Wir sollten uns darauf konzentrieren und vor allem auf unsere Bundespolitiker einwirken, wie wir solidere Finanzierungskonzepte der Krankenversicherungen finden können, durch die auch unser Solidarsystem erhalten bleibt. Wenn ich allerdings Ihren Antrag lese, dann wollen Sie das scheinbar nicht, denn die Unklarheit dieses Antrags, muss ich leider sagen, setzt sich im Petitum fort. Dort schreiben Sie:
"Der Senat wird aufgefordert, sich für eine Erweiterung der Einnahmebasis der GKV einzusetzen, indem unter anderem hohe Kapitaleinkünfte über Steuern in die Finanzierung der GKV einbezogen werden."
Wollen Sie demnach eine Steuerfinanzierung der GKV? Das kann man ja wollen, diese Auffassung vertreten auch viele Leute, aber in Bezug auf die bundespolitischen Forderungen Ihrer Partei war mir das neu und ich war doch etwas überrascht, als ich dieses Petitum gelesen habe.
Langer Rede kurzer Sinn: Wir werden Ihren Antrag heute aus verschiedenen Gründen ablehnen. Zum einen ist es diese unseriöse und populistische Argumentation, die mich an Ihren Anträgen immer wieder ärgert, in der Sie eine wirre Verknüpfung unterschiedlicher Sachverhalte machen und dadurch einfach populistische Panikmache betreiben.
Zum zweiten bleibt in Ihrem Antrag völlig unklar, was Sie eigentlich wollen. Wie sieht denn Ihre Idee einer Bürgerversicherung aus, wollen Sie jetzt die Steuerfinanzierung oder nicht? Das geht daraus nicht klar hervor. Und drittens – Sie haben Herrn Krüger gehört – gibt es derzeit in unserer Hamburger Koalition keine einheitlichen bundespolitischen Vorstellungen, mit denen man im Bundesrat aktiv werden könnte. Die Positionen der beiden Regierungsfraktionen sind hier ziemlich klar und eindeutig.
Wir vertreten unterschiedliche Auffassungen, das weiß auch jeder, und bei den kritischen Abstimmungen im Bundesrat werden wir uns deshalb enthalten. Das ist alles nichts Neues. Ich hoffe nur, dass aus Ihren Anträgen in Zukunft klarer erkennbar ist, was Sie eigentlich wollen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegin Heitmann, ich hoffe, dass ich zumindest in Teilen die Wirren ein bisschen entwirren und für Klarheit und Wissen sorgen kann. Ich hatte schon den Eindruck, dass die Rede wirklich gut anfing,
ich dachte, wir haben eine Mehrheit im Parlament gegen die Kopfpauschale und dann hatte ich doch den Eindruck, dass Nebenschauplätze aufgemacht werden und sich in Kleinstformulierungen ergangen wird. Wenn Sie sich ein bisschen wissend machen würden, wie die Bürgerinnen- und Bürgerversicherung das Gesundheitssystem finanzieren soll – Ihre Partei fordert das ja auch –, dann wüssten Sie, dass wir sie nicht aus Steuern finanzieren wollen, sondern wenn wir Kapitaleinkünfte auf Steuern meinen, meinen wir natürlich, dass alle Einkommen zu den Beiträgen herangezogen werden sollen.
Ich glaube, da gibt es in Ihrer Partei aber auch keinen Dissens. Insofern machen Sie sich vielleicht noch einmal sachkundig.
Herr Krüger, aus Ihrem Beitrag habe ich ganz viel Hilflosigkeit herausgehört; dafür habe ich sehr viel Verständnis. Mir wäre es auch peinlich, auf Bundesebene mit der FDP regieren zu müssen, die das solidarische Gesundheitssystem massiv zerstören will.
Auch wenn Sie noch einmal die Krankenhäuser aufzählen, die wir in Hamburg haben – ich finde es auch toll, dass es so viele sind –, hat das überhaupt nichts damit zu tun, wie die gesundheitliche Versorgung künftig für die Menschen, die es sich nicht leisten können, finanziert werden soll, damit sich der Abstand beim Sterbealter in diesem Land hoffentlich einmal verringert. Ich sehe viel Hilflosigkeit, vielleicht beenden Sie diese Koalition auf Bundesebene irgendwann und dann ändert sich vielleicht auch die Politik im Gesundheitswesen.
Ihre Position, das Thema habe in der Hamburgischen Bürgerschaft nichts zu suchen, ist nicht einsehbar. Hamburg ist nicht isoliert. Ich muss Ihnen über den Aufbau des Staates nichts erzählen, Hamburg sitzt im Bundesrat und in der Gesundheitsministerkonferenz. Insofern hat das Thema hier eine ganze Menge zu suchen. Aber man sieht, wie sich der schwarz-grüne Senat sträubt und weigert, derartige Themen über seine Möglichkeiten auf Bundesebene einzubringen. Das nehmen wir zur Kenntnis; wir müssen sehen, wie wir damit umgehen.
Immerhin hat kein Mitglied der Regierungsparteien die Zahlen, die ich genannt habe, in Zweifel gezogen. Ich habe aber schon den Eindruck, dass Ihnen die Brisanz der Finanzierungsfrage und der Einführung einer Kopfpauschale oder einer Varianz davon nicht bewusst ist, denn sie enthält nicht nur eine ordnungspolitische Komponente, sondern hat auch sozialpolitische Bedeutung. Es soll ein unumkehrbarer Umbau der sozialen Sicherungssysteme eingeleitet werden. Das Prinzip der Sozialstaatlichkeit, und hier komme ich auf Artikel 20 des Grundgesetzes, soll und wird dadurch beseitigt werden; deshalb unser Antrag mit der Aufforderung an den Senat, aktiv zu werden.
Für diejenigen, denen es bisher noch nicht klar war oder denen das Thema bislang zu kompliziert war – es ist kompliziert und das Problem ist, dass sich deswegen viele nicht damit beschäftigen –, nenne ich vier Gründe, woraus die Mindereinnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung resultieren.
Erstens: Durch die hohe Sockelerwerbslosigkeit sinkt die Zahl der Beitragszahler und -zahlerinnen inklusive der Familienversicherung.
Drittens: Weiterhin resultieren sie aus den HartzGesetzen I bis IV, die die gesetzliche Krankenversicherung seit 2006 jährlich mit 3,6 Milliarden Euro belasten, weil nicht mehr der volle Beitragssatz gezahlt wird.
Viertens: Die erhöhte Tabaksteuer mit 4,2 Milliarden Euro sollte eigentlich versicherungsfremde Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung finanzieren, nun werden aber damit andere Löcher des Staatshaushalts gestopft.
Aus diesen Gründen und wegen der krisenbedingten Einnahmeausfälle müsste der Bundeszuschuss für 2010 insgesamt 15,7 Milliarden Euro betragen, wird aber wahrscheinlich noch höher ausfallen.
Hinsichtlich der Lohnnebenkosten und der Abhängigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland vom GKV-Beitrag sei noch angemerkt, dass die Beitragszahlungen der Arbeitgeber zur gesetzlichen Krankenversicherung nur 4,5 Prozent der Arbeitskosten je Vollzeitbeschäftigten ausmachen. Bei der Erhöhung der GKV-Beitragssätze um nur einen Prozentpunkt würde sich der Arbeitgeberanteil lediglich um 0,32 Prozent auf 4,82 Prozent der Arbeitskosten erhöhen. Auch deswegen fordern wir die paritätische Beteiligung der Arbeitgeber an den Krankenversichertenbeiträgen.
Wir notwendig zudem – letztes Beispiel – die Forderung der LINKEN nach einer Preisbindungskontrolle ist – darauf sind Sie leider nicht eingegangen –, zeigt eindrucksvoll das Beispiel des Wirkstoffs Omeprazol. Das ist ein bekanntes Generikum, das gegen Magenschmerzen eingesetzt und massenhaft verkauft wird. Es wird im Großhandel zu einem Kilopreis von 500 Euro bezogen. Eine Verkaufspackung mit 100 Kapseln dieses Medikaments enthält Wirkstoff für 1 Euro. Eine Packung mit 100 Kapseln herzustellen einschließlich Qualitätskontrolle, Druck und Material kostet maximal 2 Euro. Somit ergibt sich ein Herstellungspreis von 3 Euro. Der Apothekenverkaufspreis bewegt sich bei 22 verschiedenen Herstellern in Deutschland zwischen 82,78 Euro und 99,90 Euro.
In diesem Sinne hat Herr Gesundheitsminister Rösler also noch sehr viel zu tun. Wenn er über die Pharmakosten klagt, muss er an dieser Stelle ansetzen.
Wer den Antrag der Fraktion DIE LINKE aus Drucksache 19/5845 annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 51, Drucksache 19/5851, Antrag der Fraktionen der CDU und der GAL: Forum Stadtentwicklung.
Hierzu liegen Ihnen als Drucksache 19/5966 ein Antrag der SPD-Fraktion sowie als Drucksache 19/5980 ein Antrag der Fraktion DIE LINKE vor.
[Antrag der Fraktion der SPD: Neue Planungskultur entwickeln – Einrichtung einer Hamburger Stadtwerkstatt – Drs 19/5966 –]
Diese beiden Drucksachen möchte die SPD-Fraktion an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Frommann, bitte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach der Atomdebatte ist so ein bisschen die Luft raus. Auch bei diesem Thema ist es wahrscheinlich so, dass wir sehr einvernehmlich debattieren werden. Dennoch möchte ich ein paar Worte darüber verlieren, weil es um eine Sache geht, die uns in wesentlichen Schritten voranbringen kann.
Herausragende Bauprojekte und besonders spektakuläre Bauvorhaben lösen fast regelmäßig eine breite öffentliche und von den Medien begleitete Diskussion aus; das erleben wir immer wieder. Oft ist die Größe des Projekts, aber auch der Umfang des Eingriffs in den Bestand der Auslöser solcher Debatten. Als jemand, der aus dem Bereich des "Sprungs über die Elbe" kommt, weiß ich natürlich sehr genau, worüber ich rede.
Auch ästhetische Fragen, die Eigenwilligkeit architektonischer Gestaltung oder das Fehlen von Qualität bieten Anlass zum Streit. Beispiele haben wir in unserem Antrag genannt und ich möchte sie nicht unnötigerweise wiederholen. Eines wird dabei aber offensichtlich: Die Bürger nehmen Anteil am Profil ihrer Stadt. Ein Schneisenschlag, wie er zum Beispiel in der Ost-West-Straße durchgeführt wurde, wäre heute sicherlich nicht mehr möglich. Wenigstens würde er zu heftigen Diskussionen innerhalb der Bevölkerung und wahrscheinlich auch über die Stadtgrenzen hinaus führen.
Die Fraktionen der CDU und der GAL wollen diesem Bürgerinteresse gerecht werden. Die Bürgerschaft hatte den Senat bereits in der letzten Legislaturperiode aufgefordert, entsprechende umfangreiche Vorschläge zu machen, und wir haben eine Expertenanhörung durchgeführt. Das Ende der Legislaturperiode damals unterbrach dieses Begehren, was wir heute nun erneuern wollen.
Ausgehend von der für interessierte Bürger oft frustrierenden Erfahrung, dass die Diskussion über solche Projekte erst einsetzt, nachdem über die wesentlichen Eckdaten von Programmen und Entwürfen bereits entschieden worden ist, möchten wir dieses Diskussionsfeld zu einem früheren Zeitpunkt eröffnen, weil man sich heute bei einem Verfahrensstand einklinkt, an dem die Spielräume einfach nicht mehr groß und Änderungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt sind. Nur schwer überwindbare Konflikte sind damit vorprogrammiert. Der Bürger fühlt sich mit seinen Anliegen und Interessen ungenügend respektiert. Eine nach dem gemeinsamen Lern- und Aufklärungsprozess mögliche Einsicht, eine Konsens- und Kompromissbereitschaft, wird von vornherein unter denkbar ungünstige Bedingungen gestellt.
Wir bitten den Senat deshalb erneut, eine organisatorische und vor allen Dingen finanziell realisierbare Konzeption für die Einrichtung eines Forums Stadtentwicklung vorzulegen.