Protokoll der Sitzung vom 10.04.2013

Dann komme ich zu dieser denkwürdigen Schriftlichen Kleinen Anfrage 20/7195, in der die CDUFraktion abgefragt hat, welche Auswirkungen die Tarifsteigerungen denn auf die Einzelpläne hätten. Ich weiß nicht, ob Sie hier gerade eine noch nicht zensierte Vorfassung in der Hand gehabt haben, aber ich kann nur Folgendes daraus vorlesen – Zitat –:

"Die Überlegungen, in welcher Weise sich die Tarifeinigung auf das Zahlenwerk auswirkt, sind noch nicht abgeschlossen."

Das ist zumindest die Anfrage, wie sie dem Parlament zur Kenntnis gegeben wurde. Das ist aber noch nicht genug, wir selbst haben zehn Tage später einmal nachgefragt. Da waren die Überlegungen auch noch nicht abgeschlossen, und Sie haben plötzlich gesagt:

"Die zusätzliche […] Belastung durch den […] Tarifabschluss lässt sich belastbar nicht gegenüber anderen das Personalkostenbudget beeinflussenden Faktoren abgrenzen."

Auf gut Deutsch: Plötzlich kann man das nicht einmal mehr sagen, und ich muss Sie ganz offen fragen, wie der Senat eigentlich behaupten kann, dass eine Konsolidierung des Haushalts über Personalkosten sicherzustellen ist, wenn Sie nicht einmal die Einzelposten auf die Behörden herunterrechnen können. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es möglich ist, die Differenz, bezogen auf das gesamte Personalkostenbudget, zu ermitteln, wenn Sie das nicht in Bezug auf die einzelnen Behörden können. Ich habe eher das Gefühl, dass Sie an dieser Stelle mauern. Sie sind nicht klar, und Sie sind auch nicht aufrichtig. Im Gegenteil stellt sich Ihr Bürgermeister, der heute nicht da ist, hier hasenfüßig nicht seiner Verantwortung.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Dietrich Wersich CDU)

Die SPD-Fraktion hat versucht, ein Konsolidierungskonzept darzulegen, das aber außer ihr selbst scheinbar keiner verstanden hat.

(Jan Quast SPD: Herr Tjarks, das traue ich Ihnen aber zu!)

Aufgabenkritik – Fehlanzeige. "Pay as you go" und "pay as you go" im Personalhaushalt – doppelte Fehlanzeige. Und dafür trägt ausnahmsweise kei

ner der Senatoren die Verantwortung, das ist der Bürgermeister selbst.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dirk Kienscherf SPD: Was sind denn Ihre Vorschläge?)

Ich finde es bemerkenswert, Herr Kienscherf, wie fleißig dieser Senat Ausnahmebereiche und Schonbereiche definiert und dann nicht sagt, wo eigentlich genau gespart werden soll. Sie lassen die Verwaltung mit dieser Politik im Regen stehen, die Bezirke sind dafür doch das beste Beispiel. Wenn Sie 90 Prozent Personalkosten haben, dann haben Sie ein Problem, an dieser Stelle weiter zu konsolidieren, und es ist schon leicht peinlich, dass der Bürgermeister seinen eigenen Parteifreunden hier einen Maulkorb verpasst hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Dennis Gladiator CDU)

Unterm Strich: Wenn man den Bürgermeister in seiner eigenen Plakatkampagne beim Wort nimmt – Klarheit, Wahrheit und daraus resultierende Verantwortung –, dann würde ich mir vorstellen, dass man hier eine andere Politik macht und er der Stadt einmal sagt, wie er diese Maßnahmen eigentlich gegenfinanzieren will. Das wäre Klarheit, Wahrheit und auch Verantwortung, und dann – darauf gebe ich Ihnen Brief und Siegel – bleibt es in unserer Stadt nicht so friedlich, wie Sie das gerne hätten. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU – Zuruf von Gerhard Lein SPD)

Herr Bläsing hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Finanzsenator, der Erste Bürgermeister ist nun auch gekommen – um mir zu lauschen, wahrscheinlich.

(Zurufe von der SPD – Glocke)

Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Herr Bläsing hat das Wort, und die Farbgebung seiner Krawatte spielt hier keine Rolle.

(Heiterkeit bei der SPD)

Herr Bläsing, Sie haben das Wort.

– Eine Entchenkrawatte.

Herr Finanzsenator, dass Sie nach zwei Jahren Regierung immer noch auf eine schwere Kindheit verweisen, die dieser Senat angeblich hatte, dieses Argument wirkt langsam einfach nur noch lächerlich.

(Beifall bei der FDP und bei Dietrich Wersich CDU)

(Dr. Anjes Tjarks)

Wie unglaubwürdig Sie an dieser Stelle sind, Herr Dr. Tschentscher, kann man sehen, wenn man sich einfach eine "Bild"-Zeitung von vor einem Jahr, April 2012, anschaut. Ich habe auch ein schlaues Tablet, ich habe es noch einmal herausgesucht. Da stellen Sie eine direkte Korrelation zwischen den Tarifsteigerungen und dem Stellenabbau her, das heißt, wenn der Tarifabschluss mehr als 1,5 Prozent beträgt, dann müssen halt zur Not mehr als die geplanten 250 Stellen gestrichen werden. Das haben Sie öffentlich erklärt, und nun soll das alles plötzlich nicht mehr wahr sein, Herr Finanzsenator. Das ist doch alles ein bisschen kurios.

(Beifall bei der FDP)

Ich stelle fest, dass Ihre Personal- und Haushaltspolitik außer Rand und Band ist. Aber man konnte das schon beim Beispiel "pay as you go" sehen, da haben Sie auch insinuiert, das sei alles eine ganz logische Geschichte, wenn irgendwo etwas mehr genommen werde, dann werde an anderer Stelle im Gegenzug etwas abgebaut. Das hat sich nun auch als Schimäre erwiesen, denn da haben Sie mittlerweile gesagt, alles finanziere irgendwie alles. Wenn das hier die Ansage für gutes haushaltspolitisches Regieren sein soll, na dann prost Mahlzeit.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben nun schon selbst Bereiche definiert, aber ich stelle fest oder zumindest haben Sie es bisher nicht anders darlegen können, dass die Suppe, also das Mehr an Tarifsteigerungen, jetzt alle Behörden gleichermaßen auslöffeln sollen. Das ist doch jetzt wohl die Konsequenz. Wenn es nicht so ist, dann stellen Sie es doch dar. Das haben Sie nicht gemacht.

(Beifall bei der FDP)

Ich stelle fest, dass alle Behörden jetzt gleichzeitig genauso sparen sollen wie die Behörden, die Sie nicht als Schonbereich definiert haben. Und ich stelle auch fest, dass eine Intervention der SPDFraktion an der Stelle einmal mehr ausbleibt. Im Gegenteil wird hier wieder alles fleißig bejubelt, Herr Dr. Tode, Herr Quast, hurra, hurra, der Senat macht alles richtig.

(Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

Da gehen Sie nicht mehr Ihrem Verfassungsauftrag nach, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Jan Quast SPD: Zur Opposition haben Sie den Verfassungsauftrag, Herr Bläsing, nicht wir!)

Wir haben mit Ihnen zusammen, Hand in Hand mit den GRÜNEN übrigens, die Schuldenbremse in die Verfassung eingebracht, und ich habe mittlerweile größte Zweifel, dass Sie daran wirklich festhalten. Ich habe eher das Gefühl, dass Sie auf den

Pfaden der Schuldenkönigin aus Nordrhein-Westfalen, Frau Hannelore Kraft, wandeln. In die Richtung geht das wohl, das muss man zumindest befürchten, wenn ich mir das so ansehe.

(Beifall bei der FDP)

Herr Hackbusch hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde jetzt nicht die allgemeinen Schuldenköniginnen-Fragen beantworten, sondern auf zwei, drei Aspekte aus der Debatte eben eingehen. Herr Tode, ich habe mich sehr gefreut, dass es sozialdemokratischer Grundsatz ist, sich über die übernommene Tariferhöhung zu freuen. Ich möchte Sie aber daran erinnern, dass Sie zwar diese Tarifsteigerungen für die Kernverwaltung übernehmen, dass Sie das aber im Zusammenhang mit den sozialen und kulturellen Institutionen in dieser Stadt, die das dringend nötig haben und die mit 0,88 Prozent oder 0 Prozent abgespeist werden, nicht gesagt haben.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Dort wäre das absolut notwendig, dort leisten Zehntausende Menschen eine wichtige Arbeit in dieser Stadt, und Sie sparen auf deren Kosten.

(Dirk Kienscherf SPD: Aber das waren nicht die Tarife!)

Das ist das eine. Auch das gehört zu den Tarifen dazu, wir können Ihnen noch einmal genauer darlegen, wie das alles zusammenhängt, weil die sich daran orientieren.

Das Zweite ist aber die klare Aufgabenkritik. So, wie Sie das definiert haben, werden wir jetzt natürlich mit Interesse in allen Behörden nachfragen, wo sie wie genau ausgesehen hat.

(Jan Quast SPD: Tun Sie das!)

Wir haben in allen Bereichen entdeckt – und wir haben überall nachgefragt –, dass dies bisher nicht stattgefunden hat. Das ist ein schönes Wort, aber es ist nicht vorhanden.

Ich will Sie als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten noch einmal daran erinnern, was denn im Moment Ihre Arbeit ist, die Sie häufig als Abgeordnete machen. Ich sehe mit großer Freude und auch durchaus mit Verständnis, wie Sie gegenwärtig versuchen, verschiedene kleine Sachen bei Zuwendungsempfängern und Institutionen in den Bezirken irgendwie noch zu retten. Ich merke, wie viel Arbeit von Ihnen da hineingeht und wie sehr Sie sich anstrengen. Und Sie merken doch bei dieser Arbeit, dass es gegenwärtig ein zu kleiner Teppich ist, den Sie dort bewegen, dass diese Aufgabenkritik eben nicht vorhanden ist, dass Sie überall zerren müssen und für die einzelnen Institutionen in

(Robert Bläsing)

Ihren Wahlkreisen mit uns gemeinsam häufig kämpfen. Das belegt doch, dass genau diese Aufgabenkritik als solche nicht vorhanden ist. Und das ist deswegen ein Problem – nicht für dieses Jahr, das wird alles noch gehen, aber für die Perspektive –, weil es um acht Jahre Perspektive geht. Auf eine Perspektive von acht Jahren 10 Prozent weniger Bürokratie – da weiß ich nicht, wie das gehen soll, das müssen Sie darstellen. 15 bis 20 Prozent weniger für die sozialen und kulturellen Institutionen dieser Stadt, das müssen Sie darstellen. Diese Stadt wird nicht wiederzuerkennen sein, wenn Sie sich durchsetzen; das werden wir verhindern.

(Beifall bei der LINKEN)