Protokoll der Sitzung vom 19.05.2011

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und bei An- ja Hajduk und Antje Möller, beide GAL)

Ich finde es wichtig, dass das Parlament dies hier deutlich und einmütig sagt und insoweit auch den Senat ein bisschen zur Ordnung ruft und deutlich macht, dass die Hausaufgaben noch weiter zu bearbeiten sind.

Ein umfassendes Konzept zu entwickeln, ist sehr wichtig. Wir merken bei jedem Projekt, bei jeder Frage, die wir diskutieren – ob es der Containerumschlag im Hafen ist, die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße oder die Hafenquerspange –, dass die Probleme ganz eng miteinander verknüpft sind und es häufig gar nicht möglich ist, eine sinnvolle Diskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern zu führen, wenn es keinen vernünftigen Gesamtrahmen gibt für die Lösung der Verkehrsprobleme rund um den Hamburger Hafen, die natürlich unmittelbar mit den Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner von Wilhelmsburg und in Teilen von Harburg kollidieren. Dieses Problem ist natürlich nicht anders zu lösen, als durch eine integrierte Betrachtung. Deswegen war es richtig, dass Anja Hajduk dieses Gutachten in Auftrag gegeben hat. Das Gutachten war noch nicht fertig, als sie aus dem Amt schied, und deswegen ist die Forderung der CDU richtig, dass dieses Gutachten, das nun fertig zu sein scheint, auch vorgestellt und zur Grundlage unserer Diskussion gemacht wird.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und bei Antje Möller GAL)

Bekannt ist uns ein Zwischenstand des Gutachtens, der seinerzeit in der Bezirksversammlung Harburg vorgestellt wurde. Diesen Zwischenstand konnte ich mir zugänglich machen und er machte deutlich, dass noch einige Fragen offen waren und es in der Zwischenzeit noch einiges zu bearbeiten gab. Deswegen sind wir sehr gespannt, was in diesen Ausarbeitungen enthalten ist. Beim seinerzeitigen Stand war das Gutachten gänzlich unambitioniert im Hinblick auf die Frage einer Veränderung des sogenannten Modal Split, also einer Verlagerung von Verkehren von der Straße auf die

Schiene, auf andere öffentliche Verkehrsmittel oder auf den Radverkehr. Es ist wichtig, dass wir auch das einbeziehen, und das gilt ausdrücklich auch für den Radverkehr, der im Nord-Süd-Verkehr in die Stadtteile südlich der Elbe bislang eine total untergeordnete Rolle spielt. Das ist nachvollziehbar, weil die Verkehrsführung, die bislang nur durch den Freihafen möglich ist, für viele Radfahrer ausgesprochen unattraktiv ist. Deswegen ist es wichtig, die Planungen zur Förderung des Radverkehrs aus der letzten Wahlperiode fortzusetzen, damit wir eine attraktive Radverkehrsverbindung von der Hamburger Innenstadt nach Wilhelmsburg bekommen. Auch das kann einen wesentlichen Beitrag leisten.

(Beifall bei der GAL und bei Klaus-Peter Hesse CDU)

Die Planungen waren schon weit gediehen und das muss jetzt auch finanziert werden. Gerade deswegen ist es ein großes Risiko, wenn jetzt die Mittel für die Förderung des Radverkehrs abgesenkt werden. Um eine attraktive Verbindung zu schaffen, muss wirklich Geld in die Hand genommen werden.

Bei dieser Diskussion über die Lösung der Verkehrsprobleme im Hamburger Süden sollten wir nicht über Luftschlösser reden, sondern über die Maßnahmen, die konkret angepackt worden sind und die auch ganz kurzfristig angepackt werden können. Mit Luftschlössern meine ich erstens die Versprechung, dass die Hafenquerspange die Lösung aller Probleme sein wird. Wir haben eine vernünftige Planung, aber ob sie wirklich eine Lösung für all die Probleme, über die wir reden, bringen wird, ist fraglich; das ist zu klären. Und zweitens meine ich damit die Forderung, die U4 einfach nach Harburg zu verlängern. Das wesentlich günstigere Verkehrsmittel Stadtbahn soll wegen Nichtfinanzierbarkeit ins politische Aus gestellt werden und gleichzeitig soll einfach eine U-Bahn bis nach Harburg verlängert werden, zweimal unter der Elbe durch. Das wird bestimmt ganz billig zu bekommen sein.

Interessant ist insoweit auch die Antragslage bei der Abstimmung nachher. Die CDU fordert noch einmal ausdrücklich in ihrem Antrag, dass die U4 verlängert werden soll, und die SPD hat sich an der Stelle offenbar kundig gemacht und stellt einen sehr interessanten Antrag. Im Hinblick auf die kurze Verlängerung der U4 bis zu den Elbbrücken, die schon in der Regierungserklärung versprochen worden war, sagt sie jetzt, es solle geprüft werden, unter welchen Bedingungen die U4 bis zu den Elbbrücken verlängert werden könne.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Toller Quatsch!)

Also da steht schon einmal ein Fragezeichen. Und dann heißt es in Punkt 2 – alle denken doch, wenn man bis zu den Elbbrücken verlängern würde,

dann könne man da in die S-Bahn umsteigen, das wäre super –, man wolle nicht nur prüfen, sondern unter Wirtschaftlichkeitsberechnungen prüfen. Das heißt im Klartext, die SPD will den Bürgerinnen und Bürgern sagen, es wäre zwar schön, wenn man da umsteigen könnte, das werden wir aber gar nicht bezahlen können.

(Beifall bei Klaus-Peter Hesse CDU – Jan Quast SPD: Das ist ja vorgeschrieben!)

Das ist hochinteressant, denn das heißt, dass sich die SPD schon kundig gemacht hat, und es macht deutlich, dass der CDU-Antrag natürlich erst recht nicht bezahlbar ist.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Dass sie sich nicht an das halten, was sie im Wahlkampf versprochen haben?)

Nein, ich applaudiere, weil sie erkannt haben, dass eine U-Bahn eine ganz teure Angelegenheit ist und dass dieses Verkehrsmittel gar nicht in der Lage ist, unsere Verkehrsprobleme zu lösen, wenn wir mit begrenzten Ressourcen arbeiten müssen.

(Zuruf von Klaus-Peter Hesse CDU)

Ja, deswegen unterstützen wir auch den Antrag der SPD.

Wenn man über konkrete Maßnahmen redet, dann muss man in der Tat darüber reden, was die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße bringt. Sie ist ein wichtiger Beitrag für die Entlastung der Wilhelmsburger Mitte von den starken Verkehren. Die angestellten Untersuchungen haben gezeigt, dass es sehr stark Transitverkehre von Nord nach Süd quer durch Wilhelmsburg gibt. Hier soll eine Optimierung erzielt werden und die Bürgerinnen und Bürger in Wilhelmsburg sollen wirklich große Vorteile von der Verlegung haben. Und deswegen müssen wir auch noch einmal sehr genau die geplanten Anschlüsse an die neue Wilhelmsburger Reichsstraße prüfen, damit wir nicht den Effekt haben, dass zwar der Transitverkehr von Nord nach Süd aus der Wilhelmsburger Mitte heraus ist, aber durch die Wilhelmsburger Mitte umfangreicher Zulieferverkehr zur Wilhelmsburger Reichsstraße fließt. Dieses wichtige Projekt müssen wir so abschließen, dass tatsächlich eine große Entlastungswirkung für die Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburger erzielt wird. Das wäre der erste Punkt, wenn wir über konkrete Maßnahme reden.

Der zweite Punkt ist die schon eine Weile diskutierte Verstärkung der S-Bahn-Verbindungen auf der bestehenden Strecke, also die Idee, eine S32 einzurichten und dort innerhalb von zehn Minuten jeweils drei S-Bahnen fahren zu lassen. Da hat der Senat auf eine Anfrage, die ich vor Kurzem gestellt habe, geantwortet, das machen wir vielleicht im Jahr 2018. Hier geht es darum, auf einer bestehenden Strecke, wo nur ganz kleine technische Anpassungen erforderlich wären, eine zusätzliche

Bahn fahren zu lassen, und da sagt der Senat, dafür werde man ungefähr sieben Jahre brauchen. Ich glaube, wir brauchen wesentlich schneller wirksame Entlastungsmaßnahmen für den Hamburger Süden. Deswegen sollte man nicht über Luftschlösser reden, die U4 an die Wand pinseln und die Effekte der Hafenquerspange besprechen, die der Bund wahrscheinlich nie finanzieren wird, sondern konkret mögliche Maßnahmen ergreifen, damit der Hamburger Süden entlastet wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Herr Dr. Schinnenburg, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, zunächst einmal darf ich Ihnen versprechen, dass ich zu diesem Antrag rede und nicht zum Antrag zur Verlängerung der U4, der nicht abgestimmt wird. Die GAL hielt es nicht für erforderlich, den zur Debatte anzumelden; ich möchte aber dennoch etwas dazu sagen. Ich konzentriere mich auf diesen Antrag und wie meine Vorredner sehe ich es so, dass wir ein Verkehrskonzept für den Hamburger Süden brauchen. Deshalb werden wir dem CDU-Antrag auch zustimmen. Aber: In Ihrem Antrag steht, dieses Gutachten über das Verkehrskonzept liege der Behörde seit Längerem vor. Wer, liebe Kollegen von der CDU, war denn bis vor Kurzem, nicht bis vor Längerem, im Senat?

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Nun können Sie sagen, die böse, böse Frau Hajduk hatte das im Panzerschrank versteckt.

(Anja Hajduk GAL: Nein! – Thomas Völsch SPD: Na so was!)

Wer war denn seit Dezember auch für die Behörde zuständig und hatte auch Zugang zu jedem Panzerschrank? Das war die CDU. Sie fordern jetzt mit diesem Antrag das, was Sie selber nicht geschafft haben. Und es ist auch in Ordnung, dass es jetzt andere machen, nur, diese Bemerkung konnte ich mir einfach nicht verkneifen. Sie hatten fast zehn Jahre Zeit und haben die Behörde, in der das Gutachten liegt, vier Monate geleitet und verlangen jetzt über die Bürgerschaft vom Senat, dass er es vorlegen soll. Das kann mich, ehrlich gesagt, nicht so richtig überzeugen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Wie ich schon sagte, werden wir dem CDU-Antrag zustimmen, aber er allein reicht nicht. Es reicht nicht nur, das ominöse Verkehrskonzept und das Gutachten vorzulegen, wir brauchen auch konkretere Fragen und belastbare Zahlen.

(Vizepräsidentin Kersten Artus übernimmt den Vorsitz.)

(Dr. Till Steffen)

Deshalb hat die FDP einen Zusatzantrag mit konkreten Vorgaben vorgelegt.

Erstens: Was sind die Folgen der Verbreiterung der Wilhelmsburger Reichsstraße?

Zweitens: Was sind die Folgen der Varianten der Hafenquerspange? Sie wissen vielleicht, dass die FDP sehr zur Nordtrasse neigt, und wir würden gern begründet haben, warum immer wieder die Südtrasse ins Spiel gebracht wird; auch der Senator scheint das jetzt machen zu wollen.

Drittens: Was ist mit dem schnellen Abfluss des Hafenverkehrs?

Viertens: Was ist mit der Abstimmung mit den Umlandgemeinden? Der Kollege Duwe hat vorhin schon gesagt, südlich von Harburg fängt nach 200 Metern Niedersachsen an. Und das sind auch Menschen, mit denen man sich abstimmen muss.

Fünftens: Was ist mit der Anpassung des öffentlichen Personennahverkehrs und was ist mit Nachtfahrverboten?

Sechstens: Was ist mit der Lärm- und Luftbelastung?

All diese Punkte tauchen bei der CDU nicht auf, sie möchte einfach nur Unterlagen vorgelegt bekommen. Wenn man das so machen würde, wie die CDU es beantragt, würde es eine lange weitere Verzögerung geben. Das können wir den Harburgern und Wilhelmsburgern nicht zumuten. Deshalb haben wir einen detaillierten Zusatzantrag gestellt, der ein bisschen Butter bei die Fische gibt, und wir bitten da um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der FDP – Klaus-Peter Hesse CDU: Noch ein Antrag!)

Meine letzte Bemerkung: Offenbar sollen beide Anträge an den Verkehrsausschuss überwiesen werden sollen, und das Allerschönste kommt ganz zum Schluss. Was wurde denn gestern an den Verkehrsausschuss überwiesen? Der Antrag zum Thema Finkenwerder. Dann können wir im Verkehrsausschuss endlich ein ganzheitliches Verkehrskonzept bearbeiten. Danke, liebe Kollegen von der SPD, dass Sie es durch Abwesenheit ermöglicht haben, dass alle drei Anträge, die dort hingehören, im Verkehrsausschuss behandelt werden können. Wir werden für die Bürger in Harburg und Wilhelmsburg ein gutes Ergebnis erzielen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Danke schön. – Die Abgeordnete Sudmann hat das Wort.

Herr Schinnenburg, in dieser Bürgerschaft haben Sie meistens recht: Das Allerschönste kommt am Schluss – die Fraktion der LINKEN; danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielleicht kommt Herr Horch auch noch.

Es gibt eine große Einstimmigkeit und der werde ich mich anschließen, wir brauchen ein Verkehrskonzept für den Hamburger Süden. Aber dass so eine Selbstverständlichkeit nach so vielen Jahren und nachdem so viele verschiedene Planungen laufen, überhaupt erwähnt werden muss, ist schon traurig.

(Beifall bei der LINKEN)