Protokoll der Sitzung vom 13.06.2013

Ich hoffe, dass Sie nicht mehr die Verantwortung tragen werden nach dem September.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat jetzt Herr Heintze.

(Arno Münster SPD: Erklären Sie mal, wo die Millionen geblieben sind!)

Herr Hackbusch, ich bin nahezu begeistert, wie es Ihnen gelingt, substanzielle Vorschläge in einer Art auszublenden, die schon an der Grenze der Realitätsverweigerung ist.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben durchaus vorgeschlagen, wie Hamburg sehr schnell zu Einsparungen kommen kann. Und es war die Regierungsfraktion, die der Meinung war, das müsse man nicht, als sie sich für den Hapag-Lloyd-Kauf entschieden hat oder für den Teilrückkauf der Netze, und das noch zu überhöhten Preisen. Wenn Sie das zusammenrechnen – das haben wir schon mehrfach vorgerechnet, Herr Hackbusch –, dann kommen Sie zu einem ganz anderen Schluss. Nur, das wollen Sie nicht, weil es Ihnen nicht ins politische Konzept passt.

(Beifall bei der CDU und bei Carl-Edgar Jar- chow FDP)

Herr Quast, die Relevanz dieses Themas und insbesondere die der Steuerpläne Ihrer Partei betont der Finanzsenator allenthalben und ständig. Es war sogar eines seiner Lieblingsthemen in den letzten sechs Wochen – deswegen haben wir es auch immer wieder angemeldet –, was man im Bund nicht alles tun könne, um die Steuerpolitik gerechter zu machen. Er sprach von Cash-GmbHs und Steuerabkommen und war sehr intensiv dabei, alles in Richtung Berlin in Gang zu setzen, was man nur aus Hamburg in Gang setzen konnte, um für mehr Steuergerechtigkeit zu sorgen.

Das einzige Problem – den Teil hat er verschwiegen, da hätte ich mir eine Wortmeldung sehr gewünscht – war, dass er die Cash-GmbHs früher hätte haben können. Er hätte ein Steuerabkommen mit der Schweiz auch haben können. Man hätte nur im Bundesrat eine parteipolitisch motivierte Blockadehaltung aufgeben müssen, Herr Finanzsenator. Dann stände Hamburg heute schon besser da.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Kommen wir zu den SPD-Konzepten. Was bedeuten sie abseits der bundespolitischen Rhetorik eigentlich für Hamburg? Hier, Herr Quast, wird es hart. Ich würde vorschlagen, sich als Hamburger SPD einmal damit zu beschäftigen, was Sie auf Bundesebene eigentlich produzieren und welche Vorschläge Sie in die Welt setzen. Es soll durch Steuererhöhungen, Subventionsabbau und Rücknahme des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes 40 Milliarden Euro Mehrbelastungen geben. Das

(Norbert Hackbusch)

ist schon einmal heftig, denn diese Erhöhung trifft insbesondere Personengesellschaften, und zwar zum Teil dreifach. Sie tragen dazu bei, dass Personengesellschaften bis zu 16 Prozent mehr Steuerlast an einem Wirtschaftsstandort wie Hamburg verkraften müssen. Ich glaube, Sie sollten mit Ihrer Rede lieber irgendwo auftreten, wo die Wirtschaft nicht so stark ist und wo nicht so viele Personengesellschaften sitzen. Dort würden Sie deutlich mehr Wähler gewinnen als in Hamburg.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Mir fehlt heute der Wirtschaftssenator. Es kann doch nicht sein, dass er einer Regierung angehört, die von einer Partei getragen wird, die ein Steuerkonzept beschließt, das für den Standort Hamburg Arbeitsplatzverluste bedeutet, Ansiedlungsverluste bedeutet und die Attraktivität des Standorts in einer Art und Weise mindert, die der Bürger nicht nur in der eigenen Tasche fühlt, sondern auch durch den Verlust von Arbeitsplätzen. Das ZEW geht davon aus, dass Ihre Steuerpläne rund 100 000 Arbeitsplätze kosten werden. Was daran sozial gerecht sein soll, das müssen Sie mir einmal erzählen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ihre Steuerpolitik trifft aber nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Hamburgerinnen und Hamburger selbst. Ich nenne drei Beispiele: Die Abschaffung des Ehegattensplittings betrifft 137 000 Ehepaare in dieser Stadt. Minijobs ab 100 Euro werden voll steuer- und beitragspflichtig, das trifft 30 000 Minijobber in dieser Stadt. Die Steuersätze der Erbschaftsteuer anzuheben bedeutet 4000 Fälle im Jahr. Die jüngste Idee ihres Kanzlerkandidaten ist die Einschränkung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes. Das betrifft sogar alle Hamburgerinnen und Hamburger. Ich kann nur sagen: Die von Ihnen vorgestellten Pläne sind nicht nur für die Hamburger Wirtschaft und den Wirtschaftsstandort Hamburg Gift, sie sind auch für die Hamburgerinnen und Hamburger Gift, und das Schlimme ist, die GRÜNEN assistieren dabei auch noch.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Ich sage Ihnen, was der Wähler möchte. Der Wähler möchte, dass die Politik Ihre Hausaufgaben macht, und das heißt nicht, dass Sie bei einer Aufgabe, die Sie nicht lösen können, nach mehr Geld rufen. Hausaufgaben zu machen heißt, bei Rekordsteuereinnahmen in Bund und Ländern, 616 Milliarden Euro in diesem Jahr, zu überlegen, wie die Politik mit dem von den Bürgerinnen und Bürgern aufgebrachten und von Unternehmen in diesem Land erwirtschafteten Geld auskommt. Es heißt nicht, sich noch mehr Dinge auszudenken – zumindest die CDU tut das nicht –, die den Bürger zum einen Geld kosten und zum anderen die Probleme überhaupt nicht lösen. Setzen Sie sich

hin und machen Sie Ihre Hausaufgaben, aber setzen Sie nicht Steuerprogramme in die Welt, die diesem Standort und den Menschen in Hamburg massiv schaden. Denken Sie noch einmal nach, ein paar Tage dauert es noch bis zur Wahl, und verabschieden Sie sich von diesen Ideen. Diese Pläne sind Gift für Hamburg, und deswegen haben CDU und FDP ein klar anderes Konzept.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort bekommt jetzt Herr Dr. Tode.

Sehr verehrte Präsidenten, meine sehr verehrten Damen und Herren! Da Sie, verehrte Kollegen von der Opposition, meiner Fraktion in der einen oder anderen Debatte Wahlkampfrhetorik vorgeworfen haben, kann ich Ihre heutige Debattenanmeldung nur als ehrliches Interesse an den rot-grünen Steuerplänen für die Bundestagswahl verstehen.

(Beifall bei der SPD – Dietrich Wersich CDU: Wir haben ein echtes Aufklärungsinteresse!)

Das ist umso verständlicher, da Sie von der CDU bisher keine eigenen Pläne vorgelegt haben. Stattdessen verspricht die Kanzlerin wie 2009 Steuergeschenke und Wohltaten auf Pump im Umfang von 28 Milliarden Euro bei 80 Milliarden Euro Neuverschuldung. Wie 2009 werden wir erleben, dass diese Versprechen nicht erfüllt werden.

(Zuruf von Nikolaus Haufler CDU)

Diesmal allerdings nicht nur deswegen, weil Sie Versprechen nicht halten, sondern weil Sie am 22. September abgewählt werden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Es wird wenig nutzen, dass Sie, Herr Schira, meinen, die Bürgerschaft für Ihren Bundestagswahlkampf missbrauchen zu können. Frau Suding, was Sie als maßlose Belastung empfinden, haben wir bei der Entlastung für Hoteliers erfahren. Wenn Sie das als eine maßlose Besteuerung von Hoteliers empfinden,

(Katja Suding FDP: Gucken Sie mal in Ihr ei- genes Wahlprogramm, was da drinsteht!)

dann sind Sie wirklich sehr weit weg von Steuergerechtigkeit, ein Wort, das Sie leider nicht in den Mund genommen haben.

(Beifall bei der SPD)

Herr Heintze, was das Steuerabkommen mit der Schweiz betrifft: Wir haben doch von Herrn Hoeneß erfahren müssen, dass er darauf gewartet hat. Wenn Sie meinen, das war die richtige Politik, dann bin ich sehr froh, dass Hamburg das im Bundesrat abgelehnt hat.

(Roland Heintze)

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und ver- einzelt bei den GRÜNEN)

Die Wähler sind es einfach leid, alle vier Jahre die gleichen Rituale zu erleben. Wahlversprechen vor der Wahl sind nach der Wahl vergessen. Vielmehr wollen die Wähler genau wissen, mit welcher Programmatik und welchen politischen Zielen die Parteien anstehende Probleme lösen wollen. Die SPD hat mit ihren Steuerplänen ein klares Profil vorgelegt.

(Beifall bei der SPD)

Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit heißen die Schlüsselworte; Steuergerechtigkeit gegenüber jedem Mann und jeder Frau. Dazu gehört unter anderem, Steuerprivilegien zu streichen und die Bekämpfung von Steuerbetrug zu forcieren. Dazu gehören europaweit einheitliche Bemessungsgrundlagen für Mindeststeuersätze. Steueroasen müssen ausgetrocknet werden. Die Verjährungsfristen müssen angepasst und der gleichmäßige Steuervollzug muss sichergestellt werden. Deshalb haben wir in Hamburg zusätzliche Ausbildungsklassen für Steuerprüfer eingerichtet. Zur Steuergerechtigkeit gehört auch die Finanztransaktionssteuer für alle Wertpapiergeschäfte. Auch Cash-GmbHs gehören natürlich abgeschafft.

Meine Damen und Herren! Spekulantentum ist eine Fiktion von Reichtum. Wir leben mittlerweile in einer Welt, in der die Finanzwirtschaft die Realwirtschaft um ein Vielfaches überflügelt. Solange das im Dienstleistungssektor erwirtschaftete Kapital das durch die Agrarwirtwirtschaft und die Industrie erwirtschaftete ergänzt, mag dies bis zu einem bestimmten Maß noch gesund sein. Gefährlich wird es allerdings dann, wenn die Spekulation mit Finanzwerten sich von den drei Wirtschaftssektoren abkoppelt, sich verselbstständigt und sich schließlich als das entpuppt, was sie ist: Fiktion ohne Wert. Gegen diese Zügellosigkeit von Finanzmärkten müssen wir vorgehen. Auch Steuervergünstigungen mit extrem schädlicher Ökobilanz wie die Vergünstigung von Agrardiesel, Flugbenzin oder große Firmenwagen werden wir streichen.

Steuerpolitik ist immer Gesellschaftspolitik, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Die Einkommen und Vermögen entwickeln sich auseinander, 5 Prozent der Bevölkerung verdienen so viel wie die übrigen 95 Prozent zusammen. Die Bürgerinnen und Bürger spüren zunehmend die ökonomische Schieflage, die wachsende Schere zwischen Arm und Reich in diesem Land. Daher gilt es, einen flächendeckenden Mindestlohn einzuführen.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen im Augenblick 7 Milliarden Euro Lohnzuschüsse an Geringverdienende zahlen, weil sechs Millionen Menschen weniger als 8 Euro pro Stunde verdienen; das ist ungerecht.

(Beifall bei der SPD)

Vor drei Jahren hat die OECD Deutschland empfohlen, die Verteilung seiner Steuerlast umzustrukturieren, und zwar ausschließlich durch die Erhöhung vermögensbezogener Steuern, die in Deutschland im internationalen Vergleich extrem niedrig sind. Sie betragen laut OECD nur 0,9 Prozent des Bruttoinlandprodukts, im Durchschnitt der OECD hingegen 2 Prozent. Vermögensbezogene Steuern, dies bestätigt die OECD ausdrücklich, sind konjunktur- und wachstumspolitisch die sinnvollsten Steuern, da sie die private Kauf- und Investitionskraft am wenigsten belasten. Auch die Nobelpreisträgerin …

(Glocke)

Gut, dann komme ich nicht mehr zur Nobelpreisträgerin und ende hier. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Hajduk.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf einen Punkt eingehen, der vom Kollegen Heintze, aber auch von anderen, ich glaube, von Frau Suding, genannt wurde. Wir haben Rekordsteuereinnahmen. Wir haben in Deutschland gerade im Vergleich zu anderen europäischen Ländern tatsächlich eine gute Einnahmeentwicklung der öffentlichen Hand. Aber es gehört doch zur ehrlichen Bilanz unserer Generation, auch wenn Sie ein bisschen jünger sind als ich, dass der Verschuldungsstand in wesentlich schwindelerregendere Höhen gestiegen ist, als die Einnahmeseite im Vergleich mithalten konnte. Sie können nicht nur auf Rekordsteuereinnahmen schauen und dabei auslassen, dass leider die Schuldenrekorde um vieles größer geworden sind. Das wissen die Menschen in diesem Land, und sie schauen auf die Politik und wie sie damit umgeht. Vor diesem Hintergrund muss man auch analysieren, dass die Verschuldung der öffentlichen Hand dramatisch angestiegen ist, wie ich vorhin sagte, aber die privaten Vermögen in Deutschland massiv gestiegen sind, und zwar in einer enormen Konzentration. 1 Prozent der Bevölkerung in Deutschland besitzt ein Drittel des Vermögens, und die reichsten 10 Prozent besitzen zwei Drittel. Das ist schon eine enorme Vermögenskonzentration. Im europäischen Vergleich haben wir hier einen Spitzenwert. Mir geht es nicht um eine Neiddebatte, weil das immer unterstellt oder auch befürchtet wird, um es freundlich zu sagen. Es geht um die Frage, wie man private Vermögen maßvoll dazu heranziehen kann, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten und die dramatische öffentliche Verschuldung zurückzuführen. Ich glaube, angesichts der Entwicklung der vergangenen Jahre, ja, insbesondere deswegen, weil wir durch