Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/7188 an den Verkehrsausschuss zu? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.
Wer möchte den Antrag der CDU-Fraktion aus Drucksache 20/7188 annehmen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.
Ich rufe die Punkte 59 und 71 auf, das sind die Drucksachen 20/6927 in der Neufassung und 20/7223, Antrag der GRÜNEN Fraktion: FrackingMoratorium für Hamburg – Keine unkalkulierbaren Risiken für unser Grundwasser und die menschlich Gesundheit und Antrag der Fraktion DIE LINKE: Erkundungsstopp für unkonventionelle Erdgasförderung auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg.
[Antrag der GRÜNEN Fraktion: Fracking-Moratorium für Hamburg – Keine unkalkulierbaren Risiken für unser Grundwasser und die menschliche Gesundheit – Drs 20/6927 (Neufassung) –]
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Erkundungsstopp für unkonventionelle Erdgasförderung auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg – Drs 20/7223 –]
[Antrag der CDU-Fraktion: Aufsuchungserlaubnis für Kohlenwasserstoffe auf Hamburger Stadtgebiet kritisch begleiten – Drs 20/7363 –]
Die Fraktionen der SPD und FDP möchten die Drucksache 20/6927 in der Neufassung und 20/ 7363 an den Umweltausschuss überweisen. Zur Drucksache 20/7223 liegen Anträge der SPD-Fraktion sowie der Fraktion DIE LINKEN auf Überweisung an den Umweltausschuss vor.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Bürgerschaftswahlkampf im Jahr 2008 zog der Spitzenkandidat der damals frisch von Mitgliedern des Satiremagazins "Titanic" gegründeten Partei "Die Partei" mit einer sehr markanten programmatischen Aussage aus deren Regierungsprogramm für Hamburg durch die Stadt. Die lautete: Hamburgs Zukunft liegt nicht im Bergbau. Das war damals Politsatire at its best. Wem muss man das in Hamburg eigentlich sagen? Manchmal aber bleiben einem auch Witze im Hals stecken. In der aktuellen Situation im Jahr 2013 besteht durchaus Anlass zur Sorge, dass Wirtschaftssenator Horch das völlig anders sieht,
denn seine Behörde hat im Dezember vergangenen Jahres einer Tochter von ExxonMobil genehmigt, Erdgasfelder in den Vier- und Marschlanden aufzusuchen mit dem eventuellen Ergebnis, dass dort eine höchst umstrittene Technologie inmitten einer Millionenmetropole angewendet wird, das sogenannte hydraulische Fracking. Das ist eine Hochrisikotechnologie, bei der giftige Chemikalien zusammen mit Wasser und Sand in den Untergrund gepumpt werden und die Rückstände dann wieder aufwendig in anderen Bohrlöchern verpresst und endgelagert werden müssen. Seitdem Sie diese Entscheidung getroffen haben, Herr Horch, gibt es bei den besorgten Bürgerinnen und Bürgern in Bergedorf und Harburg viele Fragen, Fragen, die von Ihnen und den restlichen Mitgliedern des Hamburger Senats nicht beantwortet wurden. Da ist zum Beispiel die Frage, was mit unserem Trinkwasser passiert. Die Vier- und Marschlande sind eines der größten Trinkwassergebiete Hamburgs. Naturschutzgebiete und dichtbesiedelte Teile Bergedorfs und Harburgs gehören zum Erkundungsgebiet. Welche Aussage kommt von Ihnen, Herr Horch? Wollen Sie wirklich, dass in diesem Gebiet gefrackt wird, dass dort Bohrungen vorgenommen werden? Wir wissen es nicht. Wenn man auf die Internetseite der BSU oder auch der Wirtschaftsbehörde geht und den Suchbegriff "Fracking" eingibt – das haben besorgte Bürgerinnen und Bürger und übrigens auch ich getan –, dann bekommt man null Treffer. Das ist die Informationspolitik dieses Senats in Bezug auf eine Hochrisikotechnologie, obwohl Sie Vorstufen dieser Anwendung hier beantragt haben. Das ist eine unterirdische und unverantwortliche Politik gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in dieser Stadt.
gab dankenswerterweise auch engagierte Bürgerinnen und Bürger in Bergedorf, die anhand des Transparenzgesetzes Aktenvorlage beantragt haben. Daraufhin hat Ihre Behörde die Erlaubnisakte der Vierlande vorgelegt. Man könnte meinen, jetzt wisse man etwas. Ich möchte Ihnen einmal die Erlaubnisakte zeigen, die den Bürgerinnen und Bürgern zugestellt worden ist, die wirklich besorgt sind und wissen wollen, ob in ihrer Nachbarschaft giftige Chemikalien angewandt werden sollen, ob dort Bohrungen stattfinden oder Bohrplätze in Naturschutzgebieten versiegelt werden. Ich zeige Ihnen das einfach einmal: So geht es los,
dann geht es so weiter, und dann kommt der Maßnahmenplan, den dieses Unternehmen dort beantragt. Da sieht man hier, dass im ersten Jahr alles geschwärzt ist, Im zweiten Jahr ist auch alles geschwärzt, und das geht dann so weiter im dritten, vierten und fünften Jahr, ich will das jetzt nicht weiterführen.
Anscheinend ist Transparenz diesem Senat, der gut regieren will, völlig egal. Sie lassen Bürgerinnen und Bürger mit berechtigten Fragen und Sorgen alleine. Das ist unverantwortlich, Herr Horch, das kann so nicht bleiben, und wir fordern Sie auf, dass Sie sich heute hier erklären.
Diese Erlaubnisakte zeigt aber auch, dass dem Senat nicht nur Transparenz völlig gleichgültig ist, sondern anscheinend auch Umweltbelange und Verbraucherschutz. Aus der Akte geht hervor, dass die Behörde von Frau Senatorin Blankau, die BSU, eine Stellungnahme abgegeben hat, die besagt, dass im öffentlichen Interesse die Erlaubnis versagt werden solle, diese Felder aufzusuchen, um dort Gas zu suchen. Das allgemeine öffentliche Interesse bezieht sich auf den Trinkwasserschutz, weil dort Naturschutz- und Siedlungsgebiete betroffen sind. Ich möchte Ihnen einmal die Erwiderung Ihrer Behörde, Herr Horch, auf diese Stellungnahme vorlegen, auf die hin kurz danach die Genehmigung der Explorationen erteilt wurde. Hier steht:
"Nach Bewertung der Stellungnahme der BSU durch die BWVI als oberste Bergbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg haben sich keine rechtlichen Begründungen für eine Versagung der Aufsuchungserlaubnis ergeben. Die Zustimmung der BWVI zur Genehmigung bleibt uneingeschränkt bestehen."
Können Sie mir das einmal erklären, Herr Horch oder Frau Blankau? Wie ist denn jetzt die Linie des Senats? Die BSU gibt eine fachliche Stellungnahme ab, dass diese Genehmigung aus öffentlichem
Interesse versagt werden müsse. Ihre Behörde, Herr Horch, sagt, das interessiere sie nicht und die Genehmigung werde uneingeschränkt erteilt. Dies zeigt doch nur, dass dieser Senat in einem Konflikt zwischen Umwelt und Wirtschaft wieder einmal ohne Abwägung, ohne jede Begründung und ohne Beteiligung der Betroffenen einseitig zugunsten von Wirtschaftsunternehmen und Energiekonzernen handelt, und das ist unverantwortliche Politik.
Nun ist das Bergrecht ein Bundesrecht, und wir wissen alle, dass das Bergrecht Abbau ermöglichen soll und dass Landesbehörden dieses umsetzen müssen und manchmal nicht die Spielräume haben, die man haben könnte. Aber wir sehen doch in unseren Nachbarländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen, aber auch in NordrheinWestfalen, alle SPD-geführt mit grünen Umweltministern, dass es auch anders geht. Da positionieren sich die Regierungen und sagen, dass sie kein Fracking wollen; das haben Sie unterlassen. Diese Bundesländer sagen, sie würden alle Möglichkeiten nutzen, um die Verfahren so lange zu verzögern, bis das Bundesbergrecht geändert werde, und starten dort auch Initiativen; diese Möglichkeiten stehen Ihnen zu. Sie müssten sich hier aber erst einmal erklären, wie Sie zu dieser Hochrisikotechnologie stehen. Wir erwarten heute Antworten von Ihnen, und die Bürgerinnen und Bürger in den Vier- und Marschlanden erwarten auch, dass Sie Ihr unverantwortliches Handeln der letzten Monate hier und heute korrigieren. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn ich mir die Anträge anschaue, die zu dem angemeldeten Thema vorliegen, dann habe ich den Eindruck, dass die große Mehrheit in diesem Hause sich ablehnend gegenüber der unkonventionellen Gasgewinnung ausgesprochen hat oder ihr zumindest skeptisch gegenübersteht. Auch die SPD-Fraktion kann die unkonventionelle Förderung von Erdgas nach heutigem Wissensstand und vor allen Dingen auf der Basis der heutigen rechtlichen Rahmenbedingungen nicht befürworten,
Wir haben erhebliche Bedenken gegen das Fracking, Herr Hamann, denn zurzeit kann niemand ausschließen, dass Fracking eine Gefahr für Mensch und Tier ist.
Mit Rücksicht auf unsere Wasserversorgung, aus naturschutzfachlicher Sicht und letztlich auch mit Blick auf eine intakte Siedlungsstruktur in Hamburgs Süden lehnen wir Fracking ab – zufrieden?
Das sogenannte Erlaubnisfeld Vierlande reicht über die hamburgischen Staatsgrenzen hinaus und erstreckt sich bis ins südliche Umland. In Bergedorf liegen Wasserwerke mit einer Jahresförderung von 25 Millionen Kubikmetern Trinkwasser. Die Aufsuchungserlaubnis schließt übrigens die Nordheide mit ein; auch von dort bezieht Hamburg einen Großteil seines Trinkwassers. Nun bezieht zwar die Aufsuchungserlaubnis keine Bohrproben, keine Bohrungen und auch kein Fracking ein, aber wir wissen inzwischen auch, dass beim Fracking Chemikalien eingesetzt werden, die hochgiftig sind. Niemand kann zurzeit wirklich sicher ausschließen, dass das Grundwasser und damit unser Trinkwasser durch Fracking gefährdet wird. Darum wollen und dürfen wir keinerlei Risiken eingehen, die die Trinkwasserversorgung der Stadt gefährden könnten.
Im Untersuchungsraum für die Erdgasgewinnung liegen außerdem mehrere ökologisch sensible Naturschutzgebiete wie die Kirchdorfer Wiesen, die Reit, die Borghorster Elbwiesen, Zollenspieker Kiebitzbrack und die Auenlandschaft Norderelbe. Diese Flächen sind als Natura-2000-Gebiete an die EU gemeldet und besonders schutzwürdig. Darüber hinaus finden sich im Süden ausgedehnte Landschaftsschutzgebiete. Es wäre mit Natur- und Landschaftsschutz sicher nicht zu vereinbaren, wenn dort Bohrungen niedergebracht würden. Die Bohrlochdichte beim Fracking und die Verschmutzung mit Chemikalien, ganz abgesehen von der Zerstörung der Landschaft, sind für den Ballungsraum Hamburg nicht hinnehmbar. Beim Erlaubnisfeld Vierlande handelt es sich um teilweise dicht bebautes Siedlungsgebiet. Es umfasst Teile von Bergedorf, Allermöhe und Wilhelmsburg sowie nahezu das Kerngebiet von Harburg mit seinen Industrie- und Gewerbeansiedlungen sowie wichtige Verkehrsflächen. Die gewachsene charakteristische Siedlungsstruktur, die das Gebiet der Vierund Marschlande auszeichnet, verträgt sich kaum mit Bohrtürmen oder Schlammwüsten. Außerdem ist das Aufsuchungsgebiet – daran darf man in diesem Zusammenhang auch erinnern – ein Hochwasserrisikogebiet.
Und noch etwas, meine Damen und Herren: Wer die Erde öffnet, um Gas zu fördern, wird andere erneuerbare Energiequellen aufgeben müssen. Seit Jahren laufen in Hamburgs südlichen Stadtteilen Bemühungen um die Erschließung von Tiefengeothermie. Tiefengeothermie gehört zum IBA-Projekt. Beides aber, Tiefengeothermie und Fracking zusammen, kann es nicht geben, und wir werden uns entscheiden müssen, ob wir langfristig die Möglich
keit, circa ein Drittel der Stadt umweltfreundlich und kostengünstig mit Wärme aus dem Erdinneren zu versorgen, aufgeben wollen zugunsten einer zusätzlichen kurzfristigen Gasausbeute für vielleicht 10 bis 20 Jahre. Auch das gilt es zu bedenken.
Meine Damen und Herren! Viele Städte und Gemeinden in Deutschland und zahlreiche Bundesländer haben Bedenken gegen Fracking geäußert. Der Deutsche Städtetag hat ebenso Bedenken angemeldet wie die Umweltministerkonferenz und schließlich auch der Deutsche Bundesrat. Die Länderkammer hat am 1. Februar den Einsatz umwelttoxischer Substanzen bei der Anwendung der Frackingtechnologie zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Gasvorkommen abgelehnt, solange die Risiken nicht geklärt sind. Hamburg hat sich dem Beschluss angeschlossen und ihn mitgetragen. Es ist schlicht und ergreifend falsch, Herr Kerstan, wenn Sie in Ihrer Presseerklärung behaupten, der Hamburger Senat ignoriere die Risiken.
Die vorliegenden Anträge von Ihnen und von den LINKEN gehen in die gleiche Richtung wie der Beschluss des Deutschen Bundesrats. Wir teilen insgesamt die Intention der Anträge, auch die Intention des Antrags der CDU. Wir möchten alle Anträge an den Umweltausschuss überweisen und schlagen Ihnen weiterhin vor, im Umweltausschuss eine Expertenanhörung zu allen Aspekten durchzuführen, die mit Fracking in Zusammenhang stehen.
Wir wollen Wissenslücken schließen, die im Zusammenhang mit Gefahren für Natur, Umwelt und Kulturlandschaft stehen. Wir wollen natürlich auch wissen, was dort im Zusammenhang mit der Aufsuchung passiert und was das Unternehmen vorhat. Und wir wollen uns selbstverständlich darüber informieren, welche rechtlichen Voraussetzungen etwa gegeben sein müssen, um die Einführung einer verbindlichen Umweltverträglichkeitsprüfung und einer Öffentlichkeitsbeteiligung für FrackingVorhaben durchsetzen zu können, damit wir letztlich verhindern können, dass durch Fracking der Natur- und Wasserhaushalt und schlicht die Lebensgrundlagen unserer Stadt gefährdet werden. – Vielen Dank.