Protokoll der Sitzung vom 16.08.2012

(Beifall bei der SPD)

Herr Duge hat das Wort für eineinhalb Minuten.

(Jan Quast SPD: Schon zehn Sekunden weg!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Kürze liegt die Würze. Ich nenne ganz kurz einige Punkte. Es ist nicht ganz verkehrt, dass die Politik der Bausenatorin sich vielfach in den Ankündigungszahlen erschöpft hat, aber natürlich brauchen wir sie auch.

Die Bezirke haben sich wirklich sehr angestrengt, die Wohnungsbauzahlen nach oben zu treiben. Es wird sehr viel gemacht, und ich bin ein bisschen erstaunt, mit welcher Hektik auf der anderen Seite die Bausenatorin und ihr Staatsrat dann doch manchmal in die bezirkliche Politik und in die Wohnungsbaupolitik hineinpfuschen und dort in Sachen hineinreden, bei denen die Bezirke gute Arbeit machen und vorankommen. Sie sind in Gesprächen und entwickeln etwas weiter auf diesem Gebiet. Wenn dann dort hineingehauen wird, wird dieser Entwicklung eher geschadet als genutzt. Das ist ein Zeichen dafür, dass eine gewisse Nervosität in der Baubehörde vorhanden ist, ob man das schafft, was man sich vorgenommen hat. Ich würde mir etwas mehr Gelassenheit wünschen und ich würde mir wünschen, dass den Bezirken etwas mehr die Rechte zugestanden werden, die sie bekommen sollen, aber nicht nur die Rechte, sondern auch das Geld und das Personal, um diese Dinge weiter durchzuführen, denn das fehlt.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Frau Sudmann für eine halbe Minute.

Es ist wirklich ein Problem, wenn die CDU sich beklagt, dass zu wenige Wohnungen gebaut werden. Inhaltlich haben Sie recht, und wir haben alle gemeinsam das Problem, dass wir wesentlich mehr als 6000 Wohnungen pro Jahr brauchen.

(Beifall bei der LINKEN und bei André Tre- poll CDU)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Aktuelle Stunde beendet.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 22, Drucksache 20/4521, Senatsmitteilung: Hamburg – Umwelthauptstadt Europas 2011, Abschlussbericht.

[Senatsmitteilung: Hamburg – Umwelthauptstadt Europas 2011 Abschlussbericht – Drs 20/4521 –]

Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Umweltausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? –Herr Kerstan, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Den Titel "Europäische Umwelthauptstadt" gewonnen zu haben als erste Stadt in Europa neben Stockholm, war ein großer Erfolg für Hamburg. Bei der Bewerbung, aber auch bei der Auszeichnung war eines klar: Dieser Titel bedeutet eine große Herausforderung, denn es ist eine anspruchsvolle Rolle, die ausgefüllt werden muss.

Gleichzeitig war aber auch klar, dass dieser Titel eine einmalige Chance war, um das große Menschheitsthema des 21. Jahrhunderts, eine umweltgerechte Zukunft sicherzustellen, zu bewegen, neue Impulse zu gewinnen, Perspektiven aufzuzeigen und Umweltverbesserungen in dieser Stadt anzustoßen, die weit über das Umwelthauptstadtjahr hinausgehen.

Zwischen der Planung und der Ausführung der "Umwelthauptstadt Europas" kam der Regierungswechsel. Und was ist nun unter diesem neuen Senat aus der Umwelthauptstadt geworden? Was hat er mit dieser einmaligen Chance angefangen? Nun haben wir die Antwort dieses Senats, ein Abschlussbericht liegt vor. Die Bilanz, die er mit diesem Abschlussbericht vorlegt, fällt sehr dürftig und mager aus. Dieser Senat hat im Wesentlichen das Programm, das er geerbt hat, sehr lieblos, uninspiriert und pflichtbewusst abgearbeitet und praktisch keine eigenen Initiativen entwickelt. Die Projekte, für die er selbst Urheberschaft beanspruchen konnte, haben einen eher fragwürdigen Nutzen für die Umwelt, teilweise waren diese sogar negativ.

Aber diese Bilanz, die der Senat heute vorlegt, ist nicht nur dürftig. Sie ist auch unehrlich und beschönigend.

(Beifall bei der GAL)

(Dirk Kienscherf)

Beschönigend und unehrlich deswegen, weil der Senat in seiner Bilanz vieles verschweigt. Er verschweigt, dass er im Umwelthauptstadtjahr Europas viele zukunftsweisende Projekte kassiert hat, Projekte gestrichen hat, die Mittel für Umweltschutzprojekte in dieser Stadt zusammengestrichen hat, und dass er auf jegliche zukunftsweisende Ziele komplett verzichtet hat. Wenn der Senat ehrlich und vollständig Bilanz gezogen hätte über sein Umwelthauptstadtjahr, dann wäre eines deutlich geworden, nämlich dass das Umwelthauptstadtjahr unter Führung des SPD-Senats ein Jahr der umweltpolitischen Rückschritte war.

(Beifall bei der GAL und bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Der Senat nennt in seiner Bilanz als herausragendes Projekt sein Busbeschleunigungsprogramm. Was er in seiner Bilanz nicht sagt, ist, dass die Realisierung und auch der Nutzen äußerst fragwürdig sind und alle Experten von diesem Programm überhaupt nicht überzeugt sind. Die Bilanz beim Busbeschleunigungsprogramm verschweigt ebenfalls, dass dies ein äußerst schlechtes, unsinniges und auch untaugliches Ersatzprojekt für viele zukunftsweisende Projekte war: für eine Stadtbahn, für eine Umweltzone, für eine City-Maut und für eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung. All das sind Maßnahmen, die wirklich flächendeckend und wirksam im Umweltbereich gewirkt hätten und die dieser Senat am Anfang des Umwelthauptstadtjahres ersatzlos gestrichen hat.

Als ein Schlüsselprojekt der Umwelthauptstadt nennt dieser Senat "Mein Baum – meine Stadt", ein Beteiligungsprojekt mit den Bürgerinnen und Bürgern. Es ist in der Tat sehr erfolgreich und auch schön zu sehen, dass die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt so engagiert für die Bäume vor ihrer Haustür gespendet haben. Das Bild, das von diesem Projekt allerdings übrig geblieben ist, waren die Senatorin und der Bürgermeister mit ihrem Baum auf dem Rathausmarkt. Von den Bürgerinnen und Bürgern jedoch, die das mit ihrer Aktion ermöglicht hatten, war keine Spur zu sehen. So sieht die Umweltpolitik dieses Senats aus, wenn er überhaupt tätig ist, nämlich mit fremdem Geld PR für das eigene Image zu machen.

(Beifall bei der GAL)

Finanziert wurde das Ganze auf städtischer Seite mit 2 Millionen Euro aus dem Klimaschutzprogramm im Vorgriff darauf, was wir in dem Jahr häufig erleben mussten, nämlich dass aktive Klimaschutzpolitik unter diesem Senat gar nicht mehr stattfindet, sondern dass das Klimaschutzgeld der finanzielle Steinbruch für all die anderen Maßnahmen ist, die dieser Senat vor sich hat. Das sieht man sehr deutlich, denn die Klimaschutzmittel sind unter diesem Senat halbiert worden. Die Leitstelle Klimaschutz wird aufgelöst, der Masterplan Klima

schutz auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben und die EnergieAgentur Hamea mit diesem Haushalt faktisch abgewickelt.

Von all diesen negativen Punkten findet man in Ihrer Bilanz kein einziges Wort. Das ist unehrlich und beschönigend, Frau Umweltsenatorin.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Ein anderes Projekt ist auch Etikettenschwindel, nämlich die Behauptung, dass Hamburg die Energiewende schaffe. Der Senat versucht, 500 Millionen Euro Fehlinvestitionen als Maßnahme für die Energiewende darzustellen. Wenn man nämlich letztendlich dieses Programm sieht, dann stellt man fest, dass bei dem Schulterschluss mit den Energiekonzernen – Energiekonzerne, die gegen die Energiewende vor dem Verfassungsgericht klagen und vor einem Gericht in Washington milliardenhohe Ausgleichszahlungen vom Steuerzahler verlangen, auch hier in Hamburg – überhaupt nichts steht, was den Klimaschutz voranbringt, sondern nur das festgehalten wird, was die Bremser beim Klimaschutz seit vielen Jahren sowieso schon tun. Insofern ist auch dieses Programm nichts anderes als ein finanzieller Rettungsschirm für notleidende Atomkonzerne aus Steuergeldern – von diesem Senat geschenkt ohne Not und ohne jeden Sinn und Zweck für Hamburg.

(Beifall bei der GAL)

Und so, wie dieser Senat im Bereich Umweltschutz im Jahr 2011 der Umwelthauptstadt kein einziges Umweltprogramm und kein einziges Umweltproblem aktiv angegangen ist, genauso geht es jetzt weiter. Die Verkehrspolitik dieses Senats zeigt überhaupt keine Perspektiven, wie mit gesundheitsgefährdendem Lärm, der Zehntausende Menschen in dieser Stadt belastet, auch nur ansatzweise umgegangen werden soll. Dieser Senat zeigt überhaupt keinen Ansatz, wie er die Luftverschmutzung auch nur ansatzweise in den Griff bekommen will. Die hohe Belastung mit Stickoxiden und Feinstaub sind nicht nur gesundheitsgefährdend für ebenfalls Tausende von Bürgerinnen und Bürgern, dieser Senat ist außerdem drauf und dran, sich durch seine Untätigkeit sogar Billionen Euro hohe Strafzahlungen der EU-Kommission einzuhandeln.

Selbst in den Bereichen, die Sie zu Ihrem Haupthandlungsfeld zählen, ist dieser Senat nicht in der Lage, sein schon fast pathologisches Desinteresse an Umweltpolitik beiseitezuschieben, beispielsweise beim Thema Landstrom von Kreuzfahrtschiffen im Hamburger Hafen. Das ist für Kreuzfahrer durchaus ein Imageproblem, die weißen Traumschiffe sind in Wirklichkeit Dreckschleudern, die Sondermüll verbrennen, der an Land gar nicht verbrannt werden dürfte. Das ist ein existenzielles Problem für diese Kreuzfahrer, das die Wirtschaft

selbst erkannt hat. Die AIDA-Kreuzfahrtreederei, die Hamburg häufig anläuft, ist auf diesen Senat zugegangen und wollte ihm Hilfe anbieten, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Bisher gibt es keine Resonanz bei diesem Senat. Die Reederei geht jetzt selbst voran, um ohne diesen Senat Konzepte vorzuschlagen angesichts der Untätigkeit der zuständigen Senatorin Blankau und des Senators Horch.

Letztendlich zeigt sich daran doch eines: Die Untätigkeit dieses Senats ist nicht nur ein Gesundheitsproblem für Tausende von Menschen und ein finanzielles Risiko, sondern dieser Senat wird sogar zum Standortrisiko für die erfolgreiche Kreuzfahrtbranche in Hamburg.

(Beifall bei der CDU)

Ich könnte diese Liste unbegrenzt fortführen, aber so viel Zeit habe ich von meiner Fraktion nicht bekommen. All das zeigt doch sehr deutlich: Seit es in Hamburg die Umweltbehörde gibt, konnte diese Stadt

(Zuruf von Dr. Monika Schaal SPD)

keinen umweltfeindlicheren Senat erleben und das ausgerechnet im Jahr der Umwelthauptstadt Europas.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Umwelthauptstadtjahr liegt nun hinter uns, aber es gibt große Projekte in den Bereichen, die jetzt vor uns liegen. 2013 ist das Präsentationsjahr der internationalen gartenschau und der Internationalen Bauausstellung. Diese Projekte sind von anderen Senaten auf den Weg gebracht worden, sie sollen zukunftsweisende Projekte anstoßen im Bereich Umweltschutz und Stadtentwicklungspolitik. Das sind Themen, für die die zuständige Senatorin, aber auch der Bürgermeister bisher noch nicht einmal den Hauch eines Interesses gezeigt haben.

So traurig es auch ist, die Wahrscheinlichkeit ist dadurch sehr groß, dass bei diesen großen Projekten das gleiche Desaster eintreten wird wie bei der Umwelthauptstadt Europas. Unter Olaf Scholz und der SPD – so traurig es auch ist – droht Hamburg zur Hauptstadt der verpassten Chancen zu werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort hat Frau Dr. Schaal.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD hat vor der Wahl versprochen, das Konzept der Umwelthauptstadt umzusetzen. Das hat der Senat getan, Punkt für Punkt, ob lieblos oder nicht.

(Heiterkeit bei der CDU und der GAL)

Es ist umgesetzt worden, auch mit viel Engagement, und das trotz Ihrer Kritik, Herr Kerstan. Hamburg ist jetzt dank der Auszeichnung europaweit als eine lebenswerte, grüne und umweltfreundliche Stadt bekannt.

Das Budget für die Umwelthauptstadt, circa 10 Millionen Euro, wurde eingehalten, auch dank der Großzügigkeit der Sponsoren. Eine Nachnutzung für den "Zug der Ideen" und den Info-Pavillon ist inzwischen gefunden und finanziert.

(Dietrich Wersich CDU: Immerhin nicht die thermische Verwertung! Da sind wir ja schon froh!)

Ich bin der Meinung, der SPD-Senat hat im Umwelthauptstadtjahr zusätzlich ordentlich Butter bei die Fische getan, und zwar zusätzlich zu dem Marketingkonzept, das wir früher immer kritisiert haben.

(Beifall bei der SPD)

Was geleistet wurde, steht in der Drucksache, und das kann sich sehen lassen. Das haben Sie nicht erwähnt, aber man kann es nachlesen, Herr Kerstan.