Das muss ich ganz deutlich sagen. Und dass Sie das einen Monat, nachdem es gelaufen ist, als Veranstaltungskalender nehmen und so ziemlich jeden aufführen, der da aufgetreten ist, war nicht angemessen. Auch die Wohlfühlstimmung, die Sie verbreiten wollen, ist nicht ganz angemessen.
An dieser Stelle möchte ich den von uns allseits geschätzten Senator Wersich noch einmal ansprechen. Wir wollen doch alle nicht verdrängen, dass er es sich nicht hat nehmen lassen, im Juli dieses Jahres, nachdem 47 Mitteilungen von Senatoren an die Bediensteten als E-Mail verschickt wurden, anlässlich dieser schönen Aktionswoche 70 000 Bedienstete persönlich anzuschreiben nach dem Motto: Das ist eine tolle Sache, Sie sollten vielleicht einmal darüber nachdenken, da mitzumachen. Der ganze Spaß hat, auch wenn Herr Wersich das in der Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage nicht so darstellen wollte, rund 20 000 Euro gekostet – 20 000 Euro, damit ein Senator freundlich einen Veranstaltungshinweis geben kann.
Und auf der anderen Seite, Herr Roock, ringt die Bezirksversammlung Altona darum, dass sie im nächsten Jahr 25 000 Euro bei der Seniorenarbeit einsparen soll und nicht weiß, woher das Geld kommen soll. So geht es nicht in dieser Stadt.
Wir sind auch gefordert – und die Bürger haben dafür mittlerweile einen Instinkt entwickelt –, Diskussionen ehrlich zu führen, auch im Sozialbereich. Sie sprechen von 200 Veranstaltungen. Es hätte auch gereicht, wenn Sie von 100 Veranstaltungen gesprochen hätten, wenn es nur richtige Veranstaltungen gewesen wären, die auch dem Zweck gedient hätten. Aber wer sich die Themen der 200 Veranstaltungen angesehen hat, konnte nur staunen, was alles die Nachbarschaft fördern soll. Da gibt es eine Veranstaltung in Bahrenfeld mit dem Titel "Die größten Rätsel und kleinsten Teilchen des Universums". Ich weiß nicht, Herr Senator, was mit den größten Rätseln gemeint ist, und was mit den kleinsten Teilchen, Herr Roock. Es gibt auch Veranstaltungen zur Gefährlichkeit
von Vulkanen, es gibt auch den Mentoringtag der HafenCity, auch eine wunderbare Sache. Was ich aber besonders schön fand, war die ECE-Veranstaltung in der Hamburger Straße anlässlich des verkaufsoffenen Sonntags, Basteln mit Kindern, alles natürlich zur Stärkung der Nachbarschaft. Wenn wir darüber reden, dann lassen Sie uns doch gemeinsam eine Aktionswoche entwickeln, wo es wirklich um Veranstaltungen geht, die speziell für diese Aktionswoche gemacht sind. Das wäre eine ehrliche Politik.
Diese Aktionswoche kann natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, was für Nachbarschaften wichtig ist. Da geht es um das Thema Stadtteilkultur, da geht es um das Thema Wohnraum, da geht es auch darum, wie die Wohlfahrtsverbände eigentlich auskommen, wie sie Ehrenämter organisieren können. Sie streichen denen auf der anderen Seite 480 000 Euro und sagen uns dann, diese Aktion war doch eine erfreuliche Sache. Das passt nicht zusammen, das nimmt Ihnen keiner mehr ab in dieser Stadt.
Wir Sozialdemokraten sind für die Förderung von Nachbarschaften, aber wir finden es falsch, wenn es immer wieder nur zu neuen PR-Veranstaltungen kommt. Wir brauchen klare Konzepte, wir brauchen Konzepte, die durchfinanziert sind, wir brauchen eine Arbeitsmarktpolitik auch in der integrierten Stadtteilentwicklung, damit wir zu mehr Beschäftigung vor Ort kommen. Letztendlich müssen sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen und es muss die Langfristigkeit im Mittelpunkt stehen. Das haben Sie leider mit dieser Woche allein nicht erreicht und wir können nur an Sie appellieren, damit es beim nächsten Mal und in den restlichen Wochen des Jahres anders funktioniert. Das erwarten die Hamburger, sie erwarten keine lächerlichen Debatten im Parlament und Veranstaltungshinweise, die uns nicht weiter bringen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kienscherf, das mit der lächerlichen Debatte muss ich wirklich zurückweisen. Das ist nicht angemessen, dafür ist das Thema Nachbarschaftlichkeit doch deutlich zu wichtig.
(Beifall bei der GAL und der CDU – Michael Neumann SPD: Das Thema ist wichtig, aber nicht so, wie er es macht! – Arno Münster SPD: Das darf doch wohl nicht wahr sein!)
Von der Aktion "Nachbarschaft verbindet!" darf man nicht die Lösung aller Konflikte in dieser Stadt erwarten; das ist mit einer Aktionswoche sicher nicht hinzubekommen. Sie ist eine Fortsetzung der interkulturellen Woche. Die BSG hat in diesem Jahr dazu aufgerufen und viele Vereine, Verbände, Initiativen, Privatleute sind diesem Aufruf gefolgt. Über 200 Aktionen haben stattgefunden: Nachbarschaftsfeste, Nachbarschaftsflohmärkte, Nachbarschaftsfrühstücke, Festtafeln, Nachbarschaftskickerturnier, Treppenhausfeste, Straßenfeste et cetera. Eine wirklich breite Beteiligung hat dabei stattgefunden und das ist Begegnung im sozialen Nahraum wider die Anonymität der Großstadt: einander kennen, einander helfen, Vertrauen aufbauen, Hilfsbereitschaft entwickeln. Das sollte wertgeschätzt und auch hier angesprochen werden und wir sollten deutlich machen, dass wir allen – und zwar wirklich allen – danken, die sich dabei eingebracht haben. Wenn Sie jetzt einzelne Projekte herausgreifen und sich fragen, ob sie denn wirklich so gut geeignet seien für die Aktionswoche "Nachbarschaft verbindet!", dann finde ich es eigentlich ein bisschen schäbig, weil es freiwillige Aktivitäten sind. Das ist Engagement und solches sollte man grundsätzlich nicht zurückweisen.
Hier muss man sehen, dass diese Aktionswoche in Zusammenarbeit mit der Freiwilligenbörse eAKTIVOLI und auch mit dem Integrationsbeirat durchgeführt wurde. Viele Aktivitäten hatten das sehr wichtige Thema Integration zum Inhalt. Gerade auch die aktuelle Debatte in Deutschland, auch in dieser Stadt, zeigt, dass in diesem Punkt das Miteinander und das Aufeinander-Zugehen gestärkt werden müssen. Ich wünsche mir, dass ein Grundton in der Aktion "Nachbarschaft verbindet!" – die wir sicherlich auch künftig durchführen werden – ist, dass wir das Zusammenleben in der Stadt stärken müssen, vor allem das Sich-Öffnen gegenüber dem scheinbar fremden Nachbarn, der wahrscheinlich schon Jahrzehnte hier lebt, und das gegenseitige Sich-Kennenlernen.
Ich finde es auch gar nicht lächerlich, wenn man über Nachbarschaftlichkeit redet. In der Vorbereitung dieser Debatte sind mir ein, zwei Dinge wieder eingefallen, beispielsweise Nachrichten aus Harburg, wo es eine Abgrenzung gab gegen eine Jugendwohnung in einem meines Erachtens sehr saturierten Wohngebiet und ich mich gefragt habe, was das für eine Nachbarschaftlichkeit ist. Es geht um wenige junge Menschen, die dort wohnen können sollen und denen gegenüber man nicht wirklich große Ängste aufbauen muss. Oder eine andere Frage, nämlich die Diskussion über das Stay Alive, das von St. Pauli nach Altona-Altstadt umziehen soll, eine Drogenhilfeeinrichtung mit einer Klientel älter gewordener Heroinabhängiger, die vielleicht schlimm aussehen, aber wirklich nichts Schlimmes tun. Solche Fragen sollte man tatsäch
lich auch ansprechen: Wo brauchen wir Nachbarschaftlichkeit? Wo müssen wir Menschen zueinander bringen? Wo geht es darum, das soziale Miteinander zu stärken, weil es dabei nicht um das Allerbeste bestellt ist? Das sind meiner Meinung nach wertvolle Inhalte für so eine Aktion "Nachbarschaft verbindet!" und in dem Sinne sollten wir schauen, wie wir diese auch in den nächsten Jahren zu einer noch wertvolleren Aktion für Hamburg machen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kollegen! Wir erleben rapide gesellschaftliche Veränderungen. Wir wissen, dass sich die Familien verändern und es mehr Alleinerziehende, mehr Patchwork-Familien gibt. Wir erleben zunehmende Kinderlosigkeit, Isolation im Alter. Wir erleben die Probleme der Migration und Integration bis hin zu gewalttätigen Konflikten. Gleichzeitig stellen wir fest, dass in der Gesellschaft nach wie vor Menschen, die anders sind, ausgegrenzt werden. Das gilt für Menschen mit Behinderung, aber das gilt teilweise auch schlichtweg für Menschen im Alter. Wir erleben gleichzeitig, dass viele Menschen angesichts der Globalisierung verunsichert sind und sich fragen, wo eigentlich sie bleiben, wo sie verankert sind, wo sie zu Hause sind, wo ihre Heimat ist. Wir als Politik müssen Antworten auf diese auch in Hamburg stattfindenden Veränderungen in der Gesellschaft finden. Deswegen bin ich überzeugt, dass wir so etwas wie eine neue Sozialpolitik brauchen.
Ich glaube – und das scheint Sie besonders zu verärgern, Herr Kienscherf –, dass gerade hier die Grünen und die CDU mit ihrer wertorientierten Grundhaltung eine Menge Übereinstimmungen haben.
Wir glauben nicht an den Staat, der alles richtet, der alles repariert, der alles regelt, sondern für uns stehen die Verantwortung, die Freiheit der Menschen und die Selbstbestimmung des Bürgers im Mittelpunkt.
künftigen Generationen im Mittelpunkt. Deswegen sind wir davon überzeugt, dass sich eine sozial starke Stadt nicht nur dadurch auszeichnet, dass sie viele staatliche und staatlich finanzierte Angebote vorhält, sondern dass es soziale Netzwerke, Zusammenhalt und Mitmenschlichkeit in der Stadt gibt. Insofern ist unser gemeinsames Ziel die Stärkung des Bürgers, die in der Nachbarschaft, also in der Welt, die einem unmittelbar vor Füßen liegt, anfängt, da dort das Interesse und die Anteilnahme der Menschen am größten sind. Hier können und wollen die Menschen tätig werden und hier wollen wir auch das Engagement der Bürger fördern, damit sie ein Stück weit mehr ihr Schicksal selber in die Hand nehmen – und das nicht in Form einer Protestkultur, die gegen etwas ist, sondern im Zusammenwirken miteinander, um die eigene Nachbarschaft zu gestalten.
Aus diesem Grund haben wir gesagt, dass wir diese Aktionstage "Nachbarschaft verbindet!" ins Leben rufen. Wir haben dabei mit wichtigen Partnern in der Stadt zusammengearbeitet. An allererster Stelle möchte ich die Freiwilligenbörse erwähnen, aber auch den Hamburger Integrationsbeirat, die Medienpartner, die Wohnungsgenossenschaften, viele Stiftungen, der Sport, Wohlfahrtsverbände. Sehr viele Menschen und Aktive in der Stadt haben daran mitgewirkt und ich möchte allen, die das getan haben, ganz herzlich für dieses Engagement danken.
Ich habe mir in der Stadt einige dieser Aktivitäten angeguckt. Herr Kienscherf, aus meiner Sicht ist Ihre Haltung gegenüber dem selbstbestimmten Engagement der Bürger, die sich beteiligt haben
und in das Programm hineingekommen sind, weil wir keine Vorgaben gemacht haben, ein Schlag ins Gesicht dieser Aktiven.
Ich bin herumgefahren, ich habe mir vieles angeguckt und habe mich auch von der Wirksamkeit überzeugt. Es gab viele Begegnungen. Ich habe erlebt, wie Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zusammengekommen sind, gemeinsam Dinge auf die Beine gestellt haben. Ich habe gesehen, wie Bürger ihr Umfeld gestaltet haben. Dieser Gedanke ist in der Stadt tief verankert und die Menschen haben eine Sehnsucht danach, in der Nachbarschaft wieder aufgehoben zu sein und wieder mehr zusammenzukommen.
Diese Form einer neuen Sozialpolitik, die nicht nur auf staatliche und staatlich finanzierte Hilfsangebo
te setzt, sondern das Mitmenschliche wieder stärken will, werden wir fortsetzen und weiterentwickeln, um den Bürger und die Nachbarschaft zu stärken, damit wir wieder mehr Zusammenhalt in unserer Stadt bekommen. – Vielen Dank.
Der Wortbeitrag des Senators hat nach Paragraf 23 Absatz 2 die Möglichkeit eröffnet, dass die Fraktionen eine weitere Runde in der Aktuellen Stunde machen.