Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Machaczek, Sie hatten Herrn Kohl vergessen, aber das macht nichts und solche Diskussionen bringen uns jetzt überhaupt nicht weiter. Sie haben erstaunlicherweise wenig zu Ihrem Antrag gesagt und dafür haben Sie wahrscheinlich auch Gründe. Ich werde auf diesen Antrag noch etwas näher eingehen.
Als 1986 zwischen Hamburg und Shanghai eine Städtepartnerschaft vereinbart wurde, war China, und das wusste jeder, eine brutale Diktatur, und das ist es bis heute. Natürlich bewegt sich eine Gesellschaft mit zunehmenden wirtschaftlichen und technologischen Veränderungen. Sie wird in der Regel offener, sie lässt sich zunehmend auf Kooperationen mit dem Ausland ein, auf Dialoge verschiedenster Art, auch auf politische. Das nährt dann immer die Hoffnung, dass sich in unserem Falle China infolge der ökonomischen Veränderungen demokratischer und humaner entwickeln wird. Mag sein, dass dies noch alles kommt, das weiß ich nicht, das ist aber in Fragen der Demokratie, der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und der Meinungs- und Pressefreiheit in China bisher nur marginal eingetreten.
Nebenbei angemerkt: Neu war vor vielen Jahren, dass der Kopf bei einer Hinrichtung nicht mehr mehrfach gespalten wurde, neu war auch, dass man zu einem Genickschuss überging und neu war ebenfalls, dass die betroffenen Familien nicht mehr zur Bezahlung der Kugel auf Dollarbasis herangezogen wurden; dies nur einmal nebenbei.
China, um diese Situation noch einmal zu schildern, exekutiert jedes Jahr nach wie vor mehr Menschen als der Rest der Welt zusammen. China hat in Lagern mehrere Millionen Menschen ohne Gerichtsurteil inhaftiert und die Meinungs-, Presseund Informationsfreiheit ist nach wie vor massiv eingeschränkt; das ist in China leider Realität geblieben. Und weil China, insbesondere auch für Hamburg, ein wichtiger Handelspartner geworden ist, haben alle Senate mehr oder weniger davon abgesehen, die Menschenrechtsverletzungen in China öffentlich aufzugreifen, weil die Befürchtung einer wirtschaftlichen Abstrafung durch China bestand und nach wie vor besteht. Man hat dann bis heute den Weg der sogenannten stillen Diplomatie gewählt. Meine Fraktion hat Herrn von Beust mehrfach aufgefordert, mutiger und deutlicher zu werden. Die Antworten waren immer: Stille Diplomatie sei der richtige und der bessere Weg.
Nun gibt es zwei aktuelle und spektakuläre Fälle von Menschenrechtsverletzungen in China. Zum einen wurde ein Europäer – Frau Machaczek hat das schon gesagt – ohne ein rechtlich korrektes Gerichtsverfahren hingerichtet; zum anderen wurde der Menschenrechtler Liu Xiaobo als Unterstützer der Charta 08 wegen seiner Forderung nach Demokratie zu elf Jahren Haft verurteilt. CDU und
die GAL haben diese Fälle zum Anlass genommen, China erneut auf die Tagesordnung zu setzen. Ich will mich jetzt nicht damit beschäftigen, ob das auch etwas mit Populismus zu tun hat. Wir haben aber alle gemeinsam – wir nehmen Sie da ernst – die Chance, in der Städtepartnerschaft mit Shanghai und unserem Verhältnis zu China neue Wege zu gehen. Wir werden Ihrem Antrag zustimmen; wenn ich Sie richtig verstanden habe, werden Sie unseren Antrag ablehnen.
Dann laufen Sie Gefahr, in der Bewertung der Diskussion eine Scheindebatte zu führen, aber das können wir an einer anderen Stelle weiter diskutieren. So vollkommen ernst scheinen Sie es doch nicht zu nehmen.
Wenn beispielsweise Herr Schira, der jetzt nicht da ist, ankündigt, man könne nach diesen Fällen nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, und Frau Möller von einem notwendigen Kurswechsel spricht, man müsse jetzt politisch mutiger und offensiver sein, so ist, daran gemessen, Ihr Antrag, auf den Sie nicht ohne Grund sehr wenig Bezug genommen haben, nicht nur völlig unzureichend, sondern harmlos und auch mutlos, obwohl gerade aus Ihren Reihen gesagt wurde, wir bräuchten mehr Mut.
Mit einem Kurswechsel, den Frau Möller gefordert hat, hat das nur wenig zu tun. Das einzig Neue ist die Schaffung von Foren, dies unterstützen wir.
Wenn Sie es ernst meinen, dann sollten Sie unserem Punkt, nämlich der Beteiligung aller Fraktionen an der Erarbeitung eines tragfähigen Konzepts, zustimmen. Aber da Sie unseren Antrag ablehnen, haben Sie wenig Gelegenheit dazu. In unserem Antrag verlangen wir nichts, was wir nicht auch von einem sozialdemokratisch geführten Senat verlangen würden. Meine Fraktion verurteilt zunächst einmal das Urteil gegen Liu Xiaobo auf das Schärfste und fordert von China die Aufhebung dieses Urteils.
Das sollte aber nicht nur die Bürgerschaft tun, das erwarten wir auch vom Ersten Bürgermeister, Herrn von Beust. Wenn CDU und GAL das hier nicht öffentlich in ihrem Antrag in der Bürgerschaft vortragen – Sie wagen es offenbar nicht, dies vorzutragen, Sie durften es wahrscheinlich nicht –, dann ist das völlig inakzeptabel. Ich verstehe wirklich nicht, warum Sie in Ihrem Antrag, obwohl es Thema dieser Debatte ist, diese Menschenrechtsverletzungen nicht erwähnen, sie zurückweisen und die Aufhebung dieses Urteils fordern. Das ist nicht akzeptabel.
Dann haben wir neben der stillen Diplomatie an den Senat gerichtete Erwartungen. Es ist insbesondere der Senat, der hier gefordert ist. Und wenn CDU und GAL in ihrem Antrag keine Erwartungen an den Senat richten, dann ist auch das völlig inakzeptabel. Es ist nicht nur seltsam, es ist einfach politisch gesehen völlig inakzeptabel. Der Senat ist ein wichtiger Akteur in diesem Zusammenhang und Sie fordern diesen zu nichts auf. Sie durften es wahrscheinlich gar nicht, Sie kuschen vor dem Senat und vor der Handelskammer, anders ist dies nicht zu erklären.
Der Senat ist jetzt aufgefordert, öffentlich sichtbare Zeichen zu setzen und die Menschenrechtsverletzungen in China offensiver und mutiger aufzugreifen. Er könnte CHINA TIME mit einem großen Forum der Zivilgesellschaft nicht nur selbst organisieren, sondern auch begleiten. Er kann zum Beispiel auch im Rahmen der Städtepartnerschaft zwischen Hamburg und Shanghai eigene Projekte entwickeln. Vieles wäre denkbar, aber für diesen Kurswechsel, wenn Sie ihn denn überhaupt wollen, müssen alle, auch Herr von Beust, mutiger werden. Was Frau Merkel kann, kann doch unser Bürgermeister schon lange.
Herr von Beust fährt Ende Mai nach China und hat die Chance, die Menschenrechtsfragen in China offensiver als bisher aufzugreifen, aber Staatsrat Lüdemann sagt, für einen Dialog in Menschenrechtsfragen sei das Hamburg-Haus nicht der richtige Ort. Wenn es bei dieser Geisteshaltung bleibt, meine Damen und Herren von der CDU und der GAL, dann waren diese heutige Diskussion und Ihr Antrag offenbar doch nicht so ernst gemeint.
Wir werden beobachten, wie es weitergeht und was es eigentlich bedeutet, wenn Herr Schira sagt, wir könnten jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Sie wären gut beraten, unsere Vorschläge aufzugreifen. Sie wären auch gut beraten gewesen, einen interfraktionellen Antrag zu initiieren. Sie wollten das nicht anders, aber Ihr Antrag ist nicht überzeugend. Wir unterstützen ihn und die Richtung, aber dass Sie unseren Antrag ablehnen, finde ich sehr bedauerlich. Es spricht nicht dafür, dass Sie wirklich eine ernst gemeinte Diskussion wollen. – Schönen Dank.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das Jahr 2008 war ein Jahr der Hoffnung für viele Chinesen und für
viele Freunde Chinas, ein Jahr der Hoffnung, dass es in Zusammenhang mit den Olympischen Spielen zu einer deutlichen Verbesserung der Menschenrechtssituation in China kommt. Diese Hoffnung ist enttäuscht worden, schon sehr früh im Jahr 2008 mit der Niederschlagung der Unruhen in Tibet, dann aber auch im Umfeld der Olympischen Spiele mit den Zensurmaßnahmen gegen die akkreditierten Journalisten, mit dem Umgang von Vertriebenen, die im Rahmen von Baumaßnahmen der Olympischen Spiele als Wohnungslose und Wanderarbeiter durch die Großstädte zogen, und so weiter. Dazu kam noch der Umgang mit den Unterzeichnern der Charta 2008.
Das Thema Menschenrechte ist ein Thema, das immer aktuell ist und das wir heute auch nicht neu entdecken. Meine Vorredner haben schon auf die beiden aktuellen Anlässe hingewiesen. Ich möchte hinzufügen, dass der Rückzug Googles aus China auch mit zu diesem Thema gehört. Ein Land, das Angst vor einer Suchmaschine im Internet hat, scheint mir sehr armselig zu sein.
Auch in diesem Jahr wird es in Hamburg eine ganze Reihe von Anlässen geben, sich mit der Menschenrechtssituation in China auseinanderzusetzen. Herr Frank hat schon darauf hingewiesen, der Bürgermeister und vielleicht auch eine Delegation der Bürgerschaft werden Ende Mai nach Shanghai zur Weltausstellung fahren. Ähnlich wie 2008 mit der Olympiade wird China auch 2010 in den Medien sehr präsent sein. Für uns Hamburger wird dann nach den Sommerferien noch die CHINA TIME anstehen und der Hamburg Summit, der dann im November durchgeführt wird. Das sind zahlreiche Möglichkeiten, auch im Kontakt mit unseren Freunden aus China auf die Menschenrechtssituation hinzuweisen. Diese Kontakte werden wir alle nutzen, Senat wie Bürgerschaft.
Anders, als Herr Frank es dargestellt hat, sind wir überhaupt nicht ängstlich, wenn es um Menschenrechte geht. Wir haben gerade gestern im Europaausschuss über die Menschenrechtssituation in León debattiert, wir haben im Herbst letzten Jahres eine Anhörung zu den Wahlfälschungen in St. Petersburg gehabt. Wir haben in der letzten und in der aktuellen Legislaturperiode über die Laogai-Lager in China debattiert. Vor der letzten Shanghai-Fahrt der Bürgerschaft im Herbst letzten Jahres gab es ein Treffen am Rande der Vorbereitungen mit einem kanadischen Menschenrechtler, der sich mit schweren Menschenrechtsverletzungen in China auseinandersetzt. Dieses Angebot wurde von einer ganzen Reihe von Abgeordneten in Anspruch genommen und hat einen neuen Blick auf die Lage in China gegeben.
nerschaft mit Shanghai infrage stelle. "Die Welt" titelt, die SPD fordere eine Aussetzung der Partnerschaft mit Shanghai. Herr Frank, wenn ich Ihren Zusatzantrag anschaue, bevor ich auf unseren eigenen Antrag eingehe: Wo ist diese Forderung geblieben? Ist die SPD sich eigentlich klar darüber, was sie will in der Chinapolitik?
Man besetzt die Medien mit diesem Thema Einfrieren der Partnerschaft, aber dann kommt ein Zusatzantrag, der, wie die Kollegin Machaczek richtig sagte, im Prinzip unsere Themen noch einmal abkupfert und um nur sehr wenige Aspekte ergänzt, die allerdings selbstverständlich mit zu unserer Politik gehören. So fordern Sie zum Beispiel, dass es NGO-Foren geben solle am Rande der CHINA TIME. Ich glaube, Sie haben sich noch nie das Programm der CHINA TIME angeschaut. Viele NGOs haben sich mit Menschenrechtsthemen bei CHINA TIME eingebracht. 2008 war es das Nordelbische Missionswerk, es war die Tibet-Initiative und auch das Institut für Arbeit, das zu Minderheitenrechten, zu Fragen der Zivilgesellschaft und des Rechtsstaats mit eigenen Themen dort im Programm vertreten war. Auch die GAL hat übrigens dort eine Veranstaltung zum Thema Menschenrechte in China gemacht. Wo ist die SPD geblieben?
Insofern wird auch in der CHINA TIME 2010 jede NGO, auch jede Partei, jede Parteistiftung, die Möglichkeit haben, sich mit Menschenrechtsthemen einzubringen. Dazu brauchen wir keine Foren am Rande, sondern in der CHINA TIME selbst müssen diese Menschenrechtsthemen neben all den Wirtschaftsthemen, den Themen Kalligrafie und so weiter präsent sein. Wir dürfen China nicht ohne Menschenrechte denken.
Wir machen Folgendes mit unserem Antrag: Wir bekräftigen noch einmal unsere Menschenrechtspolitik und bringen einen neuen Aspekt hinein, nämlich Foren, die jetzt eingerichtet werden sollen in unserer Städtepartnerschaft, deutsch-chinesische Foren, auf denen Menschenrechtsprobleme und ein Rechtsstaatdialog behandelt werden. Hier können wir im Kontakt und Gespräch mit China das ansprechen, was uns unter den Nägeln brennt. Es wird eine sehr spannende Sache, dies auszuarbeiten. Das macht der Senat, der ist genauso aufgefordert wie die Bürgerschaft, wenn Sie sich unseren Antrag genau anschauen. Insofern können Sie dem sehr gut zustimmen.
China bleibt ein Land der Widersprüche. Einerseits schickt es sich mit großer wirtschaftlicher Dynamik an, die Großmacht des 21. Jahrhunderts zu werden; andererseits sehen wir die krassen Widersprüche zwischen Arm und Reich in China, wir sehen diese antiquierte Rolle der KP, die sehr hart die Fäden der Macht in der Hand hält und uns an ganz alte Zeiten erinnert. Wir sehen in China die rabiate Politik gegenüber Minderheiten, die Verfolgung der Tibeter, der Uiguren und anderer Minderheiten, wir sehen die riesige Umweltproblematik. Der Schlüssel, um diese vielen Probleme und Konflikte in China zu lösen, sind die Menschenrechte. Wenn China nicht die Menschenrechte respektiert, dann hat es keine Grundlage, um eine wirkliche Großmacht des 21. Jahrhunderts zu werden. Dieses Gespräch über Menschenrechte werden wir führen, wir Grüne, dieser Senat und diese Regierungsfraktion. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben uns schon häufiger in der Bürgerschaft mit diesem Thema auseinandergesetzt, und zwar auch mit der Frage der besonderen Bedeutung der Menschenrechte in China und welche Verletzungen es dort gab. Ich will nicht alles wiederholen, was gerade relativ einvernehmlich dargestellt wurde, sondern dies unterstützen und bekräftigen, dass es dort sehr viel zu tun gibt und wichtige Rechte in China verletzt werden, besonders im Zusammenhang mit der Todesstrafe, was Herr Frank in seiner drakonischen Art noch einmal dargestellt hat. Dies war so prägnant, dass ich es nicht noch einmal wiederholen will.
Ich betone noch einmal, dass wir es unerträglich finden, dass irgendwo auf dieser Welt noch Todesstrafen durchgeführt werden, natürlich besonders in China.