Die Verkehrsdienstleistungen stehen derzeit tatsächlich nicht im Gesetz, deswegen fordern wir sie auch ein. Unter Punkt 2 fordern Sie, Regelungen aus anderen Bundesländern als Mindeststandards zu übernehmen. Ich wüsste gern, welche Standards Sie übernehmen wollen, das haben Sie nicht gesagt. Insofern muss man diesen Punkt in jedem Fall ablehnen. Weiterhin wollen Sie, dass das Ganze durch eine Sonderkommission begutachtet und geprüft wird, ob alle Regelungen eingehalten werden. Diese Sonderkommission besteht in der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. Warum wir noch ein zusätzliches Gesetz brauchen und eine zusätzliche Kommission, ist mir nicht ganz klar. Es gibt auch kraft Gesetz die Vergabekammern, deren Zuständigkeiten geregelt sind. Die Vergabekammern haben gerichtsähnlichen Charakter, sind allerdings keine Strafgerichte und dürfen keine Sanktionen verhängen. Wir werden den Antrag der Fraktion DIE LINKE ablehnen.
Wir als SPD-Bürgerschaftsfraktion setzen uns mit unserem Antrag weiterhin vehement für den Mittelstand ein und gleichzeitig für faire Arbeitslöhne und vernünftige Arbeitsbedingungen. – Danke.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir lehnen den SPD-Antrag ab, wir lehnen den Antrag der LINKEN ab und werben um Zustimmung für den CDU-Antrag.
Evaluation der erhöhten Wertgrenzen: Welche Situation hatten wir Ende 2008/2009? Wir steckten in einer weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise. Der CDU-geführte Senat beschloss, parallel zum Bundesprogramm ein Hamburger Konjunkturprogramm aufzulegen. Ziel war es, die Unternehmen in Hamburg zu stärken und den Arbeitsplatzabbau zu verhindern. Das ergab viel Zustimmung aus der Wirtschaft. Eine der vielen Maßnahmen war die Erhöhung der Wertgrenzen im Baubereich für beschränkte Ausschreibungen von 250 000 Euro auf 1 Million Euro. Bei freihändiger Vergabe bis 100 000 Euro entfällt die Begründungspflicht. Die Wirkung war eine deutliche Ankurbelung der Bauwirtschaft, eine Vereinfachung und Beschleunigung der Vergabeverfahren für öffentliche und private Unternehmen und für Behörden. Der Erfolg: Die Auswirkungen der Finanzkrise konnten abgemildert werden. Die Prognos-Studie hat das bestätigt, ebenso die Handwerkskammer in einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss. Rund 70 Prozent der Aufträge über 150 000 Euro gingen an Unternehmen mit Sitz im Hamburger Stadtgebiet. Das war ein großer Erfolg. Bei der Verlängerung der Maßnahmen bis 2012 hatten wir damals schon eine Evaluation dieses Programms gefordert. Diese Forderung wiederholen wir mit unserem Antrag und denken, dass die Fortschreibung der erhöhten Wertgrenzen von Erfolg sein kann.
Tariftreue und Mindestlohn: Aktuell gibt es eine europarechtskonforme Regelung zur tariftreuen Bezahlung der Mitarbeiter von Unternehmen, die sich in Hamburg um öffentliche Aufträge bewerben. Es gilt, dass die Bieter verpflichtet sind, die allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge einzuhalten und ihre Mitarbeiter entsprechend zu entlohnen. Die alte Regelung zur Tariftreue war europarechtswidrig und hatte eine Anpassung des Landesvergabegesetzes notwendig gemacht. Der CDU-geführte Senat hat damals sehr genau geprüft, wie eine neue Regelung aussehen kann, um auch weiterhin den Zweck der Tariftreue in Hamburg zu erfüllen, nämlich den Schutz gleicher Wettbewerbsbedingungen von Marktteilnehmern mit Kontrollen und Sanktionen. Die jetzige Regelung entspricht genau dem Rechtsrahmen, der uns zur Verfügung steht. Abgestimmt wurde sie mit den Kammern, den Verbänden und mit den Gewerkschaften. Sie entspricht zudem den Regelungen in
Niedersachsen und Schleswig-Holstein, sodass wir gleiche Bedingungen in der Metropolregion haben. Eine Neuregelung birgt die Gefahr, gegen Europarecht erneut zu verstoßen. Besteht hier wirklich Handlungsbedarf? Mögliche Verwerfungen im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit muss man prüfen, aber den Wettbewerb um Mindestlöhne, wie ihn DIE LINKE jetzt gerade mit den 10 Euro eingebracht hat, lehnen wir ab. Wir wollen eine Auswertung, ob die Vorgaben der Tariftreueregelung in Paragraph 3 bei allen Vergaben in der Freien und Hansestadt sichergestellt sind, und den Vergleich der Regelung mit anderen Bundesländern.
Nächster Punkt, die 80-Prozent-Ausnahmeregelung für öffentliche Unternehmen, die Bindung der öffentlichen Unternehmen an das Vergabegesetz: Eine Untersuchung 2007 ergab, dass 26 von 31 öffentlichen Unternehmen ihre Satzung bereits an die Regelungen des Paragraphen 2, Hamburgisches Vergabegesetz angepasst haben. Vier weitere Unternehmen gaben damals an, die Änderungen vornehmen zu wollen, und fünf von 31 Unternehmen nahmen in Anspruch, unter die Ausnahmeregelung des Paragraphen 2, Absatz 2 Hamburgisches Vergabegesetz zu fallen. Das waren die SAGA Siedlungs-AG, die GWG Gesellschaft für Wohnen und Bauen mbH, die Hamburg Messe & Congress GmbH, die Flughafen Hamburg GmbH mit ihren Tochtergesellschaften und die SPRIAG. Eine aktuelle Darstellung, welche Unternehmen heute unter die Ausnahmeregelungen fallen, halten wir als CDU für sachgerecht, genauso wie eine Überprüfung, ob diese Regelung mittelstandsfreundlich ist.
Darum unser CDU-Petitum. Wir wünschen eine Darlegung, bei welchen Unternehmen die Ausnahmeregelungen zur Anwendung kommen und ob sie mittelstandsfreundlich sind.
Nächster Punkt, Fach- und Teillose als Mittelstandsförderung: Nach Paragraph 4 des Vergabegesetzes sind Auftraggeber dazu verpflichtet, kleine und mittlere Unternehmen bei beschränkten Ausschreibungen und freihändigen Vergaben in angemessenem Umfang zur Angebotsangabe aufzufordern. Das Vergabeverfahren ist soweit möglich so zu wählen und so zu gestalten, dass kleine und mittlere Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen und beim Zuschlag berücksichtigt werden können. Es beklagen sich aber viele mittelständische Unternehmen über die oft wenig mittelstandsgerechte Ausgestaltung der Auftragsvergabe. Aus diesem Grund soll zugunsten von kleinen und mittelständischen Unternehmen im Regelfall eine Vergabe mit Losbildung stattfinden und nur in Ausnahmefällen eine Losbildung entfallen. Eine Aufteilung in Lose ermöglicht es auch kleineren Unternehmen, an Vergabeverfahren teilzunehmen und den
Zuschlag zu erhalten. Darum unser Antrag, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge konsequent darauf zu achten, dass Aufträge in Fach- und Teillosen vergeben werden. Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich verstehe gar nicht, warum dies nicht die wichtigste Debatte heute ist.
Auch unsere Fraktion meint, dass Vergabepolitik ein wichtiges Instrument zur Wahrung mittelständischer Interessen und zur Durchsetzung von sozialen Standards ist. Beides müssen wir im Auge behalten, wenn wir die von der SPD angestrebte Evaluation durchführen. Das Entscheidende ist, wir dürfen diese Punkte nicht gegeneinander ausspielen. Ich kann auch verstehen, dass die Forderung nach einem Mindestlohn von 10 Euro auf Ablehnung stößt. Wir würden uns aber natürlich freuen, wenn diese Seite des Hauses sich auch einmal den Themen Tariftreue und Mindestlohn weiter öffnen würde, denn ein Mindestlohn ist in Deutschland und auch in Hamburg überfällig.
Sie haben schon herausgehört, dass meine Fraktion den Antrag der SPD unterstützt. Ich möchte an dieser Stelle auch den Antrag der LINKEN loben, nicht bezüglich der Höhe des Mindestlohnes, aber dafür, dass Vergabepolitik ein wichtiges politisches Steuerungsinstrument ist. Sie ist ein wichtiges Instrument, um ökologische Standards durchzusetzen, soziale Standards durchzusetzen, fairen Handel anzutreiben, Innovationspolitik zu machen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern. Aber auch hier gilt, dass wir eine Evaluation brauchen, und deswegen erneut Zustimmung zum Antrag.
Die Aufteilung der Aufträge in Fach- und Teillose als Teil des Konjunkturprogramms II war eine wichtige Maßnahme zur Unterstützung von kleinen und mittelständischen Betrieben. Wir wollen das gern beibehalten. Insofern haben Sie auch hier unsere Zustimmung. Die Wertgrenzen für die freihändige Vergabe bei Ausschreibungen waren als temporäre Ausnahme geplant, und deswegen müssen wir nach der Evaluation darüber reden, ob sie weiter beibehalten werden. Wir sind skeptisch, ob diese Regelung dauerhaft sein soll. Die Lose dauerhaft zu etablieren, finden wir jedoch gut. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Rugbarth hat in ihrer Einführung gesagt, der CDUAntrag würde den SPD-Antrag verschlimmern. Das ist interessant, weil schlimmer ist bekanntlich die Steigerung von schlimm. Das heißt im Umkehrschluss, der SPD-Antrag ist schlimm. Das möchte ich so nicht stehen lassen, ich finde den Antrag gar nicht so schlimm.
Ich möchte vielmehr mit einem Lob beginnen, denn mit dem vorliegenden Antrag richtet die SPD-Fraktion ihren Blick in der Tat erneut auf die kleinen und mittelständischen Unternehmen in unserer Stadt. Das finden wir gut, denn so gibt es eine spürbare, wohltuende Verschiebung wirtschaftspolitischer Schwerpunkte im Vergleich zur Politik des Vorgängersenats. Soviel zum Lob.
Bei allen anderen Punkten, die nach der Überschrift folgen, bin ich mir nicht sicher, ob ich mich freuen oder ärgern soll. Zustimmung von der FDPFraktion gibt es zu der Forderung nach kleineren Teillosen bei öffentlichen Ausschreibungen im Vergabeverfahren. Das ist ein wichtiges Thema. Die FDP fordert seit Langem, dass Ausschreibungen mittelstandsfreundlicher werden. Die Aufteilung von Losen ist ein wichtiger und vielleicht entscheidender Schritt in diese Richtung.
Gerade für kleine, familiengeführte Handwerksbetriebe – davon gibt es immer noch sehr viele – ist es häufig zu riskant und betriebswirtschaftlich kaum kalkulierbar, wenn bei Ausschreibungen auf Aufträge in Millionenhöhe geboten werden muss.
Zustimmung gibt es von uns auch für Punkt 3 des Petitums, mit dem Sie, wenn auch ungewollt, transparenter machen wollen, welche öffentlichen Unternehmen sich massiv im Wettbewerb mit der privaten Wirtschaft befinden. Unsere Meinung ist, dass, wo die private Wirtschaft Aufgaben lösen kann, keine Staatswirtschaft gebraucht wird. Diesen Gedanken finden wir in Ihrem Antrag wieder, und daher werden wir diesen Punkt unterstützen.
Aber, liebe Kollegen von der SPD, nehmen Sie Abstand von der Vorstellung, alle gesellschaftspolitischen Probleme dieser Stadt im Rahmen von öffentlichen Vergabeverfahren oder Vergabeentscheidungen lösen zu wollen. Wir haben einen gänzlich anderen Standpunkt. Wir sind der Meinung, dass der Gedanke der Wirtschaftlichkeit bei
Angeboten im Rahmen von Vergabeverfahren und Vergabeentscheidungen wieder in den Mittelpunkt gerückt werden sollte.
Hinzu kommt – Herr Stemmann hat das Problem erwähnt –, dass Sie sich mit Ihrem Antrag nach unserer Auffassung europarechtlich auf einem sehr dünnen Eis bewegen. Das Rüffert-Urteil des Europäischen Gerichtshof besagt, dass Tariftreue bei öffentlichen Ausschreibungen nur in den Branchen verlangt werden kann, in denen auch Tarife vereinbart wurden, nicht in beliebig vielen anderen Branchen, nicht bei beliebig vielen anderen Unternehmen, die gar nicht an diese Tarife gebunden sind.
Ein weiteres Ärgernis an Ihrem Antrag möchte ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen. Sie finden es in der Antragsbegründung. Was haben SPD, DIE LINKE und Gewerkschaften nicht gegen die neue Arbeitnehmerfreizügigkeit getrommelt, wie sie seit dem 1. Mai dieses Jahres in Europa gilt, gegen die angeblichen Dumpinglohn-Arbeiter aus Osteuropa. Es wurden Arbeitnehmer verunsichert, es wurden Ressentiments geschürt, es wurde Stimmung gemacht. Doch wie sieht die Realität aus? Es ist völlig anders gekommen. Die Osteuropäer, angeblich schon vor unseren Toren wartend, blieben lieber zu Hause und suchten dort ihr berufliches Glück. Die Realität in Deutschland und auch in Hamburg ist, dass wir unter Fachkräftemangel leiden.
(unterbre- chend) : Dürfte ich das Parlament bitten, etwas leiser zu sein und dem Abgeordneten zuzuhören? Wenn Sie sich unterhalten wollen, gehen Sie doch bitte hinaus.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich werde die Abgeordneten nicht weiter strapazieren, sondern komme zum Ende. Tun Sie uns den Gefallen und ersparen Sie uns zukünftig das Märchen von der massenhaften Zuwanderung billiger Arbeitskräfte aus Europa. Wenn ich im Resümee das Für und Wider des Antrags zusammenzähle, Frau Rugbarth, dann ist nicht alles schlecht an Ihrem Antrag. Aus diesem Grund wird die FDP den Punkten 1 bis 3 nicht zustimmen, dem restlichen Antrag aber schon. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Der Schock saß tief. 2008 kassierte der Europäische Gerichtshof die Tariftreueregelung des Landes Niedersachsen. Die Bundesländer konnten damit die Vergabe öffentlicher Aufträge nicht mehr von der Anwendung bestimmter Tarifverträge abhängig machen, Lohndumping drohte. Doch drei Jahre nach dem sogenannten Rüffert-Urteil haben einige Länder auf das Urteil reagiert und machen ihre Gesetze endlich europatauglich.
Die europakonformen Novellen sehen Folgendes vor: Fällt eine Branche unter das Entsendegesetz, muss das Unternehmen mindestens den branchenspezifischen Mindestlohn zahlen. In den meisten Bundesländern wird für den Verkehrssektor eine umfassende Tariftreueerklärung verlangt, die sich in der Regel auf den repräsentativen Tarifvertrag bezieht. Dabei handelt es sich um den Vertrag, den die Mehrzahl der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber anwendet. Das ist möglich, denn das Rüffert-Urteil gilt nicht für den Verkehrssektor. Einige Länder verlangen zudem einen vergabespezifischen Mindestlohn. Der Auftragnehmer oder die Auftragnehmerin muss jedoch die Branchentariflöhne zahlen, wenn sie höher als der Mindestlohn sind.
Sehr geehrte Herren und Damen! Der wirksamste Beitrag gegen wirtschaftliche Krisen ist ein starker Binnenmarkt und dazu gehören gute Löhne und Gehälter.