Protokoll der Sitzung vom 09.02.2012

(Beifall bei der CDU – Sören Schumacher SPD: Das ist eine Parkanlage!)

Wir brauchen auch Lösungen, weil gerade die Kollegen aus Harburg nicht zum ersten Mal angefangen haben, darüber nachzudenken, was man denn mit dieser Szene machen könnte. Es gibt EU-Projekte, da wird seit Jahren jede Art von Sozialarbeit gemacht, bisher ist dort kein Erfolg zu verzeichnen. Bei Ihnen ist die Perspektive allein jene derer, die meinen, sie müssten dort als trinkende Bevölkerung geschützt werden. Das mag Ihre Perspektive sein, aber ich denke an die Menschen, die nicht dazu gehören. Auch die haben Probleme, und auch diese Menschen haben das Anrecht darauf, mit ihren Problemen erst genommen zu werden, und genau das blenden Sie aus.

(Beifall bei der CDU)

Ein Wort zu dem, was Herr Dr. Schäfer über das Verschieben der Szene gesagt hat. Diese Argumentation, Herr Dr. Schäfer, hat mich sehr stark an Ihre Argumente vor 2001 erinnert, als wir über die offene Szene am Hauptbahnhof geredet haben, nach dem Motto, das müssen wir gar nicht verschieben, das muss da gar nicht weg. Doch, wir haben die Aufgabe, wir haben sogar die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die Menschen in dieser Stadt von solchen Sachen nicht belästigt werden, und zwar dann, wenn es für sie gefährlich wird.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden das nicht hinnehmen, und deshalb werden wir darauf dringen, dass wir eine Lösung finden, und die Polizei braucht das. Es geht auch nicht um einen Flickenteppich, der entstehen kann, es geht darum, dass wir in einer Großstadt leben, dass wir sehr konkret in vielen Stadtteilen diese Probleme haben und wir sie nicht lösen können, weil wir keine Rechtsgrundlage haben. Genau diese bieten wir Ihnen jetzt an; schlagen Sie dieses Angebot nicht einfach aus.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. – Herr Dr. Schäfer hat das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr van Vormizeele, ich möchte mich bemühen, nur das anzusprechen, was an Ihrer Rede ernst zu nehmen war.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Gar nichts!)

Richtig ist, dass dieses Problem einer differenzierten Lösung zugeführt werden muss. Die Keule allein genügt bei Weitem nicht. Wir brauchen eine differenzierte Lösung, die unterschiedliche Maßnahmen einschließt; einiges ist angeführt worden. Selbstverständlich haben diese Probleme auch so

(Christiane Schneider)

ziale Hintergründe, selbstverständlich muss das berücksichtigt werden.

(Jörg Hamann CDU: Sagen Sie mal was Konkretes! Was sind denn Ihre Vorschläge?)

Das Problem kann nicht einfach plump mit der Keule gelöst werden, wie Sie es vorschlagen. Von daher wollen wir das Thema im Ausschuss haben und dort vernünftig, rational und in Ruhe beraten.

(Beifall bei der SPD)

Frau Möller hat das Wort.

Vielleicht kann man das im Ausschuss besser beraten, aber, Herr van Vormizeele, doch noch einmal eine kleine Replik. Sie wissen doch genauso gut wie ich, dass wir in dieser Stadt mehr oder weniger täglich öffentlich tolerierte Besäufnisse jeder Art haben, die immer dann, wenn man etwas gegen die Krankheit Alkohol und gegen das öffentliche Erkennen von Alkoholismus in der Stadt tun möchte, plötzlich nicht mehr gelten sollen. Diese Unterscheidung finde ich politisch nicht seriös und auch nicht zulässig.

Das andere Argument, dass eine Bedrohung der öffentlichen Sicherheit von Menschen, die sich alkoholisiert auf der Straße aufhalten, ausgeht, können Sie durch Zahlen überhaupt nicht belegen.

(André Trepoll CDU: Das ist die Realität, Frau Möller!)

Wir wissen, dass sich die Belästigungen von Betrunkenen, die Belästigung, die sich im öffentlichen Raum zum Beispiel durch Bettelei ergibt, Ordnungswidrigkeiten sind, die jetzt schon geahndet werden können. Die Zahl der Straftaten, die aus den Trinkerecken, wie Sie es nennen, kommen, lassen sich überhaupt nicht erfassen. Es sind in der Regel Ordnungswidrigkeiten. Wenn Sie einen Antrag einbringen würden, mit mehr sozialen Mitteln, mit mehr sozialem Engagement, von mir aus auch mit finanzieller Unterstützung in die Bereiche hineinzugehen, wo sich solche Gruppen treffen, Stichwort Trinkerräume, dann könnte man darüber diskutieren. Aber den Alkohol jeweils in dem Quartier zu verbieten, wo er uns gerade stört, und im nächsten Quartier wieder zu erlauben, ist nichts weiter als Verdrängung und kein ernsthaftes Angehen dieses Problems.

(Beifall bei der GAL, der LINKEN und verein- zelt bei der SPD)

Herr Dr. Duwe hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da das Stichwort Harburg aufgekommen ist, möchte ich sagen, dass es in anderen

Stadtteilen dieses Problem auch gibt. Der Grund für das Problem auf dem Harburger Rathausplatz ist, dass durch ein öffentliches Bauvorhaben der Platz, auf dem sie sich vorher getroffen haben, nicht mehr vorhanden ist. Das ist also eine Verdrängung, die durch den Staat selbst veranlasst worden ist.

Wir von der FDP-Fraktion in Harburg haben bereits vor drei Jahren einen Antrag eingebracht, über Trinkerräume in Harburg zu diskutieren und das auch vernünftig durchzuführen. Das wurde durch eine schwarz-grüne Koalition abgebügelt, das möchte ich jetzt einmal sehr klar sagen, und das ist ein Versagen der CDU in Harburg.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Frau Schneider.

Ich habe in Vorbereitung auf diese Debatte die verschiedensten Konflikte und die verschiedensten Lösungsansätze in verschiedenen Städten angeschaut. Da gibt es eine ganze Menge. Es gibt Beispiele für die Schaffung von Trinkerräumen, wo man sagen kann, da ist es gut gegangen, es gibt auch Beispiele, wo es mit den Trinkerräumen nicht so gut geklappt hat, weil es eine Ausgrenzung bedeutet hat, in anderen Fällen hat es eine Win-win-Situation gegeben.

Aber eines muss man fragen. Wo wollen Sie denn mit den Leuten hin? Ich bestreite nicht, dass es ein ernster Konflikt mit berechtigten Interessen von beiden Seiten ist, aber eben Interessen von beiden Seiten. Ohne Einbeziehung der betroffenen Personengruppe, das zeigen auch Untersuchungen aus Berlin, werden sie diese Problematik nicht angehen können. Wenn der Antrag jetzt an den Ausschuss überwiesen wird, dann sollten wir das Thema gründlich diskutieren, uns anschauen, wie es in verschiedenen Städten gemacht wird, zum Beispiel in Berlin, da gibt es Untersuchungen, da gibt es Evaluationen, lassen Sie uns das anschauen. Aber hier mit einem Antrag zu kommen, der nur vorsieht, das zu verbieten, die entsprechenden Personen zu verdrängen, zu vertreiben oder zu bestrafen, ist wirklich keine Lösung, das ist nicht einmal Bestandteil einer Lösung.

(Beifall bei der LINKEN und bei Antje Möller GAL)

Danke schön. – Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/2993 an den Innenausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist das mehrheitlich überwiesen.

(Dr. Martin Schäfer)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 53, Drucksache 20/3012, Antrag der GAL-Fraktion: Vergabe von Wohnungsbaugrundstücken sozial neu ausrichten!

[Antrag der GAL-Fraktion: Vergabe von Wohnungsbaugrundstücken sozial neu ausrichten! – Drs 20/3012 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion federführend an den Haushaltsausschuss und mitberatend an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Herr Duge und er hat es.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist eine Binsenweisheit, Wohnen muss fast jeder. Wohnen gehört zu den Grundbedürfnissen und gerade in einer Stadt mit begrenzten Flächen ist es umso wichtiger, dass die Grundstücke dieser Zielsetzung zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall bei der GAL)

Es ist leider so, dass in dieser Situation des engen Marktes, wo versucht wird, das Geld in Immobilien zu stecken und wir diesen Wohnraum dringend benötigen, nun einige Hedgefonds oder Immobilienhaie versuchen, hieraus Kapital zu schlagen. Sie wittern Morgenluft, und dem müssen wir etwas entgegensetzen.

(Beifall bei der GAL)

Seriösen Wohnungsbauunternehmen, Genossenschaften, Baugemeinschaften werden nämlich durch diese Spekulation dringend benötigte Grundstücke entzogen, und die spekulativen Grundstückspreise schlagen auf die Mieten durch, sodass die Wohnungen für viele Mieter nicht mehr bezahlbar sind. So liegen an der Hellbrookstraße in Barmbek auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Grundstücke brach, weil nach mehrmaligem Verkauf und der damit verbundenen Preistreiberei der Investor die Wohnungen vor Baubeginn für 4000 Euro pro Quadratmeter am Markt nicht mehr losgeworden ist – klassisch verspekuliert, kann man sagen, insolvent und auf Kosten der benötigten Wohnungen für die Menschen in dieser Stadt. Hier hätten inzwischen längst schon Familien Wohnungen beziehen und Kinder herumtoben können. Auf St. Pauli, im Wohnungsbauprojekt Bernhard-Nocht-Terrassen, wo der Bezirk Wohnbaurecht geschaffen hat, kaufte eine Immobilienkapitalanlagegesellschaft im Dezember 63 frei finanzierte Mietwohnungen für 19 Millionen Euro – ein Schnäppchen, vielleicht zur

Weiterveräußerung. Die Stadtteilversammlung S.O.S. St. Pauli hat am 24. Oktober 2011 vom Projektentwickler verlangt, Verkaufsverhandlungen nicht weiterzuführen. Kaum einen Monat später jedoch waren die Verträge unterschrieben, ohne dass transparent wurde, ob die Kapitalanlagegesellschaft die Wohnungen dauerhaft halten will, wie der Kaufpreis sich auf die Mieten durchschlägt und welche Auswirkungen das auf die Bewohnerstruktur im Quartier hat.

Die Stadt hat die Möglichkeit, solchen Entwicklungen Einhalt zu gebieten. Dort, wo die Stadt für private Flächen Baurecht schafft, also in der Regel Bebauungspläne aufstellt, können regelhaft städtebauliche Verträge mit dem Eigentümer abgeschlossen werden. In diese Verträge müssen Vereinbarungen einfließen, die Spekulation unterbinden.

(Beifall bei der GAL)

Dort, wo die Stadt eigene Grundstücke hat und auf dem Markt anbietet, wie zum Beispiel im Ochspark, auf dem Gelände des ehemaligen Krankenhauses Ochsenzoll, sollte nicht, wie noch im Juni vorigen Jahres geschehen, ein Höchstpreisverfahren ausgeschrieben werden, sondern die Grundstücke zum Beispiel über das städtische Eigenheimprogramm an Familien mit geringem Einkommen vergeben werden. Ziel muss es sein, dass städtische Flächen solchen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, die Wohnungsbau als Versorgungsaufgabe und nicht als Spekulationsobjekt betrachten. Es gibt genug bestandshaltende, gemeinnützige und öffentliche Wohnungsbauunternehmen und auch Baugemeinschaften, die keine Hip-Hop-Strategie beim Grundstückskauf und Wohnungsbau verfolgen.

(Andy Grote SPD: Was haben Sie gegen Hip-Hop?)

Hierauf sollte sich der Verkäufer städtischer Grundstücke konzentrieren. Kurz und gut: Dem Kasse-Machen einzelner Vermieter und Anlagegesellschaften muss Einhalt geboten werden, die Grundstücksvergabepolitik der Stadt muss überdacht werden. Sowohl auf städtischen Grundstücken als auch auf privaten Flächen, auf denen die Stadt Baurecht für Wohnungen beschließt, sollten daher regelhaft über die eben beschriebenen Wege 30 Prozent geförderter Wohnungsbau und mindestens 20 Prozent für Baugemeinschaften über städtebauliche Verträge vereinbart werden. Die Bindungslaufzeiten für geförderten Wohnungsbau, die vielfach jetzt auslaufen, im innerstädtischen Bereich sollten auf 30 Jahre erhöht werden und gegebenenfalls über Erbbaurecht vergeben werden oder auch unterwertig vergeben werden können. Außerdem sollte in den städtebaulichen Verträgen regelhaft ein Mietenkonzept für frei finanzierte Wohnungen mit verträglichen Mietpreissteigerungen vereinbart werden. Bei Eigentums

(Erster Vizepräsident Frank Schira)

wohnungen sollte ein gestaffeltes Verkaufspreiskonzept in diese städtebaulichen Verträge einfließen.