Wer möchte also nun die Drucksachen 20/3502 und 20/3655 an den Innenausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.
Wer möchte einer Überweisung der Drucksache 20/3550 an den Innenausschuss seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch dieses Überweisungsbegehren abgelehnt.
Mir ist mitgeteilt worden, dass für den Fall der Ablehnung der Überweisungsbegehren aus den Reihen der Links-Fraktion, der GAL-Fraktion und der FDP-Fraktion gemäß Paragraf 26 Absatz 6 unserer Geschäftsordnung das Wort begehrt wird.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die SPD hat im Bundestag im Mai 2011 einen Antrag gestellt mit dem Titel "Mehr Bewegungsfreiheit für Asylsuchende und Geduldete". Im Petitum hieß es:
Dem stimmen wir voll inhaltlich zu. Der Bundestag hat den Antrag mit Mehrheit abgelehnt. In Hamburg könnte die SPD handeln, und hier tut sie es nicht. Ich will Ihnen offen sagen, Sie entwerten Ihre politischen Positionen, die Sie im Bund vertreten,
Viele Länder gehen bereits voran. Es ist nämlich jetzt möglich, die Bewegungsfreiheit zu erweitern. Berlin und Brandenburg haben ein Abkommen geschlossen, Niedersachsen und Bremen, NRW hat erweitert, Schleswig-Holstein hat erweitert, es gibt eine Anfrage an Hamburg, sich der Vereinbarung zwischen Niedersachsen und Bremen anzuschließen, damit die Bewegungsfreiheit der Flüchtlinge über Ländergrenzen hinweg möglich ist. Der niedersächsische Innenminister Schünemann ist für seine Flüchtlingspolitik, man kann es nicht anders sagen, berüchtigt. Ich habe den Eindruck, dass Herr Neumann anzustreben scheint, ihn in den Schatten zu stellen, wenn er nicht einmal das macht, was Herr Schünemann in Niedersachsen macht.
Ich habe gehört, Herr Schäfer, Sie wollen sich auch dazu äußern. Sie werden die Position der SPD, die diese Anträge nicht einmal überweisen will, gleich begründen. Ich frage mich natürlich, welche Argumente es dafür gibt. Mir persönlich fällt kein einziges ein,
gerade nach Ihrem Antrag im Bundestag oder nach dem, was Sie sonst sagen. Tatsächlich hört man, dass es das Argument gibt, die Flüchtlinge kämen dann alle nach Hamburg. Dazu möchte ich eindeutig sagen, erstens wäre das kein Grund, die Debatte der Anträge abzulehnen, denn es gibt ein Menschenrecht auf Freizügigkeit und wir haben die Möglichkeit, diesem Menschenrecht ein Stück weit zur Geltung zu verhelfen. Dagegen gibt es kein Argument.
Zweitens trifft das gar nicht zu. Sie behaupten das, andere Länder sind vorangegangen, Berlin und Brandenburg bauen das aus. Natürlich hätte die SPD auch dort argumentieren können, die Flüchtlinge kämen dann alle nach Berlin. Offensichtlich klappt es aber gut, was man also so hört, trifft nicht zu. Wir könnten es im Ausschuss ausführlich diskutieren und widerlegen, aber das scheinen Sie genau verhindern zu wollen. Ich finde superpeinlich, was Sie machen.
Es ist kein Wunder, dass im Regierungsprogramm nicht ein einziges Wort zur Flüchtlingspolitik steht.
So wie sich Ihre Flüchtlingspolitik in diesem ersten Jahr darstellt, hat sich wahrscheinlich der PC gesträubt, die Worte aufzunehmen, die Sie hätten schreiben müssen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist schon beeindruckend, dass man Argumente widerlegen soll, die man noch gar nicht geäußert hat. Die jetzige Regelung sieht eine gleichmäßige Verteilung von Flüchtlingen über die Bundesländer vor. Das hat seinen guten Grund und sorgt dafür, dass nicht auf irgendeine Art und Weise Bevorteilung oder Benachteiligung stattfindet. Daher sind wir der Meinung, dass es genau so bleiben sollte,
zumal in bestimmten Fällen, wenn aus Gründen von Familienbesuchen und dergleichen ein Antrag gestellt wird, aus einem Bundesland ausreisen zu dürfen, diese Möglichkeiten in Hamburg großzügig geregelt werden. Das geht so weit, dass für diese Anträge, die per Bundesgesetz kostenpflichtig wären, de facto in Hamburg keine Kosten erhoben werden. Des Weiteren sind nach meiner Information auch Eingaben bisher kein wirkliches Problem gewesen, sodass wir der Meinung sind, so wie es ist, ist es gut, und so bleibt es.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dr. Schäfer, Ihr Redebeitrag hat nach den ersten zwei Sätzen schon deutlich gemacht, wie notwendig die Ausschussbefassung zu diesem Thema wäre.
Wahrscheinlich wäre es sogar gut, eine Expertinnen- oder Expertenanhörung zu machen, weil Sie sicher den Vertretern der Bundesländer, die Frau Schneider schon aufgezählt hat – ich kann das gern noch komplettieren –, schlicht und einfach nicht glauben werden. Sie werden andere Expertinnen und Experten zu Rate ziehen, die Ihnen dann sagen, dass diese Öffnung einer Regelung, die europaweit in Deutschland einzigartig ist, nämlich eine strikte Residenzpflicht auf kleine Teile der Bundesländer – die Stadtstaaten haben ihren kleinen Raum zu einer Einheit zusammengefasst –, an der gleichmäßigen Verteilung überhaupt nichts än
dert. Die Zuständigkeit der einzelnen Ausländerbehörden in den Flächenländern, genauso wie in Hamburg, ist völlig unverändert. Mit der Regelung, die jetzt in Schleswig-Holstein, in Berlin, Brandenburg, Niedersachsen und Bremen, in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt,
vielleicht irgendwann in ganz Deutschland außer in Hamburg angewandt wird, ändert sich an dem Wohnbezirk der Flüchtlinge nichts.
Sie sind nicht berechtigt, ihren Wohnsitz woanders zu nehmen, aber sie dürfen diesen Wohnbezirk verlassen, und darum geht es. Sie dürfen soziale Kontakte pflegen,
sie dürfen kulturelle Kontakte pflegen, sie dürfen sich Arbeit woanders suchen. In Hamburg gibt es mehr als 2000 Menschen mit einer sogenannten Duldung. Die Duldung dieser 2000 Menschen dauert schon länger als zehn Jahre. Diese 2000 Menschen haben bisher legal die Hansestadt nicht verlassen dürfen.
Diese sogenannte Verlassenserlaubnis – Herr Grote, nicht Antrag, Verlassenserlaubnis, das Wort muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen – ist ein hochbürokratisches Instrument. Es gibt mehr Ordnungswidrigkeiten, begangen von Flüchtlingen, die die Residenzpflicht verletzt haben, keine Verlassenserlaubnis beantragt haben, dafür aber straffällig nach dem Ausländerrecht geworden sind, als Verlassenserlaubnisse in dieser Stadt. Das sagt doch alles. Berlin und Brandenburg sind anderthalb Jahre nach Umsetzung dieser Regelung zu der Erkenntnis gekommen, dass es keinen überhaupt nur messbaren, geschweige denn unkontrollierten Zustrom nach Berlin gibt. Berlin hatte die gleiche Besorgnis, aber so etwas gibt es nicht. Die Leute bewegen sich frei zwischen Brandenburg und Berlin, sie arbeiten teilweise in Berlin und fahren abends nach Brandenburg zurück. Das ist die Idee von Freizügigkeit. Der Aufenthaltsstatus verändert sich nicht, der Wohnsitz verändert sich nicht.
Sie dürfen da arbeiten, selbstverständlich. Flüchtlinge, die länger als ein Jahr im Land leben, dürfen arbeiten, das wissen Sie genau, Herr Dr. Dressel.
Wir brauchen eine Überweisung an den Ausschuss, um über diese drei Anträge reden zu können. Sie können das nicht im Ernst mit diesen lächerlichen Argumenten von Herrn Dr. Schäfer verweigern.
Liebe SPD-Fraktion, ich bin immer wieder überrascht – das muss nicht immer positiv sein –, dass ich als Vertreter der FDP Sie auffordern muss, bei so einem Thema die Anträge an den Ausschuss zu überweisen. Es geht nicht um eine Meinung von Ihnen, es geht darum, die Anträge im Ausschuss zu diskutieren. Sie haben gerade die Begründung dafür von Frau Möller und Frau Schneider gehört, die wir vollumfänglich teilen. Deshalb noch einmal die Aufforderung, diese Anträge an den Ausschuss zu überweisen.