Protokoll der Sitzung vom 15.05.2013

(Beifall bei der FDP)

Die Frage ist auch, wie plausibel das Alternativszenario tatsächlich ist. Ist es vielleicht nur ein Potemkinsches Dorf gewesen, das als hohle Drohkulisse vom Ersten Bürgermeister in die Welt gesetzt wurde, um ein Druckmittel gegenüber HOCHTIEF zu haben, oder war es eine belastungsfähige Plausibilitätsprüfung, die alle Risiken und Nebenwirkungen beinhaltete? Nachdem Herr Leutner zurückgetreten ist und der Aufsichtsrat offenkundig drauf und dran war, kündigen zu wollen, muss Letzteres der Fall sein.

(Beifall bei der FDP)

Herr Bürgermeister, dass es Ihre einsame Entscheidung war, am Ende doch weiterzumachen – so wird es zumindest insinuiert, plötzlich kam der Bürgermeister, die Lösung war da und es ging doch irgendwie weiter –, kann ich nicht wirklich glauben. Sie als Erster Bürgermeister, der wie kaum ein anderer seiner Vorgänger zumindest den Eindruck vermittelt, dass er in allem drinsteckt und die Fäden zieht oder dass zumindest der Staatsrat der Senatskanzlei seine Finger drin hat,

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Das kann ich mir ja gar nicht vorstellen! – Wolfgang Rose SPD: Was reden Sie denn da?)

(Jörg Hamann)

wollen uns glauben machen, dass Sie über Monate hinweg nicht involviert waren und letztendlich wie Phoenix aus der Asche die große Lösung herbeigeführt haben. Das sollen wir glauben?

Nun liegt die Drucksache vor. Und es war nicht so, dass die SPD die Regierung übernommen hat, dann kurz das Kündigungsszenario geprüft hat, und nun kommt die Drucksache. Nein, wir sprechen über den großen Zeitraum von zwei Jahren. Die etwas einseitige Darstellung in der Drucksache, die anscheinend bewusst gewisse Chancen weglässt, die ein Kündigungsszenario hätte, muss man genau ansehen.

Frau Senatorin, Ihr Motto, mit dem Sie gestartet sind, lautete: Schluss mit Spielchen. Ich habe aber das Gefühl, dass wir nur die Spielwiesen wechseln. Statt mit einem Gerichtsprozess geht es mit HOCHTIEF weiter, und ich weiß noch immer nicht, woher Sie Ihr plötzliches Grundvertrauen haben. Die bisherige Geschichte deutete nicht darauf hin, dass alles gut wird.

(Beifall bei Katja Suding FDP)

Auch neue Wortungetüme wie "Globalpauschalfestpreis" können darüber nicht hinwegtäuschen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Hackbusch hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das ist die erste Debatte, um diese Drucksache zu behandeln. Wir werden uns das in den weiteren Diskussionen und Gutachten anschauen und im Ausschuss betrachten. Im Gegensatz zu Ihrer Aussage, Sie hätten die Drucksache sehr fleißig gelesen, haben wir von der Opposition konkret gesagt, dass wir die Drucksache nicht nur insgesamt beurteilen wollen, sondern die Einzelheiten genau wissen möchten. Sie haben nicht ein einziges Argument genannt, warum es nicht notwendig sein sollte, Einzelheiten darzustellen. Das ist eine sehr schlechte Leistung von Ihnen, und Sie haben den Einstieg in diese Debatte völlig verpatzt.

(Beifall bei der LINKEN, der CDU und den GRÜNEN)

Zu sagen, dass wir über die Einzelheiten nicht diskutieren können, wie Frau Kisseler das dargestellt hat, sondern dass wir über das Große und Ganze entscheiden müssen, hü oder hott, ist eine Art und Weise, die der Demokratie fremd ist.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist Ausschussar- beit! Das hat sie doch gar nicht gesagt!)

Wir wollen die einzelnen Punkte wissen, wir wollen wissen, warum wir in dieser Drucksache die verschiedenen Szenarien nicht dargestellt bekommen

haben. Darauf war diese Debatte fokussiert. Sie aber antworten mit allgemeinen pauschalen Fragen, ob wir die Elbphilharmonie mögen oder nicht und ob wir dahin wollen oder nicht; das ist nicht die Frage. Und wenn Sie nicht dazu in der Lage sind, die Mühen der Ebenen zu durchschreiten, dann können Sie Ihren Bürgermeister mögen, aber das reicht nicht, um eine Debatte zu bestehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN, der CDU und den GRÜNEN)

Herr Dr. Dressel hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Von unseren Rednern und auch von der Senatorin ist sehr deutlich gemacht worden, dass wir immer auf die Drucksache Bezug genommen haben. Ich will Ihnen noch einmal vor Augen führen, wo Sie das finden. Die Fortführungskosten, also die Kostenabwägung, zu der Frau Hajduk gesagt hat, dass dort nur etwas Allgemeines stehe und keine konkreten Beträge, sind auf den Seiten 5 und 6 zu finden.

(Anja Hajduk GRÜNE: Bei der Abwägung mit den Prozesskosten steht keine Zahl!)

Dann blättern wir weiter in der Drucksache, und auf den Seiten 7 und 8 – Frau Vértes-Schütter hat es genannt – finden Sie die Abwägung, was die möglichen prozessualen Risiken angeht. Es reicht nicht, auf die eine Seite eine dreistellige Millionensumme zu stellen und dann nichts weiter dazu zu sagen, sondern man muss immer auch die Gegenforderung und die prozessualen Risiken benennen; sonst ist das ein unvollständiges Bild.

(Beifall bei der SPD – Jens Kerstan GRÜNE: Die Zahlen gibt es doch, aber Ihr ver- schweigt sie!)

Sie müssen die Drucksache insgesamt sehen. Das Unverschämteste an dieser Debatte, Herr Kollege Wersich, …

Gestatten Sie Herrn Dr. Schinnenburg eine Zwischenfrage?

Nein, weil ich gerade damit beschäftigt bin, auf die Unverschämtheit von Herrn Wersich hinzuweisen.

Schon im Dezember, als der Bürgermeister vor die Landespressekonferenz gegangen ist und gesagt hat, auf was wir verzichten, ist dieser Hinweis gekommen. In dem Angebot, das HOCHTIEF der Stadt am 13. Dezember unterbreitet hat, ist der gegenseitige Forderungsverzicht enthalten. Das ist eine Bürgerschaftsdrucksache gewesen und jeder

(Robert Bläsing)

konnte es nachlesen. Hier zu behaupten, dass die Öffentlichkeit und die Bürgerschaft getäuscht worden sei, ist schlicht eine Frechheit.

(Beifall bei der SPD)

Wir sollten in den nächsten Wochen eine Gesamtabwägung anstellen; dafür haben wir die Grundlage gelegt. Am 21. Mai werden wir mit den internen Experten und am 31. Mai mit den externen Experten den Senat dazu befragen. Natürlich sind die Fragen zu Forderungen, die die Stadt haben kann, ein Faktor in dieser Debatte, aber sie müssen das Gewicht haben, das realistischerweise dahintersteht.

(Anja Hajduk GRÜNE: Ja, das ist richtig!)

Das ist der entscheidende Punkt, und man kommt am Schluss zu dieser Abwägung, die ich nach wie vor für richtig halte. Die Senatorin hat eben gesagt, wenn wir zehn Jahre prozessieren, verdienen am Schluss die Anwälte. Davon hat der Steuerzahler nichts, und deshalb ist die Abwägung, die dieser Drucksache zugrunde liegt, richtig für die Stadt und für den Steuerzahler. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Dr. Gümbel erhält nun das Wort.

(Ole Thorben Buschhüter SPD: Jetzt kommt der Nachtrag!)

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Lieber Kollege Herr Dr. Dressel, wenn diese Drucksache eines darlegt, dann die großen Schwierigkeiten mit HOCHTIEF, die diesen Senat über fast zwei Jahre beschäftigt haben.

(Wolfgang Rose SPD: Ja und?)

Wir haben eben noch einmal gehört, dass das Angebot von HOCHTIEF am 13. Dezember kam. Am 15. Dezember ist die Senatsentscheidung gefallen. Der Aufsichtsrat der ReGe, in dem dieser Senat mit nicht wenigen Personen vertreten war, hat im gesamten Jahr daran gearbeitet, wie es ohne HOCHTIEF weitergehen könnte. Die Kündigung war vorbereitet, sie war schon ausgesprochen, das steht alles in dieser Drucksache. In welcher Zeit soll denn eine Abwägung zwischen dem Angebot und der plausibel vorbereiteten Kündigung stattgefunden haben? Welche Gutachter haben sie geschrieben, und in welchen Akten stehen die Gutachten, auf die sich die Senatsentscheidung Ihrer Ansicht nach stützt?

(Jens Kerstan GRÜNE: Die gibt’s nicht!)

Es mag sein, dass es sie gibt, aber dann legen Sie sie bitte vor und zeigen sie diesem Parlament, denn das Einzige scheint die Senatsentscheidung

zu sein, die da heißt, wir haben keine Lust auf gerichtliche Auseinandersetzungen und deshalb wählen wir diese für uns einfachere

(Jens Kerstan GRÜNE: Aber teurere!)

und möglicherweise teurere Variante. So kamen wir zu der Formulierung mit dem Bauchgefühl. Es mag sein, dass man immer den eigenen Berufsstand besonders kritisch sieht, das hat man bei Lehrern gerne und offensichtlich bei Juristen auch. Aber wir leben in einem Rechtsstaat, und zu einem Rechtsstaat gehört, dass man Forderungen, an die man glaubt, die man detailliert hat und hinterlegt hat, auch bereit ist, vor Gericht durchzusetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und bei Finn-Ole Ritter FDP)

Wenn man das nicht tut und dazu nicht bereit ist, dann vergeht man sich an den Prinzipien, die dieser Rechtsstaat der Regierung und den Handelnden zur Verfügung stellt.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und bei Finn-Ole Ritter FDP – Zurufe von der SPD)