünen hätten sich schon in der Vergangenheit dafür eingesetzt, dass sich Dinge im Verkehrsbereich verbessern müssen, und Sie sagten dann, Sie sähen in diesem Antrag nichts dergleichen. Ich möchte da gerne auf etwas verweisen, was sich kombinierte Verkehre nennt und eine bessere Kombination von Schiene, Feederschiffen, Schiffen und Straße umfasst. Dieses zu optimieren, ist unser Ansatz, genauso wie wir die Knoten im Hinterlandschienenverkehr ausbauen und optimieren müssen, damit alle Verkehrssysteme besser ineinandergreifen. Das ist der Punkt, den ich dazu noch einmal erwähnen möchte.

Aber gleichzeitig möchten wir natürlich auch, dass sich der Senat gemeinsam mit den Akteuren weiterhin auf den Weg macht. Es wurden bereits Gespräche geführt und trotzdem sollen darüber hinaus noch Gespräche geführt werden, um eine optimale Lösung finden zu können. Ein Vorschlag dazu ist, die Möglichkeit eines Parkhauses zu prüfen. Da steht nicht gleich ein Investor parat, aber es gibt die Möglichkeit. Bozen hat ein solches Parkhaus und in Shanghai gibt es mehrere. Sie dienen zum einen als Verteilzentrum, zum anderen als Parkhaus. Es ist natürlich sehr aufwendig, solche Parkhäuser mit einer gigantischen Rampe zu bauen, aber andererseits ist das Stapeln besser, als die Fläche in der Masse für die Lkws zu verbrauchen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Wir wollen mit diesem Antrag den Senat auffordern, Sie aber auch alle gerne dabei mitnehmen, gemeinsam mit den Institutionen nach Lösungen zu suchen, die die Situation für die Fahrer, aber auch für die Menschen im Quartier verbessern, die die Logistikbetriebe entlasten und durch innovative und umweltgerechte Konzepte Umwelt und Anwohner schützen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Baum.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist dringend erforderlich und überfällig, endlich ein Verkehrskonzept auch für die Logistikbereiche auf den Weg zu bringen. Es wird Zeit, darüber haben wir gestern schon gesprochen. Im Konjunkturprogramm sind aber be

reits einige Punkte enthalten, deswegen sehen wir diesen Antrag eigentlich nicht als dringend notwendig an. Wir werden uns bei der Abstimmung enthalten und erwarten mit Spannung den Bericht an die Bürgerschaft.

(Beifall bei der LINKEN)