Protokoll der Sitzung vom 25.01.2012

(Olaf Ohlsen CDU: Das hat er doch schon im Eingabenausschuss gemacht!)

Konkret wurde die Einbürgerung als deutscher Staatsbürger unter Hinnahme von Mehrstaatlichkeit begehrt. Wie Sie wissen, unterstützt die SPD den Bürgermeister bei seiner Einbürgerungsinitiative. Wir freuen uns über jeden Mitbürger, der sich entschließt, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen, doch gilt auch hier, dass die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen. In diesem Fall, der der Eingabe zugrunde liegt, ist es unstrittig, dass der Petent Deutscher werden kann. Das stellte nicht nur Hamburg, sondern auch 2008 Nordrhein-Westfahlen fest. Problematischer sieht es aus, wenn die Mehrstaatlichkeit begehrt wird, also die zweite Staatsangehörigkeit nicht verloren werden soll. Nach dem jetzigen Staatsangehörigkeitsrecht soll die Mehrstaatlichkeit vermieden werden. Wer eingebürgert werden will, muss im Regelfall seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben. Hierzu gibt es Ausnahmen, in diesem Fall ist aber keine einschlägig. Die bestehenden Ausnahmetatbestände führen in Einzelfällen, wie auch diesem, immer wieder zu Ungerechtigkeiten und zu rechtlichen Unklarheiten. Diesen Zustand kritisiert die SPD schon seit Langem.

(Beifall bei der SPD)

So brachte die SPD-Bundestagsfraktion im Jahr 2010 einen Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag ein, der im November 2011 abschließend beraten wurde. Gefordert wurden die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft und die Abschaffung des Optionszwangs. Integrationspolitisch ist die Ermöglichung von Doppel- oder Mehrstaatlichkeit sinnvoll und längst überfällig.

(Beifall bei der SPD)

Die Beibehaltung der doppelten Staatsbürgerschaft sollte nicht, wie derzeit in bestimmten Einzelfällen, nur hingenommen werden, sondern sie sollte den betroffenen Menschen grundsätzlich ermöglicht werden.

(Dr. Till Steffen GAL: Ja!)

An die Stelle von vielen Ausnahmeregelungen sollte eine klare und transparente Regel treten. CDU und FDP verweigern sich bis heute einer Veränderung und Anpassung des Staatsbürgerschaftsrechts. Jetzt in Hamburg durch die Hintertür im Eingabenausschuss eine andere Politik zu betreiben, ist unglaubwürdig.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat heute einen Antrag eingebracht, der in der nächsten Bürgerschaftssitzung zur Abstimmung steht, in dem der Senat aufgefordert und ersucht wird, sich auf Bundesebene erneut für die doppelte Staatsbürgerschaft einzusetzen. Kolleginnen und Kollegen aus CDU- und FDP-Fraktion, bekennen Sie sich zur Notwendigkeit der Gesetzesänderung.

(Jens Kerstan GAL: Nur weil die so sind, muss der Petent jetzt dafür büßen!)

Unterstützen Sie in der nächsten Bürgerschaftssitzung unseren Antrag.

(Beifall bei der SPD – Olaf Ohlsen CDU: Der hätte mal zur Eingabe reden sollen!)

Das Wort bekommt Frau Möller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Schumacher, Sie haben eine Menge gesagt zu der Tatsache, dass Sie sich schlicht und einfach von der Ausländerbehörde ins Bockshorn haben jagen lassen.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN und vereinzelt bei der CDU und der FDP)

Das, was Sie als große politische Strategie beschrieben haben, hört sich klug an, ist auch sicherlich etwas für die nächsten Monate, hat aber mit der Eingabe, die wir zu behandeln hatten, überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN und vereinzelt bei der CDU und der FDP)

Ich will den Kolleginnen und Kollegen, die in der Mehrzahl nicht im Eingabenausschuss sitzen, das Verfahren beschreiben. Wir haben einen Petenten, der die Einbürgerung beantragt. Die Behörde und die Verwaltung prüfen den Antrag nach den einschlägigen Paragrafen. Paragraf 10 des Staatsangehörigkeitsgesetzes ist die Prüfung des Anspruchs und Paragraf 8 Staatsangehörigkeitsgesetz gibt die Möglichkeit, das Ermessen der Behörde für dieses Einbürgerungsbegehren auszuüben. Dabei nimmt sie die Verwaltungsvorschriften zu Hilfe. Diese beschreiben, wie das Ermessen geprüft werden soll. Die Behörde kam in diesem Fall zu dem Ergebnis, keine Einbürgerung zu gestatten. In Ausnahmefällen, das steht im Übrigen auch in dieser Verwaltungsvorschrift, ist die Mehrstaatlichkeit hinzunehmen. Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften, auf die uns in unnachahmlicher Weise der Vertreter des Einwohner-Zentralamts im Eingabenausschuss hingewiesen hat, sind Verwaltungsvorschriften, an die die Behörde gebunden ist. Im Verwaltungstext heißt das, dass es allgemeine Anordnungen sind – ich zitiere –

"[…] einer übergeordneten Behörde gegenüber den nachgeordneten Behörden."

Diese Verwaltungsvorschriften sind nicht bindend für den Eingabenausschuss.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN und bei Jörg Hamann CDU und Finn-Ole Ritter FDP)

Der Eingabenausschuss hat die Aufgabe, das Ergebnis der Behörde oder der Verwaltung zu prüfen, und das Recht, die Aufgabe und die Pflicht, zu einer eigenen Entscheidung über dieses Verwaltungshandeln zu kommen. Dazu ist der Eingabenausschuss nur an das Gesetz gebunden, in seinem Wortlaut also an den Paragrafen 8 des Staatsangehörigkeitsgesetzes, nach dem das Ermessen bei dieser Einbürgerung ausgeübt werden kann, wenn wir es mehrheitlich gewollt hätten.

(Olaf Ohlsen CDU: Genau das ist der Punkt!)

Und Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wollten es nicht.

(Beifall bei der GAL, der CDU und vereinzelt bei der LINKEN und der FDP)

Das ist das einzige Problem bei diesem Fall. Sie können, das haben wir auch schon getan, an dieser Stelle Ihre Entscheidung noch einmal überdenken. Es gibt von renommierten medizinischen Instituten Empfehlungsschreiben für den Professor, der seine zweite Staatsangehörigkeit behalten möchte. Vielleicht denken Sie noch einmal nach, aber Ihre Herleitung des Falls ist einfach lächerlich.

(Sören Schumacher)

(Beifall bei der GAL, der CDU, vereinzelt bei der LINKEN und der FDP)

Nun hat Herr Haufler das Wort.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Jetzt mal ein Satz für die doppelte Staatsbürgerschaft!)

Herr Schumacher, der Einzelfall, den Sie für Ihr flammendes Plädoyer für die doppelte Staatsbürgerschaft und Ihre Frontalangriffe gewählt haben, ist denkbar ungeeignet. Sie betreiben eine aktionistische Flucht nach vorne, und das können Sie daran erkennen, dass Sie das Thema Option für junge Menschen, die in Hamburg geboren sind, auf einen Mann anwenden wollen, der 73 Jahre alt ist. Wo ist Ihre Logik, bitte?

(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der GAL und bei Finn-Ole Ritter FDP)

Unsere Position ist klar und deutlich. Mehrstaatlichkeit gilt es zu vermeiden, aber bei jeder Regel muss es auch Ausnahmen geben.

(Andy Grote SPD: Die legen Sie fest, oder was?)

Die Diskussion war nur, ob diese eine Person zu den ungefähr 800 Menschen in Hamburg gehören soll, die beispielsweise aus Russland oder der Türkei stammen und trotzdem im Ausnahmefall die doppelte Staatsbürgerschaft bekommen, oder ob diese eine Person nicht zu diesen Menschen gehören soll.

(Sören Schumacher SPD: Kennen Sie die?)

Sie haben festgestellt, dass sich plötzlich alle anderen Fraktionen, von der Linkspartei bis zur CDU, einig waren, dass diese Person dazugehören soll. Nur Sie waren der Meinung, dass das nicht so sein soll. Deshalb betreiben Sie diesen merkwürdigen Versuch, eine bundespolitische Debatte anzuzetteln und einen Antrag einzubringen. Was bringt diesem Mann der Antrag? Ändern Sie Ihre Meinung und damit Schluss.

(Beifall bei der CDU, der GAL und der FDP)

Frau Artus, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Lieber Kollege Schumacher, nun weiß ich endlich, warum diese Eingabe nicht positiv beschieden wurde. Sie sind nicht damit einverstanden, dass die CDU diesen Antrag auf Berücksichtigung gestellt hat, anders kann ich mir das nicht erklären.

(Beifall bei der LINKEN und der GAL)

Sie haben es immerhin noch einmal begründet. Inhaltlich hat die Kollegin Antje Möller zu allem Stellung genommen. Mein Eindruck ist, dass Sie der Einbürgerungskampagne Ihrer eigenen Partei und Ihres Senats überhaupt keinen Gefallen getan haben. Ich betrachte mit Sorgen, dass im Eingabenausschuss dem Primat der Politik nicht mehr gefolgt wird, sondern dass Sie sich ständig der Behördenmacht unterordnen.

(Beifall bei der LINKEN, der CDU, der GAL und bei Finn-Ole Ritter FDP)

Nun bekommt Herr Dr. Dressel das Wort.

(Jörg Hamann CDU: Da können Sie nichts mehr retten!)

Es ist schön, dass wir um 21.30 Uhr noch einmal zur Hochform auflaufen.

(Jens Kerstan GAL: Das ist schlimm, dass du das jetzt ausbügeln musst!)

Wenn jetzt hier das Primat der Politik betont wird, so sind wir auch im Eingabenausschuss an Recht und Gesetz gebunden.

(Beifall bei Peri Arndt SPD)

Es ist bedauerlich, dass man das noch einmal klarstellen muss.