Sehr geehrte Herren und Damen! Der wirksamste Beitrag gegen wirtschaftliche Krisen ist ein starker Binnenmarkt und dazu gehören gute Löhne und Gehälter.
Dies wird am ehesten durch Mindestlöhne und Einhaltung tarifvertraglicher Bestimmungen gesichert. Das ist aber nur die eine Wahrheit, denn die Höhe eines Mindestlohnes und die Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse sind mitentscheidend für die Wirksamkeit eines Vergabegesetzes. Wir finden, dass Arbeit ein Einkommen erbringen muss, von dem sich leben lässt.
Daher ist ein Mindestlohn von 10 Euro anzusetzen, wenn öffentliche Aufträge vergeben werden. Es kann sowohl den Betroffenen wie auch den Steuerzahlern und Steuerzahlerinnen nicht zugemutet werden, dass die Stadt Aufträge an Betriebe vergibt, in denen Beschäftigte arbeiten, die außerdem auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Daher ist es wichtig, dass der Mindestlohn nicht so gering ist, dass Arbeit arm macht.
Wir sehen es zudem als dringend geboten an, Umwelt- und Sozialstandards wie auch gleichstellungspolitische Aspekte als Vergabekriterien aufzunehmen, wie in unserem Antrag formuliert. Wettbewerb darf weder auf Kosten der Arbeits- und Le
bensbedingungen von Beschäftigten noch zulasten der beruflich nach wie vor benachteiligten Frauen oder auf Kosten von Natur und Umwelt geführt werden. Wir benötigen zudem eine Kontrollinstanz, die die Einhaltung dieser Vergabekriterien überprüft, und damit dies kein zahnloser Tiger ist, braucht es auch Sanktionsmechanismen. Diese beiden Instrumente sichern im Übrigen auch die wirtschaftliche Transparenz unter den Unternehmen, die Aufträge von der Freien und Hansestadt Hamburg erhalten.
Wir finden zudem, dass es nicht ausreicht, nur zu prüfen, und daher haben wir diesen Antrag gestellt. Ich hätte von der SPD-Bürgerschaftsfraktion wirklich erwartet, dass sie jetzt weiter vorangeht. Dass dem Ganzen eine Prüfung vorausgehen muss, ergibt sich von selbst, aber dabei darf es doch nicht bleiben, verehrte Kollegen und Kolleginnen der SPD-Fraktion.
Dringend erforderlich ist ein erneuertes Vergabegesetz mit den von uns genannten Kriterien. Ich will nur als Beispiel nennen, dass im aktuellen Vergabegesetz der Begriff Mindestentgelte steht. Darunter ist alles Mögliche zu verstehen, aber kein Mindestlohn. Er legitimiert Entlohnung im Niedriglohnbereich und Lohndumping. Sehen Sie unseren Antrag daher als qualitative Erweiterung an. Da es einige Länder bereits vorgemacht haben, muss der Senat auch nicht so viel neu erfinden, dass er dazu Unmengen an Zeit braucht. Unser Antrag ist daher auch von der zeitlichen Abfolge her realisierbar.
Das Selbstlob, das im Eingangstext des erst gestern eingereichten CDU-Antrags steht, hat mich nicht überzeugt. Dass die CDU-Opposition zudem davon spricht, es habe sich damals nur um einen CDU-Senat gehandelt, ist auch noch unkorrekt. Der Antrag ist aber auch inhaltlich unzureichend und wird daher von uns abgelehnt. Einer Überweisung an den Ausschuss würden wir aber selbstverständlich zustimmen und wir bitten Sie ganz herzlich, unseren Antrag anzunehmen.
Vielen Dank. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor und wir kommen damit zur Abstimmung. Zunächst zum Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 20/1680.
Wer möchte diesem seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist auch abgelehnt worden.
Schließlich zum SPD-Antrag aus der Drucksache 20/1587. Die FDP-Fraktion hat hierzu eine ziffernweise Abstimmung beantragt.
Zunächst zu den Ziffern 1 und 2 des SPD-Antrags. Wer möchte diese annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist beschlossen worden.
Wer möchte sich den Ziffern 3 bis 6 anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das auch beschlossen.
Wir kommen damit zum Tagesordnungspunkt 29, Drucksache 20/1586, Antrag der SPD-Fraktion: Kahlschlag der Bundesregierung in der Arbeitsmarktpolitik verhindern.
[Antrag der SPD-Fraktion: Kahlschlag der Bundesregierung in der Arbeitsmarktpolitik verhindern – Drs 20/1586 –]
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Kahlschlag der Bundesregierung in der Arbeitsmarktpolitik verhindern – Drs 20/1679 –]
Entschuldigen Sie, Herr Schwieger. Das Präsidium ärgert sich zunehmend über die interfraktionelle Initiative, wie stören wir den Redner. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, Ihre Gespräche außerhalb des Plenarsaals zu führen. – Herr Schwieger, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst die gute Nachricht: Heute ist die Arbeitsmarktstatistik veröffentlicht worden. Im September haben 4971 Hamburgerinnen und Hamburger einen neuen Arbeitsplatz gefunden oder bereiten sich in Arbeitsgelegenheiten auf den ersten Arbeitsmarkt vor.
Die Arbeitslosenquote sinkt erneut auf nun 7,4 Prozent. Das ist gut für Hamburg und gut für die Menschen.
zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt mit den Stimmen der schwarz-gelben Regierungskoalition beschlossen. Mit unserem Antrag machen wir unmissverständlich deutlich, was wir davon halten: Es ist ein Kahlschlag in der Arbeitsmarktpolitik. Das Gesetz ist schlecht für die arbeitslosen Menschen in Deutschland und es macht uns in Hamburg die Aufgabe schwerer, die gute Lage am Arbeitsmarkt richtig zu nutzen, um Menschen in Arbeit und Ausbildung zu bringen.
In der Debatte im Bundestag hat Arbeitsministerin von der Leyen gesagt, weniger Arbeitslose bräuchten auch weniger Geld und deshalb könne da ruhig gespart werden. Aber was da jetzt passiert, ist kein Sparen. Was da passiert, ist ein Aufs-Spiel-Setzen unserer Zukunftsfähigkeit. Denn was sind die Herausforderungen in der Arbeitsmarktpolitik? Ich habe es in der letzten Debatte gesagt und kann es nur immer wieder sagen. Es sind sowohl der demografische Wandel als auch der Fachkräftebedarf; langsam müsste es jeder wissen. Aber das Gesetz, das dort verabschiedet worden ist, wird diesen Herausforderungen in keiner Weise gerecht. Es ist nicht an arbeitsmarktpolitischen Notwendigkeiten ausgerichtet, sondern gehorcht einzig und allein einer reinen Sparlogik. Ich nenne nur ein Beispiel. Der Gründungszuschuss, ein sehr erfolgreiches Instrument, wird auch deshalb von einer Pflicht- in eine Ermessensleistung umgewandelt, weil dort sehr viel Geld zu holen ist. Bis 2015 wären es über 5 Milliarden Euro, die für Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit heraus gestrichen werden. Das ist der Kern unserer Kritik. Die Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente ist ein reiner Etikettenschwindel.
Die Haushaltssanierung bei Schwarz-Gelb geht zulasten der arbeitslosen Menschen, weil die Mittel für Weiterbildung und Qualifizierung fehlen werden. Dabei müssen wir gerade jetzt den Rückenwind vom Arbeitsmarkt nutzen. Gerade jetzt müssen wir in die Menschen investieren, sie fit für den Arbeitsmarkt machen und ihnen damit den Einstieg erleichtern. Durch diese massiven Kürzungen laufen wir Gefahr, diese Chance zu verpassen. Wen wir jetzt nicht in Ausbildung und Arbeit bekommen, wem wir jetzt keine passgenaue Qualifizierung und keine Integrationsangebote machen können, der wird es später umso schwerer haben, wenn sich die Dynamik auf dem Arbeitsmarkt wieder abschwächt.
CDU und FDP machen im Bund eine reine Schönwetterpolitik. Wenn sich der Regen verzieht, schmeißen sie den Schirm weg und denken nicht an den Herbst, denn die Sonne scheint gerade so schön. Frau von der Leyen sonnt sich in den guten Arbeitsmarktzahlen, aber verantwortliche Politik sieht anders aus.
Für die Arbeitsmarktpolitik heißt das, in guten Zeiten die Chancen zu nutzen. In Hamburg machen wir das. Wir haben ein Arbeitsmarktprogramm vorgelegt, das genau diese Möglichkeiten nutzt, die der Arbeitsmarkt jetzt bietet, und wir haben früh deutlich gemacht, dass wir den Gesetzentwurf von Schwarz-Gelb für falsch halten. Senator Scheele hat das im Bundesrat deutlich gesagt. In einigen wenigen Punkten konnten zum Glück noch Korrekturen erreicht werden. Der Druck aus den Bundesländern und von den Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften, Expertenrunden und vielen anderen hat da noch etwas bewirkt.
Wir haben in unserem Antrag besonders den Punkt der Trägerpauschale hervorgehoben. Die Kürzungen dort hätten die Perspektiven für arbeitslose Menschen mit sozialen Problemen massiv verschlechtert. Diese Kürzungen kommen jetzt in der Schärfe nicht und ich bin froh, dass uns das Instrument der Arbeitsgelegenheiten nicht gänzlich aus der Hand geschlagen wird, weil wir es in bestimmten Fällen noch brauchen. Aber es bleibt dabei: Das Gesetz ist und bleibt falsch. Wir müssen den Druck aufrecht erhalten, Union und FDP sollen genau erfahren, was ihre Politik anrichtet.
Die SPD in Hamburg steht dagegen für eine verantwortungsvolle Politik. Wir wollen, dass die Menschen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt jetzt nutzen können. Wir wollen mit unserem Antrag den Senat unterstützen und ihn ermuntern, auch nach dem Beschluss des Bundestags vom vergangenen Freitag weiterhin gegen dieses Gesetz anzukämpfen und auf Nachbesserungen zu bestehen. Wir würden uns freuen, wenn wir in diesem Hause eine möglichst breite Unterstützung für dieses Anliegen im Interesse Hamburgs erzielen könnten. Wir bitten deshalb um Zustimmung für unseren Antrag.
Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zu Punkt 3 im Antrag der LINKEN sagen. Im Rahmen des Vermittlungsverfahrens zur Einführung des Regelbedarfsermittlungsgesetzes ist die Weiterentwicklung der Regelbedarfsermittlung vereinbart worden. Dabei hat sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales verpflichtet, dem Bundestag bis zum 1. Juli 2013 einen Bericht vorzulegen. Vor diesem Hintergrund halten wir die von Ihnen geforderte Beschreitung des Klageweges für entbehrlich. Wir werden deshalb den Antrag der LINKEN ablehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.