denn es ist auf dem Rathausmarkt gelungen – viele aus diesen Reihen waren auch dort –, das in die Breite der Gesellschaft zu tragen. Wir haben die Aktiven aus dem Hamburger Bündnis und das ist ein unschätzbares Engagement für die Demokratie, aber es ist natürlich noch ein Plus, wenn es gelingt, dass auch Familien mit Kindern zu einer Demonstration gehen, bei der es um so etwas geht. Es kann auch manchmal eine Überwindung sein, wenn selbst Leute aus bürgerlichen Bereichen, die vielleicht sonst nie auf Demonstrationen gehen, sagen: Da gehe ich hin und da bekenne ich Farbe. Das ist an dem Tag gelungen und das ist ein unschätzbarer Wert für diese Stadt und für die Demokratie dieser Stadt.
Trotzdem will ich auch das "Hamburger Abendblatt" zitieren, das danach im Leitartikel schrieb, es wäre nicht in Ordnung zu sagen, die guten Bürger hätten auf dem Rathausmarkt demonstriert und in Wandsbek wären nur die bösen Randalierer unterwegs gewesen, denn auch dort hätten Leute friedlich demonstriert. Auch das verdient unseren Respekt und es gehört zu dieser Diskussion dazu, das gleichermaßen zu benennen.
Trotzdem muss klar sein, wenn wir einen Konsens herstellen wollen, dass es dort auch Übergriffe gegeben hat. Und wir müssen in diesem Konsens festhalten, dass in einem Rechtsstaat Gewalt, von wem auch immer, nicht die richtige Antwort auf Provokationen von Rechtsextremen sein kann. Das kann nicht die Antwort sein, das steht außerhalb des Konsenses.
Deshalb will ich abschließend darauf verweisen, was der Bürgermeister in seiner Rede auf dem Rathausmarkt gesagt hat: Wir achten das Demonstrationsrecht, aber wir verachten die Neonazis.
Wenn das ein Grundkonsens ist, den wir einhalten, dann werden wir es auch weiter schaffen, mit solchen schwierigen Situationen für die Freie und Hansestadt Hamburg so umzugehen, dass wir Demokraten zusammenbleiben, dass wir aufstehen, Farbe bekennen und uns diesen braunen Mob nicht bieten lassen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! 10 000 Menschen haben eindrucksvoll ihren friedlichen Protest auf dem Rathausmarkt gezeigt. Diese Menschen haben bewiesen, wie friedlicher politischer Protest in dieser Stadt funktioniert und – da stimme ich mit Herrn Dr. Dressel überein – diesen Menschen, die friedlich demonstriert haben, gebührt unsere uneingeschränkte Hochachtung in diesem Hause.
In Eilbek haben ebenfalls einige Tausend Menschen demonstriert. Sie haben dort versucht, mit Blockaden den Aufmarsch der Nazis zu verhindern. Das ist gemäß unserer Rechtsprechung ihr unbestrittenes Recht. Dennoch muss sich jeder Blockierer die Frage gefallen lassen, wie er mit den Grundrechten anderer umgeht. Das ist gerade noch einmal sehr deutlich geworden bei dem Beitrag von Frau Schneider. Frau Schneider, Sie haben versucht abzuleiten, dass diejenigen, die dort bei den Nazis demonstriert haben, dieses Recht nicht gehabt haben.
Und diese Nazis, das mag uns allen nicht gefallen, haben ihr Grundrecht vor einem Gericht durchgesetzt. Das mögen wir kritisieren und für falsch halten, aber wir leben in einem Rechtsstaat. Und ich finde es gut und richtig, dass in einem Rechtsstaat dieses Recht nicht zur Disposition von Politik oder Parteien steht. Wenn ein Gericht entschieden hat, dass es so ist, dann hat man das zu akzeptieren.
Wir müssen als Rechtsstaat aushalten, dass solche Horden in Hamburg demonstrieren, ob es uns gefällt oder nicht. Wir haben nicht das Recht zu sagen, diese Menschen dürften das Grundrecht auf Demonstration nicht wahrnehmen. Das geht nicht und das heißt für mich auch, dass der Staat die Grundrechtsausübung, ob sie uns gefallen mag in diesem Fall oder nicht, zu gewährleisten hat, und die Polizeibeamten sind hier dafür zuständig gewe
sen, diese Grundrechtsausübung der Nazidemonstration zu gewährleisten. Das hat nichts, aber auch gar nichts damit zu tun, dass die Polizei den Weg frei gemacht hat für diese Nazis. Es hat auch nichts damit zu tun, dass die Polizei gar Sympathien dafür gehabt hat. Die Polizei hat für uns alle den demokratischen Rechtsstaat gesichert, nicht mehr und nicht weniger, und dafür gebührt ihr Dank.
Dann hatten wir noch diejenigen, die mit unserer Demokratie genauso wenig am Hut haben wie der braune Mob. Ich habe es schon häufiger an dieser Stelle gesagt und sage es immer wieder gerne: Wer meint, er kann in der politischen Diskussion und Auseinandersetzung seine Argumente mit Gewalt durchsetzen, verliert jede, aber auch jede moralische Rechtfertigung.
Die gewalttätigen Chaoten, die in Eilbek für bürgerkriegsartige Zustände gesorgt haben, sind nicht um ein Jota besser als dieser hirnlose braune Mob.
Sie gefährden die Demokratie im selben Maße wie die Nazis. Die Polizeibeamten hatten hier die schwierige Aufgabe, sich zwischen diesen Antipoden bewegen zu müssen. Ich danke der Polizei ganz ausdrücklich dafür, dass sie sich hier für unseren Rechtsstaat engagiert hat. Ich danke den vielen Polizeibeamten, die mit ihrer körperlichen Unversehrtheit dafür eingestanden sind, dass unser Rechtssystem und unsere Demokratie funktionieren.
Herr Dr. Dressel hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es in diesem Hause fast schon Tradition ist, dass wir uns nach größeren Ereignissen dieser Art im Innenausschuss mit der Aufarbeitung beschäftigen müssen, und auch ich will jetzt keine Ergebnisse vorwegnehmen. Ich erlaube mir aber schon, die Frage zu stellen, ob es wirklich die klügste Entscheidung war, als Ort für diese Kundgebung und damit logischerweise auch für die begleitende Demonstration und auch leider für die zu erwartenden Ausschreitungen einen Stadtteil zu wählen, der mit seinen engen Häuserschluchten und vielen Nebenstraßen aus meiner Sicht wahrlich dafür nicht geeignet gewesen ist. War das wirklich die beste Entscheidung, um die Belastungen, die Schäden und die Beeinträchtigung für die betroffenen Eilbeker zu minimieren? Diese und manch andere Frage werden sich der Innensenator und auch der Polizeipräsident stellen müssen. Es bleibt aber für mich das Resümee, dass wir eine beeindruckende Demonstration auf dem Rathausmarkt erlebt ha
ben. Ich gebe Herrn Dr. Dressel ausdrücklich recht, dass wir das, was wir dort als gemeinsamen Kern erarbeitet haben, gemeinsam fortführen sollten. Wir sollten aber auch genauso energisch zu all denjenigen sagen, die meinen, sie müssten ihre Argumente mit Gewalt durchsetzen: Mit uns nicht, wir stehen für friedlichen Protest und nicht für Gewalt in dieser Stadt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir müssen das noch differenzierter diskutieren, als wir es hier zum Glück schon tun. Herr van Vormizeele, wenn Sie sagen, die Menschen, die in Wandsbek Brandstiftungen oder andere Straftaten begangen haben, seien keinen Deut besser als die Nazis, dann ist das eine unzulässige Relativierung dessen,
was wir historisch gesehen oder aufgrund des aktuellen Diskussionsstands und des Programms der NPD und Nazis wissen.
Aber natürlich müssen wir darüber diskutieren, ob das zum Beispiel überhaupt Politik sein kann. Alle Fraktionen haben deutlich gesagt, dass das Straftaten sind und auch als solche angesehen und geahndet werden müssen. Wir brauchen aber diese differenzierte Diskussion, um diese Bandbreite des Protestes, was Herr Dr. Dressel eben auch gesagt hat, weiterhin zu erhalten; ich bin da sehr skeptisch. Solange wir nämlich die unterschiedlichen Milieus nicht zusammenführen können, mit denen Menschen sich zur Wehr setzen und ihr Demonstrationsrecht wahrnehmen wollen, solange immer wieder differenziert wird zwischen den einen, die ein buntes, friedliches Fest auf dem Rathausmarkt gefeiert haben, und den anderen, die genauso friedlich zu Tausenden ihr Demonstrationsrecht wahrgenommen haben, werden wir diese große Bandbreite des Protestes, die wir am 2. Juni hatten, nicht wieder erreichen. Es muss nämlich auch möglich sein, in die Nähe des Akteurs, gegen den man sich bei seiner Demonstration wendet, kommen zu können, in diesem Fall also in Wandsbek zu demonstrieren und auch in der Nähe der Route.
Ich glaube auch, dass es notwendig ist, dass wir als Bürgerschaft bei all dem, was wir politisch tun und entscheiden, was wir rügen oder voranbringen wollen, immer auch an dem Thema bleiben, welches politische Handeln eigentlich den Nazis so
viel Nahrung gibt. Warum ist ein Drittel der Menschen interessiert an dem, was wir an rechtsextremem Gedankengut zu lesen, zu hören oder zu sehen bekommen? Das ist doch die große Frage.
Das Signal der Stolpersteine zum Beispiel ist eines, das wichtig war. Ich bin froh, dass es stattgefunden hat, dass wir diese kleine Ehrung hatten. Wir müssen gegen Rassismus in dieser Stadt weiter arbeiten, wir müssen gegen den Chauvinismus in dieser Stadt weiter arbeiten und uns in vielen Punkten wesentlich öffentlicher und deutlicher als Parlament gegen den Rechtsextremismus wehren. Diese Chance, noch einmal so ein breites Bündnis zum Leben zu erwecken, darf man nicht wieder einschlafen lassen.
Gleichzeitig ist es aber mindestens genauso dringend notwendig, die Diskussion zu führen – sie wird im Innenausschuss stattfinden, vielleicht auch noch in Fachtagungen und ähnlichen Gremien –, wie eigentlich der Apparat, an den wir das Gewaltmonopol abgegeben haben, der aus sehr vielen Menschen besteht, die an diesem Tag eingesetzt waren und die einen anstrengenden und gefährlichen Tag hatten, mit so einer Situation umgeht. Deswegen müssen wir über die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes an allen Stellen reden. Wir müssen über die Taktik und über die Strategie reden, wir müssen über die Entscheidungen der Route reden, genauso wie wir darüber reden müssen, warum 700 Menschen eingekesselt wurden, ohne dass hierzu eine richterliche Anordnung eingeholt wurde.
Diese Fragen müssen beantwortet werden, weil wir sonst gar nicht in der Lage sind, überhaupt abschätzen zu können, was beim nächsten Mal passiert. Das NPD-Verbot wird noch eine Weile dauern. Wir werden uns daher auch weiterhin in Hamburg mit Demonstrationen und Versammlungen aus dem rechtsextremen Spektrum auseinandersetzen müssen. Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam eine differenzierte Auseinandersetzung darüber erreichen, wie wir uns politisch dagegen wehren können, wie wir uns mithilfe der Sicherheitsbehörden dagegen wehren können und wie wir diese große Bandbreite des Protestes zusammenhalten können und dann beim nächsten Mal stärker sind, als wir es jetzt schon waren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das, was bisher zu der beeindruckenden Kundgebung der Initiative "Hamburg bekennt Farbe" auf dem Rathausmarkt gesagt wurde, kann ich nur unterstreichen. Dass an einem Samstag im Juni trotz der vielen Freizeitangebote, die natürlicherweise gegeben sind, 10 000 Bürger
den Weg zu dieser bunten Veranstaltung vor dem Rathaus gefunden haben, ist erfreulich und ermutigend. Diese Kundgebung war hoffentlich ein deutliches Zeichen an diejenigen, die von den braunen Ideologen, aber auch von anderen stillschweigenden Unterstützern angegriffen, ausgegrenzt und verfolgt werden. Es gilt, etwas in den Köpfen der Sympathisanten und stillen Unterstützer der rechtsradikalen Kreise zu verändern. Meinungen lassen sich nicht durch Verbote verändern, sondern am besten durch positives Handeln und positive Botschaften, sei es auf Kundgebungen wie am 2. Juni oder sei es in der alltäglichen politischen Arbeit, natürlich auch in der Bürgerschaft.
Verbieten zu wollen, was einem berechtigterweise nicht gefällt oder nur schwer erträglich erscheint, ist in einer pluralistischen Gesellschaft – zum Glück, sage ich – schwierig und unterliegt den Gesetzen des demokratischen Rechtsstaates, und das soll auch so bleiben.
Wir Liberale sind überzeugt, dass die Bundesrepublik Deutschland als stabile Demokratie auch extremistische Minderheiten zu ertragen vermag. Vor diesem Hintergrund müssen wir neben den erfreulichen Ereignissen auf dem Rathausmarkt leider einmal wieder auf Ereignisse im näheren Umfeld von Demonstration und Gegendemonstration eingehen und Folgendes festhalten: Notwendiges Engagement gegen Extremismus, aus welcher Richtung auch immer, kann und darf keine Legitimation für politisch motivierte Gewalt sein.