Protokoll der Sitzung vom 25.10.2012

und als Herr Hesse und ich noch Wohnungsbaupolitik gemacht haben, haben wir einmal schlankweg darüber nachgedacht, ob nicht vielleicht auch sozialer Wohnungsbau in den Randgebieten dieser Stadt, die zu Schleswig-Holstein gehören, möglich wäre. Wie erfolgreich wir in dieser Frage gewesen sind, kann man daran erkennen, wie es heute in den Randgebieten unserer Stadt aussieht und wie groß die Wohnungsnot in Hamburg ist.

(Jörg Hamann CDU: Was sind das für unsin- nige Vergleiche? – Gegenruf von Dorothee Martin SPD: Hamann, nun halt Dich mal zu- rück! – Klaus-Peter Hesse CDU: Fehlalloka- tion!)

Dass wir im Norden eine Zusammenarbeit wollen, kann man auch daran erkennen, dass wir diesen Punkt hier ernsthaft diskutieren. Man kann es auch daran erkennen, dass wir die Kooperation zwischen den Bundesländern vorantreiben wollen, und auch an dem SPD-Vorstoß, dass wir den Bericht der Enquetekommission mit Schleswig-Holstein im Verfassungsausschuss zwar beraten wollten, aber erst die Koalitionsverhandlungen abgewartet haben. Wir halten weiterhin an einem gemeinsamen parlamentarischen Ausschuss Hamburg-Schleswig-Holstein fest. Das haben Sie nicht aktiv betrieben, wobei wir glauben, dass dieser gemeinsame parlamentarische Ausschuss sehr viel bessere und zielführendere Arbeit leisten kann, als das nach dem Grundlagenstaatsvertrag, den Sie uns heute vorschlagen, möglich wäre.

(Beifall bei der SPD)

Ein Gremium, das gemeinsam berät – und das ist dann schon die gleiche Augenhöhe, die Sie gefordert haben –, würde die Zusammenarbeit beider Länder sicher sehr voranbringen.

Was nun die Frage der Konkurrenz betrifft, muss man doch noch einmal deutlich machen, dass es immer eine Konkurrenz gegeben hat. Die gibt es im Übrigen zwischen Bad Segeberg und Neumünster, die gibt es zwischen Hamburg und Kiel, die gibt es aber auch zwischen Berlin und Kiel und Berlin und Hamburg. Von daher glaube ich, Konkurrenz durch einen Grundlagenstaatsvertrag ausschließen zu wollen, ist etwas blauäugig. Und das alte Sprichwort, dass Konkurrenz das Geschäft belebt, gilt auch hier.

Wie attraktiv die Zusammenarbeit in der Region ist, erkennt man doch daran, dass die Landkreise in der Metropolregion Hamburg Schlange stehen, um mit uns gemeinsam Konzepte zu entwickeln. Und es gibt keinen, der gesagt hätte, da möchte er eigentlich nicht mitmachen.

(Beifall bei der SPD)

Weil auch uns das Thema wichtig ist, treffen sich zum Beispiel unsere Fraktionsspitzen am nächsten Mittwoch

(Klaus-Peter Hesse CDU: So genau will ich das gar nicht wissen!)

im Hamburger Rathaus und werden schon einmal über viele Dinge beraten.

Wir werden diesen Antrag überweisen, denn uns geht es aktuell darum, die gemeinsame Diskussion wieder aufzunehmen. Ich hoffe, dass die Aufgeregtheit in den Hinterbänken der CDU-Fraktion sich jetzt legt. Ich bin mit meinen Worten am Ende, wir werden überweisen. – Danke.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Duden. – Das Wort hat Herr Kerstan.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat ist Hamburg ein Gemeinwesen, das stolz auf viele Jahrhunderte eigenverantworteter Geschichte ist. Das ist eine große Leistung. Manchmal neigt Hamburg aber auch zu einer gewissen Wagenburgmentalität, die auch in einer Überschätzung der eigenen Kräfte mündet. Denn in einer modernen Welt müssen wir uns doch trotz unserer langen Eigenverantwortung in der Geschichte eingestehen, dass Hamburg viele Probleme in Zukunft nicht allein wird lösen können, sondern auf Kooperation, gute Nachbarschaft und gegenseitige Hilfe angewiesen ist. Das gilt auch im Zusammenhang mit dem Status des Stadtstaates. Ich erinnere nur an die Neuordnung

(Barbara Duden)

des Länderfinanzausgleichs, wo es durchaus denkbar wäre, wenn Hamburg dort nicht auf Partnerschaften und gute Nachbarschaft vertrauen könnte, dass solche Dinge wie das Hafenprivileg, die Einwohnerveredelung oder Ähnliches gestrichen würden. Dann könnte Hamburg sehr schnell in die Lage kommen, in der sich Bremen befindet, nämlich seine eigenen Aufgaben nicht mehr finanzieren zu können. Von daher ist es die existentielle Aufgabe eines Hamburger Senats, auf gute Kooperation mit anderen Landesregierungen zu setzen,

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

insbesondere natürlich mit den direkten Nachbarn. Darum war es immer die gute und unstrittige Politik der letzten Jahre, neben einer engen Kooperation mit Schleswig-Holstein auch im Bereich der Metropolregion zusammenzuarbeiten. Auch hier muss man anerkennen, dass die historischen Grenzen Hamburgs zu klein sind, um in diesem Gebiet allein die strukturellen Entscheidungen zu treffen, die Hamburgs Zukunft sichern. In diesem Bereich ist in den letzten Jahren viel erreicht worden. Wir müssen aber feststellen, dass diese Fortschritte von diesem Senat und diesem Bürgermeister gerade massiv infrage gestellt werden.

(Barbara Duden SPD: Das möchten Sie nicht!)

Denn dass die Zufahrt zum Hamburger Hafen eingeschränkt wird, weil Schleswig-Holstein sich weigert, ein bereits ausgehandeltes Abkommen zu unterzeichnen, und Hamburg mit dem Baggergut nicht mehr weiß wohin und deshalb Schiffe, die den Containerterminal Altenwerder anlaufen wollen, einen halben Meter an Tiefgang einbüßen müssen, das hat es in der Vergangenheit nicht gegeben. Das zeigt, wo nach anderthalb Jahren unter diesem Bürgermeister Olaf Scholz das Verhältnis zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein angekommen ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

Darum bin ich den Kollegen von der CDU dankbar, dass sie mit diesem Antrag dem Parlament die Möglichkeit geben, dem Bürgermeister wieder einmal aus der Sackgasse herauszuhelfen, in die er sich und seinen Senat manövriert hat. Denn es wird sehr deutlich, dass er gerade bei diesem akuten Problem in keiner Weise bereit, willens oder fähig ist, partnerschaftlich mit dem Regierungschef von Schleswig-Holstein darüber zu reden, ob es nicht doch eine Lösung für die Windmesse und für den Hafenschlick gibt, die beiden Seiten nützt. Dafür müsste er allerdings seinen Horizont erweitern und über den Hamburger Kirchturmbereich hinausdenken. Wenn er dazu allein nicht in der Lage ist – und danach hört es sich an, denn wir hören auch bei diesen beiden Themen nichts anderes als Durchhalteparolen –, dann müssen wir als Parla

ment die notwendigen Schritte gehen. Die Initiative der CDU gibt uns dazu die Möglichkeit und das ist auch gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

Ob dann am Ende allerdings etwas herauskommt, wie es die CDU-Fraktion vorschlägt, nämlich ein solcher Grundlagenstaatsvertrag, das können wir noch nicht absehen. Aber es ist ein guter Ansatzpunkt, um diese notwendige Debatte zu führen, und am Ende kann dann vielleicht etwas Ähnliches stehen, wie es die CDU in ihrem Antrag fordert.

Andererseits – und da komme ich auf den Anfang meiner Ausführungen zurück – braucht Hamburg die Zusammenarbeit in ganz vielen Bereichen, und es ist klar, dass eine Kooperation nur mit Schleswig-Holstein die Probleme Hamburgs nicht löst. Beim Thema Hafen, über das wir gerade geredet haben, sind die Hinterlandverkehre nach Süden die entscheidenden und ohne Niedersachsen ist so etwas schwer vorstellbar. Insofern wird man in einer solchen Debatte natürlich auch noch viel stärker die Frage in den Mittelpunkt rücken müssen, ob eine so starke Kooperation wie mit Schleswig-Holstein in manchen Bereichen mit Niedersachsen nicht auch notwendig wäre.

So weit sind wir noch nicht. Eine solche Debatte sollten wir als Parlament führen, gerade auch, um diesem Senat einmal Hinweise zu geben, in welche Richtung er nachdenken sollte. Deshalb freuen wir uns, dass dieser Antrag überwiesen wird, und wir freuen uns auf die Debatte, die notwendig ist und die zielorientiert geführt werden sollte. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kerstan. – Das Wort hat Frau Suding.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen auch von der CDU, ich freue mich, dass offenbar die Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen der CDU im Landtag in Kiel und hier in der Bürgerschaft ganz gut funktioniert.

(Beifall bei Dennis Gladiator CDU)

Das hebt sich wohltuend ab von der Zusammenarbeit der SPD auf Regierungsebene.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Denn immerhin haben Sie den kompakt gehaltenen Antrag der schleswig-holsteinischen Kollegen übernommen, und es ist Ihnen sogar gelungen, den lyrischen Teil noch ein bisschen aufzupeppen.

Im Kern verfolgen aber die CDU-Fraktionen sowohl in Kiel als auch in Hamburg durchaus das gleiche, sinnvolle Anliegen, nämlich dass Verhandlungen über einen Grundlagenstaatsvertrag zwischen

(Jens Kerstan)

Hamburg und Schleswig-Holstein aufgenommen werden.

Es ist klar, wir haben das heute schon oft gehört, dass die beiden Nordstaaten Schleswig-Holstein und Hamburg gemeinsame Interessen haben. Herr Wersich, Sie sind schon auf ein paar Bereiche eingegangen, Straßenbau ist wichtig, Planung im öffentlichen Personennahverkehr, Schul- und Krankenhausplanungen. Sie haben auch schon auf den derzeitigen kritischen Zustand hingewiesen. Wir wissen, dass die Kollegen im schleswig-holsteinischen Landtag sich in der vergangenen Legislaturperiode intensiv in einer Enquetekommission mit den Möglichkeiten einer norddeutschen Zusammenarbeit befasst haben. Am Ende stand sowohl für die CDU, aber auch für die FDP fest, dass ein Grundlagenstaatsvertrag sinnvoll ist, allerdings in erster Linie dann, wenn er von allen norddeutschen Bundesländern getragen wird, also auch von Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Und diese Einschätzung teilt auch die FDP-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft.

Meine Damen und Herren! Wir teilen auch die Auffassung, dass ein Staatsvertrag zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung sein kann. Allerdings bedarf es dazu auch einer intensiven Beteiligung der jeweiligen Parlamente. Wir können also diesen Antrag heute nicht einfach durchwinken und danach auf das Prinzip Hoffnung vertrauen, dass die Genossen Scholz und Albig das schon irgendwie hinbekommen. Das Verhältnis zwischen den Landesregierungen wird nicht automatisch besser, wenn die gleiche Partei am Ruder ist; das haben die Sozialdemokraten in den letzten Monaten sehr eindrucksvoll bewiesen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ein paar Schlagworte, wir haben teilweise schon einiges gehört: Streit um die Windmesse, um den Hafenschlick und um dem Weiterbau der A 24 und

(Barbara Duden SPD: Die A 24 ist durch!)

Irritationen um die S-Bahn-Strecke S4. Wir sehen ganz klar, dass ein SPD-Parteibuch nicht verhindern kann, dass man sowohl in Kiel als auch in Hamburg erst einmal versucht, seine eigenen Interessen durchzusetzen. Dabei hatte es doch gerade die SPD, Herr Dressel, vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein noch so ungeheuer eilig; das erinnere ich noch ganz gut. Wie ein Mantra haben die SPD-Spitzen auf dem Neujahrsempfang, den Ihre Fraktion gegeben hat, die Notwendigkeit der besseren Zusammenarbeit beider Länder immer wieder betont. Ihr Ziel war ein gemeinsamer Ausschuss des Landtages und der Bürgerschaft. Abgesehen von ein paar Ankündigungen und den Treffen der Parlamentspräsidenten ist aber wenig passiert.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das lag nicht an uns, sondern an den ganzen Bedenkenträ- gern neben uns!)

Und ein klares Bekenntnis dazu konnte ich auch in der Rede von Frau Duden eben noch nicht so ganz erkennen.

(Beifall bei der FDP und bei Robert Heine- mann CDU)

Meine Damen und Herren! Im Vorfeld der Verhandlungen über einen Grundlagenstaatsvertrag kommt es aus meiner Sicht darauf an, dass die eigenen Interessen klar definiert werden und dass wir das auch hier im parlamentarischen Raum diskutieren. Allen politisch Verantwortlichen muss dabei im Vorfeld klar sein, dass der Abschluss eines Grundlagenstaatsvertrags zwischen den Bundesländern Kompromissfähigkeit und Kompromissbereitschaft voraussetzt. Natürlich muss es darum gehen, die bestehenden Interessen fair auszugleichen und in Übereinstimmung miteinander zu bringen. Dann kann Kooperation gelingen, auch nachhaltig und auch zum Nutzen aller. Bisher haben wir aber eher salbungsvolle Worte vernehmen dürfen beziehungsweise vernehmen müssen. Der SPDSenat wird radikal umdenken müssen, wenn das gelingen soll.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion wird dem Überweisungsbegehren zustimmen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)