Protokoll der Sitzung vom 09.07.2008

(Jens Kerstan GAL: Wir sind wohl echt an allem Schuld!)

Es ist zu begrüßen, dass sich der Hamburger Senat Gedanken um Arbeits- und Ausbildungsplätze macht. Aber machen wir uns doch nichts vor: Wo die Unternehmensberater Ernst & Young schon Bestandsaufnahmen machen, Informationen zusammenstellen, die dann potenziellen Interessenten überreicht werden, da steht doch schon das Wasser im Keller.

Auch Finanzsenator Freytag hat im Zusammenhang mit der angedeuteten Hamburger Investition gesagt, sie geschehe nur aus wirtschaftlichen Gründen und hätte nichts mit Mildtätigkeit und romantischer Verklärung zu tun. Es gebe auch keine Erfolgsgarantie für die Hamburger Lösung.

Gerade vor diesem Hintergrund, dass niemand mit Sicherheit garantieren kann oder will, warne ich davor, grundsätzlich ausländisches Investorengeld als schlechtes Geld und nur deutsches Geld als gutes Geld zu betiteln. Nur, weil vielleicht ein ausländischer Investor in Hamburg investieren möchte, werden noch nicht die Bürgersteige hochgeklappt.

Wichtig für uns in Hamburg ist die Sicherung der Arbeitsplätze und da sind Betriebsräte und die Politik gefragt. Wichtig ist, eine Unternehmenspolitik zu fördern, die auch Zukunftsplanungen zulässt unter einer weitgehenden Mitbestimmung der Beschäftigten. Es kann nicht sein, dass Großaktionäre einmal mehr ihre Taschen auf Kosten der Beschäftigten füllen wollen und wir schauen zu.

(Beifall bei der LINKEN – Frank Schira CDU: Wir wollen ja nicht zuschauen!)

Es ändert auch nichts, dass die Bundesregierung jetzt das Außenwirtschaftsgesetz ändern möchte. Das würde hier nicht mehr greifen. Ich habe volles Verständnis für die Sorgen der Belegschaft und

fordere den Senat auf, jegliche Hilfe zu leisten, die möglich und nötig ist, um die Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze hier in Hamburg zu halten.

(Beifall bei der LINKEN – Frank Schira CDU: Was machen wir wohl gerade?)

Das Wort bekommt Senator Gedaschko.

(Michael Neumann SPD: Ich dachte, Sena- tor Freytag spricht!)

Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren! Die drei Kernbotschaften dieser Tage sind klar.

Erstens: Hapay-Lloyd muss in Hamburg bleiben.

Zweitens: Wenn Unternehmensfunktionen der Hapag-Lloyd durch einen Verkauf aus Hamburg verlagert und damit Hunderte von Arbeitsplätzen aus Hamburg zurückgezogen werden würden, wäre dieses ein unfreundlicher Akt nicht nur gegenüber den Menschen, die bei Hapag-Lloyd arbeiten, sondern gegenüber der Hansestadt insgesamt.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Drittens: Wir unterstützen daher die Mitarbeiter bei ihrem Kampf für den Erhalt der Arbeitsplätze in Deutschland. Diese Stadt hat ein Ziel. Wir wollen die Arbeitsplätze in einem wichtigen Schlüsselbetrieb für die Hamburger Hafenwirtschaft erhalten. Wir wollen Schifffahrts-Know-how am Standort Hamburg sichern. Das ist ordnungspolitisch sehr gut vertretbar, denn wir können nicht einfach die Hände in den Schoß legen, wenn die Gefahr besteht, dass ein solides und strategisch wichtiges Unternehmen für diesen Standort verloren geht.

Meine Damen und Herren! Ich warne davor, dass wir uns in kleinkarierten Diskussionen verlieren, Beispiele von Schröder herbeiführen. Ich erinnere an die Philipp Holzmann AG. Das war vielleicht nicht die ganz gelungene Aktion. Man hat gutes Geld schlechtem hinterhergeworfen. Aber ich glaube, das Verfahren in Hamburg zeigt, dass wir anders agieren, erfolgreich agieren. Genauso wollen wir es an diesem Beispiel machen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Es geht um mehr als emotionale Bindungen. Es geht nicht allein um 160 Jahre Tradition. All das ist auch gut. Aber es geht um eine Top-Reederei, eine Reederei, die unter den fünf Besten dieser Welt im Containerverkehr agiert, die mit ihrer Grand Alliance dafür sorgt, dass der Hamburger Hafen ein Zielhafen ist, dass dieser Hafen lebt. Hapag-Lloyd trägt maßgeblich zur Logistikkette bei, die dafür sorgt, dass wir hier in dieser Region wirtschaftlich erfolgreich arbeiten können.

Der Senat engagiert sich auf verschiedenen Ebenen für Hapag-Lloyd, die Mitarbeiter und Familien. Es geht nicht alleine, aber auch um die finanzielle Beteiligung der Stadt an der Hamburger Lösung, immerhin mit einem dreistelligen Millionenbetrag. Es geht auch um ein klares politisches Signal zur Unterstützung für das Unternehmen durch andere engagierte Hamburger Kaufleute. Es geht aber auch um ein Signal an die Menschen und Unternehmen dieser Stadt. Wir nehmen unsere Verantwortung um das Wohl der Stadt ernst. Und es geht um ein Signal an alle am Bieterverfahren Beteiligten. Alle Planungen, die geeignet sind, diesen Standort entscheidend zu schwächen, sind unerwünscht. Wir werden solche Planungen daher sehr aktiv begleiten.

Meine Damen und Herren! Es gibt Zeichen, dass bei den Beteiligten das eine oder andere Nachdenken angefangen hat, auch unter Einbeziehung Hamburgs. Gestern konnten wir von einem Angebot Frederiksens lesen, der den Vorschlag machte, Hapag-Lloyd als eigenständiges Unternehmen in Hamburg zu erhalten. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Auf jeden Fall finde ich es interessant, dass sich hier etwas dreht.

Zudem kam vor kurzem die unerwartete Nachricht, dass Thomas Held, einer der aussichtsreichsten Kaufinteressenten als Präsident der NOL abgelöst wurde. Auch diese Nachricht hat zwischen den Zeilen einen hohen Informationsgehalt.

Unabhängig von allen Hintergründen und Zusammenhängen sollte allen Beteiligten klar sein, dass dies für Hamburg auch eine Frage der Selbstachtung, des Selbstvertrauens und des Kampfeswillens ist und diesen Kampfeswillen haben wir.

(Beifall bei der CDU, der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Ahrons.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Badde, ich habe das Gefühl, dass Sie kleine Teile Ihrer Rede schon am Montag geschrieben haben.

(Michael Neumann SPD: Frau Ahrons, man spricht frei am Rednerpult!)

Zum Teil haben Sie Forderungen gestellt, die wir schon erfüllt haben.

Hamburg schaut eben nicht tatenlos zu, sondern wird aktiv und sendet ein deutliches Signal für den Wirtschaftsstandort Hamburg aus. Das ist die wichtigste Botschaft, die gestern bei der Entscheidung des Senats zur finanziellen Beteiligung rübergekommen ist.

Diese Entscheidung – da sind wir uns alle einig – war perfekt und genau richtig und sie ist, glaube ich, genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen.

Eine finanzielle Beteiligung der Stadt am Hamburger Konsortium ist das, was im Rahmen unserer Möglichkeiten machbar ist, um zu versuchen, die Arbeitsplätze am Standort zu sichern und natürlich Hapag-Lloyd mit seinem Sitz in Hamburg zu halten.

Meine Vorredner haben bereits ausgeführt, warum das für Hamburg so wichtig ist. Dem kann ich mich in jeder Beziehung nur anschließen. Hamburg ist eben ein zentraler Logistik-, Schifffahrts- und Reederei-Standort und Hapag-Lloyd ist eines der weltweit größten Reedereiunternehmen und hat deshalb eine immense Bedeutung für unseren Hafen, den hiesigen und für den gesamten deutschen Wirtschaftsstandort.

Natürlich bereitet einem ein staatlicher Einfluss am Markt aus ordnungspolitischer Sicht grundsätzlich Magenschmerzen, jedenfalls mir.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Vor allem Ihnen, Frau Ahrons!)

Es ist normalerweise nicht die Aufgabe der Stadt, sich hier am Standort in das wirtschaftliche Geschehen einzumischen und lenkend einzugreifen. Aber bei Hapag-Lloyd sehen die Dinge zurzeit etwas anders aus. Deshalb ist die Entscheidung in diesem Fall nicht nur wichtig, sondern auch aus drei Gründen richtig, weil der Senat nicht nur eine politische, sondern auch eine wirtschaftliche und strategische Entscheidung für den Standort Hamburg getroffen hat.

Erstens: Das Engagement ist keine Sanierungsmaßnahme in ein strauchelndes Unternehmen, sondern ein mögliches Investment in ein einflussreiches und erfolgversprechendes Unternehmen.

Zweitens: Weil die Stadt, wie es sich bereits bei Beiersdorf erfolgreich gezeigt hat, kein dauerhaftes, sondern nur ein Engagement auf Zeit eingeht. Es soll auf Dauer eine private Lösung bleiben und darum wird sich Hamburg auch zum richtigen Zeitpunkt wieder daraus zurückziehen müssen.

Gleiches gilt auch für die Beteiligung an der Norddeutschen Affinerie, wie es Hamburg Anfang des Jahres mit 59 Millionen Euro getan hat. Auch damit sollten Arbeitsplätze und das Unternehmen an der Elbe gehalten werden. Wir werden sehen, wann Hamburg sich von diesem Investment wieder trennen wird. Die Firmenentwicklung und der Kupferpreis entwickeln sich in diesem Sinne positiv.

Drittens: Die Entscheidung ist auch richtig, meine Damen und Herren, weil Hamburg damit keine Blockadepolitik betreibt. Es gibt Unternehmensbeteiligungen in anderen Bundesländern, in denen der staatliche Einfluss bedeutend größer ist und

(Senator Axel Gedaschko)

wichtige ökonomische Entscheidungen behindern kann. Hamburg dagegen überlässt das Ruder im Hamburger Konsortium überwiegend den privaten Investoren. So soll es auch sein.

Zudem hat das Engagement zum jetzigen Zeitpunkt keine Auswirkungen auf die Beteiligungen und Interessenbekundungen anderer Interessenten am Bieterverfahren. Damit bleibt auch ein faires Verfahren gewährleistet.

Hapag-Lloyd ist ein Stück Hamburg und ein zentraler Bestandteil unseres Reederei- und Schifffahrtsstandortes. Durch seine Beteiligung von 25 Prozent am Container-Terminal Altenwerder wird die Anfahrt des Hamburger Hafens durch viele Reedereien maßgeblich positiv beeinflusst und diese Bedeutung darf für unsere Stadt auf keinen Fall verloren gehen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Meine Damen und Herren! Wir alle, Senat, Abgeordnete und die Bürger unserer Stadt werden gemeinsam lautstark, engagiert und mit viel Herzblut um Hapag-Lloyd kämpfen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Rose.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade haben die Beschäftigten von Hapag-Lloyd uns allen am Rande der Bannmeile noch einmal eindrucksvoll gezeigt, dass sie entschlossen sind, für den Bestand des Unternehmens in Hamburg und für ihre Arbeitsplätze zu kämpfen. Ich denke, dabei haben sie unsere volle Unterstützung.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Auch Senat, Bundesregierung und sogar die neoliberal ausgerichtete Handelskammer haben sich entschieden, regulierend in den Markt einzugreifen und dem freien Spiel der Kräfte Grenzen zu setzen und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)