Protokoll der Sitzung vom 15.09.2010

(Antje Möller GAL: Das stimmt doch gar nicht!)

Herr Becker schimpft an einer Stelle, dass das nicht so sei, wie er wolle, aber es gibt überhaupt keine Diskussion darüber. Der Zukunftsrat in Hamburg ist doch eine Institution, mit der man sich auseinandersetzen muss. Wie will man gute Klimapolitik machen, wenn man eine solche kritische Würdigung noch nicht einmal annehmen kann, sondern eigentlich nur darüber schimpft? Das ist keine Art und Weise, damit umzugehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich habe insgesamt den Eindruck, dass Sie nicht in der Lage sind, nüchterne Politik auf dieser Ebene zu machen; Sie wollen tolle Überschriften. Herr Kerstan kam heute mit der tollen Überschrift, Ökologie und Ökonomie seien doch in Hamburg fast zusammen, weil es jetzt die ökologische Elbstiftung gebe. Auf welches Niveau sind Sie mittlerweile wieder zurückgerutscht, wenn das eine Bilanz ist, dass Ökologie und Ökonomie zusammenpassen, weil die Stiftung dafür, dass relativ viel kaputtgegangen ist, ein bisschen Geld bekommt. Das passt zur CDU – wir wissen, dass dort nicht so viel ökologische Kompetenz vorhanden ist –, aber es passt nicht zur GAL und die GAL hat dann noch ein Gütesiegel, das sie nicht verdient hat; soweit zu meiner Bilanz.

Wir freuen uns darauf, dass Hamburg Umwelthauptstadt ist, weil es die Möglichkeit eröffnet, verschiedene Fragen zu debattieren. Wir haben aber den Eindruck, dass dieser Senat nicht nüchtern genug ist, um die Ziele, die durchaus richtig formuliert sind, auch umzusetzen und durchzusetzen.

Wir verlangen, dass diese Ziele und eine Bilanz regelmäßig hier dargestellt werden und nicht allgemeine Luftblasen und Marketing-Sprech. Davor fürchten wir uns am meisten.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Das würde, um wirklich Umwelthauptstadt werden zu wollen und dies mit Leben zu füllen, nicht ausreichen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Frau Stöver.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Hackbusch, Sie haben geschlossen mit "Ich freue mich, dass wir Umwelthauptstadt geworden sind" und Sie haben auch ganz viel Kritik geübt. Ich fange jetzt von hinten an. Ich freue mich, dass wir Umwelthauptstadt geworden sind und dass wir nicht kritiklos sind, dass wir auch noch nicht am Ende der Fahnenstange angelangt sind, kommt hoffentlich in meinem Beitrag heraus.

(Ingo Egloff SPD: Und ansonsten freuen Sie sich auch, dass er sich freut!)

Sie waren bei der Debatte über die Selbstbefassung Umwelthauptstadt im Umweltausschuss nicht dabei. Mir ist diese Diskussion noch in lebhafter Erinnerung. Wir hatten eine ganze Menge an Fragen. Was hat die Umwelt Hamburgs von dem Titelgewinn war eine der Fragen. Was wird 2011 konkret für die Umwelt getan war eine andere Frage. Warum wird so viel Geld für Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben und warum wird Werbung außerhalb von Hamburg gemacht? Auch das "Hamburger Abendblatt" findet, die Vorstellung der Umwelthauptstadt hätte wenig Spektakuläres.

Meine Damen und Herren! Hamburg hat den Wettbewerb zur Umwelthauptstadt an der Spitze von großer internationaler Konkurrenz im Jury-Verfahren gewonnen. Das ist schon spektakulär.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und der GAL)

Hamburg hat im Bewerbungsverfahren die meisten Punkte erhalten. Auch das, meine Kritikerinnen und Kritiker von der Opposition und auch von der Presse, ist meiner Meinung nach spektakulär. Hamburg ist als Sieger aus dieser Konkurrenz hervorgegangen und nicht, weil sich die Konkurrenz aus Kopenhagen und Amsterdam nicht beworben hätte, sondern weil Hamburg mit seinem Gesamtkonzept deutlich gemacht hat, dass gerade in einer Großstadt wirtschaftliche Entwicklungen und Umweltschutz sehr wohl zusammenpassen und sich nicht ausschließen, und das ist auch spektakulär.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Hamburg hat den Titel verdient. Eine Überschrift im "Hamburger Abendblatt" vom 3. September lautete: "Andere Städte können von der grünen Stadt Hamburg lernen". Der international tätige Landschaftsarchitekt und Städtebauer Andreas Kipar bestätigt, dass sich in Hamburg, seit die Stadt 1993 schon einmal als grüne europäische Metropole ausgezeichnet wurde, hinsichtlich des Umweltschutzes viel getan hat. Ging es in den Neunzigerjahren vor allem um das Stadtgrün, um innerstädtische Parks und Gärten, ist der Begriff heute deutlich weiter gefasst. Der Begriff Grün umfasst Stichworte wie Energieeffizienz, Mobilität und Freiraumgestaltung.

Ich komme zur nächsten Frage, die ich vorhin aufgeworfen habe. Was wird 2011 konkret für die Umwelt getan? Hier wurde furchtbar viel kritisiert, dass wir noch nicht genug getan haben. Das ist richtig. Wir werden auch noch eine ganze Menge weiter tun. Zunächst bleibt einmal festzustellen, dass die Haushaltstitel in diesem Bereich weder gekürzt noch gestrichen wurden. Das heißt, es wird weiter am Umweltschutz gearbeitet wie bisher und noch eins obendrauf gesetzt.

(Beifall bei Lydia Fischer CDU)

Ein besonderer Fokus liegt seit 2007 auf dem Klimaschutz, in diesem Jahr wieder mit einem Etat von 25 Millionen Euro. Das Klimaschutzprogramm – das hat auch Herr Hackbusch schon erwähnt – umfasst eine Fülle von Maßnahmen, die sich alle in Umsetzung oder in Planung befinden. Konkrete Projekte wurden uns sowohl im Ausschuss vorgestellt als auch gestern auf der Landespressekonferenz. Nur einige Beispiele aus den sechs Themenfeldern der Umwelthauptstadt möchte ich nennen.

Herr Hackbusch sprach eben den Flächenverbrauch an. Die Flächensanierung von Konversions- und gewerblichen Brachflächen geht weiter voran. Flächen werden zur späteren städtebaulichen Nutzung aufgearbeitet, um dort Wohn- und Gewerberaum zu schaffen. Der mit dem Naturschutzgesetz beschlossene Biotopverbund wird geplant und umgesetzt. Das Ziel, 15 Prozent der Landesfläche zu erreichen, ist bundesweit einzigartig. Die Windenergie wird hinsichtlich der absoluten Leistung verdoppelt. Es werden nicht ohne Sinn und Verstand neue Windenergieanlagen gebaut, sondern die Windenergie wird durch Repowering und gezielten Zubau mit Weitblick ausgebaut.

Übrigens hat General Electric sein Technologiezentrum nach Hamburg verlegt. Das ist auch schon vorhin in der Regierungserklärung und der darauffolgenden Debatte erklärt worden. General Electrics Aussage dazu ist, dass Hamburg mit sei

(Norbert Hackbusch)

nen verstärkten Aktivitäten im Bereich der erneuerbaren Energien als Europäische Umwelthauptstadt 2011, seiner umfassenden Strategie in Offshore-Windbereichen und seinem hervorragenden Innovations- und Hochschulnetz die perfekten Rahmenbedingungen für einen Standort für ein Technologiezentrum von General Electric bietet. Das heißt, dass GE sich Hamburg ausgesucht hat, weil Hamburg Umwelthauptstadt 2011 ist.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Wir sehen mit dieser Entscheidung auch die wirtschaftspolitische Strategie bestätigt, die auf Forschung und Entwicklung setzt und die Ökologie und Ökonomie verbindet. Und wir betrachten diese Ansiedlung von GE als weiteren Schritt zur Europäischen Umwelthauptstadt 2011.

Weitere Beispiele sind der Sektor der Energieeffizienz durch nachhaltiges Wirtschaften, vor allem im gewerblichen Bereich. Durch Projekte der "UmweltPartnerschaft" wie ÖKOPROFIT und Unternehmen für Ressourcenschutz wird der Mittelstand sensibilisiert. Durch freiwillige Beiträge zum Umweltschutz werden jährlich Tausende von Tonnen CO2 sowie Betriebskosten und damit Ressourcen eingespart; das ist auch schon angeklungen.

Nun zur Kritik der SPD, laufende Planungen nachträglich mit dem Umweltsiegel zu versehen, sei unglaubwürdig; das hat Frau Dr. Schaal in der Presse so geäußert. Hamburg hat den Titel für bereits Geleistetes als auch für Planungen und Visionen erhalten. Was ist daran unglaubwürdig? Altbewährtes sollte man nicht kleinreden, sondern man sollte es nutzen und ausbauen.

Eine große Anzahl Hamburger Institutionen füllen bereits den Veranstaltungskalender der Umwelthauptstadt. Aber nicht nur Unternehmen, Kammern, Bildungsund Forschungseinrichtungen, Verbände und Stiftungen haben die Möglichkeit, sich am Programm der Umwelthauptstadt zu beteiligen, sondern auch alle Bürgerinnen und Bürger sind mit ihren eigenen Ideen dazu eingeladen. Ihre Ungeduld in Ehren, es muss nicht im September alles geplant, noch muss alles verkündet werden, was die Umwelthauptstadt sich auf die Fahnen schreibt. Überraschungseffekte sind doch auch noch erlaubt und willkommen, oder?

(Heiterkeit bei Dr. Monika Schaal SPD)

Last but not least zurück zum zusätzlichen Werbeetat; ich betone das Wort zusätzlich. Liebe Kollegen, machen Sie weiter so viel Wind um die Umwelthauptstadt, dann wird das Thema Umwelthauptstadt und Umweltschutz zu einer allgemeinen Diskussion in der Stadt führen und das Ziel, das Umweltbewusstsein von Bürgerinnen und Bürgern zu schärfen, erreichen wir damit umso schneller. Vielen Dank an die Opposition dafür.

Jetzt kommen wir noch einmal zum Etat der Öffentlichkeitsarbeit und warum wir die Werbung nach außen tragen müssen. Zum einen war und ist es Bestandteil des Bewerbungsverfahrens darzustellen, wie Hamburg seinen Titel in der Stadt, in Deutschland und auch in Europa publik macht. Ein zentral am Hauptbahnhof gelegener Info-Pavillon wird Informationszentrum und Anlaufstelle für alle Aktivitäten sein. Hier erhalten Besucherinnen und Besucher einen Überblick über Ziele, Programme, Planungen und Visionen der Europäischen Umwelthauptstadt. Das können Sie übrigens alles auf der Internetseite der Umwelthauptstadt 2011 nachlesen.

Auch der Zug der Ideen – viel diskutiert, viel kritisiert – war Inhalt der letzten Bewerbungsrunde. Das Konzept der rollenden Ausstellung durch Europa hat bei der Jury besonders viel Anerkennung gefunden. Er bietet Hamburg und anderen europäischen Städten die Möglichkeit, sich über Umweltthemen, ökologische Problemstellungen und Lösungswege auszutauschen. Er nimmt die Ideen der anderen europäischen Städte wieder mit nach Hamburg zurück. Das schafft neue Impulse und entspricht der Idee der Umwelthauptstadt.

Zugegeben, wir können immer noch besser werden. Wir sind also durchaus nicht gänzlich unkritisch, Herr Hackbusch. Wir müssen noch einige Herausforderungen meistern, vom Klimaschutz über die Luftreinhaltung bis hin zum Gewässerund Naturschutz. So vielfältig die Umweltprobleme in Großstädten wie Hamburg auch sind, so vielfältig ist auch ihr Potenzial zur Lösung dieser Probleme. Genau das möchte Hamburg als Umwelthauptstadt im kommenden Jahr beweisen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort hat Frau Dr. Schaal.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Stöver, das klingt schon viel netter. Wenn ich aber schaue, was die CDU in dem Leitantrag ihres Landesvorstandes für die Sitzung des Landesausschusses zur Umwelthauptstadt geschrieben hat, dann liest sich das so:

"Deshalb sind wir Umwelthauptstadt Europas im Jahr 2011 und Deutschlands wichtigster Außenhandelsstandort."

Aus, Ende, Schluss, mehr gibt es nicht zur Umwelthauptstadt. Nach Versöhnung und gar Verschmelzung von Ökonomie und Ökologie, wie es der Bürgermeister gerade gestern wieder auf der Pressekonferenz vorgetragen hat, klingt das nicht, bestenfalls nach einem Nebenher von Wirtschaft und Umwelt, wie es sich letztlich auch vor wenigen Stunden in der Regierungserklärung dargestellt hat.

(Birgit Stöver)

(Zurufe von der CDU)

City-Maut und Umweltzone werden ausgeklammert, Entscheidungen auf später vertagt. Der Hintergrund: Die CDU will das nicht und ein Streit würde die neue Lovestory stören.

(Jörg Hamann CDU: Das haben Sie verstan- den!)

Man erkennt das Bemühen, in der Koalition schönes Wetter zu schaffen, denn die anstehenden Themen – Einsparungen, Gebührenerhöhungen und dergleichen – sollen überstrahlt werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich eines endlich klarstellen. Herr Kerstan ist nicht da; ich sage es trotzdem.

(Antje Möller GAL: Wir anderen sind alle da!)

Alle sind da, Frau Möller, aber der Vorwurf, die SPD sei gegen die Umwelthauptstadt, höre ich immer von Herrn Kerstan, und das stimmt nicht.

Als wir von der Nachricht überrascht wurden, dass Hamburg Umwelthauptstadt 2011 werde,

(Hartmut Engels CDU: Böse Überraschung!)

sagte ich, das seien Vorschusslorbeeren und dieser Titel müsse erst verdient werden. Adel verpflichtet, darum sind unsere Erwartungen hoch