Protokoll der Sitzung vom 01.07.2010

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Dabei ist im Rechtsstaat eines natürlich auch klar. Unser Rechtsstaat gibt jedem Bürger die Möglichkeit, auch Polizeibeamte für vermeintliches oder auch tatsächliches Fehlverhalten anzuzeigen. Polizeibeamte sind Bürger in Uniform, auch da gibt es Fehler, das wird hier niemand verschweigen wollen. Es ist aber durch gar nichts zu rechtfertigen und – ich möchte den Begriff auch gebrauchen – unerträglich, wenn Polizeibeamte mit Schlägen, Tritten und Steinwürfen attackiert und in Lebensgefahr gebracht werden. Ich finde es vollkommen unangemessen, wenn von einigen jetzt in einem typischen Reflex ein angebliches Fehlverhalten der Polizei als Ursache für diese Gewaltorgie angeführt wird.

(Beifall bei der CDU und bei Christiane Blö- meke GAL)

Wer ein Fehlverhalten meint zu erkennen, der erstattet in diesem Land eine Anzeige, der objektiv und durch unabhängige Instanzen nachgegangen wird. Man wirft aber nicht mit Steinen und tritt anderen Menschen ins Gesicht.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Olaf Ohlsen CDU: Vor allen Dingen, wenn man selbst im Glashaus sitzt!)

Die Politik in unserer Stadt steht bei diesen Fragen vor einer großen Aufgabe, dessen sind wir uns alle bewusst und es gibt nichts schönzureden, wir haben ein Problem. Ich würde mich aber freuen, Herr Dr. Dressel, wenn wir es gemeinsam anpacken und wenn wir die Sorge der Menschen, die angesichts der Entwicklung in dieser Stadt besteht, auch ernst nehmen und nicht in typische parteipolitische Reflexe verfallen

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

und in einer allzu populistischen Weise versuchen, daraus politisches Kapital zu schlagen.

Wir alle stehen nicht hier und behaupten, es gebe einfache Lösungen oder Patentrezepte, die gibt es nicht. Ich habe übrigens auch noch keine Lösungsvorschläge von der geschätzten Opposition gehört. Es gibt Bereiche, die für den Senat nicht zur Disposition stehen. Die Durchsetzung von Recht und Gesetz in allen Teilen der Stadt gehört unweigerlich dazu und bei allem Spardruck, den wir in dieser Stadt haben, wird an den Polizeibeamten auf der Straße in Hamburg nicht gespart werden.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL – Dr. Andreas Dressel SPD: Das wol- len wir sehen!)

Ein Zurückweichen vor Willkür und Gewalt ist keine Option und darüber hinaus werden wir in der Senatskommission komplexe Probleme differenziert diskutieren. Wir sind bereit, mit allen konstruktiven Kräften aus Politik und Gesellschaft, auch unter Hinzuziehung externen Sachverstands, in den Dialog zu treten über Mittel und Wege, die Gewaltbereitschaft insgesamt zurückzudrängen, und mit Augenmaß, ohne Scheuklappen, ohne populistische Reflexe, mit Kreativität und ohne Denkverbote zu diskutieren. Dazu möchte ich an dieser Stelle alle diejenigen, die es ernst meinen, mit diesem Problem umgehen und nicht in politische Reflexe verfallen zu wollen, zur Mitarbeit einladen. Das sind wir den Menschen in dieser Stadt und auch unseren Beamten schuldig. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort hat jetzt Herr Hackbusch.

(Senator Christoph Ahlhaus)

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind uns alle einig in diesem Haus bei den gemeinsamen Genesungswünschen an diejenigen, die dort verletzt worden sind, und besonders an die Polizisten.

(Jörg Hamann CDU: Auch Frau Schneider?)

Auch Frau Schneider, sie hat es am Anfang übrigens auch ausdrücklich gesagt.

Die zweite Gemeinsamkeit, die ich auch festhalten möchte, ist, dass diese Taten, die dort geschehen sind, durch nichts zu rechtfertigen sind. Sie sind ohne Frage verabscheuungswürdig und müssen verurteilt werden. Das sind nicht der Streit, um den es geht, und auch nicht die Differenz.

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden über- nimmt den Vorsitz.)

Und drittens stellen wir auch das Gewaltmonopol nicht infrage. Das ist nicht die Fragestellung, die wir dabei haben, sondern es geht um zwei Sachen, die wir genauer diskutiert haben wollen. Zum einen sind wir der felsenfesten Meinung, dass das Gewaltmonopol nur dann aufrechtzuerhalten ist, nur dann kräftig sein kann und nur dann die Polizei Akzeptanz hat, wenn wir lückenlos dafür sorgen können, dass die Polizei auch in ihrem Verhalten kontrolliert wird und es genau kontrolliert wird, was sie dort im Einzelnen macht.

(Viviane Spethmann CDU: Und Sie glauben, dass das nicht geschieht?)

Dabei haben wir folgende Schwierigkeit.

(Olaf Ohlsen CDU: Gerade von Ihnen!)

Gerade von mir, ich bin einer der Kritischsten in diesem Zusammenhang und sehr gut dafür geeignet, so etwas kritisch zu überprüfen, Herr Ohlsen.

(Beifall bei Christiane Schneider und Meh- met Yildiz, beide DIE LINKE)

Unter anderem deswegen sind wir für die Kennzeichnungspflicht der Polizei, weil wir jedem in dieser Stadt sagen können möchten, dass das Verhalten der Polizei auch besonders genau zu kontrollieren ist. Was wäre denn passiert in der Diskussion in dieser Stadt, wenn nicht zufälligerweise dieses Handy-Video aufgetaucht wäre? Dann wäre dieses allgemeine Bild, das am Montag und am Sonntag vorherrschte, völlig lückenlos und die Nachfragen dazu wären doch gar nicht gekommen. Dementsprechend müssen wir doch auch einmal selbstkritisch sein. Gerade Sie als große Verteidiger der Polizei müssten doch selbstkritisch bekennen, dass es wichtig ist, dass solche Sachen dann auch bekannt werden. Dieses Video zeigt doch – gut, dass es mittlerweile solche technologischen Entwicklungen gibt –, dass die Kontrolle dieser Polizei auch darüber stattfindet und dass wir nicht un

bedingt alles sehen, was die Polizei angeht. Von daher muss man das kritisch kontrollieren.

(Viviane Spethmann CDU: Und daran ist die Polizei selbst schuld?)

Das hat nichts damit zu tun, ob die Polizei selbst Schuld hat, aber jedes Fehlverhalten der Polizei wiegt doppelt und dreifach, weil es das Gewaltmonopol gibt, und das ist auch völlig richtig, dass es so ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Zweite, was mir wichtig ist, sehe ich mit Entsetzen, Herr Dressel, Herr van Vormizeele und auch Herr Ahlhaus. Wenn eine wichtige Person in dieser Stadt – und Herr Lenders, der in der Boulevardpresse dieser Stadt auftritt, die ihn auch gerne zitiert, ist eine sehr wichtige Person im Zusammenhang mit der Polizei – von Abschaum redet, verlange ich von Ihnen, dass Sie sich davon distanzieren. Das gehört sich für eine demokratische Kultur

(Beifall bei der LINKEN)

und auch für die Art und Weise, wie man über solche Fragen diskutiert. Man kann alles hart kritisieren und auch sagen, dass es falsch ist, aber der Begriff Abschaum hat in einer demokratischen Kultur nichts zu suchen. Ich möchte, dass Sie sich davon distanzieren und das auch hier noch einmal tun. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr von Frankenberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Wichtigste zuerst: Zunächst möchte ich ausdrücklich unsere Solidarität mit der Hamburger Polizei bekunden.

(Beifall bei der CDU)

Ich betone ausdrücklich, dass unsere Hamburger Polizisten ihre Aufgaben in meinen Augen hervorragend erfüllen. Den verletzten Beamten möchte ich von dieser Stelle aus gute Besserung wünschen.

(Beifall bei der CDU)

Ansonsten versetzt mich die Aktuelle Stunde in ihrem bisherigen Verlauf durch einige Aussagen ein wenig in Erstaunen. Auch bei Ihrer Argumentation wegen des Handyvideos habe ich das Gefühl, im falschen Film zu sein.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Es war kein Vi- deo, es war ein Film!)

Da stimmt irgendetwas mit dem Koordinatensystem nicht. Ich weiß auch nicht, ob wir so ein Video wirklich beurteilen können.

Wir ducken uns vor dem Thema überhaupt nicht weg. Herr Dressel sprach von sozialer Spaltung, aber der Vorwurf, den Sie uns machen, ist schlichtweg falsch. Der Senat und die handelnden Behörden haben in den letzten Jahren intensiv das Thema Gewalt von Jugendlichen bearbeitet und in meinen Augen auch viel erreicht. Die Leitlinie im Handlungskonzept gegen Jugendgewalt ist der richtige Weg.

Es geht hier um eine Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden, der Innenbehörde, der Schulbehörde, der Sozialbehörde, der Justizbehörde und der Bezirksämter. Das Konzept setzt auf frühe Prävention, angemessene Intervention, schnelle und spürbare Sanktionen sowie ständige Überprüfung, zuletzt auch beim Fall Elias. Ich begrüße, dass eine kritische Aufarbeitung geschehen ist und halte diese für notwendig. Für uns ist ganz klar, dass Prävention nicht erst beim Straftäter anfängt oder wenn es sowieso schon zu spät ist, sondern für uns fängt Prävention schon in der Kita an. Hier ist natürlich der Erfolg nicht sofort messbar, sondern erst in zehn oder 20 Jahren, aber wichtig ist, dass wir früh anfangen. Diese Woche hat die Bertelsmann-Studie bestätigt, dass wir in Hamburg, was diesen Bereich angeht, auf dem richtigen Weg sind, aber nicht nur in diesem Bereich, sondern auch im Bereich Schule. Unsere Leitlinie ist Bildungsgerechtigkeit. Jeder soll eine faire Chance bekommen und darum gibt es die Bildungsoffensive. Die Abschaffung der Hauptschule ist in diesem Zusammenhang sicherlich ein wichtiger Bereich, ebenso die zwei Wege zum Abitur: Gymnasium und Stadtteilschule. Wer einen Beruf lernt, wird seltener kriminell, das ist eine Binsenweisheit. Und nach diesen Leitlinien handeln wir in Hamburg.

Wir haben dies schon früh erkannt. Seit 2007 gibt es in Gebieten mit besonderen Belastungen kleine Grundschulklassen. Auch das ist eine Maßnahme, durch die früh gegengesteuert wird. Dies sind große Anstrengungen, die uns auch erhebliche Mittel kosten, aber das ist sinnvoll investiertes Geld in den Bereich Prävention.

Viele sinnvolle soziale Maßnahmen möchte ich noch nennen, zum Beispiel das Hamburger Handlungskonzept zur Integration von Zuwanderern; auch dies ist ein Schwerpunkt.

(Dirk Kienscherf SPD: Was wollen Sie uns damit sagen?)

Sprachliche Bildung, Ausbildung, berufliche und soziale Integration sind alles keine Konzepte, die in der Schublade vor sich hinschmoren, sondern wir haben gehandelt und große Fortschritte gemacht.

Was bestimmte Stadtteile angeht, so ist viel Geld in die Sanierungsanstrengungen geflossen.

(Wolfgang Rose SPD: Dann brauchen Sie ja nichts mehr zu tun!)

Hamburg investiert als Kommune und als Stadt viel in den Bestand, so auch die SAGA GWG. Und im Bereich der sozialen Stadtteilerneuerung ist in den letzten Jahren ebenfalls viel investiert worden.