Die Schulpolitik, das wissen wir, ist immer mit Emotionen verbunden. In der Vergangenheit hat es eine Menge verbrannter Erde gegeben. Aber trotz verschiedener Meinungen und einer gesunden Streitkultur möchte ich an dieser Stelle auch einmal betonen, dass ich die sachliche Debatte unter den schulpolitischen Sprechern sehr schätze. Frau Heyenn, Frau von Berg, Frau von Treuenfels und Herr Heinemann: Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Holster hat es bereits gesagt: Sie knüpfen an die grüne Bildungspolitik der letzten Legislaturperiode an. Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich darüber richtig freue. Als ich die Anträge gesehen habe, auch Ihren letzten zum Thema Fortbildung, habe ich mich gefreut, denn gute Schulen und gute Unterrichtsqualität liegen mir selbstverständlich am Herzen. Das wollen wir alle gemeinsam erreichen.
Ich möchte noch einmal deutlich machen, welche unserer Punkte Sie aufgegriffen haben: das Programm "Fördern statt wiederholen", die Inklusion, wo wir in Hamburg Spitzenreiter sind, Ganztagsschulen, für die wir absolut einstehen, der Übergang Schule/Beruf und die Jugendberufsagentur. Alle diese Punkte haben bereits Drucksachennummern, sind debattiert und in Gesetzen verankert. Sie sind jetzt dabei, das weiter umzusetzen. Das ist absolut richtig und sehr begrüßenswert.
Mich freut, dass die SPD mit ihrem Antrag "Guter Unterricht in guten Schulen" jetzt auch die Unterrichtsqualität und eine neue Lernkultur für sich entdeckt. Das ist sehr erfreulich, war es doch ein Herzstück unserer Schulreform.
Ich habe neulich in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage gefragt, wie es mit Fortbildungsangeboten am Landesinstitut aussehe, und bekam als Antwort diese Broschüre zugeschickt – eine Broschüre aus der Zeit, als Frau Goetsch die Behörde geleitet hat. Offensichtlich hat sich da nichts geändert und Sie knüpfen an die grüne Praxis an. Also auch hier: nichts Neues. Ich freue mich dennoch.
Was mich allerdings wundert: Ihr Antrag ist nicht haushaltsverändernd. Wir haben Haushaltsberatungen und dieser Antrag verändert den Haushalt überhaupt nicht. Ich bin von zusätzlichen Ressourcen ausgegangen, aber die sind nicht zu finden. Offensichtlich sollte Ihr Antrag einfach nur eine gute Bühne finden.
Zum Thema Qualität: alles prima, schön und gut. Ich habe mich nur gefragt, ob die Fraktion eigentlich weiß, was der Senator treibt. Denn wenn man auf die Bilanz der letzten Monate zurückschaut – Herr Heinemann hat das sehr treffsicher dargestellt –, dann konterkariert das Handeln des Senators die Bemühungen seiner Fraktion um gute Schulen und guten Unterricht.
Ein Beispiel ist der Schulentwicklungsplan. Dieser Schulentwicklungsplan ist nicht einvernehmlich erstellt worden. Es gab wenig Gespräche mit Schulen. Berücksichtigt wurden die, die laut waren – zum Beispiel zwei Gymnasien in Wandsbek –, aber die gut angewählten Schulen werden gekappt. Ich bin den Schulentwicklungsplan durchgegangen und habe immer wieder gelesen: ist im Bestand nicht realisierbar. Das heißt, dass die Züge dieser Schulen heruntergeregelt werden und die Kinder an andere Schulen gehen müssen. Ich finde es erstaunlich, dass Schulinspektionsergebnisse hier offensichtlich nicht berücksichtigt wurden.
Ein weiteres Beispiel ist die konsequente Nichtbeachtung von Schulversuchen, die ebenfalls zur Zerstörung von Unterrichtsqualität oder qualitätsvollen Schulen beiträgt. Es geht dabei um das gesteuerte Anmeldeverfahren, das – Herr Heinemann hat es schon gesagt – wirklich gute Ergebnisse hervorgebracht hat und um die Nichtevaluation von
Schulen, die längeres gemeinsames Lernen und neue pädagogische Konzepte ausprobieren. Ihr Zitat von der reformpädagogischen Sau hat hier durchaus Bedeutung.
Nicht zur Qualität tragen ebenfalls der Umbau des Amtes B, die Streichung der Grundsatzreferate und die Kürzung der Abteilung Fortbildung – ein wichtiges und zentrales Thema – des Landesinstituts bei.
Als letztes möchte ich auf das Thema Ganztagsschulen eingehen. Ganztagsschulen sind begrüßenswert, Tempo und Qualität Ihrer Umsetzung sind es nicht. Am 11. November 2010 hat Herr Rabe uns hier gefragt: Wo sind die Räume? Wo ist das Personal? Wo sind die Träger? Wo sind die Konzepte und die Pläne? Und: Was kostet das? Das Tempo ist jetzt unverändert hoch und ich frage mich, wie das umgesetzt werden soll.
In diesem Zusammenhang ist auch der Schlüssel für die Vorschulkinder zu erwähnen, der genauso ist wie der für die Grundschulkinder. Das ist eine deutliche Qualitätsverschlechterung, weil Vorschulkinder eigentlich den Kita-Schlüssel bekommen sollten.
Abschließend zu der Pressekonferenz heute Morgen: Einen solchen Termin wählt, wer versucht, ein mittelmäßiges Konzept möglichst geräuschlos unter die Leute zu bringen. Das heute vorgelegte Inklusionskonzept enthält nichts Neues oder Visionäres; alles bleibt, wie es ist. Ich habe mich natürlich darüber gefreut, im Prinzip unseren Haushaltsantrag auf einer Pressekonferenz vom Senator vorgestellt zu bekommen, aber das hätten wir uns vielleicht auch anders vorstellen können. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Was wir in den letzten Monaten an Hängepartie zum Thema Schulentwicklungsplan erlebt haben, ist typisch für die Ankündigungspolitik der SPD. Erst sagen Sie, die Planungen bräuchten länger, um den schwarz-grünen Scherbenhaufen aufzuräumen,
derweil stellen Sie massenhaft Container auf und präsentieren dann plötzlich den Entwurf eines Schulentwicklungsplans, der diesen Namen nicht verdient.
Was Sie da vorgelegt haben, ist kein Plan und nicht einmal der Entwurf eines Plans; es ist eine Sammlung möglicher Entwicklungsperspektiven auf der Grundlage der Annahme steigender Schülerzahlen. Sie geben Bestandsgarantien für praktisch jede Schule, weichen schwierigen Entscheidungen wie etwa der um Abriss oder Ausbau des Schulkomplexes Steilshoop aus – und das war's. Kein konkreter Plan für Ausbau oder Erweiterung von Schulen, keine Finanzierungsvorschläge, das ist unentschlossen und inkonsequent.
Das entspricht leider der Methode, die wir nun seit einem halben Jahr in der Schulpolitik erleben: Große Ankündigungen, kleine Ergebnisse.
Dazu passt, dass Hamburg mit 6000 Euro die höchsten Bildungsausgaben pro Schüler hat, aber regelmäßig kleinste Erfolge in bundesweiten Vergleichsstudien wie etwa PISA. Dies zeigte uns zuletzt Anfang der Woche der Bildungsatlas der Bertelsmann Stiftung. Die höchsten Bildungsausgaben bringen Hamburg bundesweit nur auf Platz 11. Meine Damen und Herren, damit können und werden wir uns nicht zufriedengeben.
Wir müssen die 1,8 Milliarden Euro Hamburger Steuergelder besser einsetzen, um die Bildung unserer Kinder nach vorn zu bringen. Wir haben kein Quantitäts-, wir haben ein Qualitätsproblem in dieser Stadt.
Sie von der SPD-Fraktion legen hier einen Leitantrag vor, dessen Wording sich wahrlich gut liest, voll schöner Ankündigungen, zum Beispiel zur Verbesserung der Unterrichtsqualität. Da finden sich Worte wie "Feedbackkultur", "Teambildung" und "Hospitationen" und Schüler sollen Lehrer kritisieren und bewerten dürfen. Das alles ist mit Sicherheit weithin unumstritten und von uns auch anerkannt, aber das sind keine neuen Erkenntnisse. Auch Senator Rabe weiß das,
er wusste es schon als Oppositionspolitiker und sicher auch als Lehrer. Ich frage Sie daher: Warum haben Sie nach acht Monaten im Amt nicht längst die Konzepte im Landesinstitut entwickelt oder vielleicht sogar die aus der Schublade ziehen lassen, die schon da waren?
Die Liste der Versäumnisse lässt sich fortsetzen. Wir haben Ihre frohe Botschaft zur Einrichtung weiterer Ganztagsschulen vernommen: Bis 2004 sollen über 100 Grundschulen zu Ganztagsschulen werden. Da stellt sich doch die Frage, was das für Ganztagsschulen sein werden: offene, teilgebundene oder gebundene? Und wenn alle Schulen in
einem Quartier gebundene Ganztagsschulen werden wollen, was dann? Wie stellen Sie sicher, dass es nicht für ganze Regionen einen Zwang zum Ganztagsschulbesuch gibt, weil andere Schulformen dort nicht mehr existieren? Wie wird die von Ihnen, Herr Rabe, betonte Freiwilligkeit des Ganztagsangebots so organisiert, dass Eltern, die es nicht wahrnehmen wollen, trotzdem eine Schule in annehmbarer Nähe finden? Das ist Elternwillen, das ist Schulfrieden und darauf kommt es an.
Bis zum nächsten Schuljahresanfang soll es allein in den Grundschulen 50 neue Kantinen geben, lesen wir. Wo aber sind die konkreten Konzepte für Finanzierung und Ausbau dafür? In dem von Ihnen vorgelegten Haushalt jedenfalls finden wir das nicht. Durch den von Ihnen angekündigten Verkauf angeblich leerstehender Schulgebäude werden Sie das nötige Geld weder heute noch morgen haben. Aber die Finanzierung könnte ja auch in dem Papier stehen, das Sie uns vor wenigen Wochen als Schulentwicklungsplan beziehungsweise als dessen Entwurf präsentiert haben. Ein Blick in dieses Konvolut zeigt allerdings auch hier: Fehlanzeige.
Womit wir beim nächsten Kapitel "ausweichen und abwarten" wären. Am heutigen Tage – und da kann ich mich meinen Vorrednern nur anschließen, Herr Rabe, Sie hätten die Wahl dieses Datums als Oppositionspolitiker sicherlich selber auch kritisiert – legen Sie uns plötzlich ein Konzept zur Inklusion vor. Das durften wir einmal schnell überfliegen und, wie Frau von Berg richtig sagte, danach gut oder schlecht finden. So geht das natürlich nicht. Wir haben uns das Konzept durchgelesen und halten es nicht für tragfähig, weil auch die förderbedürftigen Kinder und Jugendlichen in allgemeinbildenden Schulen so noch nicht geschützt sind und weil wir auch nicht wissen, ob die generelle oder personalisierte Ressourcenzuweisung so ausreicht. Das ist noch diskussionswürdig, und das können Sie uns nicht durch die Hintertür präsentieren.
Leider vermissen wir auch in anderen Bereichen konkrete Planungen, beispielsweise bei meinem Lieblingsthema, der Nachhilfeförderung. Zwei Jahre finanzieren Sie einen erheblichen Teil durch das Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes. Und wie geht es dann weiter? Es ist völlig unklar und sehr unstrukturiert.
Das gilt auch für die inhaltliche Ausgestaltung. Wie garantieren Sie, dass eines unserer Hamburger Kernprobleme, nämlich die inhaltliche Nivellierung von Unterrichtsqualität nach unten, durch diese Regelung nicht noch zunimmt? Was tun wir konkret mit Schülern, die trotz Förderung die Abschlüsse objektiv nicht erreichen können? Schaffen es dann leistungsstärkere Mitschüler, die
schwächeren mitzuziehen? Meiner Ansicht nach ein Wunschdenken. Oder orientiert sich das Lernniveau dann am unteren Leistungsstand? Dazu fehlt eine Antwort von Ihnen.