Protokoll der Sitzung vom 20.01.2011

Eines ist in der Anhörung deutlich geworden: Es gibt bei dieser schwierigen Thematik keine einfachen Antworten. Die von Ihnen geforderte Änderung des KiBeGs wurde von einigen Experten als fragwürdig dargestellt. Wir haben ein Wortprotokoll, es kann also jeder noch einmal nachlesen, wie kompliziert und unfangreich das Thema ist. Eine einfache Lösung gibt es nicht. Das hat CDU und GAL dazu veranlasst, die Idee des Runden Tischs aufzugreifen. Es soll sich eine Runde finden, die entscheidet, wie für diese Kinder der Zugang zu frühkindlicher Bildung ermöglicht werden kann.

(Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel)

Wir haben, das ist richtig, ein Datum in unseren Antrag gesetzt. Wir wollten den Senat verpflichten, den Runden Tisch bis zum 15. Februar zumindest ins Leben zu rufen. Da kann man natürlich am 9. Februar oder auch zwischendurch noch einmal nachfragen, ob das geglückt ist.

Ich bin sicher, dass wir dies Thema auch in der nächsten Legislatur wieder aufgreifen werden,

(Carola Veit SPD: Sie haben das doch gar nicht aufgegriffen!)

denn es waren sich alle Fraktionen einig, dass das ein wichtiges Thema ist. Die Zustände wurden von den Experten zwar nicht so drastisch geschildert, wie Sie sie dargestellt haben – von Einsperren war da nicht die Rede –,

(Carola Veit SPD: Doch, war!)

aber natürlich gibt es Kinder, die möglicherweise keinen Zugang haben, die nicht rausgehen können, weil die Eltern vielleicht zur Arbeit gehen und ihr Kind dann zu Hause lassen.

(Mehmet Yildiz DIE LINKE: Die sind einge- sperrt!)

Für diese Kinder müssen wir natürlich etwas tun. Aber auch da gilt: Schnellschüsse helfen nicht. Eine Gesetzesänderung oder Ihr Vorschlag, diesen Kindern irgendwie Kita-Gutscheine zu geben oder die Behörde zu umgehen, erwies sich aus Sicht der Experten als nicht tauglich.

(Thomas Böwer SPD: Falsch! – Carola Veit SPD: Das stimmt nicht! Unglaublich! Echt traurig!)

Die Experten haben positiv von dem Runden Tisch für den Bereich Schule berichtet und aus dem Grunde holen wir auch für den Bereich frühkindliche Bildung Experten an einem Runden Tisch zusammen. Wir werden dann gemeinschaftlich die Lösungsmodelle ansehen und bewerten und, wenn sie tauglich sind, auch vorantreiben.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Herr Böwer, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dann waren wir in zwei verschiedenen Expertenanhörungen, Frau Blömeke,

(Stephan Müller CDU: Das kann sein!)

das muss man an dieser Stelle wohl so sagen.

Die Experten haben anhand einiger Beispiele sehr eindrücklich geschildert, was es für Kinder bedeutet, wenn ihre Eltern keine Papiere haben, und wie diese Kinder ihre Tage fristen. Da müssen wir etwas tun; alle Experten haben deutlich gemacht,

dass das notwendig ist. Frau Blömeke, hören Sie zu, dann lernen Sie vielleicht noch etwas. Wenn Sie noch einmal in das Protokoll schauen, werden Sie feststellen, dass wir am Ende der Anhörung mit den Experten sogar zu einer Lösung gekommen sind. Diese Lösung lag übrigens auch jenseits der von den LINKEN vorgeschlagenen Gesetzesänderung, nämlich bei einer Änderung der Rechtsverordnung.

Bei der Senatsanhörung haben wir dann allerdings festgestellt, dass es weder von Schwarz noch von Grün den politischen Willen gab, in dieser Frage etwas zu tun.

(Vizepräsident Wolfgang Joithe-von Krosigk übernimmt den Vorsitz.)

Da war sich Schwarz-Grün sogar noch einig, als die Koalition schon am Ende war. Sie stellen sich hier als Robin Hood dar, weil Sie die Kita-Eltern angeblich von den Beitragserhöhungen befreit haben, aber in der Senatsanhörung haben Grüne und Christdemokraten den politischen Willen vermissen lassen, in dieser Frage etwas zu bewegen.

Dass wir nicht von einem Massenphänomen reden, ist bei der Expertenanhörung auch deutlich geworden.

(Wolfgang Beuß CDU: Was erzählt denn der eigentlich?)

Ich schicke Ihnen einfach mal die Drucksache rüber. Wenn Sie lesen können,

(Wolfgang Beuß CDU: Ich kann lesen! – In- go Egloff SPD: Der ist Lehrer, der muss auch noch verstehen!)

werden Sie das möglicherweise verstehen.

(Beifall bei Mehmet Yildiz DIE LINKE)

Es ist völlig daneben, jetzt den Senat zu bitten, er solle bis zum 15.2. etwas vorlegen, denn dieser Senat hat bei seiner eigenen Befragung sehr deutlich gesagt, dass er überhaupt keinen politischen Handlungsbedarf sieht. Dieser Frage wird sich ein neuer Senat annehmen müssen, und dann werden wir weitersehen.

(Beifall bei der SPD und bei Mehmet Yildiz DIE LINKE)

Das Wort hat Frau Dr. Föcking, für maximal fünf Minuten.

Lieber Herr Böwer, da frage ich mich allerdings auch, ob wir in der gleichen Senatsanhörung gesessen haben. Der Senat hat mit keinem Wort gesagt, dass er keine politische Lösung will, sondern er hat gesagt, dass er rechtlich große Probleme sieht. Die sieht nicht nur der Senat, die sehen auch andere.

(Christiane Blömeke)

Es hat genau eine Juristin in der Expertenanhörung gesessen und die hat eine Meinung vertreten, aber es gibt genug andere Leute, die eine andere Rechtsauffassung zum SGB VIII haben, und das wissen Sie auch. Insofern ist die Lage nicht so einfach, wie sie dargestellt wird, und ich finde es ärgerlich, wenn den anderen Fraktionen unterstellt wird, sie hätten nicht die Absicht, den Betroffenen zu helfen.

(Carola Veit SPD: Was haben Sie denn ge- macht die letzten Jahre?)

Die schwierige Lage dieser Kinder und ihrer Eltern ist uns alle nahe gegangen, aber es ist keine Lösung, auf Schnellschüsse zu setzen.

(Thomas Böwer SPD: Wieso Schnellschüs- se?)

Es ist ein Schnellschuss, Gesetzesänderungen vorzuschlagen,

(Thomas Böwer SPD: Das haben wir doch gar nicht gemacht!)

die einer rechtlichen Überprüfung wahrscheinlich nicht standhalten werden.

Diese Schnellschüsse haben den Nachteil, dass Sie am Ziel vorbei gehen. Wir wollen das Ziel treffen. Das langfristige Ziel – darüber ist hier gar nicht gesprochen worden – ist doch eigentlich, der Gesamtlebenssituation dieser Familien zu helfen,

(Carola Veit SPD: Was haben Sie dafür ge- macht?)

und sie entweder in die Legalität zu überführen oder in ihre Heimatländer zurück zu integrieren. Man stützt sonst Lebensverhältnisse, in denen Menschen als billige Arbeitskräfte ausgenutzt werden. Es geht um eine Lösung, die diesen Menschen langfristig hilft, nicht um einen Schnellschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Möller, für maximal fünf Minuten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der letzte Satz macht wieder einmal den kleinen, aber nicht ganz unwichtigen Unterschied aus. Es ist nicht die Intention der GAL-Fraktion, Menschen dazu zu bringen, sich aus einem nicht legalen Aufenthaltsstatus in einen legalen Status oder ihr Heimatland zu bewegen. Uns geht es hier genau wie bei der schulischen Bildung oder der Gesundheitsversorgung darum, dass diese Menschen den Weg gehen können, den sie sich selber wählen, und ihre Kinder zu den Grundrechten kommen, die alle Kinder in dieser Stadt haben.

(Stephan Müller CDU: Vielleicht sollten Sie den Ausschussbericht lesen, Frau Möller, da hat Frau Blömeke etwas anderes gesagt!)

Vielleicht sollten wir – dann höchstwahrscheinlich in der nächsten Legislaturperiode – noch einmal mit diesem Thema anfangen. Alle Fraktionen haben sich in mehreren Runden mit der Diakonie zu diesem Themenkomplex – frühkindliche Bildung, schulische Bildung, Gesundheitsversorgung – zusammengesetzt. Ich kann auch nur dazu reden, weil ich in diesen Gesprächsrunden dabei war, denn ich bin kein Ausschussmitglied.

Wir müssen doch feststellen, dass der Schritt, den wir gehen wollen, weiter geht als alles, was in anderen Bundesländern unternommen wird. Bisher hat kein Bundesland eine Lösung für die frühkindliche Bildung von Kindern aus Familien ohne Papiere gefunden. Der Schritt, mit dem wir die Legislaturperiode beenden, geht zumindest in die richtige Richtung. Dass er nicht ausreichend ist, wissen wir, glaube ich, alle.

(Beifall bei der GAL)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen sodann zur Abstimmung über den Bericht des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses aus der Drucksache 19/8251.