Protokoll der Sitzung vom 24.10.2012

(Beifall bei der SPD)

In diesem Jahr hat der 10. Deutsche Seniorentag zum ersten Mal in Hamburg stattgefunden. Er stand unter dem Motto "JA zum Alter!" und konnte sich einer hohen Akzeptanz und vieler Besucher erfreuen. In den Reden des Bundespräsidenten, der Bundeskanzlerin und des Ersten Bürgermeisters wurde unter anderem Bezug genommen auf die Veränderungen unserer Gesellschaft durch den demografischen Wandel. Der Bürgermeister hat aber auch hervorgehoben, dass es eine ganz wunderbare Entwicklung ist, dass wir alle eine höhere Lebenserwartung haben und das häufig bei besserer Gesundheit als vergangene Generationen. Es ist aber auch darauf hingewiesen worden, dass wir mehr auf die Kompetenz sowie die Lebenserfahrung der über 60-Jährigen und ihre Bereitschaft zum Engagement angewiesen sind und darauf nicht verzichten können, aber auch nicht verzichten wollen.

Schon heute leistet diese Generation viel für die Gesellschaft. Ohne sie gäbe es keinen Mitternachtsbus für Obdachlose, keine Hamburger Tafel, keine ehrenamtliche Hospizbewegung, keine Lesehilfen für Kinder von Migranten und keine aktiven Seniorenbeiräte, sei es auf der bezirklichen oder auf der Landesebene.

(Beifall bei der SPD)

Ein Viertel der Hamburger Bevölkerung ist heute bereits über 60 Jahre alt und älter. Das sind fast 430 000 Menschen mit ganz unterschiedlichen Lebenslagen, Erwartungen und Ansprüchen an die vor ihnen liegende Lebensphase. Wir müssen auf die aktive Teilhabe dieser Menschen setzen. Ihre Erfahrung und ihr Wissen sind wichtig für ein generationsfreundliches Hamburg.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die SPD-Fraktion ist es deshalb heute ein wichtiger Schritt, abschließend den Beschluss über das Seniorenmitwirkungsgesetz zu fassen. Wir haben im Fachausschuss mit vielen Experten über den Gesetzentwurf diskutiert, haben Anregungen aufgenommen und den Entwurf den speziellen Bedürfnissen angepasst und optimiert. Alle Fraktionen haben mit Vorschlägen sehr kooperativ mitgearbei

tet, und am Ende haben wir die nun vorliegende Fassung mit einem sehr breiten Konsens beschlossen.

Mit dem nun vorliegenden Gesetz zur Stärkung der Mitwirkung von Seniorinnen und Senioren am gesellschaftlichen Leben in Hamburg wird die zurzeit geltende Verordnung zur Mitwirkung, die dringend modernisiert werden musste, weiterentwickelt und die Seniorenmitwirkung in Hamburg erstmals auf gesetzliche Grundlagen gestellt.

(Beifall bei der SPD)

Die Altersgrenze wird von 58 auf 60 Jahre angehoben und entspricht damit wieder mehr der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Die bewährte Struktur aus Seniorendelegiertenversammlung und BezirksSeniorenbeiräten auf der Bezirksebene und dem Landes-Seniorenbeirat auf der Landesebene wird in dem Gesetz beibehalten, aber es wird eine breitere Bürgerbeteiligung geben, die wir sehr begrüßen.

Auch wird auf eine ausgewogenere Vertretung beider Geschlechter geachtet und eine Geschlechterquote von 40 Prozent eingeführt. Außerdem müssen ab sofort in jedem Beirat auf Bezirks- und auf Landesebene jeweils eine Frau und ein Mann mit Migrationshintergrund vertreten sein. Angesichts des Gebots der Gleichstellung von Frauen und Männern in unserer Hamburger Verfassung und angesichts der Chance, ältere Menschen mit Migrationshintergrund besser zu erreichen, ist dieses eine gute und richtige Maßnahme.

(Beifall bei der SPD)

Auch in der Anhörung ist die Quote für Migranten von den Experten ausdrücklich befürwortet worden. Wir hoffen, mit dem Seniorenmitwirkungsgesetz noch mehr ältere Menschen aus unterschiedlichen kulturellen Kreisen für eine aktive Teilhabe auch in den Seniorenbeiräten zu gewinnen. Und wir unterstreichen damit die Bedeutung, die wir der Mitwirkung der älteren Generation beimessen.

Dass zukünftig die Bürgerschaft regelmäßig die Tätigkeitsberichte des Landes-Seniorenbeirats erhält und diese dann in den Ausschüssen beraten werden, zeigt, dass es uns wichtig ist, die Belange der älteren Generation stärker in die parlamentarische Arbeit einzubinden, dies auch vor dem Hintergrund der immer größer werdenden Zahl von älteren, von armen und von pflegebedürftigen Menschen, die sich nicht mehr selbst vertreten können. Der demografische Wandel verlangt von uns allen ein Umdenken. Die Themen sind vielfältig, von Barrierefreiheit über Stadtentwicklung, seniorengerechtes Wohnen bis hin zum Abbau von Altersdiskriminierung und Umgang mit einer steigenden Zahl von Pflegebedürftigen. Ein generationsgerechtes Hamburg kommt am Ende aber uns allen zugute. Wir müssen deshalb die Herausforderung des demografischen Wandels in allen Politikberei

(Erster Vizepräsident Frank Schira)

chen untersuchen. Es müssen Handlungsempfehlungen entwickelt werden, wie diesen Herausforderungen begegnet werden kann. Der von der Gesundheitssenatorin vorgestellte Bericht "Älter werden in Hamburg – Bilanz und Perspektiven" gibt dafür eine wichtige Arbeits- und Entscheidungsgrundlage.

Mit der heutigen Verabschiedung des Seniorenmitwirkungsgesetzes wird Hamburg das dritte Bundesland nach Berlin und Mecklenburg-Vorpommern sein, in dem die Seniorenmitwirkung Gesetzesrang hat. Ich glaube, man kann hier von einer bundesweiten Vorreiterrolle Hamburgs sprechen.

Der vorliegende Gesetzentwurf wurde der Bürgerschaft einstimmig bei Enthaltung der FDP zur Verabschiedung empfohlen. Auch wenn nicht alle Wünsche erfüllt werden konnten, schaffen wir damit die gesetzliche Grundlage für eine neue Dynamik bei der Seniorenmitwirkung. Jetzt kommt es darauf an, die neu geschaffenen Möglichkeiten mit Leben zu füllen. Anfang nächsten Jahres werden die neuen Regeln erstmals angewandt. Ich lade alle Seniorinnen und Senioren ein mitzumachen.

Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich bei allen Beteiligten für die konstruktive und sachbezogene Diskussion und hoffe auf eine breite Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Dr. Föcking.

Meine Damen und Herren! Nachdem es eben die ganze Zeit so spannend war, so hoch hergegangen ist und wir so schön gestritten haben, ist es jetzt tatsächlich sehr viel friedlicher. Das kann ich schon ankündigen und das ist der Sache sicherlich auch angemessen. Auch ich möchte mich für die konstruktiven Verhandlungen im Gesundheitsausschuss bedanken. Es ist auch für uns in der Opposition eine schöne Erfahrung, wenn eigene Anregungen angenommen werden und man seine Anträge nicht nur für den Papierkorb erarbeitet.

(Beifall bei der CDU)

Vor einem halben Jahr fand in Hamburg – Frau Timmermann, Sie haben es schon gesagt – der 10. Deutsche Seniorentag statt und viele der rund 20 000 meist älteren Besucherinnen und Besucher machten dabei vor allen Dingen eines ganz deutlich: Sie wollen nicht wie die Herren Statler und Waldorf in der Muppet Show grau und griesgrämig in der Loge des Lebens sitzen und nur auf die Bühne herunterschimpfen. Sie wollen auch weiterhin mitspielen, dabei manch neue Rolle auf der Bühne selbst übernehmen oder aber bei dem einen oder anderen Stück auch Regie führen. Und

das unterstützt die CDU im Land wie im Bund schon seit Langem ausdrücklich.

(Beifall bei der CDU)

Die Möglichkeiten dieses Engagements sind so vielfältig wie die individuellen Lebensläufe. Auch weil es in Deutschland immer weniger jüngere Menschen gibt, ist dieses Engagement der Älteren nicht nur wünschenswert, sondern notwendig. Ohne die Mitwirkung der Älteren in allen Bereichen unseres Lebens wird Deutschland auf Dauer in vieler Hinsicht verarmen.

Der demokratisch-parlamentarische Normalfall der politischen Mitwirkung ist und bleibt auch für die Älteren unter uns natürlich das Engagement in einer Partei. Das darf in diesem altehrwürdigen Plenarsaal durchaus einmal gesagt werden angesichts zunehmender Begeisterung für Beiräte, informelle Initiativen und gelegentliches Wutbürgertum. Nichtsdestoweniger ist es sinnvoll, besondere Belange bestimmter Teile der Bevölkerung auch über solche sachkundigen Beiräte verstärkt in den Blick zu nehmen. Bereits seit mehr als 20 Jahren tun dies in Hamburg die Seniorenbeiräte auf Bezirksund Landesebene. Mit dem neuen Gesetz soll diese Arbeit nun auf eine solidere rechtliche Grundlage gestellt werden. Damit verbindet sich die Hoffnung, mehr Menschen ab 60 für die Arbeit in den Beiräten zu gewinnen als bisher. Das wird auch von der Fraktion der CDU ausdrücklich begrüßt, denn nicht zuletzt brauchen die eine Stimme, die schwer krank und pflegebedürftig nicht mehr selbst für ihre eigenen Interessen sprechen können.

(Beifall bei der CDU)

Die meisten Neuerungen des Gesetzes wurden im Ausschuss weitgehend einvernehmlich gut geheißen. Meine Fraktion unterstützt nicht nur das Ziel, auch ältere Menschen mit Migrationshintergrund zu erreichen, sondern auch die Möglichkeit einer zeitlich oder thematisch begrenzten Mitarbeit. Ebenso begrüßen wir, dass Seniorenvertreter als sachkundige Bürger an den einschlägigen Beratungen der Bezirksausschüsse beteiligt werden können. So werden wir hoffentlich manch zusätzlichen Seniorexperten für diese Arbeit gewinnen können. Für besonders wichtig halten wir es ferner, dass die Hamburger Verwaltung gesetzlich verpflichtet wird, die Seniorenbeiräte dann zu beteiligen, wenn Belange der älteren Generation und des Zusammenlebens der Generationen berührt werden. Gerade diesen Bereich hätten wir uns allerdings etwas konkreter gewünscht, etwa eine konkrete Fachanweisung der Gesundheitssenatorin an die Bezirksämter, damit diese nicht nur nach eigenem Gutdünken die Beiräte mehr oder weniger unterstützen.

(Beifall bei der CDU)

Unklar bleibt auch, wie künftig die Aufwandsentschädigung für die ehrenamtlichen Mitglieder der

(Karin Timmermann)

Beiräte aussehen wird. Dass die geplante Pauschale der sehr unterschiedlichen Arbeitsbelastung der Mitglieder gerecht wird, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Schließlich gehen uns die jetzt vorgesehenen Schulungen für Neueinsteiger nicht weit genug. Wir hätten uns hier eine Fortbildung für alle Beiratsmitglieder gewünscht, auch um das Zusammenwachsen der Beiräte zu fördern. Doch alles in allem halten auch wir das Gesetz für einen guten Wurf. Jetzt müssen wir gemeinsam möglichst viele Hamburger Seniorinnen und Senioren motivieren, nicht grummelnd in der Loge des Lebens Platz zu nehmen, sondern aktiv mitzumischen auf der Bühne des politischen und des Verwaltungshandelns in Hamburg.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD – Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel übernimmt den Vorsitz.)

Frau Fegebank, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Von hier vorn sieht es noch leerer aus als von dort hinten, aber das bekommen wir hin. Es ist schon von meinen beiden Vorrednerinnen Frau Timmermann und Frau Föcking betont worden, dass wir bei diesem Thema von Beginn an ein sehr großes Einvernehmen erzielt haben, nicht zuletzt in den Beratungen nach der Anhörung im Ausschuss. Ich kann mich dem nur anschließen, wir werden dem Gesetz zustimmen, auch wenn wir an der einen oder anderen Stelle gern eine Änderung erwirkt hätten. Einiges von unseren Anregungen ist aufgenommen worden, anderes nicht. Dazu sage ich gleich noch ein, zwei Sätze. Insgesamt aber begrüßen wir, dass die Seniorenmitwirkung jetzt auf gesetzliche Füße gestellt wird, und ich danke allen, die im Ausschuss dabei konstruktiv mitgewirkt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf aus dem Plenum)

Stimmt, meine eigene Fraktion ist gerade sehr dünn vertreten.

(Antje Möller GRÜNE: Aber beschimpfe nicht die, die da sind!)

Nein, die da sind, will ich nicht beschimpfen. Vielen Dank, dass ihr da seid und das Essen bis zur Folgedebatte verschiebt.

Frau Timmermann hat ausgeführt, vor welchen Herausforderungen wir stehen. Umso wichtiger ist es, mit solch einem Gesetz ein Signal zu senden, dass es entscheidend sein wird, Hamburg auch wirklich zu einer generationengerechten Stadt zu machen. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass dieses Gesetz nur ein Baustein für wirkliche Generationengerechtigkeit sein kann. Viele Herausforderungen – die Barrierefreiheit wurde er

wähnt, Wohnangebote wurden erwähnt, aber auch Mobilität und niedrigschwellige Angebote – gehen natürlich weit über das hinaus, was in diesem Gesetz verankert ist. Wir finden es trotzdem richtig und haben uns nach intensiven Beratungen dafür ausgesprochen, diesen Weg mitzugehen. Trotzdem hat uns gerade eine Person in der Anhörung immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Gesetz, sich jenseits der parlamentarischen und parteipolitischen Möglichkeiten zu engagieren, natürlich viele Rentnerinnen und Rentner, viele Seniorinnen und Senioren nicht erreichen wird. Armut, Krankheit, Einsamkeit sind oft die größten Fragen, die Menschen bewegen, wenn sie ein bestimmtes Alter erreicht haben. In der vorigen Bürgerschaftssitzung haben wir sehr intensiv über das Themenfeld soziale Gerechtigkeit gesprochen, das Thema Altersarmut spielte dabei eine große Rolle. Mit rund 5,8 Prozent ist Hamburg leider einer der unrühmlichen Spitzenreiter in der Republik; knapp 20 000 Rentnerinnen und Rentner erhalten Grundsicherung im Alter. Das ist ein Thema, für das wir immer wieder ein Forum schaffen müssen und das durch ein solches Gesetz nicht unbedingt aufgegriffen und abgedeckt wird. Das sind durchaus Themen, von denen ich mir erhoffe, dass sie einen entsprechenden Platz in den bezirklichen Sitzungen der Seniorenbeiräte, aber auch beim Landesseniorenbeirat erhalten. Dafür werden wir uns einsetzen, dafür werden wir uns stark machen, damit gerade diejenigen, die vielleicht nicht unmittelbar angesprochen werden, auch berücksichtigt werden und damit deren Interessen nicht unter den Tisch fallen, nur weil sie den Weg in die Seniorenbeiräte nicht finden.

(Beifall bei den Grünen)

Ansonsten, Stichwort Information, versprechen wir uns von diesem Gesetz, dass die Bezirke einen Impuls erhalten, die Bekanntheit von Bezirksseniorenbeiräten und auch des Landesseniorenbeirats so zu vergrößern, dass sich viele Menschen angesprochen fühlen und dass dafür natürlich auch landespolitisch mit unseren Möglichkeiten gekämpft und gestritten wird, damit nicht, wie es in der Vergangenheit häufig der Fall war – ich habe schon Kritik auf mich bezogen, weil ich das sehr deutlich benannt habe –, die Seniorenbeiräte verlängerte Arme der Parteien werden, sondern die organisierten Senioren ein möglichst breites und buntes Abbild darstellen und auch Einzelne, die sich im Stadtteil, in den Bezirken stark machen, mit bestimmten Themen dort punkten können. Ich hoffe also, dass wir über eine gute Kampagne Teilhabe für diejenigen ermöglichen können, die sich nicht schon im Vorfeld viele Jahre lang in verschiedenen Parteien organisiert haben. Das heißt nicht, dass die dort keinen Platz mehr finden sollen, aber dass wir den Türöffner gerade für die anderen machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

(Dr. Friederike Föcking)

Bleibt mir noch zu sagen – ich hatte es eingangs schon erwähnt –, dass wir insgesamt dem Gesetz zustimmen. Wir hätten uns tatsächlich gewünscht, dass bei der Ausweitung der Bezirksseniorenbeiräte und des Landesseniorenbeirats eine etwas demokratischere Verfahrensweise gewählt wird. Jetzt gibt es die Möglichkeit, dass der Beirat selbst entscheiden kann, ob er weitere Mitglieder hinzuzieht. Wir hätten uns hier eine Wahl gewünscht. Dafür haben wir uns bei den Beratungen eingesetzt, das hat keine Mehrheit gefunden. Ansonsten ist das Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung. Wir werden es weiter intensiv begleiten und natürlich auch in unseren jeweiligen Umfeldern dafür werben, sich für den Bezirksseniorenbeirat oder den Landesseniorenbeirat zu bewerben, um damit das Ganze etwas anzufüttern und zu einem Erfolg zu führen. – Vielen Dank, und danke auch noch einmal für die sehr konstruktiven Beratungen im Ausschuss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Schinnenburg, Sie haben das Wort.