Protokoll der Sitzung vom 26.10.2011

(Beifall bei der FDP und bei Christoph de Vries CDU)

Frau Özdemir, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im vergangenen Jahr haben CDU und GAL im Rahmen der Erhöhung der Kita-Gebühren auch die Paragraphen 21 a und 30 des Kinderbetreuungsgesetzes in ihrer jetzigen Form beschlossen. Danach kann der Hamburger Senat Verordnungen erlassen, die unangekündigte Besuche von Kita-Inspektoren regeln. In den Einrichtungen können Befragungen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sowie Kindern und Eltern bei laufendem Betrieb durchgeführt werden. Ausdrücklich wird die Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Artikel 13, Absatz 1 Grundgesetz eingeschränkt. Die Kita-Inspektionen sollen von Kita-Inspektoren durchgeführt werden; damals war an die Einrichtung von zehn Stellen gedacht. Die Regelung ist fachlich höchst umstritten und ist auf Widerstand bei den Verbänden gestoßen. Diese haben gedroht, Klage gegen die Regelung zu führen. Der SPD-Senat hat wohl aus diesem Grund bis jetzt nicht an einer Umsetzung der Regelung gearbeitet. Auch wir, die Fraktion DIE LINKE, haben dieses Vorhaben damals abgelehnt und werden dieses Vorhaben auch heute ablehnen.

Die Fraktion DIE LINKE vertritt die Auffassung, dass schon heute im Landesrahmenvertrag ein ausgebautes Instrumentarium von Mindeststandards zur Personalausstattung, zur Personalqualifikation, den Sachmitteln, der Raumausstattung, zum Kinderschutz oder der Ernährung vorliegt, um nur einige Punkte zu nennen. In den Paragraphen 23 und 24 des Landesrahmenvertrages ist der Umgang bei Vertragsverstößen geregelt. Auch eine Heimaufsicht besteht bereits und die Vorlage einer pädagogischen Konzeption ist Voraussetzung für die Erteilung einer Betriebserlaubnis. Dieses Instrumentarium kann und muss aus unserer Sicht partnerschaftlich mit den Verbänden weiterentwickelt werden. Die Fraktion DIE LINKE wünscht sich dafür eine Weiterentwicklung, die die pädagogische Qualität der Arbeit in den Einrichtungen im Blick hat und die vereinbarten Mindeststandards auch mit Mitteln ausstattet, sodass diese in der Praxis gewährleistet werden können. So könnte zum Beispiel die Zahlung gemäß Tarif für die Beschäftigten in den Kitas vereinbart werden oder die Bereitstellung von Finanzmitteln für die mittelbare

(Christiane Blömeke)

pädagogische Arbeit, die Elterngespräche oder die pädagogische Planung von Aktivitäten. Gerade der letzte Punkt führt in der Praxis immer wieder zu Kritik bei Eltern.

or diesem Hintergrund werden wir dem Antrag der CDU-Fraktion nicht zustimmen, ebenso dem FDPZusatzantrag nicht, aber wir werden einer Überweisung an den Sozialausschuss zustimmen. Die SPD-Fraktion wird aufgefordert, dieses Problem nicht auszusitzen, sondern die 2010 beschlossene Gesetzesänderung zurückzunehmen und eine einvernehmliche Lösung mit den Verbänden zu suchen und zu vereinbaren. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 20/1794 und 20/1926 an den Familien-, Kinderund Jugendausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Zunächst zum Antrag der FDP-Fraktion aus Drucksache 20/1926.

Wer möchte diesem seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Nun zum Antrag der CDU-Fraktion aus Drucksache 20/1794.

Wer möchte diesen Antrag annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 62 auf, Drucksache 20/1828, Antrag der SPD-Fraktion: Freie Fahrt für Busse!

[Antrag der SPD-Fraktion: Freie Fahrt für Busse! – Drs 20/1828 –]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Darf ich um etwas mehr Ruhe bitten. Sie können Ihre Gespräche auch draußen fortsetzen.

Diese Drucksache möchte die Fraktion DIE LINKE an den Verkehrsausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Herr Buschhüter, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Hamburger Verkehrsverbund kann seit Jahren ständig steigende Fahrgastzahlen verbuchen. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger steigen auf Bus und Bahn um. Be

sonders in den vergangenen fünf Jahren sind die Fahrgastzahlen stark gestiegen, deutlich stärker als im Bundesdurchschnitt. Alle Experten sagen, dieser Trend hält an. Die steigenden Fahrgastzahlen erfordern eine entsprechende Ausweitung des Angebots. Der Senat und die SPD-Bürgerschaftsfraktion haben sich deshalb zum Ziel gesetzt, den Busverkehr in Hamburg schneller und komfortabler zu machen. Hierzu sollen die Kapazitäten des Busverkehrs gesteigert, zusätzliche und größere Busse angeschafft, weitere Vorrangschaltungen an Ampeln eingerichtet werden, Haltestellenbuchten zu Kaps oder zu Haltestellen am Fahrbahnrand umgebaut werden. Es gibt Buslinien, die hierbei ein besonderes Augenmerk verdienen und für die gezielt Maßnahmen zur Busbeschleunigung ergriffen werden müssen. Der Senat wird hierzu in Kürze eine Drucksache vorlegen und der Bürgerschaft seine Maßnahmen des Busbeschleunigungsprogramms vorstellen.

Unser heutiger Antrag beschäftigt sich dagegen vor allem mit zwei Aspekten des Busverkehrs, die geeignet sind für Verbesserungen im gesamten Busverkehrsnetz, indem Behinderungen abgebaut werden, unter denen die Betriebsqualität überall zu leiden hat. Da wären zum einen die Falschparker. Haltende und parkende Fahrzeuge an Bushaltestellen sind ein besonderes Ärgernis. Vor allem die Busbuchten sind dafür anfällig. Sie erschweren es den Busfahrern, ordentlich an die Haltestelle heranzufahren, und Gehbehinderte oder Fahrgäste mit Kinderwagen haben dadurch beim Ein- und Aussteigen unter den Falschparkern zu leiden. Verzögerungen sind die Folge. Darunter leidet dann die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit, die in den vergangenen dreißig Jahren bei der Hochbahn von 21,6 Stundenkilometern auf 19,8 Stundenkilometer in 2010 zurückgegangen ist.

(Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel übernimmt den Vorsitz.)

Wir wollen deshalb bei der Überwachung des ruhenden Verkehrs weiterhin einen Schwerpunkt auf Falschparker in Bushaltestellen und die Freiheit von Bussonderspuren und Kommunaltrassen legen und dabei insbesondere für den Busverkehr kritische Bereiche in den Blick nehmen. Das betrifft naturgemäß vor allem den Lieferverkehr. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Lieferverkehr gerade dann auf Busbuchten ausweicht, wenn für ihn vorgesehene Lieferzonen von Nichtberechtigten blockiert werden. Wenn wir Bushaltestellen freihalten wollen, dann muss man auch das in den Blick nehmen und konsequent gegen Falschparker in Lieferzonen vorgehen.

Wir wollen, dass Hamburg prüft, wie die Stadt die Verkehrsüberwachung zugunsten des fließenden Busverkehrs, das steht im Fokus, noch konsequenter durchführen und durchsetzen kann. Beispiele aus anderen Großstädten könnten hierfür

(Cansu Özdemir)

wertvolle Impulse geben. Kommen wir zu der Globalrichtlinie "Haltestellen für Linienbusse an Stadtstraßen", die der damalige CDU-Schill-FDP-Senat unter Federführung des damaligen Zweiten Bürgermeisters Mettbach beschlossen hat.

(Jan Quast SPD: Die Erinnerung bricht wie- der hoch!)

Ja, daran muss man immer wieder erinnern. Manche wollen ja nicht darüber reden, aber das werden sie sich immer wieder anhören müssen.

(Dirk Kienscherf SPD: Herr Wersich kann sich gut erinnern!)

Da werden zwar ausführlich die Vorteile beschrieben, die Haltestellen am Fahrbahnrand gegenüber Busbuchten haben. Gleichzeitig gibt es aber einen Zustimmungsvorbehalt, der jedes Mal Anwendung findet, wenn eine Busbucht zurückgebaut werden soll. Damit dient die Globalrichtlinie vor allem der Verhinderung des Rückbaus von Busbuchten. Es ist außerordentlich erstaunlich, dass dieses Werk die Amtszeit der grünen Verkehrssenatorin Hajduk unbeschadet überstanden hat. Vielleicht ist das aber doch nicht so erstaunlich, denn offenbar waren Sie, liebe Frau Hajduk, so sehr mit anderen Dingen beschäftigt, dass Sie die Sorgen und Nöte des Busverkehrs in Hamburg ein wenig aus dem Blick verloren haben.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir nun eine Abschaffung oder eine Neufassung der Globalrichtlinie fordern, dann verbinden wir damit folgende Erwartung, dass nämlich das Regel-Ausnahmeverhältnis zukünftig umgekehrt wird. Zukünftig soll nicht mehr aufwändig begründet werden müssen, wenn eine Bushaltestelle am Fahrbahnrand gebaut werden soll, sondern umgekehrt nur dann, wenn es bei der Busbucht bleiben soll.

Busbuchten sind damit natürlich auch weiterhin möglich, aber nur dann, wenn die Umstände dies zwingend erfordern. Dabei ist für uns auch klar, dass es einen flächendeckenden Rückbau von Busbuchten nicht geben wird. Das Geld ist dafür zu knapp und wir haben es nicht.

(Beifall bei Jan Quast SPD)

Aber dort, wo Bushaltestellen ohnehin saniert werden müssen, weil ihr Zustand so miserabel ist, kann es doch nicht verkehrt sein, wenn man einer kostengünstigeren Lösung, die zudem dem öffentlichen Verkehr dient, den Vorzug gibt,

(Beifall bei der SPD)

denn bei einer Grundinstandsetzung liegen die Kosten für die Sanierung einer Busbucht zwischen 30 000 und 100 000 Euro, während bei der Sanierung einer Haltestelle am Fahrbahnrand nur zwischen 30 000 und 50 000 Euro fällig werden. Das sind noch Zahlen des alten Senats und es ist er

staunlich, dass er daraus nicht schon Konsequenzen gezogen hat.

(Glocke)

(unterbre- chend) : Lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Bläsing zu?

Ich bin gespannt, was er zu fragen hat.

Sie haben ausgeführt, mit welchen Maßnahmen Sie unter anderem die Busse beschleunigen wollen. Mich interessiert vor dem Hintergrund, ohne dass meine Fraktion und ich uns abschließend eine Meinung darüber gebildet haben, ob der Tatbestand, dass der HVV plant, Fahrkartenkontrollen in den Bussen flächendeckend einzustellen, nicht Ihre Ziele langfristig eventuell konterkarieren könnte?

Es ist schön, dass Sie diese Frage stellen. Ich hatte überlegt, das mit einzubauen oder nicht, aber es ist nicht Teil unseres Antrages. Ich antworte mit einer Gegenfrage: Was macht Sie denn so sicher, dass es in Hamburg nicht klappen soll, obwohl es sonst überall, wo es gemacht wird, in bundesdeutschen Städten und anderswo in der Welt, klappt?

(Beifall bei der SPD)

Hamburg ist etwas ganz Besonderes, da sind wir uns alle einig. Aber ist Hamburg wirklich so anders, dass es ausgerechnet hier nicht klappen soll mit dem Vorneeinstieg? Ich will Ihnen das auch erklären. Offenbar fahren Sie vielleicht nicht viel mit dem Bus, aber im Moment ist es so, dass alle Leute meinen, hinten einsteigen zu müssen, und sich dort erst einmal drängeln, während die Leute aussteigen wollen. Die Leute machen auch nicht Platz,

(Christiane Schneider DIE LINKE: Das ist ei- ne Diffamierung der Hamburgerinnen und Hamburger!)

sondern stehen im Zweifel so vor dem Ausgang am hinteren Teil des Busses, dass die Fahrgäste, obwohl es eine Doppeltür ist, nur einzeln herausplätschern. Stellen Sie sich vor, dass die Leute vorne einsteigen und hinten gleichzeitig ausgestiegen wird; das wird den Busverkehr auch beschleunigen.

(Beifall bei der SPD – Glocke)

(unterbre- chend) : Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Frage der Abgeordneten Sudmann zu?