Protokoll der Sitzung vom 05.05.2010

(Beifall bei der SPD)

CDU und moderne Familienpolitik passen einfach nicht zusammen.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Ihre Politik ist gegen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gerichtet, sie ist ungerecht und rückschrittlich. Hören Sie Hamburgs Eltern zu und nehmen Sie die Gebührenerhöhungen zurück. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort hat Herr Müller.

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Frau Veit, ich finde Ihre Wortwahl manchmal sehr schlimm, denn wenn Sie in diesem Zusammenhang von kinderfeindlich sprechen, müssen Sie auch wissen, dass das Wort feindlich ein Synonym für gegnerisch oder hasserfüllt ist, und das wird der Sache und auch uns hier absolut nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Zurufe von der SPD: Oh!)

Ebenso haben Sie gerade das Wort "sozialpolitischer Amoklauf" in den Mund genommen und Ihr Landesvorsitzender ist rachsüchtig; das ist wohl der neue Stil der SPD. Für mich hört sich das eher so an: Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage? Also überlegen Sie sich doch bitte einmal, was Sie da von sich geben.

(Beifall bei der CDU – Arno Münster SPD: Das ist doch billige Polemik! – Ingo Egloff SPD: Können Sie auch etwas zur Sache sa- gen?)

Herr Egloff, ausschließlich für Sie werde ich jetzt etwas zur Sache sagen. Ich werde mich aber ähnlich wie die Kollegin Veit nicht mit Zahlen duellieren, sondern sicherlich noch einmal das eine oder

(Carola Veit)

andere Grundsätzliche dazu sagen. Das mag Ihnen nicht passen, aber das ist jetzt so.

Ich kann sogar nachvollziehen, dass die betroffenen Eltern ihren Protest artikulieren, weil es in einigen Fällen für sie in der Tat erst einmal eine Mehrbelastung bedeutet – für die einen mehr, für die anderen weniger.

(Dirk Kienscherf SPD: Das kriegen sie zu- rück, oder wie?)

Ich kann sogar nachvollziehen, dass diese Eltern sagen, solche Projekte wie die Elbphilharmonie und die Stadtbahn dürften nicht gebaut werden, weil sie eben häufig den Unterschied zwischen Investition und Betriebskosten nicht kennen.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist doch Blöd- sinn, was Sie hier erzählen!)

Auch dass die Menschen die Wirtschaftskrise mit ihren umfassenden Auswirkungen noch nicht realisiert haben, weil sowohl Senat als auch Bundesregierung mit intelligenten Maßnahmen diese Auswirkungen mindern konnten, kann ich nachvollziehen. Was ich nicht nachvollziehen kann, meine Damen und Herren, ist, dass Sie genau diese Argumente auch noch transportieren und selbst benutzen, obwohl Sie es besser wissen müssten.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Gerade Sie sollten wissen, dass wir im Kita-Bereich nicht sparen, sondern weiter in erheblichem Maße ausbauen, ohne Qualitätseinbußen vorzunehmen. Sie sollten auch den Unterschied zwischen Investitionen und Betriebsmitteln kennen, Sie sollten die Landeshaushaltsordnung kennen und auch unsere Verfassung.

(Michael Neumann SPD: Sparen Sie sich doch einfach Ihre Rede!)

Herr Neumann, wenn Sie den Unterschied nicht kennen, wenn Sie irgendwann einmal echte Probleme bekommen, wenn Sie ein Haus bauen wollen und das finanzieren lassen wollen und sich damit den Kühlschrank füllen wollen, dann wird das nicht funktionieren.

(Beifall bei der CDU und der GAL– Michael Neumann SPD: Sie sind doch Herrn Schill hinterhergelaufen! Sie Lümmel! – Frank Schira CDU: Jetzt hat er zum zweiten Mal Lümmel gesagt! – Gegenruf von ~ Was ha- be ich gesagt? – Gegenruf von ~ Lümmel! – Gegenruf von ~ Er auch!)

Meine Damen und Herren! Ich habe das Wort Lümmel zwar nicht selbst gehört, aber wenn es gefallen ist, gehört es hier nicht her. Ich bitte, davon abzusehen, dieses Wort zu gebrauchen, und möchte bitten, dass wir jetzt doch Herrn Müller weiterhin zuhören.

Ich bleibe dabei, lieber Herr Neumann, auch Sie sollten wissen, welche Steuerausfälle Hamburg zu verkraften hat und dass deshalb leider keine Alternative zu diesen Maßnahmen zu erkennen ist. Stattdessen hören wir von Ihnen nur die üblichen Vorwürfe und Falschmeldungen. Auch in Ihrer Anmeldung sagen Sie, dass dieser Senat kinderfeindlich wäre, die Bodenhaftung verloren hätte und der CDU und der GAL es ähnlich ginge. Da stellt sich doch die Frage, ob jemand die Bodenhaftung verloren hat, weil er in Zeiten einer nie dagewesenen Krise die Verantwortung übernimmt und für die Zukunftssicherung unpopuläre Maßnahmen trifft, oder ob derjenige die Bodenhaftung verloren hat, dem in diesen Zeiten nichts Besseres einfällt als weiter so, egal, wer es bezahlt und später ausbaden muss.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Nicht wir haben die Realität aus den Augen verloren, Sie sind noch gar nicht in der Realität angekommen in dieser Frage; das ist der Unterschied.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Sie erwarten von uns und dem Senat eine verantwortungslose Politik auf Kosten kommender Generationen und wollen sich somit automatisch an den künftigen Generationen versündigen. Was werden Sie denn später diesen Kindern sagen, wenn die Sie einmal fragen, warum sie ihre eigene Zukunft nicht mehr gestalten werden können.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Und was sagen Sie jetzt den Kindern?)

Wir hätten zwar sparen müssen, aber wir wollten die kommenden Wahlen gewinnen; so verhalten sich die SPD und DIE LINKE.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Ingo Egloff SPD: Wer hier wohl spart!)

Das ist doch gar nicht so weit weg, Herr Egloff, das ist doch genau die Frage, die wir unserem Vorgänger auch schon stellen können. Der Schuldenberg, den wir vor uns hertreiben – übrigens waren einige SPD-Senate daran erheblich beteiligt – und den wir hinterlassen haben, bringt uns doch auch zu der Erkenntnis, dass wir nicht mehr allzu viel Gestaltungsspielraum haben, und diesen möchten Sie kommenden Generationen noch nehmen.

(Karin Timmermann SPD: Es haben immer die anderen Schuld!)

Meine Damen und Herren! Wir stehen in der Tat mit beiden Beinen auf dem Boden und wissen leider ganz genau, dass wir solche Maßnahmen zwar nicht gerne durchführen, uns aber der Verantwortung auch nicht entziehen dürfen.

Herr Neumann, ich beobachte Sie jetzt ganz genau. Was passiert, wenn man permanent über seine Verhältnisse lebt, kann man ganz gut an Griechenland feststellen.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Das wollen Sie nicht hören, das war mir klar. Immer, wenn man finanzpolitische Argumente bringt, die Sie nicht verstehen, dann verfallen Sie hier in so ein Verhalten.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

In Griechenland tragen die Kinder eine unglaubliche Schuldenlast,

(Michael Neumann SPD: In den Kindergär- ten!)

weil es da zum Beispiel Großväter gegeben hat, die mit 50 Jahren in Rente gehen durften. Das sollte uns in diesem Hause wirklich ein mahnendes Beispiel sein und für Sie auch ein Anlass, über Ihr Verhalten nachzudenken.

(Ingo Egloff SPD: Das ist bei Ihnen auch nicht anders, Kollege Müller!)

Ich appelliere deswegen an Sie und auch an die Hamburger Eltern, diese Maßnahme natürlich nicht mit Begeisterung aufzunehmen – das tun wir auch nicht –, sie aber als Investition in die Zukunft zu betrachten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Meine Damen und Herren! Es ist ein sehr wichtiges und kontroverses Thema und die Emotionen schlagen hoch, aber ich möchte doch herzlich bitten, dass wir, was den Sprachgebrauch und den allgemeinen Level der Geräusche und Zwischenrufe betrifft, ein klein bisschen Rücksicht darauf nehmen, dass wir uns auch verstehen können. – Jetzt hat Frau Blömeke das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist ganz deutlich zu merken: Wo Emotionen im Spiel sind, haben es Argumente schwerer durchzudringen. Das merken wir hier im Parlament ganz deutlich,

(Carola Veit SPD: Bei Ihnen auch!)

aber die Erfahrung mussten auch wir Grünen in den letzten Wochen machen, als wir uns in den Diskurs mit den betroffenen Eltern oder den Medien begeben haben. Dennoch oder gerade deswegen will ich heute die Aktuelle Stunde dazu nutzen, um Hintergründe und Fakten zu benennen, die in der Öffentlichkeit eigentlich nach wie vor selten wahrgenommen werden. Es geht mir dabei nicht unbedingt darum, die Eltern von der Richtigkeit der Maßnahme zu überzeugen. Das wäre zwar wünschenswert, aber – ich kann es verstehen – bei eigener Betroffenheit eher unrealistisch. Auch bei der Opposition werde ich nicht viel Erfolg haben, aber vielleicht kommt doch etwas bei Ihnen an.

Es geht mir eher darum, den Blickwinkel zu erweitern, den Blick vom eigenen Portemonnaie und von der eigenen Betroffenheit auf die Gesamtzusammenhänge dieser Stadt und auf die Kinderbetreuung zu lenken. Dabei will ich auch mit einigen oft gehörten Vorwürfen aufräumen. An erster Stelle steht da sicherlich die Behauptung, die wir immer wieder hören, die Kitas seien der Sparstrumpf des schwarz-grünen Senats. Meine Damen und Herren hier im Parlament, Sie wissen ganz genau, die Fakten sehen anders aus.

Ich will, anders als Herr Müller, ein paar Zahlen nennen. 450 Millionen Euro fließen jährlich in die Kindertagesbetreuung, weitere 70 Millionen Euro werden in den nächsten zwei Jahren zusätzlich zu den 450 Millionen Euro folgen. Wir leisten es uns als Solidargemeinschaft, rund 50 Prozent Mindestbeitragszahler in den Kitas zu haben, das heißt, 50 Prozent aller Kinder zahlen aus unterschiedlichen Gründen nur zwischen 15 und 49 Euro Elternbeitrag. Das Mittagessen, das von Frau Veit angesprochen wurde, wird nach wie vor mit 3 bis 5 Euro pro Essen subventioniert.