Zur Fahrrinnenanpassung habe ich mich bereits geäußert. Insofern wäre bei Ihnen, Herr Neumann, weniger besser gewesen. – Schönen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Durch die weltweite Wirtschaftskrise ist der Hamburger Hafen besonders hart getroffen: Umsatzrückgänge im Containerbereich von rund 30 Prozent, Marktanteilsverluste an die Konkurrenzhäfen Rotterdam und Antwerpen, Schiffsfinanzierungshäuser, die kurz vor dem Kollaps ste
hen, Reedereien, die teilweise nur durch staatliche Hilfe gerettet werden können und immer noch die Angst, dass im maritimen Bereich ein Dominoeffekt einsetzt, der die ganze Branche in den Abgrund reißt. Insofern hätte man der SPD dankbar sein können, dass sie dieses Thema heute zur Debatte anmeldet. In der Rede des SPD-Fraktionsvorsitzenden, in der die aus Sicht der SPD entscheidenden kritischen Punkte angesprochen wurden,
war von all den Problemen, die ich eben genannt habe und die die Hafenwirtschaft wirklich schwer umtreiben, überhaupt nichts zu hören. Sie haben sehr abseitige Themen benannt, Herr Neumann. Wenn die Hafenwirtschaft auf Sie und Ihre Hilfe angewiesen wäre, dann gute Nacht für den Hamburger Hafen.
Mitten in der größten Wirtschaftskrise hat sich die SPD zu einer Prioritätensetzung nach der Linie des letzten Jahrhunderts entschieden. Ökologie wird als Gegensatz zur Ökonomie gesehen. Im 21. Jahrhundert sind Sie damit noch nicht angekommen, Herr Neumann.
Anscheinend ist der SPD nach neun Jahren in der Opposition auch ein wenig das Fachwissen abhanden gekommen. Sie scheinen tatsächlich zu glauben, dass die Federführung bei der Elbvertiefung beim Senat der Freien und Hansestadt Hamburg liegt.
Das ist natürlich nicht der Fall, Herr Neumann, vielleicht ein bisschen Nachhilfe für Sie. Die Elbvertiefung ist ein Bundesthema. Die Behörde, die die entsprechende Planung vorantreibt, ist die Wasserdirektion Nord, die dem Bundesverkehrsministerium unterstellt ist. Wenn das Thema dort nicht so schnell bearbeitet wurde, wie es für unseren Hafen hätte bearbeitet werden müssen, Herr Kienscherf, dann hätten Sie sich bis November letzten Jahres direkt an den Bundesverkehrsminister wenden müssen.
Wissen Sie, von welcher Partei der gestellt wurde? – Von Ihrer. Sie hätten sich längst einmal an Herrn Tiefensee wenden sollen, anstatt irgendwelche Vorwürfe an den Senat zu richten, Herr Neumann.
Aber kommen wir auf die eigentlichen Probleme des Hafens zu sprechen, darauf, wo es jetzt aktuell brennt.
Die Feederverkehre, die einen wesentlichen Anteil an den Umsatzzuwächsen der letzten Jahre im Hamburger Hafen hatten, brechen weg. Die großen Containerschiffe aus Asien legen bereits in Rotterdam an, wo die Container auf kleinere Feederschiffe umgeladen werden, die dann, ohne Hamburg anzulaufen, um das Skagerrak herum direkt gen Ostsee fahren. Das ist ein großes Problem und der schwarz-grüne Senat, Herr Neumann, hat reagiert und steht den betroffenen Reedereien hilfreich zur Seite. Mittels eines Marktanreizsystems wird jetzt versucht, verlorengegangene Marktanteile zurückzugewinnen. Populistische Reden, wie Sie sie hier gehalten haben, helfen dagegen überhaupt nicht. Sie tun sich auch keineswegs einen Gefallen, wenn Sie damit Ihre Wirtschaftskompetenz unterstreichen wollen.
In der gegenwärtigen Situation ist es notwendig, die Strategien des Hamburger Hafens und seiner Akteure kritisch zu betrachten. Es ist notwendig, dass Politik versucht, den Strukturwandel aktiv zu begleiten. Der Senat hat hier etwas getan, was auch den Hamburger Hafen schon immer ausgezeichnet hat, er hat auf neue Entwicklungen reagiert. Auch im Hamburger Hafen kann Wissenschaft helfen. Wir haben gerade beschlossen, in Hamburg ein Fraunhofer-Institut anzusiedeln, das sich insbesondere mit Logistikketten, auch mit CO2-minimierten Logistikketten, befasst, damit der Hamburger Hafen auch an dem zukünftigen Wachstum partizipieren kann. Herr Neumann, vielleicht hören Sie auch da einmal zu.
Damit können wir die Wirtschaft stärken und gleichzeitig auch etwas für die Umwelt tun. Das ist ein Weg, der in die Zukunft weist, nicht die von Ihnen verbreiteten platten Parolen.
Wir und auch der Hamburger Hafen haben eine Menge Hausaufgaben zu bewältigen. Wir werden dann sehen, ob die jetzt eingeleiteten Maßnahmen die Wettbewerbsposition ausreichend stärken oder ob weitere Maßnahmen notwendig sind. Wir sind an dieser Debatte sehr interessiert, wir befinden uns mittendrin und würden uns freuen, wenn die SPD bei diesem Punkt auch einmal konstruktiv mitarbeiten würde. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich frage mich, ob das Loblied auf die Taten des Senats, das Herr Ohlsen und Herr Kerstan diesen vermeintlichen Plattitüden entgegengesetzt haben, uns wirklich weiterhilft. Ich kann mir zudem nicht vorstellen, Herr Ohlsen, dass Sie ernsthaft meinen, eine Diskussion wie diese sei der Sache nicht dienlich. Wenn wir diese Debatte schon führen, dann sollten wir uns die Probleme auch genau anschauen.
Zunächst einmal ist anzuerkennen, dass alle Fraktionen darin übereinstimmen, dass die Situation in der maritimen Wirtschaft sehr ernst ist, weitaus ernster, als in anderen Strukturbereichen der bundesdeutschen Wirtschaft. Das haben auch Sie noch einmal unterstrichen. Wir befassen uns also mit einem Sektor, für den die Wirtschaftskrise noch nicht Vergangenheit ist und in dem wir noch große Probleme vor uns haben.
In den vorhergehenden Redebeiträgen wurde noch einmal unterstrichen, dass Herr Gedaschko und Herr von Beust richtig reagieren würden. Angesprochen wurde die Gründung eines Logistikinstituts – dagegen sagt niemand etwas, auch wenn es noch nicht steht, sondern erst auf den Weg gebracht wurde – und das Anreizsystem, das die Feederverkehre konkurrenzfähiger machen soll; auch dagegen wird niemand etwas haben. Die Frage, Herr Ohlsen und Herr Kerstan, ist aber, ob das reicht.
Schauen wir zudem einmal näher hin, wann diese Maßnahmen auf den Weg gebracht worden sind. Wenn ich richtig informiert bin, ist das bei beiden im Dezember 2009 der Fall gewesen. Wir haben aber bereits seit dem letzten Quartal 2008 eine kritische Situation in der maritimen Wirtschaft. Da ist ein recht großer Zeitraum nicht genutzt worden. Im Sommer, als uns die Werften und Hapag-Lloyd beschäftigt haben, habe ich von diesem Podium aus mehrfach und eindringlich eine umfassende, regional eingebettete Konzeption und auch Anstrengungen für eine Kooperation mit anderen Häfen gefordert. Wir stehen vor einem Problem, das Hamburg alleine nicht wird lösen können. Mein Eindruck ist – vielleicht ergreift Senator Gedaschko das Wort und kann das widerlegen –, dass das nicht auf den Weg gebracht worden ist.
und es mit einem Anreizsystem versuchen. Ich habe große Zweifel, ob das ausreicht, um auf dieses große Strukturproblem angemessen zu reagieren.
Herr Neumann, Sie sagen, der Welthandel werde irgendwann wieder anziehen. Das ist richtig, aber wie wird er anziehen? Wir sollten darüber diskutieren, ob damit nicht eine Schwerpunktverlagerung und ein Strukturwandel in der Globalökonomie verbunden sein werden. Wir sollten nicht einfach unterstellen, dass das, was wir in den letzten Jahren an Logistik und Import und Export im Hamburger Hafen gesehen haben, automatisch so wieder kommt. Die Schwerpunkte des Wachstums, das zeichnet sich doch heute schon ab, verlagern sich in den asiatischen Raum. Wenn Sie die Geschäftsbeziehungen und den Handelsverkehr mit China ausbauen wollen, dann muss ein bisschen mehr kommen als das, was in der Vergangenheit gemacht worden ist. Das heißt, wir stehen vor der großen Herausforderung, einen Strukturwandel bewältigen zu müssen. Das kann mit der Hafenwirtschaft und den dort Beschäftigten auf den Weg gebracht werden, aber da ist bislang nahezu nichts passiert.
Die Stilllegungs- oder Zusammenlegungsprozesse bei den Terminalanlagen sind wirklich beunruhigend. Sie unterstellen – auch bei Herrn Neumann mag das durchschlagen – der maritimen Wirtschaft insgesamt eine Verdoppelung des Transportvolumens bis 2025. Das ist ein jährliches Wachstum von 5 Prozent; das ist völlig irreal.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin dankbar, dass die SPD dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt hat, denn es geht in der Tat, wie Herr Bischoff es gesagt hat, um mehr als ein Naturschutzgesetz, das wir in Hamburg ergänzen müssen oder auch nicht oder das wir mit anderen Wegen begleiten müssen. Es geht um die Frage, wie wir in Hamburg strukturell mit diesem Thema umgehen, wie wir diese Stadt langfristig ausrichten wollen und wel
che Gelder wir investieren wollen. Wenn man sich zum Hafen bekennt, dann bekennt man sich automatisch auch zu Investitionen in gigantischem Umfang. Das muss man wissen und dann muss man die Entscheidung treffen, wollen wir das oder wollen wir das nicht, glauben wir an diesen Hafen oder glauben wir nicht an ihn und wissen wir, dass der Hafen Zukunft hat, oder wissen wir es nicht.