Protokoll der Sitzung vom 20.01.2011

Letztlich, Frau Ahrons, sanieren wir den Haushalt nicht, indem wir Regelungen in die Landeshaushaltsordnung schreiben, in der plötzlich zu lesen ist, dass ab 2013 die Stadt 0 Euro Schulden macht. Damit lösen wir die Haushaltsprobleme nicht, weder auf der Einnahme- noch auf der Ausgabenseite. Man muss auch danach handeln. Wie sieht denn die Finanzplanung dieses Senats für 2013 und 2014 aus? In der Finanzplanung dieses Senats, Ihrer CDU-Fraktion, Frau Ahrons, ist pro Jahr eine Nettoneuverschuldung in Höhe von 700 Millionen Euro vorgesehen. Das will ich Ihnen jetzt gar nicht vorwerfen, das hat etwas mit der wirtschaftlichen Entwicklung zu tun. Aber dann kann man mit der Landeshaushaltsordnung eben nicht so verfahren wie Sie es jetzt tun, indem Sie sagen, das bleibt alles so drin und keiner merkt es. Das passt nicht mit dem zusammen, was Sie aufschreiben, was Sie im Übrigen auch noch einmal ganz oben in Ihr Wahlprogramm schreiben, dass Sie nämlich ab 2013 keine Schulden machen würden. Wir kennen doch alle noch diese Finanzplanung von Schwarz-Grün, die ist nicht alt, lesen Sie das bitte nach. So lösen wir das nicht.

Wir haben ein wichtiges Ziel. Im Jahr 2020 gilt die Schuldenbremse des Grundgesetzes ohnehin, ob es uns gefällt oder nicht, und deswegen müssen wir sofort anfangen, das praktische Handeln der Behörden so zu ändern, wie es uns der Rechnungshof seit Jahren erklärt. Das ist unser Ziel und sind keine Wahlprogramme, in denen irgendwelche Schuldenbremsen in den Vordergrund gestellt werden.

(Beifall bei der SPD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr, dann können wir zur Abstimmung kommen.

Wir kommen zunächst zu den Empfehlungen des Haushaltsausschusses aus Teil A IV. seines Berichts.

Die unter den Ziffern 1 und 4 erbetenen Kenntnisnahmen sind erfolgt.

Wer, wie in den Ziffern 2. a) und 2. b) des Ausschussberichtes empfohlen, den dort aufgeführten Beanstandungen und Darlegungen des Rechnungshofs beitreten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig angenommen.

Die in Ziffer 2. c) empfohlene Kenntnisnahme ist erfolgt.

Wer, wie unter Ziffer 3. a) empfohlen, die in der Haushaltsrechnung 2008 ausgewiesenen Überschreitungen genehmigen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit angenommen.

Hierzu bedarf es einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Haus? – Den sehe ich nicht.

Damit haben wir die Abstimmung erledigt und ich möchte nun die Gelegenheit nutzen, dem Rechnungshof mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die von Ihnen geleistete Arbeit ausdrücklich unseren Dank auszusprechen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Wir kommen zum Punkt 11 der Tagesordnung, Drucksache 19/7999, der Großen Anfrage der CDU-Fraktion: E-Government in Hamburg.

[Große Anfrage der Fraktion der CDU: E-Government in Hamburg – Drs 19/7999 –]

Wird das Wort gewünscht? – Herr Stemmann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren! E-Government ist ein Thema, das immer sehr theoretisch und IT-lastig klingt und mit dem man als Otto Normalverbraucher irgendwie meint, nicht so richtig etwas anfangen zu können. Das aber stimmt nicht, denn tatsächlich ist E-Government eine spannende Angelegenheit, die uns alle – Bürger, Unternehmen, Politik und Verwaltung – begeistern könnte.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Ihre Kolle- gen sind aber nicht begeistert!)

Im Prinzip geht es um Bürokratieabbau, ein Begriff, den viele für wesentlich sympathischer und vor allem dringend notwendig erachten.

(Dr. Peter Tschentscher)

Der CDU-geführte Senat hat aus dem E-Government in Hamburg eine richtige Erfolgsgeschichte für die Hansestadt gemacht. Moderne Verwaltung und Dienstleistung am Bürger und für die Wirtschaft sind die Prämissen, an denen die CDU ihre E-Government-Strategie ausrichtet und anhand derer die Ziele, Projekte und Aufgaben bestimmt werden. Es geht darum, das Verwaltungshandeln modern, kundenfreundlich, transparent und effizient zu machen.

Dabei geht es um ganz einfache Vorgänge, zum Beispiel: Muss ich jedes Mal, wenn ich ein Auto anmelde, in die Zulassungsstelle und mich da in verschiedenen Schlangen anstellen oder kann ich das auch im Internet erledigen? Ein anderes Beispiel: Muss ich als Unternehmer mein Gewerbe irgendwo vor Ort anmelden oder kann ich das auch online erledigen? Muss ich für die Einsichtnahme in Bebauungspläne auf ein Amt rennen oder werden mir diese kostengünstig und einfach im Internet zur Verfügung gestellt? Und nicht zuletzt auch: Muss ich mir irgendwo in einem Behörden-Finder eine Rufnummer heraussuchen oder gibt es eine zentrale Rufnummer, mit der ich alle Behörden auf einen Schlag erreiche?

Für diese Fragen hat die CDU in den vergangenen Jahren Lösungen entwickelt. Hamburg ist bei diesem Thema bundesweit Spitzenreiter. Hamburgs Projekte werden in anderen Bundesländern kopiert und gewinnen am laufenden Band Preise. Da kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch, Hamburg. Herzlichen Glückwunsch an den Initiator CDU

(Jan Quast SPD: Nun klatscht doch mal!)

und vielen Dank an die Mitarbeiter, die an dieser Mammutaufgabe mitarbeiten.

(Beifall bei der CDU)

Für die Zukunft hat sich der Senat drei Ziele gesetzt: durch IT-Unterstützung die Verfahrensabläufe weiter effizient und wirtschaftlich zu gestalten, dies so kostengünstig wie möglich und mit ganz klarem Blick auf die Bedürfnisse der Kunden. Dies deckt sich mit den Wünschen der Wirtschaft. Die Behörde für Wirtschaft und Arbeit hat zusammen mit der Handelskammer im September 2010 eine Umfrage durchgeführt, um die Anliegen der Wirtschaft im Hinblick auf eine Verbesserung des E-Government-Angebots der Stadt zu ermitteln. Gefragt wurde dabei: Wie intensiv nutzen Unternehmen welche Online-Angebote, wie bewerten sie deren Nutzerfreundlichkeit und welche Angebote wünschen sich die Unternehmen? Die Antworten haben Erfreuliches ergeben.

Erstens: Mehr als die Hälfte der Befragten nutzt das städtische E-Government-Angebot regelmäßig. Der Online-Kontakt ist insgesamt die zweithäufigste Kontaktform zwischen Hamburger Unternehmen und der Verwaltung. Aber elektronische Verwaltungsverfahren sind bislang wenig

durchgesetzt. Besser angenommen werden die Online-Informationsangebote der Stadt für Unternehmen, die für die Nutzungszahlen wesentlich verantwortlich sind.

Zweitens: Knapp die Hälfte der Befragten sieht im E-Government einen effektiven Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung. Aber über 20 Prozent der Unternehmen können leider nicht richtig beurteilen, ob sie davon auch profitieren und viele kennen die Angebote noch nicht.

Drittens: Eine deutliche Mehrheit der Befragten wünscht sich transparente und noch mehr E-Government-Angebote. Die Mehrheit der Unternehmen verspricht sich davon niedrigere Bürokratiekosten. Diese Antworten zeigen, dass die Unternehmen sich nutzerfreundliche Angebote wünschen, die zudem stärker bekannt gemacht werden müssen.

Meine Damen und Herren! Hamburg ist auf diesem Sektor gut aufgestellt und beispielgebend für die gesamte Bundesrepublik. Wenn wir es schaffen dranzubleiben, die Strategie für eine moderne Verwaltung weiterzuverfolgen, Angebote mit und für den Kunden zu entwickeln und diese darüber hinaus landes- und bundesweit zu bewerben, dann werden wir unseren Spitzenplatz auch zukünftig halten. Hamburg kann und sollte beim Zukunftsthema E-Government eine Führungsrolle auch unter den europäischen Metropolen anstreben. Für die Akzeptanz brauchen wir aber sicherlich einen eingängigeren Begriff. Das ist unser Wunsch und unser Ziel. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Schäfer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Stemmann, wenn das das ganze Ziel ist, das Sie verfolgen, dann verstehe ich nicht, warum Sie solchen Aufwand betreiben und weshalb wir diese geschwätzige und langweilige Große Anfrage debattieren müssen. Beim Lesen schien mir, dass in diesem Text vonseiten des Senats dargestellt wurde, wie gut er bei eigentlich völlig selbstverständlichen Dingen ist, bei Dingen nämlich, die vom technischen Fortschritt, insbesondere im Bereich IT, ausgehen und dass er dann auf die Idee kommt, dass man das auch in der Verwaltung anwenden könnte. Dem schließen wir uns voll und ganz an. Man sollte diesen technischen Fortschritt in der Tat umsetzen und in der Verwaltung zum Wohle von Wirtschaft, Bürgern und allen, die mit Verwaltung zu tun haben, anwenden. Warum man das auf zehn Seiten aufschreiben muss, ist mir ein Rätsel.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

(Hjalmar Stemmann)

Wenn man sich trotzdem die Antworten genauer anschaut, insbesondere die weitschweifige, mehrere Seiten lange Antwort auf die erste Frage, die Sie gestellt haben, und in der Sie fragen, welche inhaltlichen und zeitlichen Ziele sich die Freie und Hansestadt im Bereich E-Government setzt, dann muss man feststellen, dass ganz viele Behörden aufgeführt sind, beginnend mit dem Personalamt über fast alle Behörden und endend mit den Bezirksämtern. Dann fragt man sich, warum genau eine Behörde nicht dabei ist: die Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz, diejenige Behörde, die gerade ein 112 Millionen Euro schweres Vorhaben namens JUS-IT eingebracht hat, das im Bereich der Jugendämter etwas erreichen soll, was an sich richtig und gut ist. Für 112 Millionen Euro sollen 1850 Arbeitsplätze eingerichtet oder umgerüstet werden, das macht 50 000 Euro pro Arbeitsplatz.

Ich habe heute Morgen einen Kollegen gefragt, der mit solchen Dingen bei uns zu tun hat, was er anfangen würde, wenn ihm pro Arbeitsplatz, den er einzurichten und zu organisieren hat, 50 000 Euro zur Verfügung stünden. Der wurde erst einmal kurz gelb vor Neid, hat dann kurz nachgedacht und meinte, dass er so viel Geld nicht ausgeben können würde.

In der Zwischenzeit gab es noch eine Expertenanhörung dazu. Dort meinte jemand – das konnte man gestern in "Der Welt" auch noch nachlesen –, dass 112 Millionen Euro nicht reichen würden, es sei mit dem zwei- bis dreifachen zu rechnen.

(Kersten Artus DIE LINKE: Ja!)

Was jetzt stimmt, sei dahingestellt. Warum man aber in einer Großen Anfrage, die Sie stellen, genau in der Zeit die einzige interessante Sache verschweigt, das bleibt mir ein Rätsel und das möchte ich aufgeklärt wissen. Kommen Sie noch einmal hierher und sagen Sie, warum genau das verschwiegen wird.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Müller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Von der etwas techniklastigen Antwort des Senats bewegt sich meine Rede ein bisschen mehr Richtung Mensch. Wir sind uns alle einig, dass IT-Government, dieses verenglischte Deutschwort, die Unterstützung des Regierungshandelns durch Technik, durchs Internet, grundsätzlich eine gute Sache ist. Mein Eindruck ist aber, dass bei der Realisierung der verschiedensten Projekte immer mehr die Techniker die weiteren strategischen Planungen vorantreiben und es oft wenig Nachdenken darüber gibt, wie eigentlich die Kundinnen und Kunden, also die Hamburgerin

nen und Hamburger, mit dieser doch teils inzwischen sehr komplizierten Technik zurechtkommen.

Wir sehen zunehmend eine große Skepsis und auch Sorge bei vielen Menschen, ob das auch sicher ist, und auch eine Hemmschwelle, sich auf komplizierte Verfahren Richtung Internet und Online-Service bei der Stadt einzulassen. Das trifft insbesondere natürlich ältere Menschen in dieser Stadt, aber auch bildungsarme Schichten und alle, die es eher schwer haben, sich mit dem Internet auseinanderzusetzen. Auch beim neuen digitalen Personalausweis ist es keine Frage der Bildung und des Einkommens. Auch dort gibt es sehr viel Skepsis, ob man diesen eigentlich beantragen sollte, abgesehen von den Kosten, die inzwischen auch enorm sind.

Wir müssen bei IT-Government die Perspektive Mensch mehr im Mittelpunkt sehen und abseits der internen Organisation der Verwaltung auch überlegen – weil wir diverse Projekte auf den Weg bringen, im Kfz-Bereich, bei der Steuererklärung et cetera –, wie wir nicht nur den gut informierten, den in puncto Internet schon sehr erfahrenen Teil der Gesellschaft bedienen, sondern wie diejenigen Menschen bei dieser ganzen Technisierung der Verwaltung mitgenommen werden können, die damit ein Problem oder zunehmend auch Sorge haben, was mit ihren Daten passiert und wie sicher das eigentlich alles ist. Das ist der eine Punkt, den wir als Abgeordnete nicht aus dem Blick verlieren sollten.

Der andere Bereich, zu dem ich gern etwas sagen würde, ist in den Senatsantworten nur kurz angerissen. Es ist das Thema "Green IT", also schon wieder so ein englisches Wort, das übersetzt ökologischer Einsatz von IT-Technik heißt. Das ist auch bei der CeBIT immer wieder ein Riesenthema, wo die Hallen immer größer werden. Das hat nicht nur damit zu tun, dass viele ökologisch denken, sondern auch etwas mit Kosten. Wie Sie wissen, brauchen Rechenzentren inzwischen massiv Energie, um die Server zu kühlen. Diverse Rechenzentren würden sich gern in Hamburg ansiedeln, allerdings sind die Flächen sehr teuer, weil sie so große Flächen brauchen. Ein Anbieter hatte sich einmal bei mir gemeldet, der sich, weil es in Hamburg angeblich keine Flächen gab, an die Stadt Norderstedt wenden musste, wo die Flächen etwas günstiger waren als in Hamburg. Es scheiterte aber trotzdem, weil man zwar die Flächen hatte, aber nicht die Stromkabel, die die Mengen von Strom hätten transportieren können, um dieses Rechenzentrum zu bekühlen. Man mag sich das gar nicht vorstellen: Das Rechenzentrum hätte mehr Strom gebraucht als die gesamte Stadt Norderstedt.

Green IT ist ein großes Thema, insbesondere aus ökologischer Sicht und aus Kosteneffizienz-Gründen. Das ist in der Senatsantwort angerissen,