Protokoll der Sitzung vom 19.11.2009

(Beifall bei der GAL)

Anstatt einer hoch emotionalen Diskussion, wie sie gerade von der SPD, dem Kollegen von Frankenberg und der Kollegin Blömeke geführt wird, sollten wir sachlich miteinander diskutieren. Deswegen unternehme ich in der Kürze der Zeit den Versuch, zu etwas Sachlichkeit und womöglich auch ein wenig Vertrauen beizutragen.

Der Sache nach geht es um die Arbeit der Fraktionen und des Senats an der Konsolidierung des Haushaltes. Aus den Bereichen Inneres, Soziales und BSU sind bisher eine Menge Vorschläge – in ganz dicken Anführungsstrichen – an die Öffentlichkeit gelangt, von denen bisher noch kein einziger an irgendeiner Stelle entschieden wurde. Der Bereich Sozialpolitik ist vielleicht der emotionalste, weil er die meisten Menschen in dieser Stadt betrifft, und ich werbe dafür, dass Sie uns zutrauen, dies im Blick zu haben. Wie Frau Blömeke sagte, hat die Fraktion ein eigenes Modell gewählt, nachhaltig an das Thema heranzugehen mit dem Ziel, dass keiner der drei Bereiche Soziales, Ökonomie und Ökologie ein Übergewicht bei den Konsolidierungsbemühungen hat. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde ist durch Zeitablauf beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf, Drucksache 19/4486, Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksachen 19/1577, 19/2153, 19/3114, 19/3124 und 19/2154.

[Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksachen 19/1577: Haushaltsrechnung für das Haushaltsjahr 2007 (kameral) (Senatsantrag) 19/2153: Jahresbericht 2009 des Rechnungs

hofs über die Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Freien und Hansestadt Hamburg mit Bemerkungen zur Haushaltsrechnung 2007 (Vorlage des Rechnungshofs) 19/3114: Ergänzung zum Jahresbericht 2009 des Rechnungshofs hier: Bericht über das zusammengefasste Ergebnis seiner Prüfung des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses der Freien und Hansestadt Hamburg auf den 31. Dezember 2007 (Vorlage des Rechnungshofs) 19/3124: Stellungnahme des Senats zum Jahresbericht 2009 des Rechnungshofs über die Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Freien und Hansestadt Hamburg mit Bemerkungen zur Haushaltsrechnung 2007 sowie zum Ergänzungsbericht 2009 des Rechnungshofs "Prüfung des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses der Freien und Hansestadt Hamburg auf den 31. Dezember 2007" (Senatsmitteilung) 19/2154: Prüfung der Haushaltsund Wirtschaftsführung des Rechnungshofs im Haushaltsjahr 2007 (Vorlage des Rechnungshofs) – Drs 19/4486 –]

Wird das Wort gewünscht? – Die Abgeordnete Ahrons bekommt es.

Meine Damen und Herren! Jetzt können wir die Emotionen vielleicht wieder ein klein wenig herunterfahren.

(Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

Ich habe es gerne sachlich, Herr Kienscherf, das stimmt schon.

Der Rechnungshof hat uns in diesem Jahr wieder seinen Jahresbericht 2009 vorgelegt und wir haben bereits im Frühjahr vor der Ausschusssitzung darüber debattiert. Viele Feststellungen, Beanstandungen und Vorschläge gibt es in diesem Bericht, knapp 50 an der Zahl, die aufzeigen, dass Hamburg in vielen Bereichen seine Einnahmen steigern und seine Ausgaben reduzieren kann. Der Rechnungshof sagt auch konkret, auf welche Weise und mit welchen Maßnahmen das erfolgen kann. So haben die Rechnungsprüfer allein im Jahr 2007 ein Einsparpotenzial in dreistelliger Millionenhöhe und unnötige Ausgaben von rund 50 Millionen Euro ausgemacht. Obwohl diese Summe nur einen Bruchteil des Hamburger Haushaltsvolumens ausmacht, dürfen wir nicht einfach darüber hinweggehen. Es handelt sich hierbei um eine Summe, der wir in Zeiten von Finanz- und Wirtschaftskrise und angesichts einer angespannten Haushaltslage große Beachtung schenken sollten. Die aktuelle Steuerschätzung Anfang dieser Woche hat die Einnahmeerwartung für die Jahre 2009 und 2010 für Hamburg noch einmal nach unten korrigiert. Nachdem die Maisteuerschätzung für dieses Jahr Steuerausfälle in Höhe von 520 Millionen Euro er

(Stephan Müller)

geben hatte, kommen jetzt für 2009 weitere 90 Millionen Euro Mindereinnahmen hinzu.

Vor diesem Hintergrund muss jeder Spielraum genutzt werden, um neben allen zu diskutierenden und zu beschließenden Sparmaßnahmen weitere Möglichkeiten zu nutzen, um den Haushalt zu stabilisieren. Eine wesentliche Maßnahme ist das sparsame Wirtschaften mit den der Stadt zur Verfügung stehenden Geldern. Wir haben den verfassungsrechtlichen Auftrag, mit den uns zu treuen Händen überlassenen Geldern der Bürger verantwortungsvoll und vor allen Dingen auch wirtschaftlich umzugehen. Ob und wie das geschieht, unterliegt unserer Kontrolle und darum ist der Jahresbericht des Rechnungshofes für uns so ein wichtiges Instrument, ohne das wir unserer verfassungsrechtlichen Aufgabe kaum nachkommen könnten.

(Beifall bei der CDU und bei Andreas Wal- dowsky GAL)

Wer den Rechnungshof kritisiert und findet, dass seine Ermahnung zur sparsamen Haushaltsführung in seiner Kompetenz zu weit gehe, dem kann ich nur sagen, dass es gerade die Aufgabe des Rechnungshofes ist, auf diese Dinge hinzuweisen, auch wenn es manchmal unbequem ist und einem nicht passt.

Ich bin, wie in jedem Jahr, daher dem Kollegium des Rechnungshofes unter der Leitung des Präsidenten Dr. Meyer-Abich sehr dankbar für die geleistete Arbeit.

(Beifall bei der CDU und bei Andreas Wal- dowsky GAL)

Mit dieser Arbeit wird dafür gesorgt, dass wir im Parlament unsere Kontrollfunktion ausüben können, wobei es nicht nur darum geht, Steuerverschwendung aufzuspüren und zu verhindern, sondern auch gemeinsam mit den Verwaltungseinheiten Wege zu finden, wie die Steuergelder effektiver verwendet werden können.

(Glocke)

Frau Abgeordnete, darf ich dem Abgeordneten Müller mal eben ins Gewissen reden. – Danke schön.

Der Erfolg der Arbeit des Rechnungshofes liegt vor allem darin, dass er nicht als Ankläger, sondern vielmehr als kollegialer Ratgeber der Verwaltung fungiert und über ein allseits anerkanntes Maß an hoher Kompetenz verfügt. Er ist weit mehr als ein stadteigener Wirtschaftsprüfer, denn der Rechnungshof hat sich in den Jahrzehnten seiner Tätigkeit zu einem schwergewichtigen Unternehmensberater entwickelt. Dr. Meyer-Abich und seine Mitarbeiter sind quasi der stadteigene Roland Berger und McKinsey. Sie prangern nicht nur an, sie zeigen auch im

Dialog mit den betreffenden Verwaltungseinheiten Wege auf, wie die Steuergelder effektiver verwendet werden können. Sparen und Kosten senken, Einnahmen sichern und wirtschaftlich handeln, das sind die maßgeblichen Vorgaben, die der Rechnungshof in seinem Jahresbericht 2009 zur Grundlage seiner Prüfungen, Empfehlungen und Ermahnungen gemacht hat.

Aber erfreulich ist es auch, wenn die Empfehlungen des Rechnungshofes zügig umgesetzt werden, so geschehen beispielsweise beim Punkt bezirkliche Wochenmärkte. Hier gab es seit Längerem Mängel bei der Zulassung von Marktbeschickern und beim Gebühreneinzug vor Ort, die zu Mindereinnahmen führten. Soweit mir bekannt wurde, hat es zum Beispiel im Bezirksamt Eimsbüttel daraufhin unverzüglich Veränderungen in der Organisation, bei der technischen Umsetzung und Abrechnung gegeben. Hier zeigen die Empfehlungen und Beanstandungen also eine unmittelbare Wirkung.

Das gelingt uns leider nicht immer beziehungsweise an mancher Stelle besser und an mancher Stelle überhaupt nicht. Ein Fall, der mir besonders aufgefallen ist und den ich beispielhaft nennen möchte, ist die Verlagerung der Grundschule Chemnitzstraße.

(Olaf Ohlsen CDU: Was ist denn das?)

Die Behörde hat ohne Beleg der Wirtschaftlichkeit anstelle eines 4,8 Millionen Euro teuren Umbaus einen Neubau für 14,6 Millionen Euro realisiert. Sie hat Bau- und Kostenvorlagen nicht vorgelegt, die Gesamtkosten im Haushaltsplan unvollständig angegeben und zudem noch für die Sporthalle um 800 000 Euro überhöhte Baukosten genannt.

(Jan Quast SPD: Weiß Herr Roock davon?)

Mögliche Effizienzvorteile, zum Beispiel durch die Durchführung eines Architektenwettbewerbes, hat die Behörde nicht geprüft und somit die Chance für einen wirtschaftlicheren Entwurf vertan. Damit wurden in diesem Falle natürlich die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit deutlich missachtet.

Der Rechnungshof macht zudem immer wieder klar, dass es erhebliche Verhaltensmängel der Verwaltung gegenüber der Bürgerschaft gibt, zum Beispiel durch Verstöße gegen das Budgetrecht des Parlaments, durch unzutreffende oder ungenaue Informationen über Projektkosten sowie durch nicht eingehaltene Zusagen über Umsetzungsmaßnahmen. Der Rechnungshof hat in mehreren Einzelfällen festgestellt, dass die Verwaltung dem Gebot, die Rechte des Parlaments zu beachten, nicht ausreichend nachgekommen ist.

Ich kann nur erneut daran erinnern, meine Damen und Herren: Das Parlament ist die Inhaberin des Budgetrechtes. Das heißt, das Parlament allein be

willigt die Mittel. Insoweit sind die Rolle und die Rechte des Parlamentes zukünftig stärker zu beachten.

Im Ausschuss haben die Abgeordneten aller Fraktionen die Häufigkeit und das Gewicht der in diesem und in den vorangegangenen Jahresberichten angesprochenen Mängel bei der Beteiligung der Bürgerschaft beanstandet. Der Rechnungshof hat zudem wieder festgestellt, dass Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen fehlen oder nicht in der sachlich gebotenen Weise durchgeführt oder dokumentiert worden sind.

Ich bedaure diese immer wieder vorkommenden Verstöße gegen das Budgetrecht der Bürgerschaft sehr. Vor dem Hintergrund der Häufigkeit und des Gewichts dieser Feststellung hat der Unterausschuss darum seinem Bericht eine Liste mit den einschlägigen Verstößen als Anlage beigefügt.

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden über- nimmt den Vorsitz.)

Ich möchte eindringlich an die Verwaltung appellieren, künftig das Budgetrecht der Bürgerschaft durchgängig zu beachten.

(Beifall bei der CDU und bei Andreas Wal- dowsky GAL)

Das Wort bekommt Frau Dr. Schaal.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie in jedem Jahr mahnt der Rechnungshof den Senat zu einem kostenbewussteren Vorgehen. In diesem Jahr – Frau Ahrons, Sie haben schon darauf hingewiesen – kam es im Sommer zu einem Eklat um die HafenCity Universität. Der Rechnungshof mahnte Wirtschaftlichkeit und eine Begründung an, als der Senat darauf beharrte, die HafenCity Universität in die HafenCity zu verlegen, anstatt sie an ihrem alten Standort an der Hochschule für Architektur zu belassen. Wegen seiner kritischen Einlassungen hat der Rechnungshof einen Rüffel von Vertretern der Koalition bekommen und wurde ermahnt, er solle sich nicht in die Politik einmischen. Ich frage mich, wieso eigentlich? Mit seinen kritischen Hinweisen in einem laufenden Entscheidungsverfahren hat der Rechnungshof weder Neuland betreten noch Grenzen überschritten; er hat seine Aufgabe erfüllt, die Maßnahmen der Regierung nach geltenden Vorgaben und insbesondere auf ihre Wirtschaftlichkeit hin zu beurteilen. Der Rechnungshof wacht schließlich darüber, dass kein Geld verschwendet wird und das geschieht natürlich dann am wirkungsvollsten, wenn noch etwas zu retten ist.

Der Neubau des ZOB Bergedorf ist doppelt so teuer geworden, als es die zuständige Behörde ursprünglich veranschlagt hatte. Der Senat selber hat vor Kurzem die Notbremse gezogen und eine

Ursachenanalyse vom Rechnungshof angefordert. Es geht darum, Wege und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie derartige Kostenexplosionen bei Bauprojekten künftig verhindert werden können – das ist bitter nötig, meine Damen und Herren.

Wir wissen aus unserer Großen Anfrage zum aktuellen Kostenstand von Baumaßnahmen, dass von 217 Großprojekten 63 teurer geworden sind als geplant. Beispiele sind sattsam bekannt: Elbphilharmonie, U4, Schießanlage der Polizei, Ortsumgehung Finkenwerder, diverse Schulbauten, die im aktuellen Jahresbericht des Rechnungshofs besprochen werden. Insgesamt sind bei diesen 63 Projekten Mehrkosten von 800 Millionen Euro entstanden. 800 Millionen Euro Steuergelder wurden verschwendet; das ist unverantwortlich.

(Beifall bei der SPD und bei Norbert Hack- busch DIE LINKE)

Mit diesen 800 Millionen Euro müssten wir uns weitaus weniger Gedanken darüber machen, wie auf die gerade bekannt gewordenen Steuerausfälle 2009 zu reagieren ist und Sie hätten keine sozialpolitischen Denkpapiere nötig, wie Sie künftig Sozialleistungen erbringen können.

Wir sollten für alle Hinweise des Rechnungshofes dankbar sein. Er hilft, Verschwendungen zu vermeiden, wenn er uns rechtzeitig auf überflüssige Mehrausgaben aufmerksam macht. Ich möchte mich darum ganz ausdrücklich beim Rechnungshof, seinem Präsidenten, dem Kollegium und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die jetzt sicherlich Rathausfernsehen gucken, ganz herzlich für ihre Arbeit bedanken und sie ermutigen, so weiter zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Mein Dank gilt auch den Mitgliedern der Fraktionen im Rechnungsprüfungsausschuss für ihre gute, kollegiale und offene Zusammenarbeit. Die gute Zusammenarbeit hat sich auch daran gezeigt, dass unsere Beanstandungen und Beschlüsse einstimmig getroffen wurden.

In seinem Jahresbericht hat der Rechnungshof festgestellt, dass der Senat siebenmal gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und gegen das Budgetrecht der Bürgerschaft verstoßen hat. In den Jahren 2005 bis 2008 gab es 12 solcher Beanstandungen. Es gibt aber auch Erfreuliches zu berichten. Durch rechtzeitige Interventionen des Rechnungshofes konnten jeweils 3,3 Millionen Euro bei der Wegeverbindung zur Elbphilharmonie und beim Bau der U4 eingespart werden. Das ist angesichts der Mehrkosten wenig, aber wir brauchen jeden Pfennig.

Der Rechnungshof mahnt nicht nur zur Sparsamkeit, er rügt auch falsche Sparsamkeit. So sind zum Beispiel an der Universität Schäden von 375 Millionen Euro entstanden, weil Jahr für Jahr