Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

Warum spreche ich das jetzt an? Es gibt eine Veröffentlichung des zweiten Quartals der HSH Nordbank, und diese Veröffentlichung sieht eine dramatische Situation vor. Das Ergebnis zeigt, dass das, was eigentlich das neue Geschäftsmodell genannt wurde, bisher in keiner Weise greift, und zwar nicht nur bisher, denn die Situation wird eher härter im Zusammenhang mit der HSH Nordbank. Dieses Geschäftsmodell funktioniert nicht. Die Schwierigkeiten dieser Bank wachsen ständig.

Ein Kriterium dafür ist, dass dort die risikogewichtigen Aktiva ausgeworfen werden, die "Risk-Weighted Assets".

(Jan Quast SPD: Das hätte auf Deutsch ge- reicht! – Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vorsitz.)

Sie stiegen innerhalb eines halben Jahres um 30 Prozent auf 60 Milliarden Euro. 60 Milliarden Euro der Kreditsumme sind momentan kritisch, nach offiziellen Kriterien. Wir wissen alle, dass die HSH Nordbank im Zusammenhang mit dem Schifffahrtsbereich eher noch mehr Probleme zu schultern haben wird in der nächsten Zeit. Erstaunlicherweise weist das zweite Quartal sogar auf, dass im Gegensatz zu dem, was die EU vorgeschrieben hat, der Schifffahrtsbereich sogar angewachsen ist. Das ist eine völlig erstaunliche Entwicklung im Gegensatz zu dem, was die EU vorgeschrieben hat, nämlich dass in diesem Bereich die Zahlen sogar angestiegen sind. Das ist auch eine kritische Angelegenheit, die wir uns sehr genau anschauen müssen.

Eine erste Reaktion auf diese schlechten und dramatischen Zahlen ist, dass die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit der Bank erneut heruntergestuft hat. Wir befürchten noch weitere Entwicklungen solcher Art. Diese Situation führt dazu, dass das normale Risikomanagement, das wir als Bürgerschaft dort haben, uns das alle Vierteljahr im Ausschuss anzuschauen, in dieser Situation, die sich meiner Meinung nach dramatisch zugespitzt hat, nicht mehr ausreicht. Wir müssen einerseits eine öffentliche Debatte darüber initiieren, und zwar in der Form, wie ich sie vorschlage, nämlich dass man eine Risikovorsorge dafür von der Stadt zurücklegt, damit man öffentlich darüber debattiert, welche Probleme dort existieren, und nicht damit agiert, was irgendwie überraschend in irgendeiner Form in den nächsten zwei bis fünf Wochen auf uns zukommt.

(Jan Quast SPD: Wo wollen Sie es denn hernehmen, Herr Hackbusch?)

Sie sagen doch immer so schön, dass der ordentliche Kaufmann Vorsorge leisten muss, weil er sonst nicht in der Lage wäre, diese Situation zu

meistern. Außerdem ist die öffentliche Debatte darüber wichtig.

Zweitens haben wir große Zweifel, dass der gegenwärtige Vorstand der Bank in der Lage ist, diese kritische Situation zu meistern. Der Bericht von Q2 zeigt deutlich, dass es große Mängel gibt, und wir verlangen dementsprechend ein externes Monitoring.

(Jan Quast SPD: Was sollen sie machen?)

Wir möchten auch kritisch nachfragen, inwieweit die Begrenzung der Tantiemen, die von der EU gefordert wurde, auch wirklich eingehalten wird. Wir haben nur mitbekommen, dass die von uns eingeforderte schriftliche Bestätigung vom Vorstand bisher nicht vorgelegt worden ist. Also sind wir dort kritisch. Ich möchte Sie dazu auffordern, dass wir diesen Prozess nicht leidend erleben, sondern politisch aktiv organisierend. Das ist das Entscheidende, was wir von der Politik verlangen. Das ist eine große Bank, sie gehört im Wesentlichen uns, und die Belastungen und Bedrohungen sind riesig. Ich freue mich auf die Debatte.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat nun Frau Rugbarth.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die HSH Nordbank hat zur Sanierung im Prinzip drei Aufgaben zu erledigen. Das eine ist die Reduzierung der Bilanzsumme von ursprünglich einmal 208 Milliarden Euro auf 120 Milliarden, da ist sie gut dabei. Das Zweite, damit einhergehend, ist die Aufgabe von Geschäftsfeldern, insbesondere solchen, die dollarbasiert sind wie zum Beispiel Flugzeugfinanzierung oder auch ausländische Immobilienfinanzierung.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Schifffahrt!)

Auch hier ist sie gut dabei. Das Dritte, Sie haben es angesprochen, Herr Hackbusch, ist der Aufbau eines zukünftigen Kernbankmodells. Sie wissen auch, dass erst seit dem Abschluss des EU-Beihilfe-Verfahrens eine Rechtssicherheit darüber besteht, dass dieses Geschäftsmodell genehmigt, dass es bestätigt und abgeschlossen wurde, und das war im September letzten Jahres. Wie man bereits nach einem Jahr ein Geschäftsmodell verwerfen kann, weiß ich nicht, Herr Hackbusch.

(Beifall bei der SPD)

Das Geschäftsmodell der HSH Nordbank hat nicht ständig gewechselt, wie Sie uns in Ihrem Antrag glauben machen wollen. Von Anfang an war klar, dass die HSH Nordbank im Schifffahrtssegment bleibt, zusätzlich Energie und Infrastruktur, und im Unternehmensbereich den Fokus auf große mittelständische Unternehmen im norddeutschen Raum

legt. Diese Umstrukturierung in einem laufenden Geschäftsbetrieb stellt für sich genommen schon in Nicht-Krisenzeiten eine enorme Herausforderung dar und ist umso mehr eine Herkulesaufgabe in einer momentan erneut besonders heftigen Schifffahrtskrise und bei einem wechselnden Euro-Dollar-Währungskurs. Die HSH Nordbank ist einer der weltgrößten Schiffsfinanzierer. Davon auszugehen, dass das keine Auswirkungen auf die Bank haben wird, würde niemandem in diesem Haus einfallen. Insofern stimme ich Ihnen zu, dass sich die HSH Nordbank in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld befindet. Allerdings wird die Situation nicht dadurch entschärft, dass man eine monatliche Berichterstattung einfordert. Wir haben heute bereits ein transparentes Berichtswesen der HSH Nordbank. Im Ausschuss für Öffentliche Unternehmen erfolgt quartalsweise eine Berichterstattung des Vorstands und des HSH-Finanzfonds, Anstalt des öffentlichen Rechts. Die letzte Berichterstattung, Herr Hackbusch, erfolgte am 31. August in einer Sitzung, als DIE LINKE mit Abwesenheit glänzte.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Aha!)

Dort wäre die richtige Stelle gewesen, um das zu debattieren, was Sie in Ihrem Antrag einfordern.

(Beifall bei der SPD und bei Karin Prien CDU)

Zur Erinnerung: Die quartalsbezogene Berichterstattung haben wir als Parlament 2009 durchgesetzt, nachdem wir vom damals schwarz-grünen Senat und dem Bankvorstand anhand nicht sonderlich aussagefähiger Folien zu einer damals alternativlos genannten Entscheidung genötigt wurden, ohne die entsprechenden Grundlagen zu kennen. Aus diesem Grund haben sich die Fraktionen der SPD, der CDU und der GAL seinerzeit in einem gemeinsamen Antrag darauf verständigt, dass es eine regelmäßige Information sowohl über die HSH Nordbank als auch den Finanzfonds geben muss, und zwar im Ausschuss Öffentliche Unternehmen und nicht im Haushaltsausschuss.

Ich frage mich bei Ihrer Forderung nach einer monatlichen Berichterstattung, welchen weiteren Erkenntnisgewinn Sie davon eigentlich erwarten. Das sind Momentaufnahmen, langfristige Trends kann man aus einer monatlichen Berichterstattung nicht erkennen, ganz abgesehen davon, dass es Vorschriften gibt, die einer von Ihnen vorgebrachten Forderung entgegenstehen. Wir sind nicht die einzigen Aktionäre der HSH Nordbank, das ist Ihnen bekannt, und eine bevorzugte Berichterstattung gegenüber einzelnen Aktionären ist schon allein nach dem Aktienrecht nicht zulässig, geschweige denn bei einem kapitalmarktorientierten Unternehmen nach dem Kapitalrecht.

Kommen wir zu den anderen Details aus Ihrem Antrag. Sie bezweifeln das Geschäftsmodell. Tatsa

(Norbert Hackbusch)

che ist, dass das ursprüngliche Geschäftsmodell, Herr Hackbusch, nämlich die seinerzeit förmlich explodierenden Geschäfte mit strukturierten Wertpapieren unter Vernachlässigung realer Kredit- und Kundenbeziehungen zu norddeutschen Unternehmen das falsche Geschäftsmodell war.

(Beifall bei der SPD)

Das jetzige Geschäftsmodell ist erst seit Ende letzten Jahres Gewissheit, und nach einem Jahr kann man noch nicht erwarten, wenn man die Geschäftskunden im norddeutschen Raum vorher so sträflich vernachlässigt hat wie die HSH Nordbank das vor 2009 gemacht hat, dass innerhalb kürzester Zeit das Vertrauen der Kunden zur HSH Nordbank da ist. Da müssen wir ihnen schon noch ein kleines bisschen Zeit lassen. Das ist nachvollziehbar, und da hilft auch kein Monitoring durch das Parlament, den Senat oder wen auch immer.

Jede schlechte Meldung, und das muss man auch sagen, erschwert die Gewinnung von Neukunden und wirkt kontraproduktiv zur Stabilisierung der Bank, so wie Ihr Antrag kontraproduktiv wirkt. Eine Stabilisierung der Bank sollte in unser aller Interesse liegen; Sie haben darauf hingewiesen, dass sie uns gehört. Stattdessen versuchen Sie den Eindruck zu erwecken, dass der Vorstand überfordert sei und die HSH Nordbank mit Buchungstricks über Wasser hält. Das ist vielleicht eine sinnvolle Beurteilung der Arbeit des Vorstands, wenn man die HSH Nordbank mit den Augen der LINKEN betrachtet, die ohnehin niemals in Regierungsverantwortung wollten, sondern nur das Kritisieren im Programm haben.

(Dietrich Wersich CDU: Das haben die auch 40 Jahre erfolglos probiert!)

Die HSH Nordbank hat das Halbjahr mit einem positiven Konzernergebnis von 70 Millionen Euro abgeschlossen. Auch, wenn hierbei Einmaleffekte wie zum Beispiel der Rückkauf von Nachrangdarlehen eine Rolle spielen, ist das in Zeiten einer Wirtschafts- und Finanzkrise doch ein beachtliches Ergebnis und spricht dafür, dass der Vorstand verantwortungsbewusst handelt. Der Bank Buchungstricks vorzuwerfen, ist glatter Populismus, Herr Hackbusch. Wären Sie in der letzten Ausschusssitzung gewesen, dann wüssten Sie jetzt, dass es völlig legitim ist, Beteiligungen zu verkaufen und hybride Finanzinstrumente zur Stärkung der Eigenkapitalbasis zurückzukaufen, und dann wüssten Sie auch, dass es nach dem Handelsgesetzbuch ebenso legitim ist, stille Reserven in offene Reserven umzuwandeln, die dann ebenfalls eigenkapitalstärkend verbucht werden. Das sind keine Tricks. Darüber hinaus unterliegt die HSH Nordbank wie jede andere Bank der Bankenaufsicht.

(Farid Müller GRÜNE: Die hat doch schon lange versagt!)

Mit dem Vorwurf von Buchungstricks wenden Sie sich auch gegen dieses Kontrollinstrument der Bankenaufsicht, ebenso wie Sie sich gegen die treuhänderische Arbeitsaufsicht der EU wenden.

Nun zu den Risiken, Herr Hackbusch. Im Allgemeinen weiß dieses Haus, welche Risiken bestehen. Das sind einmal die aus der Gewährträgerhaftung, die per Jahresende dann noch mit 32 Milliarden valutieren werden. Die würden aber nur in Anspruch genommen, wenn die Bank pleite wäre. Das ist sie definitiv nicht.

Sie haben des Weiteren angesprochen, dass die RWAs um 30 Prozent gewachsen seien. Logischerweise muss während einer Schifffahrtskrise jeder Kredit, der in der Schifffahrtsbank vergeben ist, steigen. Auf das andere gehe ich nicht ein.

(Dietrich Wersich CDU: Wir hätten es auch nicht verstanden, Frau Rugbarth!)

Auch bei der Sunrise sind bis jetzt nur 247 Millionen Euro insgesamt von einer Zweitverlustgarantie realisiert, die auf 7 Milliarden Euro ausgelegt ist. Die Erstverlust-Tranche muss die HSH Nordbank selbst tragen.

Wir werden summa summarum – ich bin ein bisschen knapp in der Zeit – Ihren Antrag ablehnen, ebenso eine Überweisung an den Ausschuss, weil wir über die heutige Debatte hinaus bereits bei jedem zweiten Termin des Ausschusses für Öffentliche Unternehmen die HSH Nordbank auf der Tagesordnung haben und Ihr Antrag keine weiterführenden Impulse über die bisher besprochenen Problemfelder hinaus bietet.

Noch ein Wort an die Fraktionen: Ein schwieriges weltwirtschaftliches Umfeld berechtigt nicht zu populistischer Panikmache.

(Beifall bei Arno Münster SPD)

Das Umfeld und nicht nur die Presse beobachten sehr genau, ob wir als Senat und Parlament hinter unserer Bank stehen. Ich fordere Sie auf, jederzeit mit den Erkenntnissen, die wir im Ausschuss gewonnen haben…

(Glocke)

ich höre sofort auf –,

Darum würde ich bitten, Frau Abgeordnete.

…unter Würdigung aller genannten Einflüsse verantwortungsbewusst umzugehen. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat nun Herr Heintze.

(Andrea Rugbarth)

Ich kann die Intention von Herrn Hackbusch und von der LINKEN gut nachvollziehen, völlig egal, ob man im letzten Ausschuss für Öffentliche Unternehmen dabei war oder nicht. Auch die, die dabei waren, sind mit dem Gefühl hinausgegangen, was dieser Antrag eigentlich zu fassen versucht. Wir haben erstmals die Situation, dass ein Unternehmen sagt, wir sind nicht ganz sicher, ob das Geschäftsmodell funktioniert, weil es nicht so schnell funktioniert, wie es soll. Die Bad Bank macht zwar an dieser Stelle eine gute Arbeit, aber je länger sie arbeitet, desto mehr nähern wir uns den wirklichen Risiken. Und dass es beim Bodensatz irgendwann dazu kommt, dass das nicht mehr zu verkaufen ist, was dort noch liegt, lässt sich leicht erschließen, wenn man genau hinschaut. Wir kommen jetzt in eine Situation – und das ist auch die Intention, die dahintersteht –, wo es unkommod und unsicher wird und wir nicht wissen, was als Nächstes kommt.

Wir sehen den Antrag der LINKEN kritisch, weil wir bei der HSH Nordbank kein Reportingproblem mehr haben. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ein Unternehmen mit den Risiken so intensiv und inzwischen auch so offen und konstruktiv von einem Ausschuss begleitet wurde, wie es bei der HSH Nordbank derzeit getan wird. Daher glaube ich nicht, dass zusätzliche Reportings irgendetwas helfen, und ich glaube auch nicht, dass man mit einem Bankvorstand jeden Monat sein Geschäftsmodell neu diskutieren sollte, insbesondere, wenn man selbst Politiker ist und nicht Bankvorstand. Wichtig ist, dass das Parlament ein wachsames Auge darauf hat, dass das vereinbarte Reporting eingehalten wird. Wir sollten aber nicht damit anfangen, mit den Bankvorständen darüber zu diskutieren, was sie im letzten Monat schlecht gemacht haben. Das halten wir für falsch.