Es ist schon merkwürdig: Ihre Partei war seit 1998 Mitregierungspartei und stellte in den letzten vier Jahren unter anderem immerhin noch den Vizekanzler. Da hätten Sie doch viele Möglichkeiten gehabt, um Ihr Anliegen durchzusetzen.
Ich verstehe bis heute nicht, warum von Ihrer Seite in dieser gesamten Zeit nichts, aber auch überhaupt nichts, geschehen ist.
Nun, meine Damen und Herren, Sie sehen, Korruptionsbekämpfung ist der CDU und ihrem Koalitionspartner GAL wichtig. Wir werden mit Sicherheit an diesem Thema dranbleiben. Wir haben die Bundesratsinitiative angeschoben und werden darauf achten, dass es zu einer bundesweit einheitlichen, vernünftigen und praxisorientierten Bekämpfung von Korruption kommen wird. –Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ahrons, ich nehme gerne einen Ihrer letzten Sätze auf. Tatsächlich ist das Thema Korruption auch für die GAL wichtig. Wir sind davon überzeugt, dass der öffentliche Druck gegenüber Korruption und Menschen, die korrupt sind, viel zu gering ist. Anders vielleicht als die CDU vertreten wir die Meinung, dass Korruption zwar einerseits großen wirtschaftlichen Schaden verursacht, dass aber das dadurch massiv verletzte Vertrauen in die unsere Gesellschaft lenkenden Institutionen weitaus fataler ist.
Bei 46 Prozent aller aufgedeckten Korruptionsfälle geht es um Korruption in der öffentlichen Verwaltung, das ist eine besonders bittere Tatsache. Auch unsere Arbeit baut auf dem Vertrauen in Behörden-Handeln und Behörden-Entscheidungen auf. Wenn wir angesichts dieser 46 Prozent davon ausgehen müssen, dass die eine oder andere Entscheidung nicht rechtmäßig und mit Sachverstand, sondern aufgrund monetärer Hilfsmittel erfolgt ist, ist das bitter.
Die Debatte, wo sich Mehrheiten finden, ist spannend. Wo finden sich im politischen Raum Mehrheiten, wer kämpft denn eigentlich gegen Korrupti
on? Meiner Meinung nach bietet sich uns da ein sehr diffuses Bild. Das mag daran liegen, dass es wenig Opfer von Korruption gibt; meistens ist da ja einer, der gibt und einer, der nimmt und wer bei diesem Spiel nicht mitmacht, wird Korruptionsopfer. Er muss feststellen, dass für ihn gar nichts mehr geht und wird im Zweifellsfall zu denen gehören, die sagen, in der Politik gehe ohnehin nur alles auf diese Art und Weise.
Ich sage es noch einmal: Der öffentliche Druck gegen Korruption ist viel zu klein. Mit Diskussionen, wie wir sie hier gerade führen, erhöhen wir ihn aber auch nicht, weil wir uns nicht offensiv genug gegen Korruption aussprechen. Das wird mit Stille entgegen genommen, das spricht für sich. Vielleicht ist das aber auch nur der Uhrzeit oder dem heutigen Tag geschuldet.
Die SPD hat recht, es gibt eine Passage im Koalitionsvertrag, die bis jetzt noch nicht umgesetzt wurde. Dafür gibt es viele Gründe. Diese Gründe sind aber nicht der springende Punkt; das Entscheidende ist der Auftrag aus dem Koalitionsvertrag.
Eineinhalb Jahre nach Beginn der Legislaturperiode ist den beiden Koalitionspartnern tatsächlich klar, dass hier noch nachzuarbeiten ist. Das heißt aber nicht, dass wir alle anderen Möglichkeiten der Korruptionsbekämpfung so schnell wie Sie verwerfen nach dem Motto: Auf Bundesebene wird sich nichts bewegen – ich traue der neuen Koalition in Berlin auch nicht so viel zu wie Sie, Frau Ahrons, wir werden sehen, was sich da tut –, auf Nordländerebene wird sich nichts bewegen, Hamburg muss allein voranschreiten.
Wir halten einen Hamburger Alleingang, zurzeit jedenfalls, aber nicht für den richtigen Weg. Machen wir uns doch nichts vor, Hamburg würde mit einer Insellösung zwar eine Vorreiterrolle einnehmen, das würde aber nicht dazu führen, dass sich die Korruptionsfälle in Hamburg verringern. Es würde ja schon reichen, den Firmensitz zu verlegen, um in Hamburg nicht erfasst und eingetragen zu werden. Wir wollen deshalb keine Einzellösung, keinen Hamburger Alleingang, jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt.
Auf Bundesebene werden wir weiterhin in geeigneter Art und Weise auf eine Lösung hinarbeiten, vor allem aber werden wir das Thema Korruption weiterhin in der Öffentlichkeit bewegen.
Noch ein Wort zur SPD. Ich finde es nicht richtig, dass Sie – der Senator hat einen Statistikfehler eingeräumt – diesen Fehler, der zwar eklatant war, über den wir aber in einer angemessenen Weise und sehr offensiv informiert wurden, jetzt als Teil einer Strategie gegen Korruptionsaufklärung darstellen. Das finde ich sehr polemisch und sehr überzogen. Fehler passieren nun einmal. Dieser hätte nicht passieren dürfen, aber er ist passiert.
Ich würde ganz gerne noch einmal darauf eingehen, wo wir im Bereich der Korruptionsbekämpfung unsere Schwerpunkte setzen. Was können wir eigentlich tun, außer öffentlichem Druck gegen Korruption zu erzeugen oder für eine Hamburger Einzellösung mit eigenem Korruptionsregister zu werben?
Ich glaube, es ist wichtig, auch darüber aufzuklären, wo Korruption überhaupt anfängt. Wann und was darf man schenken oder annehmen, unter welchen Voraussetzungen darf man Verfahren umgehen? Liegt die Gefahr eher im Kleinen oder eher bei großen Aufträgen, wie sie beispielsweise im Rahmen des Konjunkturprogramms vergeben werden? Da ist eine große Grauzone, ein großes Dunkelfeld. Es gibt wenig Bewusstsein dafür, wo Korruption anfängt und wo sie noch lange nicht aufhört.
Wir haben dieselben Ziele wie Sie, wenn wir weiterhin dieses Thema öffentlich diskutieren und vehement dafür streiten, dass die Bundesländer sich endlich auf ein gemeinsames Korruptionsregister einigen. Wir brauchen öffentlichen Druck und wir brauchen die Möglichkeit, korrupte Unternehmen, Institutionen oder Verwaltungen nachschlagbar und nachlesbar festzuhalten und sie damit öffentlich brandmarken zu können. Wir wollen nur nicht diesen Hamburger Alleingang, der immer die Gefahr birgt, dass die betreffenden Firmen oder Einzelpersonen sich schlicht und einfach in den benachbarten Bundesländern niederlassen und wir sie mit unserem Korruptionsregister dann doch nicht erreichen.
Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Wir unterstützen die Wiedereinrichtung eines Korruptionsregisters wie von der SPD gefordert.
Der jüngste Korruptionsskandal in der Hamburger Hafenbehörde wirft ein grelles Licht darauf, welcher Schaden durch Korruption entsteht. Diesen Schaden trägt – Frau Möller, in diesem Punkt stimme ich Ihnen nicht zu – in ganz erheblichem Maße die Öffentlichkeit. Da ist von 400 000 Euro die Rede, das muss ja jemand bezahlen. Das bezahlt auch jemand; das bezahlen der Steuerzahler und die Steuerzahlerin.
Vergabeverfahren sind häufig intransparent. Intranzparenz aber fördert Korruption und Korruption untergräbt demokratische Entscheidungsprozesse. Die Dunkelziffer, das ist jetzt mehrfach gesagt worden, ist enorm. Allgemein wird kaum bestritten, dass Korruption seit längerem auch in Deutschland
auf dem Vormarsch ist. Ich nenne nur einmal das Stichwort Müllverbrennungsanlage. Wenn man das googelt, bekommt man fast immer einen Zusammenhang mit Korruption auf den Zielseiten.
Der Vormarsch der Korruption hängt nach unserer Meinung wesentlich mit der Entfesselung der Märkte im Zuge der Globalisierung und insbesondere mit der Welle der Privatisierung öffentlichen Eigentums zusammen. Der bekannte Wirtschaftswissenschaftler Professor Jörg Huffschmid etwa bezeichnete die 1990er Jahre als Dekade der Privatisierung und Korruption und weist einen direkten Zusammenhang von Privatisierung und Korruption nach.
Die Einrichtung eines Korruptionsregisters in Hamburg und die von der SPD ebenfalls geforderte Einrichtung eines Korruptionsregisters auf Bundesebene sind ein Schritt zur Transparenz. Sie sind aber nur ein Schritt bei der Korruptionsbekämpfung, da stimme ich Frau Möller zu. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass diese Maßnahmen nur dort greifen, wo das Dunkelfeld bereits aufgehellt ist. Sie tragen wenig zur Aufhellung des Dunkelfeldes bei und sie erfassen beispielsweise auch nicht so richtig den Punkt, an dem normaler Lobbyismus in ordinäre Bestechung von Politikern oder Parteien übergeht. Auch wenn wir weitere Schritte für notwendig halten, tragen wir diesen Schritt mit.
Wir sehen allerdings ein prinzipielles Problem, das uns die Zustimmung zum SPD-Antrag in der vorliegenden Form nicht möglich macht. Wir haben deshalb relativ kurzfristig noch einen Zusatzantrag gestellt.
Lassen Sie mich ein Zitat von Kurt Tucholsky aus dem Jahr 1930 anführen. Es ist etwas provokativ, aber hören Sie zu. Tucholsky sagt:
Das Problem des SPD-Gesetzesentwurfs ist schon angesprochen worden: In Paragraf 3 Eintragungsvoraussetzungen wird die Unschuldsvermutung preisgegeben. Der Eintrag in das Korruptionsregister soll schon bei Zulassung der Anklage möglich sein. Die Zulassung der Anklage ist noch kein Urteil, da gebe ich Frau Ahrons recht.
Natürlich spricht einiges dafür – der Gedanke liegt nahe –, ein der Korruption beschuldigtes Unternehmen oder eine beschuldigte Einzelperson frühzeitig, also sobald Gerichte die Anklage zulassen, in das Register zu stellen, damit nicht noch mehr Schaden angerichtet werden kann. Natürlich ist,
besonders bei meiner politischen Herkunft, auch die Versuchung groß, die wirtschaftlich Mächtigen, die schließlich selten rechtlich belangt werden, selbst wenn sie noch so große Schäden anrichten, frühzeitig mit dem Bann der Registereintragung zu belegen oder, um an das Tucholsky-Zitat anzuknüpfen, die Klassenjustiz einmal gegen die Klasse zu wenden, die Klassenjustiz macht.
Wir sind aber für die Einheitlichkeit des Rechtes. Wird sie zerstört, wird das Recht zerstört. Wir verteidigen den Grundsatz der Unschuldsvermutung, wie er in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschrieben ist, bedingungslos. Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig. Dieser Grundsatz gilt ausnahmslos für alle, auch für die, deren Straftaten man für besonders verabscheuungswürdig oder gefährlich, auch im Sinne der Gefährdung der Demokratie, hält. Meiner Meinung nach gilt das auch für Unternehmen. Wenn das Recht nicht mehr einheitlich ist, wenn da ein struktureller Bruch erfolgt, dann ist es unseres Erachtens nach zerstört.
Wir können deshalb dem SPD-Antrag auch nur zustimmen, wenn die SPD unserem Änderungsantrag folgt. Selbstverständlich sind wir für eine Überweisung, um das ausführlicher zu diskutieren. – Danke.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Schön, dass Sie sich so auf meinen Wortbeitrag freuen, das ist doch prima.
Ich fange einmal mit der Frage an, welche Voraussetzungen man für eine Eintragung in das Korruptionsregister wählt und welche Schwelle man setzt. Wir haben uns bewusst an dem Modell NordrheinWestfalen orientiert, bei Einführung des Gesetzes immerhin rot-grün regiert. Wir plädieren dafür, nicht erst die endgültige, rechtskräftige Verurteilung abzuwarten. Die Gründe dafür haben Sie schon genannt: So ein Verfahren kann viele Jahre dauern, wenn es sich über mehrere Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof zieht. Wir wollen früher ansetzen.
Natürlich haben wir geprüft, ob das verfassungsrechtlich sauber und machbar ist. Zu der Frage, wann Eintragungen in ein Vergaberegister erfolgen können, gibt es Urteile. Es geht bei der Eintragung in ein Register ja nicht um die Feststellung individueller Schuld, sondern darum, ob ein Bewerber in einem Vergabeverfahren zuverlässig ist oder nicht. Das sind rechtlich unterschiedliche Fragestellun
gen. In Nordrhein-Westfalen ist dieses Gesetz auch nicht verfassungsrechtlich zu Fall gebracht worden im Gegensatz zu anderen Gesetzen, wie zum Beispiel ein Gesetz zur Online-Durchsuchung.
Ich kann Ihnen die gerichtlichen Fundstellen nennen, die belegen, dass dieser Punkt verfassungsrechtlich sauber ist. Und in der politischen Abwägung ist es doch so, wenn man jahrelang wartet, bis man jemanden in dem Register benennt mit der Folge auch eines Vergabeausschlusses, dann macht man ein Korruptionsregister zum stumpfen Schwert und das wollen wir Sozialdemokraten nicht; das ist der eine Punkt.