Wir begrüßen es ausdrücklich, dass sich der Hamburger Senat gestern entschlossen hat, sich am Hamburger Bieterkonsortium zu beteiligen. Damit ist ein wichtiger Baustein für die Standortsicherung dieses Hamburger Traditionsunternehmens gelegt. Damit hat sich der Kampf der Kolleginnen und Kollegen schon jetzt gelohnt, denn natürlich ist es auch ihr Erfolg, dass sich ganz Hamburg innerhalb weniger Tage hinter der Losung "Hapag-Lloyd gehört zu Hamburg" gestellt hat.
Natürlich ist es bemerkenswert, dass sich der Senat nun entgegen der ordnungspolitischen Leitideologie vor allem der CDU
Frau Ahrons hat das eben noch einmal betont –, aber auch der GAL zu einem aktiven Engagement gezwungen sieht. Wie stark das dem Senat widerstrebt, zeigte Finanzsenator Freytag gestern in der Pressekonferenz. Er legte Wert auf die Feststellung, dass sein Engagement – ich zitiere –:
"… nichts mit Mildtätigkeit und romantischer Verklärung zu tun habe, sondern aus rein wirtschaftlichen Gründen geschehe."
Was könnte da mildtätig, was könnte da romantisch sein? Ich denke, es sind sicherlich nicht die Sicherung der Arbeitsplätze oder ähnliche Standortsicherungsgesichtspunkte gemeint, aber das wäre klärungsbedürftig. Jedenfalls für uns als Sozialdemokraten ist klar, dass es eine politische Notwendigkeit ist, die Arbeitsplätze derjenigen zu sichern, die dieses Unternehmen in Hamburg mit ihrem Know-how, mit ihrem Engagement, mit dem Hintergrund ihrer Familien aufgebaut haben und die ihre Existenz damit gesichert haben und von daher nicht der geringste Grund besteht, diese Sicherung infrage zu stellen. Diese Arbeitsplätze sind mindestens genauso wichtig wie die wirtschaftliche Entscheidung, die insgesamt vorhanden ist.
Das Beispiel der Kolleginnen und Kollegen von Hapag-Lloyd zeigt also eines, nämlich dass es sich lohnt, sich nicht einfach den angeblich so übermächtigen und segensreichen Zwängen der sogenannten Globalisierung zu unterwerfen, sondern immer wieder darauf zu bestehen, dass es um die Menschen und ihre Lebenschancen gehen muss und nicht nur um Kapitalrendite oder ideologische Prinzipien.
Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt hinweisen. Die frühere Bundesregierung unter Kanzler Schröder hat mit den Reedereien und auch mit der Gewerkschaft ver.di das maritime Bündnis ins Leben gerufen, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seeschifffahrt auch ohne Ausflaggungen zu stärken. Davon hat insbesondere HapagLloyd enorm profitiert. Die neue Tonnagesteuer für Schiffe ist in Wirklichkeit eine große Steuervergünstigung und darüber hinaus wurden die Sozialversicherungsbeiträge der deutschen Seeleute auf den Schiffen subventioniert, also die Lohnkosten gesenkt. Dadurch konnten deutsche Seeleute auf den Schiffen beschäftigt und auch Ausbildungsplätze erhalten bleiben. Insbesondere die Sicherung der Ausbildung ist wichtig, um überhaupt maritimes Know-how in Deutschland zu halten. Auch aufgrund dieser Steuervergünstigungen und Subventionen steht Hapag-Lloyd heute so enorm profitabel da.
Wenn jetzt aber die Eigner, also die TUI beziehungsweise einige dortige Großaktionäre die Reederei verschachern wollen, gerade weil sie so gut dasteht und weil es solch einen hohen Preis verspricht, dann ist das aus unserer Sicht im Grunde moralischer Subventionsbetrug. Es ist der Bruch des maritimen Bündnisses für die deutsche Seeschifffahrt, das die Subventionen gerade eingeführt hatte, um die Reedereien am deutschen Standort und unter deutscher Flagge zu halten. Das zeigt, wohin es führt, wenn ganze Unternehmen nur noch als beliebige Spekulationsobjekte betrachtet werden. Lassen wir das gemeinsam nicht zu. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte meinem Vorredner, Herrn Rose, erst einmal ausdrücklich zustimmen zu der Feststellung, dass sich die Aktivitäten der Belegschaft und ihrer Gewerkschaft in diesem Fall konkret gelohnt haben. Wir haben mit der Zusage vom Senat, dass er sich für einen dreistelligen Millionenbetrag einsetzen wird, wirklich eine neue Qualität in dieser Auseinandersetzung erreicht. Wir wissen alle, dass wir seit längerem über den Fall Hapag-Lloyd diskutieren. Bislang war das Engagement des Senats eher unterkühlt und hatte mehr den Charakter von Symbolpolitik. Insofern ist es wichtig, dass jetzt, sicherlich auch zurückgehend auf die Aktion der Belegschaften eine neue Qualität eingetreten ist.
Ich möchte noch einmal ausdrücklich, Herr Schira, begrüßen, dass Sie sich als schwarz-grüne Koalition für aktive Wirtschaftspolitik mit Blick auf die Unternehmenslandschaft in Hamburg einsetzen. Frau Ahrons hat es gesagt, aber das kommt für unseren Geschmack nur zu wenig vor. Sie machen das bei Beiersdorf, Sie machen das bei der Affi und Sie machen das jetzt bei Hapag-Lloyd. Ich sage nur, dass wir wünschten, dass Sie weitere Schritte in der Hinsicht gehen. Sie sind an anderer Stelle sehr zurückhaltend und Ihre Politik ist ansonsten auf Privatisierung und Immobilienverkauf orientiert. Das ist unseres Erachtens zu wenig.
Aber wir sind hier wie an anderer Stelle immer optimistisch und nehmen das einmal so wie es ist, trotz der Skrupel, Frau Ahrons, dass das vielleicht der Einstieg in ein neues Kapitel Hamburger Politik für Unternehmen und Arbeitsmarkt ist.
Als ich jetzt aber die Beiträge gehört habe, Herr Schira, da muss ich sagen, dass da doch ein bisschen viel Showeffekt dabei ist. Am dollsten war das natürlich wieder bei Herrn Kerstan, der wirklich alles übertrifft. Wir müssen doch in der Hinsicht wirklich fair bleiben. Klar ist, dass hier ein Unternehmen zerlegt wird. Herr Gedaschko sagt, das wird sich vielleicht ein bisschen ändern, aber zunächst einmal geht es um die Zerlegung eines Unternehmens. Das ist keineswegs eine spezifische Attacke auf Hamburg, das ist in dieser Republik und in Europa der Normalfall. Wenn man das nicht will – ich will es nicht, meine Fraktion will es nicht, weil damit ganz horrende soziale Konsequenzen verbunden sind –, dann müssen Sie sich, wenn Sie diesen Schritt gehen, auf Bundesebene, im Bundesrat für eine Veränderung einsetzen. Das, was jetzt die "Bild"-Zeitung gefordert hat, also die Veränderung des Außenwirtschaftsgesetzes, ist ein erster Schritt. Machen Sie das doch mit uns mit und treten Sie für die Regulierung bei Hedgefonds und Finanzinvestoren ein.
(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD – Barbara Ahrons CDU: Nun kip- pen Sie das Kind nicht gleich mit dem Bade aus!)
Machen Sie doch das, was auch von attac gefordert wird. Wir müssen eine neue Struktur für die Architektur der Finanzmärkte hinbekommen. Das ist der Punkt. Sie hauen hier aufs Blech mit dem Hamburger Patriotismus. Wenn ich mir das angucke, wo Sie woanders aktiv sind, dann muss ich feststellen, dass da wenig zu sehen ist. Sie haben das Gewicht im Bund.
Ich glaube, Sie sollten sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass wir generell einen anderen Umgang mit dem Shareholder-Value-Kapitalismus zustande bringen.
Zweite Bemerkung, weil Sie uns, wenigstens in dieser Debatte, vereinnahmen wollten. Frau Badde hat es schon gesagt, Dank der Belegschaft hat es einen Schritt hin zum dreistelligen Millionenbetrag gegeben. Reicht das? Ich teile Ihre Bedenken, denn wir reden hier über Milliarden. Ich hoffe jedenfalls, dass durch den Druck der Belegschaften noch etwas nachgelegt wird. Ich glaube, hier ist eine ganz andere Dimension angesagt. Wenn ich mir die HGV angucke, wäre das zum Teil auch möglich.
Wenn Sie uns dann noch die sogenannte Hamburger Lösung präsentieren, dann möchte ich Ihnen bei aller grundsätzlichen Sympathie für Ihre Aktivitäten doch noch zwei Argumente mitgeben.
Der erste Punkt: Uns den Unternehmer Kühne, der in der Schweiz zusammen mit dem Milchzar steuerbegünstigt existiert, als Hamburger Vorzeigeunternehmer zu präsentieren, das glaubt Ihnen nicht einmal die Gemeinde in der überregionalen Finanzpresse.
Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Ich hätte Ihnen noch einen Schlusssatz spendiert.
Nach Paragraf 22 Absatz 3 der Geschäftsordnung bekommt jetzt Herr Kerstan für die GAL das Wort, weil Sie sich in der zweiten Runde noch nicht gemeldet haben. Herr Kerstan, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die gute Nachricht ist, dass wir uns alle einig sind. Aber ich muss Ihnen ehrlich sagen, wenn der Senat entschieden hat, sich an diesem Bieterkonsortium zu beteiligen, dann haben wir die Schlacht noch nicht gewonnen.
Wir stehen erst am Anfang. Heute wäre es doch sinnvoll gewesen, dass wir gemeinsam als Parlamentarier, als unterschiedliche Fraktionen mit teilweise unterschiedlichen Vorstellungen in der Wirtschaftspolitik ein einheitliches Signal nach außen gesandt hätten und diese Gelegenheit nicht dazu genutzt hätten,
Es geht doch darum, heute der Belegschaft von Hapag-Lloyd in diesem Punkt, wo wir uns einig sind, die Solidarität zu versichern und gemeinsam auch ein Signal nach Übersee zu senden, dass wir bereit sind, gemeinsam zu kämpfen. Darum finde ich es wirklich bedauerlich, dass Sie teilweise dann doch Seitenhiebe, grundsätzliche politische Ideologien in den Mittelpunkt Ihrer Debatten gestellt hatten.
Es ist schon so, dass ein dreistelliger Millionenbetrag nicht nur Symbolik ist, sondern das ist sehr viel Geld, gerade auch, wenn wir wissen, wie die Haushaltslage dieser Stadt ist.
Wenn Sie fragen, reicht das und dann darauf verweisen, welche steuerlichen Privilegien die Reederein, die Schiffsfinanzierer und ähnliche haben, und wenn es dann darum geht zu sagen, Eigentum verpflichtet, dann kann doch nicht die Botschaft sein, um das Unternehmen in dieser Stadt zu halten, dass der Staat wieder entscheiden muss und er auch der Alleinige sein soll zu handeln. Der Vorteil dieser Lösung ist es doch, dass Stadt, Politik
und die Eigentümer von anderen Reedereien, die von staatlichen Subventionen profitieren, gemeinsam vorangehen. Darum würde ich mir wünschen, dass wir in Zukunft diese notwendigen Debatten, die heute angeklungen sind, an den Stellen führen, wo sie notwendig sind, aber erst einmal in dieser Frage gemeinsam Schulter an Schulter für den Erhalt der Arbeitsplätze in dieser Stadt kämpfen. – Vielen Dank.
Wir kommen zu zwei Wahlen, nämlich den Punkten 3 und 4 der heutigen Tagesordnung: Wahl von acht ehrenamtlichen Mitgliedern und deren Vertreterinnen oder Vertretern der Kommission für Bodenordnung und Wahl eines Mitglieds und dessen Vertreterin oder Vertreter für die Kommission für Stadtentwicklung.
[Unterrichtung durch den Präsidenten der Bürgerschaft: Wahl von acht ehrenamtlichen Mitgliedern und deren Vertreterinnen oder Vertretern der Kommission für Bodenordnung – Drs 19/546 –]