Protokoll der Sitzung vom 29.08.2012

Noch einige Punkte zu dem, was Sie gefordert haben. Es entstand so ein bisschen der Eindruck, als sei noch gar nichts geschehen. Zum einen fordern Sie mehr Ausbildungskapazitäten. Wenn ich richtig informiert bin, haben alle Bewerberinnen und Be

(Christiane Blömeke)

werber die Zulassung in die sozialpädagogischen Assistenzen beziehungsweise in die Fachschule für Sozialpädagogik erhalten. Außerdem findet bereits jetzt eine Anpassung der Ausbildungsprüfungsordnung statt. Hier sollten wir das HIBB eng begleiten. Ich glaube nicht, dass wir dem Vorschlag Baden-Württembergs folgen sollten, sondern wir haben schon – Sie haben richtig darauf hingewiesen – die Möglichkeit, dass sozialpädagogische Assistenten und Assistentinnen eine kürzere Ausbildung bekommen.

(Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vor- sitz.)

Zu den Zulassungsbeschränkungen. Wir müssen ganz genau darauf schauen, was da passiert. Es ist eine interessante Überlegung, ob man vor Ausbildungsbeginn tatsächlich bereits eine zweijährige Ausbildung abgeschlossen haben muss. Allerdings finde ich Ihre Einschätzung des Verkäuferinnenberufs ein bisschen schwierig. Für mich ist dieser Beruf durchaus ehrenwert; ich hätte so etwas nicht gesagt.

(Beifall bei der SPD – Christiane Blömeke GRÜNE: Das habe ich doch nicht gesagt!)

Ob man darüber nachdenken kann, das können wir noch überlegen.

Zum Schluss: Sie haben eben ganz locker gesagt, wir sollten die Ausbildungszahlen und die Zahl der zukünftigen Studentinnen und Studenten erhöhen. Hier einfach mal so den Hochschulpakt aufzubrechen, ist ein bisschen schwierig, zumal Sie dann sagen müssten, wo die Mittel dafür herkommen sollen. Insgesamt sind wir aber auf einem guten Weg. Wir können das gern gemeinsam beraten und darauf freue ich mich. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr de Vries.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Bedeutung der frühkindlichen Bildung für die Entwicklung unserer Kinder ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Was in der frühkindlichen Bildung versäumt oder vernachlässigt wird, lässt sich später nur schwer und nur in Grenzen und mit sehr hohem Aufwand nachholen. Das ist eine allgemeine Erkenntnis, die wir alle teilen. Die Konsequenz daraus ist, dass gut qualifiziertes Fachpersonal in den Kitas der Schlüssel zur Bildungs- und Betreuungsqualität ist.

Die Erwartungen von Eltern und Gesellschaft an Erzieherinnen und Erzieher sind gestiegen. Damit verbunden ist auch eine Erweiterung ihres Aufgabenspektrums. Das erfordert in hohem Maße Qualifizierungsmaßnahmen nicht nur während der Ausbildung, sondern auch laufende Fortbildung. Auf

der anderen Seite haben wir einen erheblich steigenden Bedarf an Fachkräften; wir haben darüber mehrfach gesprochen. Ich habe dazu eine Schriftliche Kleine Anfrage gestellt. Allein, um den bundesweiten Rechtsanspruch auf Betreuung für Kinder ab einem Jahr zu erfüllen, brauchen wir in Hamburg im nächsten Jahr ungefähr 750 zusätzliche Erst- und Zweitkräfte.

Wir haben also zwei Herausforderungen: Einmal die gestiegenen Anforderungen an die Qualifikationen und zum anderen einen erheblichen Bedarf an Fachkräften, der gedeckt werden muss. Aber – Frau Blömeke hat es richtig zum Ausdruck gebracht – beides ist gar kein Widerspruch, beide Herausforderungen kann man lösen. Es ist ja nicht der Ansatz Ihres Antrags, die Qualitätsansprüche in der Erzieherausbildung herunterzuschrauben, um mehr Kräfte zu gewinnen. Sie hatten einen anderen Ansatz. An der Stelle kann ich gleich noch einmal auf Herrn Czech eingehen: Natürlich ist der Verkäuferinnenberuf ehrenwert. Es ist aber die Frage zu stellen, ob die Ausbildung zur Verkäuferin oder zum Maurer jemanden in höherem Maße dazu befähigt, später ein guter Erzieher zu sein. Werden dort Kenntnisse und Erfahrungen vermittelt, die für die Erzieherausbildung besonders wertvoll sind? Ich glaube, dass das nicht unbedingt der Fall ist. Das heißt, man kann zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Es ist der Vorschlag im Gespräch, so etwas wie ein einjähriges Berufskolleg vorzuschalten, in dem Basiskenntnisse wie Kinderpflege, Kinderhygiene und Ernährungslehre vermittelt werden, um damit den ersten Baustein für die spätere Erzieherausbildung zu setzen. Es ist auch im Hinblick auf den Fachkräftebedarf richtig, wenn wir diese Hürde aus dem Weg räumen, denn es ist für viele, die den Erzieherberuf ergreifen wollen, eine hohe Hürde.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Klar ist aber auch, dass die Qualität der Ausbildung den neuen Bedürfnissen in der Praxis angepasst werden muss. Deswegen ist es auch richtig, die Inhalte der Ausbildung zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Auch dieser Punkt ist richtig.

Der einzige Punkt, wo wir vielleicht kritisch sind, ist die Akademisierung des Erzieherberufs. Wir als CDU wollen nicht, dass nur noch Erzieher mit akademischem Hintergrund in den Kitas arbeiten, wir wollen also keine breit angelegte Akademisierung des Erzieherberufs. Ich glaube, so ist der Antrag aber auch nicht zu verstehen. Wenn er so zu verstehen ist, dass wir Impulse wollen aus der Wissenschaft in die Kitas, die dort dann in den Kita-Alltag stetig einbezogen werden, dann ist das mit Sicherheit auch nicht verkehrt.

Insgesamt ist der Antrag ein guter Anstoß für die Weiterentwicklung der Erzieherausbildung und für

(Matthias Czech)

die Gewinnung der dringend benötigten Fachkräfte, und wir stimmen ihm gerne zu.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg und Jens Kerstan, beide GRÜNE)

Herr Ritter, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben heute schon viel über den Beruf des Erziehers und der Erzieherin gesprochen. Er ist im Wandel: Die Anforderungen an die Fachkräfte steigen, und die Erwartungen der Eltern an die Kita sind heutzutage höher als vielleicht noch vor einigen Jahren. Gleichzeitig haben wir einen massiven quantitativen Ausbau der Betreuungsangebote, und obwohl wir in Hamburg durch das Kita-Gutscheinsystem eine gute Ausgangslage haben, fehlen auch hier Fachkräfte.

Was bis jetzt noch nicht erwähnt wurde, sind die hohen Teilzeitquoten. Wir haben in Hamburg im Vergleich zu anderen Bundesländern besonders viele Erzieherinnen, die in Teilzeit arbeiten. Teil der Lösung kann nicht nur sein, dass wir mehr Fachkräfte ausbilden, sondern dass wir auch den vorhandenen Fachkräften ermöglichen, Vollzeit zu arbeiten, denn nicht alle arbeiten tatsächlich freiwillig in Teilzeit. Deshalb müssen wir für verbesserte Rahmenbedingungen sorgen und Anreize schaffen.

Zu den akademischen Fachkräften: Wenn ich Frau Blömeke richtig verstanden habe, sprach sie vom Personalmix, das heißt, nicht alle in der Kita sollen, wie Herr de Vries das verstanden hat, akademisiert werden. Wir sind auch für einen Mix in der Kita, allerdings heißt das natürlich auch vor allem, Frau Blömeke, Geld in die Hand zu nehmen, um das zu erreichen. Darüber müssten wir im Ausschuss sprechen, woher das Geld kommen soll, denn das ist immer ein Problem.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Die GRÜNEN fordern angepasste Ausbildungsinhalte und mehr Plätze an Fachschulen oder auch an Fachhochschulen für Umschulungen und Quereinsteigerprogramme. Das ist ein guter Ansatz, es sind auch weitere Anstrengungen nötig, da haben Sie unsere Unterstützung. Durch zahlreiche Gespräche auch in den Kitas haben wir erfahren, dass das Problem ist, dass Absolventen der Fachschulen einfach zu wenig Praxiserfahrung haben. In anderen Ländern gibt es mehr Praxisphasen während der Ausbildung sowie zum Beispiel ein bezahltes Anerkennungsjahr.

Die FDP hat sich überlegt, wie man dieser Probleme Herr werden kann. Wir werden nächstes Mal einen Antrag einbringen, in dem wir konkret eine duale Ausbildung fordern, das heißt also, schneller qualifizierte Erzieher auszubilden, die eine Ausbil

dungsvergütung bekommen. Hier können die Kitas durch mehr Praxiserfahrung profitieren. Ich freue mich, dass der Antrag zur weiteren Diskussion an den Familienausschuss überwiesen wird, oder ich hoffe es zumindest, sodass wir weiter diskutieren können; ansonsten stimmen wir dem Antrag zu.

(Beifall bei der FDP)

Nun hat Herr Yildiz das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Problem des Fachkräftemangels im Bereich der Kindertagesbetreuung ist besorgniserregend und darf nicht unterschätzt werden. Das kann den Kita-Ausbau, der für die nächsten Jahre geplant ist, gefährden. Der Fachkräftemangel betrifft aber nicht nur den Kita-Bereich, da Erzieherinnen und Erzieher auch in anderen Bereichen wie zum Beispiel Soziales und Erziehungsdienste, Hilfen zur Erziehung, offene Kinder- und Jugendarbeit und Schule zusätzlich gebraucht werden. Die Situation verschärft sich aber aus meiner Sicht noch durch den extrem hohen Anteil von Teilzeitbeschäftigten, der in diesem Bereich zwei Drittel der Gesamtbeschäftigten ausmacht.

Aber man muss auch ehrlich sein. Ein Arbeitsplatz mit 20 Stunden, von dem man seine Existenz nicht sichern kann, ist nicht gerade attraktiv. Die Probleme bei der Besetzung von Stellen im Bereich der "Ganztägigen Bildung und Betreuung" sind ein erstes Warnsignal für uns. Auch die Lockerung der Regelungen zum Einsatz von Berufsfremden ist nicht zielführend. Nicht umsonst ist im Landesrahmenvertrag vereinbart, dass Erzieher und Erzieherinnen als Fachkräfte fest eingeschrieben sind. Das ist natürlich berechtigt, weil man Qualität vorziehen muss. Wenn das den Eltern versprochen wurde, dann sollte man dieses Versprechen auch einhalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte festhalten, was in den nächsten Jahren zum Fachkräftemangel führt: erstens der Ausbau im Bereich der unter Dreijährigen, zweitens das KiTaPLUS-Programm zur Verbesserung der Schlüssel, was wir auch begrüßen, und drittens die "Ganztägige Bildung und Betreuung", deren Ausbau dauert.

Wir haben ausgerechnet, dass in den nächsten Jahren etwa 2000 Ganztagsplätze gebraucht werden. Viele Arbeitskräfte werden aufgrund der Altersstruktur aus dem Dienst aussteigen müssen. Dazu kommt, dass wegen der hohen Belastung im Beruf viele Beschäftigte vor dem Erreichen des Rentenalters aus dem Dienst ausscheiden. Man muss sich nur den Index von ver.di anschauen – das ist übrigens eine gute Arbeit. Nur rund ein

(Christoph de Vries)

Drittel der Beschäftigten geht davon aus, gesund die Rente zu erreichen.

(Roland Heintze CDU: Das kann auch mit dem Alter zusammenhängen!)

Das alles ist absehbar gewesen. Nicht nur unsere Fraktion, auch die GEW hat seit Langem auf das Problem hingewiesen. Die Erhöhung der Ausbildungsplätze allein reicht nicht aus. Es gibt einfach zu wenige Bewerber und Bewerberinnen in diesem Berufsfeld.

Man muss sich einmal überlegen, was der Einstieg in diesen Beruf fordert. Nach einer langen Ausbildung wartet eine harte, stressige, aber auch schöne Arbeit auf die Menschen. Dazu kommt die schlechte Bezahlung. Ein Beleg ist doch schon das Fehlen von Wartelisten in den Fachschulen. Die prekären Arbeitsverhältnisse erhöhen den Bedarf.

Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht nur kritisieren, sondern konkrete Vorschläge machen. Punkt 1: Kurzfristig können die Träger den Beschäftigten eine Erhöhung ihrer Arbeitsstunden anbieten. Dies ist vor allem im KiTaPLUS-Programm möglich.

Punkt 2: Der Beruf muss attraktiver gestaltet werden. Hierzu gehört vor allem die Übernahme der im Frühjahr vereinbarten Tarifabschlüsse.

(Beifall bei der LINKEN und bei Christiane Blömeke GRÜNE)

Der Senat weigert sich in der Vertragskommission, die Tariferhöhung zu übernehmen. Statt eine Situation wie im Jahr 2010 unter Schwarz-Grün fortzusetzen, die sich die ganze Zeit geweigert haben, die Tariferhöhung zu übernehmen,

(Christiane Blömeke GRÜNE: Das stimmt nicht! Da klatsche ich jetzt nicht!)

sodass es dazu geführt hat, dass auch Beschäftigte aus Randgebieten sich beworben haben, sollte man hier schnell auf die Forderungen der Kolleginnen und Kollegen der Gewerkschaften eingehen und die Tariferhöhung übernehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Blömeke, wir haben dazu drei- oder viermal in der Aktuellen Stunde zwei Anträge eingereicht, und Sie sind auch unter denjenigen gewesen, die dagegen gestimmt haben. Es kann nicht sein, dass das nicht stimmt.

(Jens Kerstan GRÜNE: Die Anträge waren überflüssig, weil wir sie schon übernommen hatten!)

Sie haben auch gesehen, dass es eine Fluktuation gibt und dass andere Probleme auf Sie zukommen.