Protokoll der Sitzung vom 14.08.2013

(Beifall bei der SPD)

Während es in Hamburg so gut läuft, gibt es natürlich weitere Baustellen, die aber auf Bundesebene geregelt werden müssen und auch etwas mit der Kappungsgrenze zu tun haben, und zwar geht es darum, wie sich der Markt bei den Neuvermietungen weiterentwickelt. Da haben wir ein wahnsinniges Problem. Wir haben nämlich in einigen Bereichen Steigerungen von 30 bis 40 Prozent und damit das Problem, dass die ansässige Bevölkerung, wenn sie eine neue Wohnung sucht, weil zum Beispiel eine Familie gegründet werden soll, keine Wohnung mehr erhält. Da ist der Bundesgesetzgeber gefordert, und es reicht nicht, dauernd nur anzukündigen und alle Bundesratsinitiativen von Hamburg und anderen Ländern verrecken zu lassen. Hier muss endlich gehandelt werden. Hier sind derzeit Sie als CDU und FDP gefordert und eine andere Bundesregierung nach dem 22. September.

(Beifall bei der SPD)

Das betrifft auch das Thema Maklergebühren, Herr Wersich. Es kann doch nicht sein, dass sich alle darüber einig sind, wie unsinnig es ist, dass die Lage der Wohnungssuchenden ausgenutzt wird und sie alleine die hohen Maklergebühren berappen müssen. Und was macht Ihre Bundesregierung, was macht Ihre Fraktion im Bundestag? Sie blockiert das Ganze und sorgt letztendlich dafür, dass wir bei diesen wichtigen Themen, nachdem wir in Hamburg so einiges abgeräumt haben, Stillstand haben. Das ist verfehlt, das ist Politik zulasten der Hamburgerinnen und Hamburger. Wir machen eine andere Politik. Wir halten diese Politik für verfehlt, aber wir werden nicht locker lassen, uns auf Bundesebene und auf Hamburger Ebene für die Mieterinnen und Mieter in dieser Stadt einzusetzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Dietrich Wersich CDU: Der Mann ohne Gedächtnis! Immer wieder faszinierend!)

Herr Niedmers, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind uns einig, dass das Ziel richtig ist, wir sind uns aber nicht einig über den Weg, den wir beschreiten. Anders gesagt: Der von der Sozialdemokratie gestellte Senat hat hier ein Beispiel dafür abgeliefert, wie man das Kind mit dem Bade ausschüttet.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Kurt Duwe FDP)

Ich möchte das an vier Punkten verdeutlichen.

Erstens: Zunächst einmal ist das Instrument der Deckelung von Mieterhöhungen absolut richtig; da besteht, glaube ich, auch Konsens im gesamten Haus. Es ist aber auch wichtig – das gehört zur Wahrheit dazu – zu erwähnen, dass der Deutsche Bundestag auf Initiative der CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Ländern ein Instrument an die Hand gegeben hat, das es ihnen ermöglicht, Mieterhöhungen stärker als bisher zu deckeln, was dem Grunde nach vollkommen richtig ist. Insoweit besteht Einigkeit im Haus. Dieses Instrument ist auch sehr sinnvoll und gut für eine soziale Stadtentwicklung, die wir hoffentlich auch alle gemeinsam wollen.

Zweitens: Die Umsetzung der Verordnung ließ zu lange auf sich warten. In unserem CDU-Antrag vom 18. Dezember 2012, Drucksache 20/6349, haben wir schon im Dezember des letzten Jahres eine rasche Rechtsverordnung zur Absenkung der Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen verlangt. Der Senat brauchte jedoch sechs Monate. Das halten wir für zu lange, das hätte man auch schneller erledigen können.

(Beifall bei der CDU)

Ein dritter Kernpunkt: Die Verordnung ist unserer Auffassung nach zu pauschal und verhindert damit Neubautätigkeit. Trotz der Warnung aus der Immobilienwirtschaft sehen Sie von einer Differenzierung der einzelnen Stadtteile ab und wenden die Rechtsverordnung gleichsam auf das gesamte Stadtgebiet an. Aus unserer Sicht ist das das Prinzip der Gießkanne statt einer klugen, besonnenen Stadtentwicklungspolitik. Die CDU hält diesen Ansatz für falsch.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Kurt Duwe FDP)

So ist denn auch in Ihrer Drucksache zu lesen – ich zitiere –:

"Die bei auslaufenden Sozialbindungen besonders wirksame Mietbegrenzung kann eine Belastung für das künftige Engagement der Investoren im sozialen Wohnungsbau darstellen."

Sie haben also sechs Monate gebraucht, um eine komplett undifferenzierte Verordnung zu verabschieden, die das Schanzenviertel mit dem Alstertal und Eppendorf mit Billstedt gleichstellt und somit neue potenzielle Hemmnisse für den Wohnungsbau aufstellen kann.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Im Alstertal bauen sie ja viele soziale Wohnungen!)

Meine Damen und Herren! Der SPD-Senat braucht wirklich viel zu lange, um dann diese Verordnung mit heißer Nadel zu stricken.

(Dirk Kienscherf)

Viertens: Wohnungsneubau ist das beste Instrument zum Drücken der Mietpreise, das müsste allen hier bekannt sein. Die SPD ist mit dem Versprechen angetreten, 6000 Wohnungen neu zu bauen, oder besser gesagt, zumindest die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass pro Jahr 6000 Wohnungen bezugsfertig hergestellt – so heißt das – werden. Sie liegen weit unter diesem Ziel. 2011 waren es nur 3729 neue Wohnungen, 2012 waren es auch nicht viel mehr, nämlich nur 3793 und lediglich 25 Baugenehmigungen im sogenannten zweiten Förderweg. Das ist aus Sicht der CDU einfach zu wenig. Wir brauchen also mehr Wohnungsneubau. Grundsätzlich lassen sich steigende Mieten nämlich nur dann effektiv bekämpfen, wenn wir neue Wohnungen bauen, und zwar ausreichend.

(Heike Sudmann DIE LINKE: 15 Euro der Quadratmeter!)

Von daher lassen Sie Ihren Worten einfach einmal Taten folgen. Schaffen Sie die Voraussetzungen, dass wir gemeinsam 6000 Neubauwohnungen pro Jahr schaffen. So und nur so werden wir unangemessene Mietpreissteigerungen langfristig in dieser Stadt wirksam und wirkungsvoll verhindern können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Duge, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kienscherf, mit dieser Verordnung, das kann man wirklich sagen, ist dem Senat eine neue Zeitrechnung in der Mietgesetzgebung gelungen. Wenn wir uns das einmal anschauen, dann finden wir in der Drucksache den Hinweis:

"Mit dem Inkrafttreten zum 1. September 2013, drei Monate nach Inkrafttreten der Verordnungsermächtigung am 1. Mai 2013, […]"

(Dirk Kienscherf SPD: Na und? Was ist denn in Baden-Württemberg? Da kriegt Ihr Woh- nungsbauminister gar nichts hin!)

Mai bis September ergibt bei mir eine andere Zahl. Aber vielleicht sehen Sie das auch als so schnell an, weil Sie sich das schneller gewünscht hätten. Es ist schon richtig, dass dies eigentlich viel schneller hätte gehen können und müssen als das, was Sie jetzt vorgelegt haben. Interessanter und wichtiger ist aber die Begründung, die Sie an dieser Stelle hinterherschieben. Ab dem 1. Mai 2013 ist diese Verordnung möglich, zum 1. September wird sie nun in Kraft treten, denn damit – ich zitiere weiter –:

"[…] wird eine angemessene Übergangszeit gewährleistet, in der sich die Rechtsanwender auf die neue Regelung einstellen können."

Was bedeutet denn das? Das bedeutet doch nichts anderes, als den Vermietern eine Abräumfrist zu gewähren, um in dieser Zeit noch Mieterhöhungen durchsetzen zu können, die Sie vorgeben, begrenzen zu wollen. Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Sie müssen auch eingestehen, Herr Kienscherf – und ich glaube, da sind wir uns gar nicht so uneinig –, dass die Kappungsgrenze bei den Bestandsmieten von 20 auf 15 Prozent nur ein Tropfen auf den heißen Stein der Mietsteigerungen ist, die wir hier in Hamburg haben. Das reicht nicht, um sich als SPD zum Robin Hood der Mieter aufschwingen zu können, das ist völlig überzogen. Die Kappungsgrenze, das wissen Sie, gilt zum Beispiel nicht für Staffelmieten oder für Indexmieten. Ich weiß nicht, ob Sie schon mitbekommen haben, was wir im Karolinenviertel erleben. Dort sind jetzt in der Glashüttenstraße, wo die Wohnungen aus der Bindung gefallen sind, die ersten Verwertungskündigungen ausgesprochen worden, und zwar in den Altbauten, die Sie mit dieser Kappungsgrenze schützen wollen. Da sehen Sie die Grenzen der Möglichkeiten, die hiermit geschaffen wurden, und insofern ist das nicht zu überschätzen.

Wir haben Sie vor diesen Entwicklungen gewarnt, besonders im Karolinenviertel. 15 Jahre Bindungsfrist sind schnell vorbei. Sie wissen, dass es viel wichtiger ist – da sind wir einer Meinung –, die Neuvermietungsmieten in den Griff zu bekommen, die Maklerkosten herunterzusetzen – wir haben Sie da zum Jagen getragen – und das Bestellerprinzip umzusetzen. Leider haben Sie sich da in Berlin trotz Ihres Einsatzes eine blutige Nase geholt; das ist danebengegangen. Und wenn ich das so betrachte, dann hat das weniger etwas mit Robin Hood als mit dem Ritter von der traurigen Gestalt zu tun.

Sie sollten sich lieber an die Dinge halten, die Sie in Hamburg machen können. Da gibt es einiges, wo man handeln kann, das heißt, insbesondere sollten die Wohnraumschutzgesetze, die Sie schon beschlossen haben, auch in die Anwendung gebracht und in den Bezirken dafür Personal in ausreichendem Maße bereitgestellt werden. Wie lange, frage ich Sie, haben wir schon das Problem, dass wir keine Wohnungen für Auszubildende anbieten können? Das schleppen wir seit Jahren vor uns her, und das ist eine ganz wichtige Gruppe. Da müssen wir endlich weiterkommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich muss ganz ehrlich sagen, mir drängt sich da immer wieder ein Ausspruch von Wilhelm Busch auf: Wehe, wehe, wenn ich auf die Mieten sehe.

(Ralf Niedmers)

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Tim Golke und Heike Sudmann, beide DIE LINKE)

Herr Dr. Duwe, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gut gemeint und gut gemacht sind zwei verschiedene Sachen. Das ist auch bei diesem Gesetz so. Hamburg hat, wie in vielen anderen Bereichen auch, wieder einmal den Fehler begangen, alles über einen Kamm zu scheren. In Hamburg sind alle Lebensverhältnisse, alle Mieten, überhaupt alles gleich, und wenn sie nicht gleich sind, dann müssen sie gleich gemacht werden. Das ist der Fehler, der bei den Sozialdemokraten öfters passiert: Lieber gleich als gerecht.

(Beifall bei der FDP und bei Klaus-Peter Hesse CDU)

Das ist der Hauptfehler.

Dieses Instrument kann man natürlich einsetzen, aber dann muss man es stadtentwicklungspolitisch hinterlegen und nicht nach dem Motto verfahren, Ochsenwerder gleich Ottensen und deswegen das Gleiche anwenden.

Wir werden zwei Ergebnisse dieser Änderung haben. Zum einen werden diejenigen Vermieter, die bisher die Mieten nicht soweit erhöht haben, wie sie es rechtlich hätten tun können, sich jetzt natürlich überlegen, das auszuschöpfen. Die Mieter und Mieterinnen in diesen Wohnungen werden sich freuen, dass die SPD ihnen das eingebrockt hat. Zum anderen wird es natürlich so sein, dass die Vermieter, die instand halten und sanieren wollen und bisher schon mit einem spitzen Bleistift darangegangen sind, jetzt einen noch spitzeren Bleistift zur Hand nehmen und überlegen werden, ob die Instandhaltung nicht vielleicht noch ein Jahr verschoben werden kann.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Wir schen- ken denen am besten Geld!)

Das wird auch wieder auf dem Rücken der Mieterinnen und Mieter ausgetragen, die in diesen Wohnungen leben.

Also auf gut Deutsch: Sie müssen Wohnungen bauen, Sie müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Wohnungen gebaut werden, denn dann wird der Markt sich entspannen, und Sie sollten nicht mit solchen Pipifax-Gesetzen hausieren gehen, die nur Schaden anrichten statt zu nutzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Dirk Kienscherf SPD: Das hat doch Ihre Bundesregierung ermög- licht!)

Frau Sudmann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren! Endlich – das war das Wort, das in der Rede von Herrn Kienscherf fehlte – sind diese SPD und der Senat in die Puschen gekommen. Im Januar 2013, es ist mehr als ein halbes Jahr her, hat DIE LINKE einen Antrag gestellt, für ganz Hamburg die Kappungsgrenze einzuführen. Das haben Sie damals abgelehnt, Sie hätten es zum 1. Mai fertig haben können. Der Senat hat fast acht Monate gebraucht, um festzustellen, dass GesamtHamburg gefährdet ist, wenn es um die Wohnraumversorgung geht. Noch besser: Er hat in diesen acht Monaten festgestellt, dass auch die CDUgeführten Senate 2004 und 2008 schon dahintergekommen sind, dass wir eine nicht ausreichende Wohnungsversorgung haben. Für diese Erkenntnis brauchen wir keinen Senat, der acht Monate benötigt, um diese Feststellung noch einmal aufzuschreiben.