Protokoll der Sitzung vom 29.09.2010

Die Haspa ist in der Tat eine der am besten geführten und erfolgreichsten Banken, die wir im Land haben. Sie ist nicht nur gut durch die Krise gekommen, sondern trägt seit vielen Jahrzehnten in Hamburg eine besondere soziale Verantwortung, der sie an vielen Stellen mit mehr als pflichtgemäßen Leistungen gerecht wird. Ich halte es nicht für richtig, dass Sie – aus meiner Sicht wieder einmal ideologisch geprägt – für eine Bank, die erkennbar soziale Verantwortung trägt und am Wirt

schaftsstandort Hamburg eine integrale Kraft ist, die Eigentumsverhältnisse neu ordnen wollen, weil es Ihnen nicht beliebt, dass, wie Sie es nennen, die Politik keinen Einfluss darauf hat. Das halten wir nicht für gerechtfertigt und das werden wir nicht unterstützen. Allerdings werden wir selbstverständlich das Thema Zinsen im Auge behalten, auch das Thema Jedermannkonto, deshalb befürworten wir zusammen mit der GAL die Überweisung des SPD-Zusatzantrags. Aber Ihren Antrag, Herr Hackbusch, werden wir leider ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Bekeris.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE bietet uns den Anlass, noch einmal an ein wichtiges politisches Ziel zu erinnern, das eigentlich unser aller gemeinsames Ziel ist. Das ist nämlich das Girokonto für jedermann. Jede Bürgerin und jeder Bürger soll ein Konto auf Guthabenbasis erhalten; das haben wir im Januar des vergangenen Jahres einstimmig beschlossen. Die Forderung der LINKEN – ein Prüfantrag und dieser nur auf die Haspa beschränkt – ist also ein Rückschritt. Der Beschluss war damals einstimmig und auch der Senat hat sich dieses Ziel zu eigen gemacht, wie wir durch die Drucksache 19/2656 erfahren haben. Trotzdem gibt es auch heute noch nicht das Girokonto für jede Bürgerin und jeden Bürger. Immer noch gibt es Hamburgerinnen und Hamburger, die nicht am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen können. Miete zahlen ohne Girokonto, Wasser- und Stromrechnungen begleichen ohne Girokonto, das ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Und haben Sie Ihren Arbeitgeber schon einmal darum gebeten, Ihnen das Geld bar auszubezahlen? Er wird es für einen schlechten Scherz halten. In vollem Ernst frage ich Sie auf der Senatsbank: Was haben Sie bisher dafür getan, dass das Girokonto für jedermann durchgesetzt wird?

(Dirk Kienscherf SPD: Nichts! – Christiane Schneider DIE LINKE: Es interessiert nicht mal!)

Eine Bundesratsinitiative des Landes Bremen, die zum Ziel hat, mit wenigen Ausnahmen einen Rechtsanspruch auf ein Girokonto einzuführen, ist immer noch nicht verabschiedet. Unterstützung hat diese Initiative bisher nur von Rheinland-Pfalz. Was ist mit Hamburg? Wir verlangen hier und heute eine Antwort darauf. Das Ganze ist nicht langweilig, meine lieben Damen und Herren der CDU, sondern es geht um eine sehr wichtige Forderung, die wir für Leute stellen, die kein Konto haben und nicht am Zahlungsverkehr teilnehmen können.

(Thies Goldberg)

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Für die CDU wird es jetzt vielleicht noch langweiliger,

(Stephan Müller CDU: Das ist nicht mehr zu toppen!)

denn ich möchte noch einmal darauf anspielen, dass wir inzwischen ein pfändungssicheres Konto haben, eine Errungenschaft noch der Großen Koalition, die aber auch nur zum Tragen kommt, wenn überhaupt schon ein Konto besteht. Das PKonto wird bisher nicht sehr gut angenommen und ich möchte den Senat auffordern, eine Informationskampagne zum P-Konto zu starten, denn sonst wird dieses wichtige Instrument auch weiterhin nicht genutzt werden können.

Auf die Dispokredite sind meine beiden Vorredner schon eingegangen. Ich möchte noch einmal betonen, dass wir den Senat auffordern, mit den Banken und Sparkassen Gespräche zu führen, um das Zinsniveau bei Dispokrediten auf ein angemessenes Niveau zu senken, denn der hohe Zinssatz, der im Moment bei Dispokrediten erhoben wird, ist verantwortungslos. Wer einmal im Minus ist und dann die hohen Zinsen zahlen muss, kommt nicht mehr aus den roten Zahlen heraus. Das ist gerade für Klein- und Kleinstunternehmer ein besonderes Problem, denn wenn Zahlungen verspätet eingehen, wie es hier immer wieder vorkommt, droht schnell die Überziehung des Kontos.

Die Möglichkeiten der Stadt, über die Aufsichtsgremien Einfluss auf die Haspa auszuüben, sind gering. Die LINKE fordert allerdings auch Transparenz und die sollte auch im Interesse des Senats sein, denn wohin intransparente Finanzinstitutionen führen, haben wir im Zuge der Finanzkrise deutlich zu spüren bekommen. Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass städtischer Einfluss nicht automatisch zu mehr Gemeinnutz führt; die HSH Nordbank ist dafür ein eindrückliches Beispiel.

Zum Abschluss möchte ich aber noch einmal ganz konkrete Maßnahmen einfordern. Setzen Sie sich glaubwürdig für ein Girokonto für jedermann ein. Ein solches Konto würde für viele Hamburgerinnen und Hamburger eine spürbare Verbesserung bringen. Sie haben jetzt im Wirtschaftsausschuss Gelegenheit, darauf noch einmal einzugehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Joachim Bi- schoff DIE LINKE)

Das Wort bekommt Herr Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Norbert Hackbusch, ich

habe selten einen Antrag erlebt, in dem ein Problem so zutreffend beschrieben wird und dann der Lösungsansatz völlig an der Problemlösung vorbeigeht.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Was ist denn Ihre Lösung?)

Natürlich ist es ein Problem, dass es kein Girokonto für jedermann gibt, insbesondere auch nicht bei Sparkassen. Das gilt übrigens in allen anderen Bundesländern, wo Sparkassen öffentlich-rechtliche Anstalten sind, in gleicher Form. Insofern habe ich mir schon die Frage gestellt, warum eigentlich euer Ansatz, die jetzige besondere Rechtsform der Haspa aufzuheben und sie in eine Anstalt öffentlichen Rechts umzuwandeln, das Problem lösen soll, wenn es in allen anderen Bundesländern, wo die Sparkassen diese Rechtsform bereits haben, auch kein Girokonto für jedermann gibt, auch nicht auf Guthabenbasis. Insofern habt ihr das Problem erkannt, die genannte Lösung geht aber vollkommen am Problem vorbei

(Beifall bei der GAL und der CDU)

und das angesichts der Tatsache – die Kollegin von der SPD hat darauf hingewiesen –, dass wir schon im Januar gemeinsam einen Ansatz beschlossen haben, der dem abhelfen soll. Der Antrag der SPD-Fraktion ist da natürlich wesentlich zielführender, indem er auf die Initiative des Bundeslandes Bremen verweist. Allerdings ist diese schon seit einer ganzen Weile im Bundesrat anhängig, weil Bremen angekündigt hat, diesen Antrag zu überarbeiten, was aber bisher noch nicht passiert ist. Daher kann man dieser Initiative zum jetzigen Zeitpunkt schwer beitreten, weil man die genauen Formulierungen gar nicht kennt; aber vielleicht kommt da noch einmal etwas.

Natürlich kann man auf freiwilliger Basis mit den anderen Akteuren am Standort Hamburg darüber reden, aber wir alle wissen, dass Gespräche mit Banken und Sparkassen auf freiwilliger Basis bisher nicht so wahnsinnig erfolgreich waren. Insofern haben wir dieses Problem bislang noch nicht gelöst. Ich möchte den Analysen der Kollegen von der LINKEN und auch von der SPD gar nichts hinzufügen, da ist eigentlich schon alles gesagt worden.

Man kann im Ausschuss noch weiter darüber reden, ob die beiden Maßnahmen, die die SPD vorgeschlagen hat, zum jetzigen Zeitpunkt wirklich weiterhelfen. Ich habe da gewisse Zweifel, weil ich einfach nicht glaube, dass freiwillige Maßnahmen in diesem Sektor sonderlich weiterführen; das wird schon seit vielen Jahren versucht. Aber es ist in der Tat eine Diskussion im Ausschuss wert und da wir uns Anfang Januar in diesem Punkt alle einig waren, sollte man diese Diskussion führen und sich über den Stand der Dinge klar werden. Vielleicht braucht es aber auch noch ein bisschen Zeit,

(Ksenija Bekeris)

bis man wirklich den Königsweg gefunden hat. Darum werden wir den Antrag der LINKEN ablehnen und den Zusatzantrag der SPD an den Wirtschaftsausschuss überweisen. – Vielen Dank.

Das Wort bekommt Herr Hackbusch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Begründung dafür, unseren Antrag abzulehnen, ist mir völlig unklar geblieben.

(Olaf Ohlsen CDU: Das glaub' ich!)

So ist das manchmal, Herr Ohlsen, ich habe manchmal Verständigungsprobleme.

Versuchen wir jetzt einmal, das für uns kurz zu sortieren, damit wir gemeinsam als Bürgerschaft dazu etwas sagen können. Ich denke, dass man eine Sache, die letztendlich doch zu refinanzieren ist – und das gilt für diesen Bereich mit 1 Prozent und 12,1 Prozent Dispokredit –, als Abzocke bezeichnen kann und wir sollten das auch gemeinsam so bezeichnen und als Problem benennen. Wenn es unsicher ist und die Banken sich darüber selbst im Unklaren sind, inwieweit das rückfinanziert werden kann, dann liegt das sogar außerhalb des Dispobereichs, das heißt im Bereich von 16,1 Prozent. Und uns allen ist klar, dass 16,1 Prozent doch ein riesiges Problem sein müssen und dementsprechend sollte man sich damit beschäftigen.

Frau Bekeris hat gesagt, unser Antrag sei ein Rückschritt. Wir finden den Antrag der SPD und den Versuch, das auf Bundesratsebene zu machen, völlig richtig. Ich selber bin etwas unruhig, weil der Antrag schon so lange dort vorliegt und so wenig passiert ist. Dementsprechend haben wir das Gefühl, es muss noch ein bisschen mehr geschehen, und da kommt die Rolle der Hamburger Sparkasse ins Spiel. Auch dazu sollte man eine einvernehmliche Regelung finden. Ist die Aussage von Herrn Goldberg richtig, die Hamburger Sparkasse sei schon jetzt sozial? Herr Kerstan, das müssten Sie uns auch beantworten. Ist die Hamburger Sparkasse nun wirklich sozial und sind wir dementsprechend völlig zufrieden damit oder müssen wir nicht auch die Hamburger Sparkasse an diesem Punkt kritisieren? Sie haben in gewisser Weise doch zugestanden, dass man das eigentlich kritisieren müsste.

Sie kritisieren unsere Position, dass sich die Politik mit der Satzung der Hamburger Sparkasse, die aufgrund ihrer Satzung Privilegien in dieser Stadt hat, befassen sollte. Und damit ist ein bisschen mehr gemeint, als nur mit Vertretern der Haspa zu diskutieren. Wir wollen als Politiker sagen: Ihr habt in dieser Stadt Privilegien bekommen und von daher eine gute Geschäftsgrundlage. Und wir verlangen, dass Ihr aus diesem Grund sozialer aufge

stellt seid als andere Einrichtungen; das ist ein Äquivalent zu den Privilegien, die wir euch gegeben haben.

Das wäre ein normaler, guter Weg, den die Politik einschlagen könnte. Dementsprechend wäre es genau das Richtige, das zu prüfen und darüber im Ausschuss gemeinsam zu diskutieren. Wir werden natürlich diese Idee trotz allem einbringen, auch wenn Sie unseren Antrag ablehnen. Aber ich halte es nur für eine ideologische Finte von Ihnen zu sagen, die LINKEN sind unrealistisch. Das ist ein einfacher, solider Schritt, das bringt noch keine großen Fortschritte, aber kleine und auch dafür sind wir da. – Tschüss.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen, sodass wir zur Abstimmung kommen können. Bevor wir in die Abstimmung eintreten, möchte ich bekanntgeben, dass Herr Grund sich an dieser Abstimmung nicht beteiligt.

Wer einer Überweisung der Drucksache 19/7284 und 19/7427 federführend an den Haushaltsausschuss und mitberatend an den Sozialausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist abgelehnt.

Wer die Drucksache 19/7427 an den Wirtschaftsausschuss überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist angenommen.

Dann lasse ich über die Drucksache 19/7284 in der Sache abstimmen. Wer den darin enthaltenen Antrag der Fraktion DIE LINKE annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zum Punkt 37 der Tagesordnung, dem gemeinsamen Antrag der CDU- und der GALFraktion, Drucksache 19/7130: Änderung der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg.

[Antrag der Fraktionen der CDU und GAL: Änderung der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg – Drs 19/7130 –]

Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Verfassungs- und Bezirksausschuss überweisen. Wird das Wort gewünscht? – Herr Heinemann, Sie bekommen es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der heutige Antrag ist eigentlich eine direkte Folge der vom Volk initiierten Wahlrechtsänderung, die wir im letzten Jahr beschlossen haben. Bekanntlich werden ab 2014 die

(Jens Kerstan)

Bezirksversammlungen nur noch alle fünf Jahre gewählt. Die Bürgerschaft hingegen wird nach dem bisherigen Gesetz weiterhin alle vier Jahre gewählt. Die Folgen kann man sich mathematisch recht einfach ausrechnen. Wir würden schon 2019/2020 zwei Jahre lang direkt hintereinander Wahlkampf führen müssen und im Jahr 2024 hätten wir in Hamburg sogar zwei Wahlkämpfe in einem Jahr, einmal für die Bezirksversammlungen und einmal für die Bürgerschaft. Ich glaube, das würde dazu führen, dass wir vor lauter Wahlkampf kaum noch zum Politikmachen kommen würden.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Kommen Sie ja auch so nicht!)

Nun kann man natürlich einwenden, dass es immer auch zu vorzeitigen Neuwahlen kommen kann. Das ist richtig und alle Rechenspiele könnten von daher auch immer obsolet werden. Ich möchte Ihnen daher heute noch vier weitere Gründe dafür nennen, weshalb wir aus meiner Sicht die Legislaturperiode auf fünf Jahre verlängern sollten.

Zum einen gelten mittlerweile in allen Bundesländern mit Ausnahme von Bremen und Hamburg fünfjährige Legislaturperioden, auch im Stadtstaat Berlin. Es war zum Zweiten "Mehr Demokratie!", eine erfolgreiche Volksinitiative, die eine Verlängerung der Wahlperiode der Bezirksversammlung auf fünf Jahre gefordert und durchgesetzt hat, nicht die Parteien. Herr Dr. Brandt von "Mehr Demokratie!" befürwortet nach meiner Kenntnis auch für die Bürgerschaft eine fünfjährige Wahlperiode. Also das allgemeine Vorurteil, die Parteien würden möglichst selten wählen lassen wollen, vor allem, wenn sie an der Regierung sind, und das Volk wolle möglichst oft wählen, trifft offensichtlich hier nicht zu.

Wenn man sich drittens einmal die wissenschaftliche Diskussion ansieht, dann heißt es dort, man könne dann eine Wahlperiode verlängern, wenn parallel dazu die direkte Demokratie gestärkt werde. Wie wir heute gerade wieder im "Hamburger Abendblatt" lesen konnten, sind wir selbst nach Ansicht von "Mehr Demokratie!" mittlerweile Spitzenreiter in Deutschland. Also spricht auch von dieser Seite nichts gegen eine Verlängerung der Wahlperiode auf fünf Jahre.