Protokoll der Sitzung vom 23.01.2013

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

also nachdem die SPD-Fraktion um die Aktenvorlage ersucht hat.

(Robert Bläsing FDP: Dann wird ja jetzt alles gut sein!)

Das wird es mit uns ganz bestimmt nicht geben.

Wir haben in der Sache überhaupt keinen Dissens über das Aktenvorlageersuchen. Alle Fragen, die Sie heute gestellt haben, interessieren die SPDFraktion genauso, und es wäre gut gewesen, wenn CDU und GAL als Regierungsfraktion vor drei Jahren zum Nachtrag 4 auch solche kritischen Fragen gestellt hätten. Sie müssen doch akzeptieren, dass das, was Frau Dr. Gümbel vor drei Jahren gesagt hat, noch heute Gültigkeit hat, dass es nämlich während eines laufenden Verhandlungsverfahrens über ein Angebot schwerlich denkbar ist, alle Akten vorzulegen. Es kommt alles auf den Tisch, und zwar dann, wenn die Bürgerschaft mit diesem Thema umfangreich befasst wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung. Zunächst zum Überweisungsbegehren.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/6480 federführend an den Haushaltsausschuss und mitberatend an den Kulturausschuss zu? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das Überweisungsbegehren einstimmig beschlossen.

Wir kommen zum gemeinsamen Antrag der Fraktionen der CDU, GRÜNEN, FDP und DIE LINKE aus Drucksache 20/6644.

Hierzu stelle ich fest, dass der Antrag mit dem nach Artikel 30 der Hamburgischen Verfassung erforderlichem Quorum gestellt worden ist. Das Aktenvorlageersuchen ist damit wirksam zustande gekommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 93, Drucksache 20/6482, das ist der Antrag der FDP-Fraktion: Hamburg braucht einen Masterplan zur Sanierung von Gehwegen, Radwegen und Straßen.

(Anja Hajduk)

[Antrag der FDP-Fraktion: Hamburg braucht einen Masterplan zur Sanierung von Gehwegen, Radwegen und Straßen – Drs 20/6482 –]

Diese Drucksache möchten die Fraktionen der SPD und der LINKEN an den Verkehrsausschuss überweisen. Im Übrigen sind die Fraktionen übereingekommen, diesen Tagesordnungspunkt ohne Debatte zur Abstimmung zu stellen. Wir kommen also zum Überweisungsbegehren.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache an den Verkehrsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist auch das einstimmig.

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 83, 77 und 88, den Drucksachen 20/6465, 20/6349, 20/6470. Das sind die Anträge der Fraktion DIE LINKE: Flächendeckende Begrenzung der Kappungsgrenze auf 15 Prozent in drei Jahren, der CDU-Fraktion: Mietenstabilität – Während der Senat noch an sinnvollen Maßnahmen werkelt, werden im Bundestag die richtigen Entscheidungen getroffen sowie der SPD-Fraktion: Weiter für Verbesserungen im Mieterschutz eintreten – Verordnungsermächtigung für abgesenkte Kappungsgrenze aufgreifen.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Flächendeckende Begrenzung der Kappungsgrenze auf 15 Prozent in drei Jahren – Drs 20/6465 –]

[Antrag der CDU-Fraktion: Mietenstabilität – Während der Senat noch an sinnvollen Maßnahmen werkelt, werden im Bundestag die richtigen Entscheidungen getroffen – Drs 20/6349 –]

[Antrag der SPD-Fraktion: Weiter für Verbesserungen im Mieterschutz eintreten – Verordnungsermächtigung für abgesenkte Kappungsgrenze aufgreifen – Drs 20/6470 –]

Alle drei Drucksachen möchte die Fraktion DIE LINKE an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Frau Sudmann, Sie haben es.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass Sie mit mir in einem Punkt übereinstimmen: Der Mietenwahnsinn ist in Hamburg noch lange nicht beendet. Wir konnten vor Kurzem feststellen, dass Hamburg spitze ist – leider bei der Entwicklung der Mieten für neue

Wohnungen. Es hat eine Untersuchung gegeben, nach der die Mieten bei Neuvermietungen in den letzten fünf Jahren um 20 Prozent gestiegen sind. Das ist schlecht und das ist keine Zukunftsvision für Hamburg. Aber auch die Bestandsmieten, also die Mieten für Menschen, die schon längere Zeit in ihrer Wohnung leben, sind weiter angestiegen. Mittlerweile, so hat das "Hamburger Abendblatt" recherchiert, werden fast 40 Prozent des durchschnittlichen Einkommens für die Zahlung der Miete benötigt. Das ist eine Tatsache, die immer mehr Menschen in Angst und Schrecken versetzt.

DIE LINKE hat hier vor anderthalb Jahren einen Schutzschirm für Mieterinnen und Mieter beantragt. Leider haben SPD und teilweise auch die anderen Fraktionen diesen Antrag abgelehnt oder enorm verwässert. Wir haben damals versucht, Ihnen ganz viele Brücken zu bauen. Weil wir wussten, dass Sie unsere viel weitergehenden Forderungen nicht so beschließen würden, wie wir es uns wünschen, haben wir versucht, Ihnen ganz realpolitisch kleinere Punkte vorzugeben. Immerhin gibt es mittlerweile auf Bundesebene die Chance, eine Mini-Bremse für die steigenden Mieten einzubauen. Noch ist es so, dass innerhalb von drei Jahren die Mieten um 20 Prozent erhöht werden können. Das heißt, um einmal ein Beispiel zu nennen, dass Sie, wenn Sie heute 600 Euro Miete zahlen, innerhalb von drei Jahren 120 Euro mehr zahlen, und wenn Sie Pech haben und Ihr Vermieter immer weiter erhöht, zahlen Sie nach neun Jahren über 400 Euro mehr. Aus 600 Euro Miete können in neun Jahren locker 1000 Euro werden.

Die Möglichkeit, die jetzt geschaffen wurde – und das ist wirklich ein Mini-Schritt, da brauchen sich CDU und FDP gar nicht so hinzustellen und zu sagen, wie super das ist, was die in Berlin gemacht haben –, bedeutet immerhin, dass die Mieterhöhung innerhalb von drei Jahren auf 15 Prozent gedeckelt werden kann. Das klingt nicht viel, aber Sie zahlen dann, um bei dem 600-Euro-Mietenbeispiel zu bleiben, nach drei Jahren maximal 90 Euro und nach neun Jahren maximal 310 Euro mehr. Das sind immerhin 100 Euro, die gespart werden können. Deswegen sagt DIE LINKE, diese Chance müssen wir nutzen, um für ganz Hamburg festzulegen, dass die Mieten innerhalb von drei Jahren um maximal 15 Prozent erhöht werden können.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun haben wir heute drei Anträge vorliegen, die auf den ersten Blick relativ ähnlich sind. Aber wenn Sie genau hinschauen, dann werden Sie feststellen, dass sowohl die CDU als auch die SPD sich darum drücken, ganz klar zu sagen, dass sie für ganz Hamburg diese 15-Prozent-Deckelung haben wollen. Die CDU sagt nur, es sollen entsprechende Verordnungen geschaffen werden, sie äußert sich nicht klar dazu, ob es um 15 Prozent oder um 20 Prozent und um ganz Hamburg geht, die SPD

(Präsidentin Carola Veit)

will sogar nur einen Prüfauftrag an den Senat geben. Ich vermute, dass diese Zögerlichkeit der SPD mit dem Druck aus der Wohnungswirtschaft zusammenhängt. Wir konnten heute, perfekt getimt,

(Dirk Kienscherf SPD: Den haben wir doch schon viel früher gestellt!)

dem "Hamburger Abendblatt", der "Hamburger Morgenpost" und NDR 90,3, um für alle Werbung zu machen, entnehmen, dass der Immobilienverband Nord – Sie hören es an der Begrifflichkeit, also die Interessenvertretung der Immobilienbesitzer und -besitzerinnen – erstaunlicherweise feststellte, der Mietenanstieg in Hamburg sei gebremst. Das ist auch deswegen erstaunlich, weil das nur der IVD, also der Immobilienverband, festgestellt hat. Es gibt andere Untersuchungen von unabhängigeren Instituten, die nicht der Immobilienwirtschaft verpflichtet sind und noch im September 2012 einen ungebremsten Mietenanstieg festgestellt haben. Und wenn ich mir die Pressemitteilung des IVD und diese Interviews anschaue, dann habe ich das Gefühl, die leben in einer ganz anderen Welt. Die wissen gar nicht, was die Probleme der Mieterinnen und Mieter sind. Da sagt Herr Kloth, dass es kein Grundrecht darauf gebe, sich eine Wohnung im Schanzenviertel zu suchen, in anderen Stadtteilen seien doch Wohnungen für unter 11 Euro zu finden. Ich weiß nicht, wer sich Wohnungen unter 11 Euro sucht. 11 Euro, das sind 20 Mark, um das einmal in die alten Verhältnisse zu setzen. Das ist fast doppelt so viel wie die Einstiegsmiete im sozialen Wohnungsbau. Das geht völlig am Bedarf vorbei.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe SPD, wenn Sie sich davon einschüchtern lassen …

(Dirk Kienscherf SPD: Den Antrag haben wir doch schon vorher gestellt!)

Ja, aber Ihr Antrag ist nicht klar. Ich bin sehr enttäuscht, dass Sie unseren Antrag nicht überweisen, weil wir als Einzige klar sagen, dass wir 15 Prozent wollen, und nicht rumeiern. Ich hoffe, dass Sie dem folgen werden.

(Beifall bei Norbert Hackbusch DIE LINKE)

Es wird uns noch viel in Sachen Wohnungs- und Mietenpolitik erwarten, denn mittlerweile haben alle Fraktionen und Parteien erkannt, dass das ein wichtiges Thema für die Bundestagswahl ist. Die SPD macht gerade vor, wie so etwas laufen kann.

Ich habe unseren Antrag auf einen Schutzschirm für Mieterinnen und Mieter schon erwähnt, in dem wir zum Beispiel gefordert haben, den Zeitraum für eine Mieterhöhung um 15 Prozent auf vier Jahre zu verlängern. Das hat die SPD – und Herr Kienscherf war damals, glaube ich, schon im Ausschuss – vehement abgelehnt. Jetzt hat, man

glaubt es kaum, die SPD-Bundestagsfraktion genau das beschlossen. Das heißt, wir müssen alle sehr geduldig sein und kleine Schritte machen, vielleicht bewegt sich dann etwas. Es reicht aber nicht, immer nur zu sagen, die Lösung liege im Neubau. Wir müssen ganz viel dafür tun, dass die Mieten der Menschen, die jetzt in den Wohnungen wohnen, niedriger bleiben und nicht so enorm steigen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Und wir müssen endlich dazu kommen, dass Sie uns in diesem einen Punkt folgen: Wohnungen sind keine Ware. Ich kann mich zwar dafür entscheiden, mir keinen Fernseher zu kaufen, weil ich auf den Fernseher verzichten kann, aber ich kann mich nicht dafür entscheiden, auf eine Wohnung zu verzichten. Deswegen muss Wohnen ein Grundrecht werden, und ich hoffe, dass Sie das langsam einsehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort erhält Herr Kienscherf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Sudmann, Sie haben viel Richtiges gesagt zum technischen Klein-Klein, zu den Umsetzungsmöglichkeiten und was das eigentlich bedeutet; das hatte vom Charakter her etwas von einem Gesinnungsaufsatz. Aber eines ist doch klar, dass wir alles tun müssen, damit es nicht weiter zu frappierenden Mietsteigerungen in dieser Stadt kommt, und wir Sozialdemokraten handeln entsprechend.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben die zwei Themenfelder richtig angesprochen, das eine ist der Wohnungsneubau und das zweite der Mieterschutz. Wenn man sich anschaut, was sich seit dem Regierungswechsel in dieser Stadt zugetragen hat, wo überall Wohnungen gebaut werden und dass wir im letzten Jahr – der eine wird es mehr, der andere weniger erfreut feststellen – über 8700 Baugenehmigungen erteilt haben, dann muss man sagen: Diese Stadt ist auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei der SPD)

Das hat der Senat natürlich nicht alleine geschafft, sondern das wurde – ich habe es schon einmal dargestellt – insbesondere dadurch erreicht, dass wir Verträge mit den Bezirken und der Wohnungswirtschaft geschlossen haben und es uns gelungen ist, dass die Bezirke Flächen bereitstellen und zusammen mit der Wohnungswirtschaft Projekte realisieren und auch die SAGA GWG wieder Wohnungen baut. Das ist eine Maßnahme, die mittelund langfristig zu einer Mietpreisdämpfung beitragen wird, wenn wir weiter entsprechend viele Woh

(Heike Sudmann)

nungen bauen. Wir sind da auf dem richtigen Weg, wir müssen ihn nur verstetigen, und das wollen wir machen.