Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Frau Abgeordnete, einen Moment bitte. – Ich hatte mir gerade schon einmal erlaubt, vier
Abgeordnete der CDU zurechtzuweisen, den Kollegen Wersich und drei andere. Herr Wersich sitzt jetzt vorne, die drei anderen reden immer noch. Meine Damen und Herren, das ist eine Unfreundlichkeit gegenüber der Rednerin und auch gegenüber dem Präsidium. Sie wurden bereits aufgefordert, Ihre Reden einzustellen, bitte tun Sie das jetzt auch.
Wir werden auch dem Wunsch auf Überweisung Ihres Antrags nicht stattgeben. Es gibt keinen Grund, sich im Ausschuss darüber zu unterhalten,
ob wir einen Bericht haben wollen oder nicht, sondern Fakt ist, dass wir eine Zusammenfassung der Vorstandsgehälter haben wollen. Das brauchen wir nicht erst zu bequatschen, sondern das wollen wir haben. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Rugbarth, es ist putzig, dass Sie sagen, die Vorgehensweise der CDU beim Thema Transparenz, die wir Stück für Stück versucht haben herzustellen, wenn auch nicht so weitgehend wie die Transparenzrichtlinie, sei wichtig gewesen, aber nicht ausreichend, und deswegen müsse man diesen SPD-Antrag beschließen. Und dann sagen Sie im gleichen Atemzug, dass Sie das, was dieses Parlament einvernehmlich in der 19. Wahlperiode in der Drucksache 19/6205 beschlossen hat, nämlich die Geschäftsberichte der öffentlichen Unternehmen direkt nach Erscheinen, ob nun gedruckt oder in anderer geeigneter Form, zur Verfügung zu stellen, heute nicht mehr wollen. Mich interessiert ernsthaft, was in der SPDFraktion losgewesen sein muss, seitdem die Anfrage zu den Gehältern in den öffentlichen Unternehmen gestellt wurde. Uns zu erklären, wir stünden beim Thema Transparenz kurz vor Toresschluss, dann aber Zusagen, die Sie dem Senat bereits abgerungen haben, zurückzunehmen und dem CDUZusatzantrag nicht zustimmen zu wollen, ist aber absurd. Sie bescheiden sich als Parlament damit selber, und das halte ich für einen schweren Fehler.
Damit sind wir aber auch mitten im Thema. Was sind Senatszusagen an dieser Stelle wert? Ich kann Ihnen aus den Erfahrungen im Ausschuss Öffentliche Unternehmen sagen: nicht sonderlich viel. Dieser Transparenz-Kodex gilt seit dem 1. Januar 2012 – von Ihnen auf den Weg gebracht, verfochten, was auch immer. Da ist es mir völlig unverständlich, wie der Senat im Mai und im Juni Verträge mit Geschäftsführern Hamburger Unternehmen abschließen kann, die sich im Mehrheitsbesitz Hamburgs befinden, in denen keine Offenlegungspflicht steht. Soweit zu den Zusagen Ihres Senats und soweit zu dem, wie ernst Sie die SPDFraktion an dieser Stelle nehmen.
Es ist mir ein Rätsel, wie so etwas passieren kann und wie Sie sich dann noch hinstellen und behaupten können, das müsse nicht im Ausschuss Öffentliche Unternehmen diskutiert werden. Da bin ich baff. Dieser Senat schließt trotz anderslautender Rechtslage Mitte 2012 – das steht in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage, die ich gestellt habe – Verträge mit Geschäftsführern öffentlicher Unternehmen ab, in denen er den eigenen Transparenzrichtlinien nicht Rechnung trägt und hofft, dass es keiner merkt. Und der anfragenden Presse erklärt er, dass das irgendwie Verlängerungsverträge seien, Genaues wisse man nicht. Das ist ein Verstoß gegen die gültigen politischen Regeln, die Sie mit aufgestellt haben; das nur zum Vertrauen zu diesem Senat. Ich glaube, dazu muss man nichts mehr sagen, hier wird das Parlament mit Füßen getreten.
In Ihrem Antrag, den Sie heute vorlegen und dem wir zustimmen werden, weil er ein guter Start ist, fehlt ganz viel. Wir sollten uns mehr Zeit nehmen. Es fehlt nämlich eine Antwort auf die Frage, wie wir mit Boni umgehen oder wie es mit den Pensionszusagen aussieht. Und es fehlt die Frage – ein ganz wichtiges Thema für uns als CDU-Fraktion, zu dem ich gerne die Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage von heute abwarten würde –, wie die Ziel- und Leistungsvereinbarungen aussehen, die wir mit den Geschäftsführern unserer Unternehmen geschlossen haben. Diese sind für die CDU-Fraktion der Kern der Sache. Ich glaube nicht, dass wir überdurchschnittlich hohe Gehälter und Boni zahlen, zumindest hat das die erste Sichtung der Unterlagen nicht ergeben. Für uns ist es aber wichtig, dass wir Geschäftsführer in unseren öffentlichen Unternehmen haben, die im Dienste der Stadt für die Gehälter, die wir zahlen, nach klaren Zielvereinbarungen arbeiten. Diese Diskussion wollen wir im Ausschuss Öffentliche Unternehmen
führen. Frau Rugbarth, Sie versuchen heute, das mit der gesamten SPD-Fraktion zu verhindern, indem Sie diesen Antrag nicht überweisen wollen. Was das mit Transparenz zu tun hat, müssen Sie mir bitte einmal erklären.
Es tut mir leid, aber wir erleben hier heute eine weitere Show-Veranstaltung. Die SPD-Fraktion versucht, sich um die Frage zu drücken, ob das, was wir an Ziel- und Leistungsvereinbarungen haben, und das, was wir an Boni und Gehältern zahlen, d'accord geht mit dem, was dort geleistet wird. Das ist in erster Linie eine Leistungsdiskussion,
nämlich ob diese Gesellschaften vernünftig geführt werden. Das scheint Sie überhaupt nicht zu interessieren. Sie versuchen stattdessen, ganz schnell einen Antrag durchzubringen. Es ist interessant, wie er entstanden ist. Meine Schriftliche Kleine Anfrage zu den Gehältern musste am 5. März beantwortet werden. Der Senat, welche Überraschung, beschließt am 5. März, dass er das sowieso schon die ganze Zeit gewollt habe – Klammer auf: Seit 1. Januar 2012 gelten die neuen Regeln. Im Mai 2012 verstößt er selber noch dagegen. Dass er da vorher nicht berichten wollte, kann ich sehr gut verstehen, Herr Senator. Und dann sagt die SPDFraktion am 13. März im Nachklapp, weil der Senat das jetzt wolle, wolle sie es auch, aber bitte nicht zu weitgehend und mit nicht zu vielen Rechten in der parlamentarischen Kontrolle. Wenn das SPDPolitik ist, ist mir diese neu. Ich halte es für falsch und appelliere noch einmal an Sie, diesen Antrag im Ausschuss Öffentliche Unternehmen zu beraten und eine vernünftige Kontrolle auf den Weg zu bringen und nicht eine, die nach Gutdünken des Senats funktioniert und nach der er auch andere Verträge schließt, wenn es ihm gerade passt, so, wie er es bereits getan hat.
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Rugbarth?
Herr Heintze, waren Sie im Ausschuss dabei, als wir uns über die Vergütungsstruktur unterhalten haben und der Senat zugesagt hat, dass es eine Beratung über die Vergütungsstruktur geben wird? Das ist bereits zugesagt. Der Senat hat ganz eindeutig gesagt, dass er sich in der Senatskommission darüber unterhalten wird, welche Vergütungsstruktur
er uns letzten Endes präsentieren wird. Waren Sie dabei, als er das gesagt hat? Wenn das so ist, dann behaupten Sie jetzt nämlich etwas Verkehrtes.
Die HHLA, erklärt mir Ihr Senat in Ihrer Drucksache, sei überhaupt nicht zu erfassen. Das ist übrigens rechtlich fragwürdig; das gilt es zu prüfen.
Und Drittens: Zu dem, was Senatszusagen im Ausschuss Öffentliche Unternehmen wert sind, insbesondere im Hinblick auf die Transparenzrichtlinie, weiß ich, dass nach deren Inkrafttreten kommentarlos andere Verträge geschlossen wurden als von der Richtlinie vorgeschrieben. An dieser Stelle habe ich wenig Vertrauen und würde mir ein deutlich klareres und stärkeres Parlament wünschen. Sie haben es in der Hand, dazu beizutragen, tun es hier mit einem Antrag, der aber noch nicht so richtig weit springt, verweigern uns aber, gemeinsam daran zu arbeiten, wie wir das in der Zukunft optimal machen können.
Wenn das neue SPD-Politik ist, herzlichen Glückwunsch. Aber dann schreiben Sie bitte nicht, das sei eine Transparenzinitiative und man würde ganz neue Wege einschlagen. Das tun Sie nicht, Sie lassen dem Senat ein Handeln durchgehen, das Sie ihm eigentlich nicht durchgehen lassen können, und verweigern die wichtige Diskussion über die Leistungs- und Zielvereinbarungen.
Wir glauben, dass man deutlich mehr machen kann, als Sie in Ihrem Antrag fordern. Nach meinem Verständnis sollten wir als Parlament deutlich mehr machen. Trotzdem stimmen wir dem Antrag zu, weil wir einen Anfang nicht verhindern wollen, aber wir stellen den Antrag auf Überweisung, und wir haben einen Zusatzantrag gestellt.
Ich kann nur an Sie als SPD-Fraktion appellieren: Lassen Sie uns effektiv schauen, wie die öffentlichen Unternehmen für Hamburg aktiv sein und arbeiten können. Sie haben die Chance dazu, wenn Sie das überweisen und mit uns diskutieren. Sollten Sie das nicht tun, dann müssen Sie sich an dieser Stelle Intransparenz vorwerfen lassen, und da habe ich Ihren Antrag zumindest von der Überschrift her anders verstanden. Sie haben die Möglichkeit, glaubwürdig zu agieren, dann müssten wir das aber im Ausschuss diskutieren. Ich appelliere also noch einmal an Sie, die beiden Anträge zu überweisen, um zu einer vernünftigen Kontrolle der öffentlichen Unternehmen und ihres Agierens für die Stadt zu kommen und Gespräche über deren Ziel- und Leistungsvereinbarungen führen zu kön
nen. Sie haben es in der Hand, ob Sie es tun oder nicht, liegt an Ihnen. Ich befürchte, dass Sie an der Stelle extrem ignorant sind.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde, wir können beide Anträge beschließen. Vielleicht macht es tatsächlich Sinn, sie nachträglich zu überweisen, damit wir darüber noch diskutieren können. Man kann beide Anträge überweisen, auch, weil Sie noch einmal bei Ihrem Zusatzantrag deutlich gemacht haben, Herr Heintze, dass das nicht in ausgedruckter Form sein muss. Wenn man diese Informationen über sämtliche Geschäftsberichte und Jahresabschlüsse als Parlamentarier elektronisch bekommt, finde ich das nicht falsch angesichts dessen, dass der Bereich der Beteiligungen tatsächlich das große Haushaltsrisiko ist, das unseren laufenden Doppelhaushalt in bestimmten Bereichen belastet. Dieser Risikobereich – wenn wir nicht nur allein an die HSH Nordbank denken – wird uns in den kommenden Wochen noch sehr, sehr intensiv beschäftigen.
Ich möchte aber deutlich sagen, dass zum Thema Transparenz über die Gehälter dieser SPD-Vorstoß besser ist als das, was wir in der letzten Legislaturperiode hatten. Ich sage das ganz offen, denn das kommt nicht in vielen Bereichen vor, aber in diesem wollen wir es lieber zugestehen. Ich habe das eher positiv zur Kenntnis genommen.
Die Transparenz ist auch sehr gut im Sinne der öffentlichen Akzeptanz, weil die zugespitzte Fragestellung war, ob es eigentlich richtig sei, dass Geschäftsführer und Vorstände der öffentlichen Unternehmen mehr verdienen als der Bürgermeister. Dazu sage ich ganz deutlich, dass die Zeiten vorbei sind, in denen die Senatoren- und Bürgermeistergehälter einmal Maßstab für alle Vorstandsverhandlungen waren. In diese Zeit kommen wir nicht zurück. Dahin kämen wir nur zurück um den Preis, die Senatorengehälter kräftig anzuheben. Ich denke, da gibt es keine Zustimmung, jedenfalls nicht von uns und in diesem Hause. Von daher finde ich es sinnvoll, mehr Transparenz und Akzeptanz zu schaffen, aber auch das Thema noch einmal deutlich aufzugreifen, das wir uns von einem Bonussystem erhoffen.
Ich finde es richtig, wenn sich der Senat noch einmal damit auseinandersetzt, ein System zu schaffen, bei dem die langfristige Perspektive des Managements im Vordergrund steht. Das muss man mit einem Bonussystem auch klug zusammenbringen, weil sonst ein Bonussystem auch zu kurzfristigen Managemententscheidungen verleiten könnte. Wir haben in der Tat einzelne Bereiche im Aus
schuss Öffentliche Unternehmen identifiziert, bei denen wir Diskussionsbedarf gesehen haben; die HHLA war das Beispiel. Mit der Höhe der Bonizahlungen im Verhältnis zur tatsächlichen Geschäftsentwicklung sind viele Fragen aufgeworfen worden. Hier bin ich gespannt, welche Antworten der Senat uns im Ausschuss geben wird und wo er Veränderungsbedarf sieht.
Insofern ist das ein wichtiges Thema, wo wir mit Transparenz weiter voranschreiten. Wenn die SPD nachträglich den Antrag an den Ausschuss überweist, dann sind wir vielleicht einen Tick einiger, als es gerade in der Debatte den Eindruck erweckt hat. Wir sehen da jedenfalls durchaus einen Schritt in die richtige Richtung und sind bereit, das auch anzuerkennen. – Schönen Dank.
Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Ich will offen sagen, dass ich am Anfang, als ich diesen Antrag gelesen habe, schon daran gezweifelt habe, ob man dem SPD-Antrag zustimmen sollte oder nicht. Es stellt sich nämlich schon die Frage, ob nicht auch für leitende Angestellte öffentlicher Unternehmen so etwas wie Arbeitnehmerdatenschutz gilt. Öffnen wir möglicherweise nur Tor und Tür für eine Neidund Neugierdiskussion? Und schrecken wir vielleicht nicht gerade die besten Köpfe für unsere öffentlichen Unternehmen ab? Wer liest nämlich schon gern in der Zeitung, wie viel oder wie wenig er verdient. Aber ich sage Ihnen, warum ich meiner Fraktion letztendlich doch empfohlen habe, dem Antrag zuzustimmen, auch dem Zusatz- und dem Überweisungsantrag der CDU.
Die beste Argumentation für den Antrag der SPD habe ich in der amtlichen Begründung für das nordrhein-westfälische Vergütungsoffenlegungsgesetz gefunden – ich zitiere –: