Protokoll der Sitzung vom 25.08.2011

(Dirk Kienscherf SPD: Genossenschaften sind schon ein bisschen mehr!)

Insofern halte ich es nicht für sinnvoll, ihnen das Eigentum zu übertragen. Und, das sei Ihnen auch mit auf den Weg gegeben, der Großteil der Zeit hier ist für Sie bereits abgelaufen, kommen Sie da in die Gänge. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält Herr Dr. Duwe.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in der Hamburger Innenstadt leider nur sehr wenige alte Stadtviertel. Es gibt nur kleine Bereiche, in denen man noch erkennen kann, wie die Stadt vor 50, 60 oder 80 Jahren ausgesehen hat. Und ich glaube, da für alle sprechen zu können, dass es ein Skandal ist, was mit dem Gängeviertel bisher geschehen ist. Es ist ein Wunder, dass es das noch gibt, und es ist der Verdienst auch und gerade dieser Künstlerinitiative, dass wir dieses Gängeviertel vielleicht noch retten können. Das sollten wir an dieser Stelle einmal betonen.

Derzeit haben wir die große Herausforderung, dass zwischen der Stadt und der Initiative eine Kooperationsvereinbarung geschlossen werden soll, wobei es der FDP sehr am Herzen liegt, dass das nicht auf Kosten Dritter – ob das Steuerzahler, Mieter oder Gewerbetreibende sind – geschehen soll. Deshalb sind wir sehr dafür, dass, wenn es einen Entwurf für diese Kooperationsvereinbarung gibt, er diesem Hause auch zugestellt wird, damit wir wissen, wie diese Vereinbarung aussieht.

Das Gängeviertel ist ein städtebauliches Highlight und es ist nicht nur ein künstlerisches Projekt. Es ist eben auch ein Bereich in Hamburg, in dem man das Recht auf Stadt einmal in Gänze betrachten sollte. Das Recht auf Stadt gibt es nicht nur für einzelne Personen, sondern das gibt es nur für alle Hamburgerinnen und Hamburger. Daher sehe ich die Stadt in der Verantwortung, dieses Gängeviertel auch weiter zu betreuen. Und ich sehe es mit etwas Erstaunen, dass man denkt, man könne einer Genossenschaft ganz schnell sehr viel Verantwortung übertragen, ohne dass gewährleistet ist, dass die Stadt dort immer noch Einflussmöglichkeiten hat. Wir sind sehr dafür, dass diese Künstlerinitiative dort arbeiten und sich auch verwirklichen kann, aber wir wollen dort Steuergelder in sehr hohem Maße investieren und dieses Gängeviertel gehört allen Hamburgerinnen und Hamburgern. Aus diesem Grunde würden wir es sehr begrüßen, wenn der Senat diese Kooperationsvereinbarung, bevor er das alles vertraglich regelt, in der Bürgerschaft noch einmal zur Diskussion stellen würde. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Hackbusch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich freue mich natürlich sehr, dass es eine so breite Unterstützung des Gängeviertels gibt. So viele lobende Worte und so viele schöne Beschreibungen sind schon einmal ein ganz guter Anfang, um das Thema angemessen behandeln zu können. Umso unklarer ist natürlich die Situation, worüber wir genau diskutieren. Das wurde eben bei dem Wortwechsel zwischen der GAL und Herrn Grote deutlich. Ich kenne diese verschiedenen Entwürfe nicht, ich bekomme sie als Parlamentarier auch nicht geliefert und da muss ich als Parlamentarier feststellen, dass wir seit zwei Jahren in einer Situation sind, die nicht vorankommt, und da muss wohl jeder in diesem Saal zustimmen, dass das unakzeptabel ist. Zwei Jahre lang, zwei Winter müssen die maroden Gebäude in gewisser Weise gesichert werden, obwohl es viele Initiativen gibt. Dieser Zustand ist unakzeptabel und das muss die Bürokratie einmal lösen. Wenn die Bürokratie das nicht schafft, dann müssen wir als Parlament das in die Hand neh

(Jörg Hamann)

men, und ich möchte, dass wir jetzt diese Verträge in die Hand bekommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Da kann Herr Grote auch einmal deutlich darlegen, wie der Entwurf der GAL war und wie der Entwurf der SPD gegenwärtig ist.

(Andy Grote SPD: Es gab keinen Entwurf!)

Wenn es ihn nicht gab, dann können wir darüber wenigstens debattieren, anstatt hier eine Gespensterdiskussion zu führen, die ich selbst überhaupt nicht einschätzen kann. Damit tun Sie weder Hamburg einen Gefallen noch kommen wir insgesamt dadurch in irgendeiner Form weiter.

(Andy Grote SPD: Sie waren doch bei der Pressekonferenz im Gängeviertel heute Morgen!)

Ich war bei einigen Pressekonferenzen und habe vieles mitbekommen, aber es ist natürlich ein Unterschied, ob man etwas auf einer Pressekonferenz hört oder ob man bestimmte Sachen aus der Bürokratie, also aus den Behörden erfährt. Das sollte noch ein Unterschied sein. Ansonsten müsste ich von einer Pressekonferenz zur nächsten sausen, um Informationen zu bekommen; das geht nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt zu den Punkten, die dort einfach passiert sind. Diese Initiative war nicht nur in der Lage, einen Edelstein in dieser Stadt zu sichern, sondern sie ist auch in der Lage – mittlerweile seit zwei Jahren, nächstes Wochenende gibt es ein großes Fest – zu zeigen, wie man vitale Kultur in die Innenstadt bekommen kann, an eine Stelle, wo kaum jemand gedacht hat, dass dort überhaupt Kultur hinpassen könnte. Das alles geschieht übrigens ohne Subventionen, was hoffentlich auch ein Argument für die FDP ist. Das sollte uns doch dazu hinführen, dass wir zu dieser Genossenschaft, die das seit zwei Jahren organisiert und übrigens auch die Bauträgerschaft organisiert, großes Vertrauen haben können, weil sie bewiesen hat, dass sie in der Lage ist, so etwas durchzuführen, und das viel besser als viele Sachen, die wir staatlicherseits verordnet haben. Dementsprechend ist es doch auch vernünftig, denen das in die Hand zu geben, denn das ist nichts Einfaches, was sie dort machen. Alleine in dem Fabrikgebäude gibt es sechs verschiedene Initiativen, die auf verschiedensten Böden völlig unterschiedliche Sachen machen. Dafür braucht man Dutzende, wenn nicht Hunderte von Leuten, die das aktiv betreiben. Das haben die Initiativen und das hat diese Genossenschaft seit Jahren bewiesen und deshalb sollten sie von diesem Parlament auch das Vertrauen bekommen, dass sie die Richtigen sind, das weiterzuentwickeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich verlange, dass das in der nächsten Zeit organisiert wird. Wenn es nicht weiterkommt, dann brauchen wir umgehend die Verträge oder die Ansätze dafür in die Hand, damit es eine öffentliche Debatte in Hamburg darüber gibt und keine Debatte, bei der man gar nicht weiß, wo man steht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat nun Frau Senatorin Kisseler.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf mich zunächst einmal bei der Opposition bedanken, dass sie das Thema Gängeviertel aufgerufen hat, denn sie eröffnet damit dem Senat die Gelegenheit zu verdeutlichen, welche Anstrengungen der neue Senat unternommen hat, um dieses wichtige Projekt gemeinsam mit den Menschen im Gängeviertel zum Erfolg zu führen. Ich glaube, die Geschichte des Projekts kann in diesen Räumen als bekannt vorausgesetzt werden, noch dazu, wo der Abgeordnete Grote das gerade noch einmal in dankenswerter Deutlichkeit geschildert hat.

Ich möchte gerne auf den Verhandlungsstand eingehen, den der neue Senat vorgefunden hat, nachdem im Dezember 2010 die Gängeviertelinitiative einen Entwurf für eine Rahmenvereinbarung an die BSU übermittelt hat. Die Forderungen in diesem Entwurf gingen allerdings weit über die im gemeinsamen Diskussionsprozess verabredeten Konzepte und Verfahren hinaus und daher kam es auch nicht zu einer Senatsbeschlussfassung. Es lohnt sich schon, sich noch einmal die damaligen neuen Forderungen der Initiative ins Gedächtnis zu rufen.

Erstens: Selbstverwaltung der Gebäude insgesamt. Dies sollte auch die öffentlich geförderten Wohnungen betreffen und eine Verwaltung durch die STEG wurde abgelehnt.

Zweitens: die eigene Durchführung der Sanierung beziehungsweise deren Steuerung in Kooperation mit dem Sanierungsträger. Im Falle des Scheiterns des Projekts wollten der Verein respektive die Genossenschaft Gängeviertel eine entsprechende Entschädigung für die erbrachten Leistungen erhalten.

Drittens: Gängeviertel e.V. wollte nun die Zusage der Stadt, die Grundstücke und die Gebäude nach Abschluss der Sanierung für 99 Jahre in Erbbaupacht zu übernehmen, ohne dass Zusatzkosten gegenüber den tatsächlichen Sanierungskosten für die Initiative entstehen.

Der neue Senat hat dann in der Tat rasch reagiert. Beim ersten Besuch von Frau Senatorin Blankau im Frühjahr 2011 wurde auf Wunsch des Gänge

(Norbert Hackbusch)

viertel e.V. vereinbart, dass über einen Kooperationsvertrag – hier jetzt mehrfach erwähnt – mit der Stadt verhandelt wird, und ein erster Vertragsentwurf des Fachamts wurde dem Verein Mitte Mai 2011 zugeleitet und in mehreren Runden intensiv und eindeutig auf Augenhöhe verhandelt.

Der Senat hat dem Verein und der Genossenschaft sehr weitgehende Zugeständnisse und umfangreiche Mitwirkungsbefugnisse eingeräumt, von denen ich hier einige nennen möchte: Er hat für die grunderneuerten gewerblichen und soziokulturellen Flächen die Selbstverwaltung auf der Grundlage eines generalen Mietvertrags mit pauschalierten Mieten angeboten. Er hat darüber hinaus zugesagt, für die Nutzung der Wohngebäude bei Verwaltung der Objekte durch den Treuhandeigentümer der Stadt eine – ich betone – einvernehmliche Belegungsstrategie zu verfolgen, und hat dafür auch die Bildung einer gemeinsamen Belegungskommission angeboten. Schließlich ist der Senat auch weiter noch auf die Initiative zugegangen und hat der Genossenschaft das alleinige Recht eingeräumt, nach Abschluss der Sanierung mit der Stadt über einen Ankauf des Gesamtobjekts oder von Teilen des Objekts zu verhandeln.

In zwei Fragen besteht momentan noch keine Einigkeit, das ist in der Tat richtig, und zwar in der Frage der sofortigen Übergabe der sanierten Wohnungen in die Verwaltung der Genossenschaft und in der Beauftragung eines zusätzlichen versierten Architekten, der das Vertrauen der Initiative genießt.

Meine Damen und Herren! Selbstverständlich wollen wir auch über die verbliebenen Fragen mit der Initiative weiter intensive Gespräche führen, denn diese Häuser verdienen nach Jahren der Vernachlässigung mehr als eine Standardsanierung, damit die vielen historischen Details auch für zukünftige Generationen erhalten werden können.

(Beifall bei der SPD)

Allerdings sind der Möglichkeit zu weiteren Zugeständnissen des Senats dort Grenzen gesetzt, wo der Freien und Hansestadt Hamburg kein Gestaltungsspielraum verbleibt.

Die Sanierung der Gebäude ist zudem mit einer hohen städtischen Investition verbunden und umso wichtiger ist es, ganz klare Regelungen zu treffen, um die Flächen nicht für einen wie auch immer gearteten exklusiven Kreis, sondern für alle Bürger zu öffnen.

(Beifall bei der SPD)

Angesichts der guten Basis des bisher gemeinsam Erreichten und nicht zuletzt aufgrund der kulturellen und städtebaulichen Bedeutung des Projekts wollen wir die Einigung rasch auf den Weg bringen. Nach einem Beschluss über die förmliche Festlegung als Sanierungs- und Stadtumbaugebiet

könnte die Sanierung beginnen. Wir arbeiten intensiv an einer Einigung mit Verein und Genossenschaft und der Unterzeichnung des Kooperationsvertrags, der der Drucksache anliegt. 90 Prozent dieses Weges sind wir bereits gegangen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir die letzten 10 Prozent nicht auch noch schaffen. – Ich danke Ihnen.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt jetzt Herr Duge.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es war auffällig, dass es zwischen den Ausführungen von Herrn Grote und der Senatorin Divergenzen gab. Wenn Herr Grote wörtlich sagt, der Vertrag sei unterschriftsreif, dann frage ich mich, warum er dann nicht unterschrieben worden ist.

(Beifall bei der GAL und bei Dietrich Wersich CDU – Dirk Kienscherf SPD: Sie können doch nicht nur Sitzungsgeld kassieren und dann nicht zuhören!)

Die Frau Senatorin erzählt uns nun, dass es offenbar an einigen Punkten hakt; es ist ganz offensichtlich, dass man dort nicht weitergekommen ist.

Ich möchte auch noch ein Wort zu diesem ominösen Kooperationsvertrag sagen, den ich im Detail nicht kenne, von dem ich aber weiß, dass im Wesentlichen Punkte darin enthalten sind, die im integrierten Entwicklungskonzept zu unserer Zeit eigentlich schon vorgesehen waren und die Sie dann nur verschriftlicht haben. Das ist dann Ihre einzige Leistung gewesen;

(Dirk Kienscherf SPD: Bei Ihnen reicht schon eine Audiodatei!)

die Punkte, die noch unklar waren, haben Sie nicht weiterentwickelt.

Was die Eigentumsfrage angeht, war in wesentlichen Punkten bereits in der Zeit zuvor deutlich geworden, dass das in der Hand der Stadt bleibt und später dann gekauft werden kann; auch das war also eigentlich schon vorher gelaufen. Aber an den entscheidenden Stellen ist es nicht weitergegangen. Und ich sage noch einmal, es geht dabei nicht um Kleinigkeiten, die noch vereinbart werden müssen. Die Mitglieder der Initiative, die mit ihrer ganzen Kraft dieses Kleinod – und das haben wir ihnen zu verdanken – bewahrt haben, werden bei der Gestaltung praktisch ausgeschaltet; sie sollen dort später auch wohnen

(Karin Timmermann SPD: Das müssen sie nicht!)