Protokoll der Sitzung vom 10.05.2012

Das hat sich dann 2009 schon gerächt, als die Einnahmen weggebrochen sind. Es wäre doch schön, wenn Sie daraus lernen würden. Wir haben gerade die konjunkturell bedingte Situation sprudelnder Einnahmen – das schwächt sich auch schon wieder ab –, aber daraus abzuleiten, dass die Schuldenbremse deswegen 2015 Realität werden kann, ist doch der Fehler, den Sie, aber auch viele Vorgängersenate, viele Jahrzehnte gemacht haben. Wir müssen dahin kommen, sicherzustellen, dass die Ausgaben begrenzt sind, dann können wir uns über höhere Einnahmen freuen, um in einzelnen Jahren weniger Schulden aufzunehmen. Aber wenn wir 2020 oder 2019 das Ziel erreichen wollen, dann müssen wir die Ausgaben begrenzen, und das ist die Politik, die der SPD-Senat und die SPD-Fraktion in den nächsten Jahren machen werden. Und es wäre schön, wenn Sie uns dabei begleiten würden und nicht die Hamburger irreführen mit Behauptungen, es ginge alles viel früher.

(Beifall bei der SPD)

Auch die Hamburgerinnen und Hamburger verfolgen die Nachrichten, auch sie wissen, was in Europa los ist oder was in Griechenland passieren kann. Das sind alles Sorgen und Gefahren, die auf unseren Haushalt noch zukommen können. Spielen Sie deswegen nicht mit der Konjunktur, machen Sie eine konsequente Politik, unterstützen Sie uns und machen Sie Vorschläge, wo wir wirklich etwas tun können, um den Haushalt zu sanieren. Die FDP und die GAL haben mit uns gemeinsam die Verfassungsänderung formuliert, aber sie haben auch deutlich gemacht und das heute noch einmal, dass sie unsere Politik kritisch begleiten werden. Darauf freue ich mich, denn das ist ernstzunehmende Kritik, mit der wir uns auseinander

(Dora Heyenn)

setzen können. Aber was Sie machen, ist Theaterspielen und Clownerie, Herr Heintze.

(Beifall bei der SPD)

Frau Hajduk, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wichtig ist mir bei der Diskussion um die Schuldenbremse in Richtung DIE LINKE, dass Sie durchaus anerkennen sollten, dass die Tendenz der falschen Steuereinnahmepolitik stetig in die Defensive geraten ist, seitdem wir eine Schuldenbremse in Deutschland haben. Das sollte Ihnen zu denken geben, und dann sollten Sie vielleicht noch einmal überlegen, ob es sich nicht lohnt, diesen hohen Batzen an Schuldendienst und Zinsen zu reduzieren.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Das haben wir hingekriegt! – Christiane Schneider DIE LINKE: Da haben wir kräftig mitgemacht!)

Das war doch nicht nur einer, jetzt machen wir es einmal ein bisschen seriöser hier.

DIE LINKE kann doch kein Interesse daran haben, dass dieser hohe Posten im Haushalt, der für Zinsen draufgeht, stetig wächst.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD – Dora Heyenn DIE LINKE: Das habe ich doch eben gesagt!)

Dann ist es mir noch ein Bedürfnis, auf Herrn Heintze einzugehen. Lieber Herr Heintze, ich habe nur beschrieben, wie die Geschichte war, dass sich CDU und Grüne in ihrer Finanzplanung darauf verständigt hatten, sich 2010 bis 2014 von der Landeshaushaltsregel, der alten Schuldenregel, die Sie alleine eingeführt haben, zu verabschieden – auch natürlich im Blick darauf, eine Anpassung nach der Schuldenbremse des Grundgesetzes vorzunehmen. Sie irren, wenn Sie hier suggerieren wollen, dass das Einhalten des Grundgesetzes sowieso keine große Kunst sei; da müssen Sie sich einmal die bundesweiten Diskussionen anhören. Ich weiß, dass wir in Hamburg bessere Voraussetzungen haben als in manchen Nachbarländern, aber dass Sie sich hier hinstellen und so tun, als sei es ganz einfach – das suggerieren Sie jedenfalls –, halte ich für unglaubwürdig und auch nicht für ganz ehrlich.

Und was mir am wichtigsten ist: Es kann doch nicht CDU-Ziel sein, einen Fehler das zweite Mal zu machen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja!)

nämlich 2007 eine Schuldenregel zu verabreden, wo man dann im Jahre 2011 schon sieht, dass man sie demnächst nicht einhalten kann, und schon 2009 eine Politik einzuläuten, die deutlich

macht, dass man in den Jahren Schulden aufnehmen muss, in denen es eigentlich verboten sein soll. Ich finde es wichtig, dass wir hier heute eine Verfassung verabschieden, bei der wir sicher sind, dass wir sie, wenn auch unter Anstrengungen, einhalten können und nicht brechen werden. Das ist der entscheidende Punkt und der Unterschied zu dem, was Sie vorgeschlagen haben. Ihr Vorschlag entbehrt einer realistischen Grundlage und so wollen wir nicht mit unserer Verfassung umgehen. – Schönen Dank.

(Beifall bei der GAL, der SPD und der FDP)

Herr Bläsing, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Heintze, Sie verwechseln eine Verfassungsdebatte mit einer Haushaltsdebatte. Wir reden heute in erster Linie über die Verfassung, weil es eben eine Verfassungsänderung geben soll. Dass der Haushalt dabei im Mittelpunkt steht, ist natürlich völlig klar, aber Ihre Argumente, was Sie denn haushaltspolitisch bewegen wollen, sollten Sie sich vielleicht in erster Linie für die Haushaltsberatungen aufheben.

(Roland Heintze CDU: Gilt das auch für Ihre Fraktionsvorsitzende? Die hat auch ganz viel gesagt, was sie bewegen will!)

Wir haben uns einmal die Mühe gemacht, Ihre Haushaltsanträge anzuschauen, die Sie zum letzten Haushalt eingebracht haben.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Jetzt wird die Rechnung präsentiert!)

Es waren durchaus viele Haushaltsanträge, einer enthielt Mehrausgaben, die anderen waren weitgehend neutral. Aber wie Sie die großen Sparanträge – das sind Ihre Zahlen, die Sie hier nennen, manchmal 2014, 2015, die werden hier wild durch den Raum geworfen – erfüllen wollen, diesen Beweis sind Sie bisher schuldig geblieben, Herr Heintze.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Es macht einen Riesenunterschied, ob wir das jetzt so beschließen, wie die drei Fraktionen es eingebracht haben, oder ob wir nichts beschließen. Es gibt die Möglichkeit, dass man nichts beschließt. Das muss man sich so vorstellen, dass das Ziel dann ballistisch angepeilt wird wie bei der Artillerie, quasi im hohen Bogen, und die Einschläge am Ende umso drastischer sind und die Gefahr sehr groß ist, dass das Ziel verfehlt wird. Da ist es doch gut und richtig, es so zu machen, wie es jetzt vorgesehen ist, das Ziel direkt anzupeilen und quasi ein festes Korsett zu haben.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen – Glocke)

(Jan Quast)

(unterbre- chend) : Meine Damen und Herren! Auch wenn das sprachliche Bild vielleicht zur Erheiterung beiträgt, der Redner hat das Wort.

Ich merke aber, dass es bei den meisten angekommen ist.

(Beifall bei der FDP, der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wir peilen das Ziel auf dem direkten Weg an, so wie es definiert ist, und das ist dann auch für jeden Senat bindend, der die nächsten Jahre diese Regierung stellt. Wir wissen eben nicht – ich kann nicht im Kaffeesatz lesen und wenn doch, dann bringt mir das auch nicht viel –, welche Regierung nach der nächsten Wahl am Ruder ist. Das wissen wir alle nicht und wir wissen auch nicht, wie die Konjunktur sich entwickelt. Deshalb ist es gut, da enge Leitplanken zu setzen und das Ziel so zu definieren.

Der Erste Bürgermeister ist heute nicht hier; bevor Herr Holster gleich wieder aufspringt, ich weiß, dass er Besuch vom EU-Parlamentspräsidenten hat. Er hat in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" am 27. Februar dieses Jahres sinngemäß gesagt, das erste Opfer der Schuldenbremse sei die FDP.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das bezieht sich auf die Steuereinnahmen!)

Ich finde es nett – bestellen Sie ihm das, Frau Zweite Bürgermeisterin –, dass er sich Sorgen um die FDP macht. Aber ich kann ihn beruhigen, das Totenglöckchen für die FDP wurde schon sehr oft geläutet, und Sie haben am letzten Wochenende in Schleswig-Holstein gesehen, dass es uns immer noch gibt. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass es uns als FDP auch im nächsten nordrhein-westfälischen Landtag geben wird.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD – Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Die eigentliche Botschaft, die der Erste Bürgermeister mit seiner Haltet-den-Dieb-Aussage vermitteln wollte, zielt in erster Linie in die eigenen Reihen. Ich habe auch mit Interesse die Pressemitteilung des Kollegen Rose gelesen, bei der ich auch nach dreimaligem Lesen das Bekenntnis zu diesem Antrag vermisst habe.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Wir haben in Europa in den letzten zwei Jahren schmerzhaft erfahren, dass es sehr wichtig ist, diese endlose Fortsetzungsgeschichte der Verschuldungspolitik endlich zu stoppen. In anderen Bundesländern teilt die SPD dies in gute Schulden und schlechte Schulden ein. Da muss ich durchaus anerkennen, dass Sie hier weiter sind. Unterm Strich ist alles, was zählt, dass unter uns in diesem Ho

hen Hause eine große Mehrheit dahingehend besteht, dass die Schulden zur verbotenen Liebe der Hamburger Politikperspektive erklärt werden. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, dann kommen wir jetzt zur Abstimmung. Zunächst zum Antrag der CDU-Fraktion aus Drucksache 20/4130.

Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Nun zum Bericht des Haushaltsausschusses aus Drucksache 20/3978. Zunächst zur Ausschussempfehlung aus Buchstabe A.

Nach Artikel 51 unserer Verfassung sind zum einen für die Verfassung ändernde Gesetze zwei übereinstimmende Beschlüsse der Bürgerschaft erforderlich, zwischen denen ein Zeitraum von mindestens 13 Tagen liegen muss. Außerdem müssen beide Beschlüsse bei Anwesenheit von drei Vierteln der gesetzlichen Mitgliederzahl und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten gefasst werden. Das Sitzungspräsidium hat sich davon überzeugt, dass mindestens 91 Mitglieder der Bürgerschaft anwesend sind.

Wer nun der Ausschussempfehlung aus A. folgen möchte und das darin aufgeführte Gesetz zur Änderung der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg aus Drucksache 20/108 beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist es angenommen.

Für das Gesetz haben mehr als zwei Drittel der anwesenden Mitglieder gestimmt. Es ist damit in erster Lesung angenommen worden.

Die zweite Lesung wird dann für eine der nächsten Sitzungen vorgesehen.

Nun kommen wir zu Buchstabe B. der Ausschussempfehlung.

Wer möchte der Ausschussempfehlung aus B. seine Zustimmung geben und das Gesetz zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften aus Drucksache 20/3390 beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch das mehrheitlich angenommen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?