[Unterrichtung durch den Präsidenten der Bürgerschaft: Wahl von acht ehrenamtlichen Mitgliedern und deren Vertreterinnen oder Vertretern der Kommission für Bodenordnung – Drs 19/546 –]
[Unterrichtung durch den Präsidenten der Bürgerschaft: Wahl eines Mitglieds und dessen Vertreterin oder Vertreter für die Kommission für Stadtentwicklung – Drs 19/625 –]
Die Fraktionen haben vereinbart, die Wahlen in einem Wahlgang durchzuführen. Die Stimmzettel liegen Ihnen vor. Sie enthalten bei den Namen jeweils Felder für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung. Sie dürfen auf jedem Stimmzettel bei jedem Namen ein Kreuz machen, aber bitte nur eines. Weitere Eintragungen oder Bemerkungen würden zur Ungültigkeit führen. Auch unausgefüllte Zettel gelten als ungültig.
Bitte nehmen Sie nun die Wahlentscheidungen vor. Wir werden mit dem Einsammeln noch ein bisschen warten.
Dann darf ich die Schriftführerin und den Schriftführer bitten, mit dem Einsammeln der Stimmzettel zu beginnen.
Wir kommen zu Punkt 16 der Tagesordnung, dem Bericht des Schulausschusses: Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes - Nichteinrichtung von Hauptschulklassen.
[Bericht des Schulausschusses über die Drucksache 19/436: Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes - Nichteinrichtung von Hauptschulklassen – Drs 19/582 –]
Bevor der Kollege das Wort ergreift, wäre es vielleicht ganz nett, wenn diejenigen, die an der Debatte interessiert sind, hier bleiben und diejenigen, die nicht daran interessiert sind und jetzt am Rande stehen und laut reden, das draußen weiterführen. Dann machen wir eben vor einem etwas leereren Haus eine Spezialistendebatte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Heute wird aus einem halb leeren Glas ein halb volles Glas. Die Abschaffung der isolierten Hauptschulklassen ist ein Perspektivwechsel, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Schüler bleiben erst einmal dieselben, doch sie bleiben mit der Chance, dem Stigma der Restschule entronnen zu sein und sie lernen länger gemeinsam in einem anregenderen Umfeld, das bislang fehlte.
Ich darf daran erinnern, was die Enquete-Kommission im vergangenen Jahr festgestellt hat – ich zitiere:
"Der Besuch einer Hauptschule wirkt daher ab der siebten Klasse häufig motivationshemmend. Das Leistungspotenzial der Kin
Auch der vor einigen Tagen erschienene nationale Bildungsbericht stellte zur Situation an den Hauptschulen wenig Positives fest. Sie wird überall in Deutschland wie auch in Hamburg immer seltener gewählt. Das hat eine Konzentration von Schülerinnen und Schülern aus schwierigen Lernverhältnissen in den Hauptschulen zur Folge. Jugendliche mit Migrationshintergrund in Verbindung mit niedrigem sozialem Status der Schüler, Lernschwierigkeiten und Verhaltensprobleme treffen aufeinander. Während deutschlandweit nur jede fünfte Hauptschule in derartigen problematischen Lernkontexten arbeitet, sind es in Hamburg 70 Prozent der Hauptschulklassen. Die Folgen derartiger problematischer Lernkontexte sind, so der nationale Bildungsbericht, eine erhebliche Beeinträchtigung der Leistungs- und Persönlichkeitsentwicklung.
Hinzu kommt, dass das Bewusstsein, zu den Aussortierten zu gehören, bei Hauptschülerinnen und Hauptschülern häufig zum Verlust der Lust auf Schule führt. Erschwerend hinzu kommt die vermeintliche Perspektivlosigkeit. Mit jedem älteren Mitschüler, jeder älteren Mitschülerin, die trotz Abschluss in einer Warteschleife landen, erleben die Jüngeren, wie sinnlos vermeintlich ein Abschluss ist.
In diesem Wissen hat der Schulausschuss einstimmig beschlossen, keine Hauptschulklassen mehr einzurichten. Mit der Abschaffung der isolierten Hauptschulklassen verändern wir das problematische Lernumfeld in einem ersten Schritt. Statt Selektion in Haupt- und Realschülerinnen und -schüler gibt es gemeinsamen Unterricht an den integrierten Haupt- und Realschulen. Das bedeutet heterogenere, aber auch anregungsreichere Lernumwelten. Die Zahl der Mitschülerinnen und Mitschüler, die nicht nur einen erfolgreichen Abschluss schaffen, sondern am Ende auch eine erfolgreiche Ausbildung finden, wächst und damit die Zahl der positiven Vorbilder und positive Vorbilder sind wichtig. In einem positiven Lernumfeld erscheint das Glas für die Schüler eben nicht mehr halbleer, sondern halbvoll.
Was beschließen wir heute konkret? Wir haben in Hamburg schon 13 integrierte Haupt- und Realschulen, zwölf weitere Hauptschulen haben diesen Schritt selbst in Schulkonferenzen beantragt und sind auf dem Weg dorthin gewesen. Wir vollziehen diesen Schritt nun für die weiteren noch verbliebenen 22 Schulen nach. Differenzierung wird Unterrichtsprinzip, differenzierter Unterricht ermöglicht,
die Schülerinnen und Schüler mit ihren unterschiedlichen Lernvoraussetzungen wahrzunehmen, in ihren Stärken zu verstärken und in ihren Schwächen weiter voranzubringen, damit diese nicht hinderlich werden.
Wir beschließen natürlich auch Unterstützungsund Begleitangebote für die beteiligten Schulen. Die müssen wir nicht aus dem Ärmel schütteln, auch wenn es ein relativ kurzfristiger Schritt zum 1. August ist, das auf den Weg zu bringen, denn für die sich bereits auf dem Weg befindlichen zwölf Schulen sind schon Unterstützungskonzepte und Fortbildungsangebote vorhanden. Sie laufen und sie werden auf die weiteren 22 Schulen ausgeweitet.
Wir beschließen auch, die Basisfrequenz in den integrierten Haupt- und Realschulen auf 21 Schüler anzupassen. Das ist der Mittelwert aus 19,5 an den Hauptschulen und 22,5 an den bisherigen Realschulen. Dadurch wird dieser Schritt kostenneutral vollzogen und macht keinen Nachtragshaushalt erforderlich.
Wir wissen natürlich, dass wir mit den Hauptschulen nicht die Jugendlichen mit Hauptschulabschluss abschaffen. Daher bleiben bewährte Elemente aus der guten Arbeit der Hauptschulen wie der Praxistag natürlich erhalten. Auch die besonderen Angebote für Jugendliche mit Hauptschulabschluss in der Berufsvermittlung bleiben bestehen.
Um das Glas – wir machen heute nur einen Perspektivwechsel – voller zu bekommen, sind natürlich noch weitere Tropfen notwendig. So ist die Abschaffung der isolierten Hauptschulklassen nur ein erster Schritt von vielen, die noch folgen werden. Wir werden morgen noch die Reduzierung der Klassengrößen in der dritten und vierten Klasse beschließen; das gehört ebenfalls dazu. Dieser Schritt führt zu besser auf den Übergang auf die nächste Schulform vorbereiteten Kindern.
Wesentliche weitere Schritte im Rahmen der Hamburger Schulreform folgen noch, insbesondere das Ende der Vielgliedrigkeit des Hamburger Schulsystems. Mit dem Ende der isolierten Hauptschulklassen ist ein Anfang gemacht auf dem Weg zu guten und erfolgreichen Stadtteilschulen ab 2010. Ich freue mich, dass dieser Beschluss einstimmig im Schulausschuss getroffen wurde. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Debatte zur Schulpolitik berührt ein Thema, das allen Fraktionen am Herzen liegt. Es geht in erster Linie, Herr Buss, um unsere Hauptschülerinnen und -schüler
in Hamburg. Es geht um ihre Schulform, es geht um die Bildungseinrichtung für diese Schüler, die früher einmal den Hauptteil unserer Schülerschaft umfasste und heute in Hamburg nur noch jeden zehnten Schüler betrifft.
Die Gestaltungsmehrheit von GAL und CDU lässt die Hauptschülerinnen und -schüler nicht links liegen. Der schwarz-grüne Senat beschreitet konsequent den Weg, an dessen Ende die Einführung der Stadtteilschule und längeres gemeinsames Lernen steht; das ist richtig und zukunftsfähig. Hauptschüler, so haben parteiübergreifend alle Teilnehmer der letzten Enquete-Kommission festgestellt, dürfen nicht länger das Gefühl haben, nur noch zu einem Rest zu gehören. Es gilt, das Selbstwertgefühl unserer Hauptschülerinnen und -schüler zu steigern, die Motivation für erfolgreiches Lernen zu fördern und die Chancen zum Einstieg in den Ausbildungsmarkt zu erhöhen. Dafür stehen der Erste Bürgermeister und der Senat, denn gerade in Hamburg hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Isolierung von Hauptschülern schon längst durch innovative Konzepte einzelner Schulen aufgehoben werden konnte. Die Leistungsergebnisse aus den gemeinsam gebildeten Haupt- und Realschulklassen beweisen die Richtigkeit dieses Konzepts, nämlich das gemeinsame, aber auch das leistungsdifferenzierte Lernen zu fordern und zu fördern.
Der heutige Beschluss ist für Hamburg, aber auch über Hamburgs Landesgrenzen hinaus eine kleine Revolution. Wir schaffen die nicht mehr zukunftssicheren reinen Hauptschulen ab und vermeiden, dass die Kinder dort, frühzeitig stigmatisiert als Restschüler, ihre Schulzeit absitzen. Mit der hier zu beschließenden Nichteinführung von Hauptschulklassen beweisen der Hamburger Senat und alle Fraktionen der Bürgerschaft Mut zur Veränderung. Wir treten auch in der Öffentlichkeit für diese neue Schulstruktur ein und möchten Eltern, Lehrerschaft, Schülerinnen und Schüler sowie die interessierte Öffentlichkeit davon überzeugen, dass in den neuen Haupt- und Realschulklassen der Weg der inneren Differenzierung als Unterrichtsprinzip gute Chancen hat, auf die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler einzugehen. Die Lehrerinnen und Lehrer sind darauf eingestellt und haben sich schon vielfach diesen Anforderungen gestellt, in ihren Lerngruppen individualisierten Unterricht durchzuführen. Äußere Fachleistungsdifferenzierungen sollen für die Fächer Deutsch, Mathematik und Englisch gelten. Damit können die Kernkompetenzen auch im Klassenverband durch das Lernen in unterschiedlichen Kursen optimal gefördert werden. Es bleibt dabei: Es gibt natürlich Hauptschulabschlüsse und Realschulabschlüsse.
An dieser Stelle ist auch ein Dank an all die Schulen angebracht, die in den letzten Jahren das Prinzip der integrierten Haupt- und Realschulen
vorgelebt und innovativ unterstützt haben. Innovative Kräfte werden von diesem Senat wahrgenommen und in diesem Fall haben die Ergebnisse uns auch überzeugt. Möglich wird diese neue Schulstruktur ab dem kommenden Schuljahr auch durch eine zum Teil recht deutliche Absenkung – mein Kollege hat eben darauf hingewiesen – der Klassenfrequenzen in den KESS-1- und KESS-2-Gebieten.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Bürgerschaft! Vielleicht trauert der eine oder andere Mitbürger seiner Hauptschule noch nach
und verfolgt unsere politischen Schritte mit Skepsis. Ich denke aber, dass schon der Gedanke, dass sich kein Kind mehr durch die Einstufung in eine reine Hauptschulklasse zurückgesetzt fühlt, während seine Freunde auf andere Schulzweige gehen, Anlass zur Hoffnung auf eine positiv verlaufende Schullaufbahn bietet.
Mit dieser Gesetzesänderung machen wir den ersten Schritt hin zur Stadtteilschule. Daher brauchen die Eltern nicht zu befürchten, dass wir unvorbereitet in diese neue erfolgversprechende Schulstruktur starten. Auf dem Weg zu einer noch besseren Chancengerechtigkeit werden wir mit der Einführung der Stadtteilschule schließlich denselben Kindern, die durch den heutigen Beschluss gemeinsam in Haupt- und Realschulklassen unterrichtet werden, die Möglichkeit geben, an den Stadtteilschulen das Abitur abzulegen und die Hochschulreife zu erwerben. Das ist eine richtige Entscheidung der Koalition, die dieses auch gestalten wird.
All dies ist für die Regierungsfraktion – ich hoffe, auch für alle hier in diesem Raum – Ansporn, die Nichteinrichtung von Hauptschulklassen nicht als unwichtiges Detail, sondern als großen und sorgfältig zu unterstützenden Schritt zu sehen. Lassen Sie uns gemeinsam handeln und unsere Lehrerinnen und Lehrer nach Kräften bei dieser Aufgabe unterstützen und diesem Antrag zustimmen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich ist es nichts Besonderes für die SPD, denn die SPD fordert seit vielen Jahren die Abschaffung der eigenständigen Hauptschulklassen. Deswegen haben wir auch kein Problem damit, diesem Senatsantrag heute zuzustimmen.
Schließlich ist es – das hat gerade selbst der Kollege Freistedt deutlich gemacht – offenkundig, dass die Schulform Hauptschule den Jugendlichen keine ausreichenden Chancen auf gutes Lernen und eine gute Ausbildung bietet und damit auf Arbeit und ein erfolgversprechendes Leben. Für die SPD ist schon lange klar, dass es so lange, Herr Freistedt, keine Chancengleichheit geben kann, wie wir Kinder und Jugendliche weiter in verschiedene höhere und niedere Schulformen sortieren.
Deshalb ist für die SPD die Abschaffung der Hauptschule, wie sie heute beschlossen wird, nur der erste Schritt auf dem Weg zu einer gemeinsamen Schule für alle Kinder, der Einstieg in einen Reformprozess, der jetzt begonnen wird und zügig weiter vorangebracht werden muss.