Protokoll der Sitzung vom 28.09.2011

"Es gibt derzeit keinen Hinweis darauf, dass der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und die Bundeskanzlerin nicht zu ihren grundsätzlich positiven Äußerungen zu den Bedarfen bei der Sicherung der Seehafen-Hinterlandanbindungen stehen würden."

(Beifall bei der CDU)

Eigentlich hätte ich, liebe Frau Koeppen, Ihre Schriftliche Kleine Anfrage gar nicht vorlesen müs

(Martina Koeppen)

sen, denn auch Staatsrat Rieckhof hat – ich glaube sogar, auf Ihre Nachfrage hin – in der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses Verständnis dafür gezeigt, dass der Bund endlich darauf schaut, welche Infrastrukturprojekte tatsächlich durchfinanziert auch umgesetzt werden können, und dass es eigentlich zur Klarheit und Wahrheit dazugehört, dass Infrastrukturprojekte nur dann in den Rahmenplan geschrieben werden, wenn sie auch umgesetzt werden können. Es war Ihr Verkehrsminister Tiefensee, der diesen Plan aufgebläht und Projekte hineingeschrieben hat, die nicht durchfinanziert waren. Unser derzeitiger Verkehrsminister bringt es auf das zurück, was es ist, wenn er sagt: Erst einmal wird das umgesetzt, was geplant ist, und irgendwelche Wolkenkuckucksheime gibt es nicht, erst müssen die Länder ihre Hausaufgaben machen. Das hat Staatsrat Rieckhof im letzten Verkehrsausschuss zugesagt und das erwarten wir vom Senat auch, so steht es im Antrag der CDU-Fraktion und so sollte es auch geschehen.

(Beifall bei der CDU)

Die CDU fordert in ihrem Zusatzantrag genau das, was Sie, Frau Koeppen, zu Beginn Ihrer Rede mit dem Wunsch nach einem parteiübergreifenden Zeichen nach Berlin artikuliert haben. Wir fordern, sich weiterhin gemeinsam mit den norddeutschen Bundesländern beim Bund für die Realisierung der in der Ahrensburger Liste festgeschriebenen Verkehrsprojekte einzusetzen.

(Glocke)

Herr Hesse, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Sudmann?

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Danke, Herr Hesse. Können Sie mir erklären, wo der Unterschied zwischen Ihrem Petitum und dem Antrag der SPD ist?

Das ist sehr einfach, Frau Sudmann. Wir fordern ganz klar, dass der Bund und die norddeutschen Länder sich weiter gemeinsam für die großen Infrastrukturprojekte am Standort Hamburg einsetzen, sehen aber keine Projekte in irgendeiner Form in Gefahr. Es ist ein Unterschied, ob man Projekte in Frage stellt oder wie wir sagt, dass es keine Infragestellung gibt, weil die bisher geplanten Projekte für den Wirtschafts- und Logistikstandort einfach notwendig sind. Die SPD und Frau Koeppen mit ihrem Redebeitrag stellen diese Projekte infrage.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN und der GAL, stellen Sie diese wichtigen Infra

strukturprojekte, auf die wir uns eigentlich – zumindest mit den Grünen – schon geeinigt hatten, nicht infrage. Das schadet dem Wirtschaftsstandort Hamburg und schwächt uns in der Argumentation mit dem Bund.

Liebe SPD-Fraktion, bitte machen Sie nicht den Fehler, sich von diesem wichtigen, parteiübergreifenden Konsens, den wir brauchen, zu verabschieden. Hören Sie auf mit dem parteipolitischen KleinKlein, das schadet unseren Bestrebungen. Ich kann Ihnen nur sagen: Die CDU-Fraktion ist an der Seite von Wirtschafts- und Verkehrssenator Horch,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sehr gut!)

wenn es darum geht, in Berlin für diese Projekte zu werben und zu kämpfen; das war die CDU, das ist die CDU und das wird die CDU auch immer sein. Lassen Sie uns das gemeinschaftlich machen anstatt hier im parteipolitischen Klein-Klein diese Projekte zu diskutieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Steffen, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Landläufig funktioniert die unterstützende Finanzierung von Verkehrsmaßnahmen durch den Bund so: Die einen bestellen und die anderen sollen bezahlen. Politikerinnen und Politiker aller Regionen bestellen, was sie gern hätten an Autobahnen, Bundesstraßen, Ortsumgehungen und neuen Bahnhöfen. Natürlich muss jeder von ihnen mit Erfolgen in seinen Wahlkreis zurückkommen und so werden ihre Wünsche auf die Liste des Bundes gesetzt. Ob das finanzierbar ist oder nicht, steht in den Sternen, das heißt, es wird virtuelle Politik gemacht.

(Dr. Andreas Dressel SPD: So wie Schwarz- Grün!)

Stattdessen müsste man sich auf die Maßnahmen konzentrieren, die tatsächlich finanzierbar sind. Es zeichnet sich ab, dass der Bund jetzt eine solche Korrektur vornimmt und die Liste der durchzuführenden Maßnahmen den Möglichkeiten anpasst und deswegen wesentlich weniger Maßnahmen überhaupt finanzierbar sein werden.

Jetzt stellt sich die Frage, wie wir Politikerinnen und Politiker aus Hamburg und unserer Region darauf intelligent reagieren. Ist es am klügsten, unsere persönliche Liste besonders weit aufzublähen, oder wäre es nicht klüger und würde es unsere Argumentation nicht etwas überzeugender machen, wenn wir uns auf die Projekte konzentrieren, die besonders dringlich sind? Das ist die Frage, von der unser Zusatzantrag getragen ist, und da sagen wir: Zentral sind die Umsetzung der weit vorangeschrittenen Planungen für den A7-Deckel

(Klaus-Peter Hesse)

und den Ausbau der A 7 – wir sind überzeugt, dass das sehr viel Gewinn für die Stadt bringen wird – und die weiteren Ausbauschritte des Bahnknotens Hamburg, damit das Nadelöhr direkt am Ausgang des Hamburger Hafens für den Schienenverkehr geweitet wird. Über andere Projekte, wie die Hafenquerspange und die Y-Trasse, muss man sehr genau nachdenken, weil bei ihnen der Nutzen nicht hinreichend klar ist. Bei der Y-Trasse ist das besonders deutlich, denn das eigentliche Nadelöhr ist der Harburger Bahnhof und die Y-Trasse soll weit südlich von ihm ansetzen und auch weit nördlich vom nächsten Nadelöhr, dem Hannoveraner Bahnhof, enden. Für die Hinterlandanbindung des Hamburger Hafens bringt das Projekt Y-Trasse also relativ wenig, und deswegen kann man verstehen, dass der Bund ein Fragezeichen setzt. Wir sollten erst einmal in der Lage sein, das vernünftig auszuräumen.

(Beifall bei der GAL)

Was heißt das für unsere Hamburger Verkehrspolitik? Wenn wir wirklich an der Frage arbeiten wollen, wie wir den Hamburger Hafen funktionsfähig erhalten können, dann müssen wir uns auf das Machbare konzentrieren. Wir dürfen unsere Planungen nicht auf Projekten aufbauen, die der Bund trotz allem Strampeln, das wir in der Region aufbringen können, in den nächsten Jahren nicht finanzieren wird. Wir brauchen eine Abdeckung der prognostizierten Steigerung im Containerumschlag, lange bevor die Hafenquerspange vielleicht irgendwann einmal kommt. Die prognostizierte Steigerung wird noch verstärkt werden, wenn die Elbvertiefung kommt und es uns tatsächlich gelingen sollte, die ganz großen Schiffe nach Hamburg zu holen.

Wir müssen das Machbare deswegen nach vorne stellen. Dabei spielt die Ertüchtigung der Haupthafenroute eine große Rolle, eine intelligente Verkehrslenkung, wie sie jetzt auch angegangen wurde, ist ein richtiger Schritt. Wir müssen hoffen, dass uns die Aufhebung des Freihafens hilft, und wir müssen darüber nachdenken, wie wir alternativ eine bessere Anbindung des Hamburger Hafens insbesondere für den Bahnverkehr finanzieren können. Dabei sollten wir auch einmal auf andere Länder schauen und nicht nur auf den Bund, dass er uns irgendwann bedienen möge. Ich glaube, wir müssen mit der Hafenwirtschaft ins Gespräch kommen

(Dr. Andreas Dressel SPD: Gespräche mit der Hafenwirtschaft sind ja Spezialität der GAL! Das habt ihr ja schon in der letzten Wahlperiode super hingekriegt!)

und gucken, welche Finanzierungen möglich sind, um eine bessere Anbindung des Hamburger Hafens sicherzustellen.

(Beifall bei der GAL)

Herr Dr. Schinnenburg, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Koeppen, musste das denn wirklich sein? Mussten Sie sich und uns das wirklich antun, diesen Antrag zu stellen und ihn dann nicht spätestes vor einer Woche zurückzunehmen? Herr Hesse hat schon zu Recht darauf hingewiesen: Allerspätestens bei der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses muss doch auch Ihnen klar geworden sein – Ihr eigener Staatsrat hat Ihnen dort mitgeteilt, dass da nichts dran ist und keine Gefahr besteht –, diesen Antrag zurückziehen zu müssen, wenn man sich als Regierungsfraktion nicht lächerlich machen will.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Aber auch aus anderen Gründen ist dieser Antrag der peinlichste, den wir bisher in dieser Wahlperiode hatten. Das fängt schon damit an, wie er eingeleitet wird.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen – Andy Grote SPD: Keine Gefahr!)

Sie haben vor zwei Wochen gezielt das Gerücht gestreut – wie wir wissen, unberechtigt –, es gäbe eine Gefahr. Daraufhin berichtet die Presse darüber und dann nehmen Sie diese Berichte als Rechtfertigung dafür, dass es Probleme gibt. Sie haben versucht, auf ganz billige Art und Weise ein Thema herbeizuschaffen, und dann war es auch noch falsch. Das ist peinlich.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Hesse hat die Drucksache und auch Staatsrat Rieckhof schon zitiert. Das einzige Problem ist die Y-Trasse, die ist planungsrechtlich einfach noch nicht so weit. Das ist der Grund, warum sie nicht im Investitionsrahmenplan steht und so schnell auch nicht aufgenommen wird. Es gibt planungsrechtliche Nachlässigkeiten, nicht unbedingt auf Ihrer Seite, aber es gibt sie halt.

Ein weiterer Grund, warum dieser Antrag unglaublich peinlich ist: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Dieser Senat hat hinsichtlich der Verkehrspolitik im letzten halben Jahr komplett versagt. Es gibt kein Busbeschleunigungskonzept, keinen Radwegeplan, kein Verkehrskonzept für den Hamburger Süden und nicht einmal Interesse dafür, wo Staus sind. Und der Senator kann noch nicht einmal sagen, wann diese Konzepte vorliegen werden. Sie haben versagt, bei Ihrem Senat besteht die Gefahr, dass wichtige Projekte nicht umgesetzt werden, und nicht beim Bund.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dazu kommt noch die Verkehrsausschusssitzung in der vergangenen Woche; das haben Sie vielleicht schon vergessen. Die Abgeordneten waren

(Dr. Till Steffen)

da, viele Behördenmitarbeiter waren da, und wer war nicht da? Der Senator und sein Staatsrat. Der Staatsrat mit der Begründung, er hätte nicht gewusst, dass die Sitzung um 17 Uhr beginne. Er hatte mit 17.30 Uhr gerechnet und kam um 17.20.

(Robert Heinemann CDU: Ist ja auch ganz neu in Hamburg, wann die Sitzungen anfan- gen!)

Die Sitzungen fangen seit vielen Jahren, außer beim Eingabenausschuss, immer um 17 Uhr an, das müsste sich auch zum Staatsrat herumgesprochen haben. Beim Senator ist es noch schlimmer. Er hat ausrichten lassen, er könne nicht kommen, da er zum Aufsichtsrat der Hamburg Marketing GmbH müsse. Offensichtlich ist ihm ein Aufsichtsrat wichtiger, als dem Verkehrsausschuss des Parlaments Rede und Antwort zu stehen und endlich einmal etwas zum Verkehrskonzept für den Hamburger Süden – das stand auf der Tagesordnung – zu sagen. Er ist nicht gekommen. Das ist eine Brüskierung des Parlaments. Er hatte offenbar nichts zu sagen. Wer so eine Verkehrspolitik macht, sollte nicht mit Fingern auf andere Leute zeigen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Eigentlich lohnt es nicht, sich mit diesem Pamphlet überhaupt auseinanderzusetzen, aber im Interesse der Sache haben wir das trotzdem getan. Wir als FDP-Fraktion sind der Meinung, dass der Antrag der CDU der bessere ist, weil er die Ahrensburger Liste erwähnt und damit deutlich macht, worum es eigentlich geht. Wir werden deshalb dem Antrag der CDU zustimmen. Wenn dieser Antrag abgelehnt werden sollte, würden wir auch dem Petitum der SPD zustimmen, weil in ihm inhaltlich nichts Falsches steht.

Ein Wort noch zur GAL und zur LINKEN. Spätestens mit Ihren Zusatzanträgen zeigen Sie, dass Sie – wenigstens im Verkehrsbereich – nicht regierungsfähig sind. Wer alle Projekte, die Hamburg und Norddeutschland dringend brauchen, infrage stellen und ablehnen will, der ist eine große Gefahr für den Hamburger Hafen und Norddeutschland insgesamt.