Protokoll der Sitzung vom 27.11.2013

(Dietrich Wersich CDU: Das heißt, die Poli- zei läuft mehr Streife in den Parks?)

Sie haben verschwiegen, Herr Wersich, und das gehört zur Wahrheit, dass sich die Erwartung, die 2006 mit dem neuen Konzept des BOD bestand, nicht erfüllt hat: Man wollte eine einheitliche Organisation zur Wahrnehmung aller Aufgaben im Bereich der Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit in dieser Stadt im öffentlichen Raum. So hat es Ihr Finanzsenator Frigge auch im Zusammenhang mit den Rückkehrern damals suggeriert, die sich praktisch von allein durch Bußgelder finanziert. Daraus müssen wir die Konsequenzen ziehen, und hier besteht Handlungsbedarf. Deswegen ist die Neuordnung der Aufgaben nach dem vorgesehenen Vier-Säulen-Modell richtig, um diese Aufgaben effizienter erfüllen zu können.

(Beifall bei der SPD)

(Dietrich Wersich)

Die erste Säule ist die Konzentration der Parkraumüberwachung auf einen Aufgabenträger. Dass Sie das flapsig als "Autos abzetteln" formulieren, Herr Wersich, kann ich nicht verstehen. Ich bin wohl nicht der Einzige in dieser Stadt, gegen dessen Gerechtigkeitsempfinden es verstößt, wenn die einen brav für ihr Ticket beim ÖPNV bezahlen oder einen Parkschein lösen, insgesamt aber nur mehr als jeder Fünfte einen Parkschein löst. Das ist nicht nachvollziehbar, und dass man damit ungeschoren davonkommt, darf nicht sein. Darauf hat der Rechnungshof bereits 2007 hingewiesen. Nur 17 Prozent aller untersuchten Parkgebühren werden korrekt bezahlt. Und dass entsprechend verstärkt kontrolliert wird, ist auch eine Frage der Gerechtigkeit gegenüber denjenigen, die ihre Parkgebühren ordnungsgemäß entrichten.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Die zweite Säule ist die Konzentration des Bußgeldmanagements. Ihnen ist es nicht gelungen, das haben Sie ebenfalls nicht gesagt, das bei den Bezirken zusammenzufassen. Das Management der Ordnungswidrigkeiten in den Dezernaten Wirtschaft, Bauen und Umwelt in den Bezirksämtern wird zu einer engeren Zusammenarbeit mit den bestehenden anderen Dienststellen, beispielsweise den Sondernutzungsabteilungen der Wegewarte und der Gaststättenkontrolleure, führen. Es wird ein engmaschigeres und dienststellenübergreifendes Netz entstehen, und so werden die Bezirke in der Lage sein, noch dichter zu kontrollieren.

(Dietrich Wersich CDU: Es geht aber keiner mehr raus! Sie sitzen am Telefon!)

Die Handlungs- und Reaktionsfähigkeit im öffentlichen Raum wird dadurch erhöht, Herr Wersich.

(Beifall bei der SPD)

Die Schuldenbremse haben wir gemeinsam beschlossen, daran möchten wir erinnern. Wenn alle sieben Bezirksamtsleiter zusammensitzen und sich Gedanken machen, wie sie konstruktiv mit den Sparvorgaben umgehen können,

(Glocke)

dann steht es uns nicht gut zu Gesicht, in diese Überlegungen hineinzugrätschen. Wir begrüßen sie und wollen, dass es so kommt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Tim Golke DIE LINKE: Er hat die dritte und vierte Säule vergessen!)

Das Wort erhält nun Herr Dr. Steffen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch für meine Fraktion möchte ich mich ausdrücklich den Eingangsworten meiner beiden Vor

redner anschließen. Gewalt gegen das Privatleben Einzelner von uns ist in jedem Fall inakzeptabel. Das ist das absolute Minimum in der politischen Auseinandersetzung nicht nur in diesem Hause, sondern auch in der Stadt, und das finde ich sehr wichtig.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Wir diskutieren eine Drucksache, die wir offiziell noch nicht kennen. In dieser Drucksache werden verschiedene Dinge miteinander verbunden, die nicht zwingend zusammengehören. Richtig ist, eine konsequente Kontrolle von bestehenden Regeln für das Parken in dieser Stadt einzuführen. Wir hatten seinerzeit ein fertiges Konzept. Es hat ein bisschen gedauert, bis es eingeführt wurde, aber das ist ziemlich genau das gleiche Vorhaben, und insoweit gibt es daran nichts zu deuteln. Es ist richtig, dass die schon lange geltenden Regeln nun endlich durchgesetzt werden, und wir können uns auch vorstellen, dass man das noch einmal etwas ausweitet. Das ist richtig an dieser politischen Entscheidung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Richtig ist auch, dass der Bezirkliche Ordnungsdienst an vielen Stellen organisatorische Schwierigkeiten hatte und noch immer an seinen Geburtsfehlern leidet und lange gelitten hat. Er ist als Idee von Ronald Schill eingeführt worden, der mehr Polizei oder etwas Ähnliches in die Stadt bringen wollte. Das fanden seine Anhänger gut, und so schaffte er den Bezirklichen Ordnungsdienst. Weil er eigentlich kein Geld hatte, behauptete er, dass sich dieser durch die Bußgelder von allein finanzieren würde. Zunächst wurden Einzelhändler verfolgt, weil sie ihre Schilder fünfzig Zentimeter zu weit auf den Gehweg gestellt hatten. Das war aber nicht das drängende Problem dieser Stadt. Der BOD wurde häufig mit Problemen belastet und mit einer zu großen Vielzahl an Aufgaben betraut. Das konnte nicht funktionieren, und das ist ebenfalls richtig an dieser Entscheidung, zu anderen Strukturen zu kommen.

Wir haben vor ein paar Jahren die Banken- und Finanzkrise in ihrer vollen Blüte erlebt. Viel öffentliches Geld musste investiert werden, und manche sagten, dass die Millionen nicht weg seien, sondern nur woanders. Daran musste ich eben denken, als Herr Schmitt sagte, dass die Stellen nicht weg seien, sondern nur verlagert. Bisher haben die Bezirke die Stellen für den Bezirklichen Ordnungsdienst inne. Aus meinen Worten wird deutlich, dass sich die Bezirke an anderen Punkten noch viel sinnvoller für die Bürgerinnen und Bürger einsetzen könnten, aber die Stellen gehen den Bezirken zu einem erheblichen Teil verloren. Für die konsequenten Parkraumkontrollen müsste man nicht zwingend bestehendes Personal nehmen, sondern man könnte auch neues nehmen, ohne dass der Haushalt belastet würde. Der Haushalt würde so

(Frank Schmitt)

oder so entlastet, ganz gleich, woher man das Personal nimmt.

Wir können uns daher auf die Frage konzentrieren, ob es sinnvoll ist, den Bezirken die Stellen für diese Aufgaben wegzunehmen. Das wäre dann in Ordnung, wenn sie von Aufgaben entlastet würden, aber das Gegenteil ist der Fall. Es ist hier so wie immer beim SPD-Senat: Die Bezirke bekommen immer mehr Aufgaben, haben aber immer weniger Möglichkeiten, diesen nachzukommen. Es gibt mitnichten überschüssiges Personal, das die Aufgaben des Bezirklichen Ordnungsdienstes übernehmen könnte, sondern es hapert ohnehin an allen Ecken und Enden bei der Wahrnehmung der Aufgaben, die für unsere Bürgerinnen und Bürger extrem wichtig sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

An dieser Stelle wird es problematisch, denn es wird vollmundig versprochen, dass es bezüglich der Vermüllung der Stadt ein Anliegenmanagement geben werde. Jeder, der sich in der Vergangenheit einmal mit innovativen Computerprojekten beschäftigt hat, weiß, dass schnell eine Datenbank als fixe Idee geboren wird, zum Beispiel zum Erhaltungszustand von Straßen, der Verwaltung der Jugendhilfe oder ähnlichen Dingen. Hinterher ist man dann mit zweistelligen Millionenbeträgen dabei. Und selbst wenn es funktionieren sollte, dann reicht es nicht aus, die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger nur entgegenzunehmen. Es wäre für die positive Wahrnehmung unserer Verwaltung ausgesprochen förderlich, wenn die Anliegen auch bearbeitet würden. Hier fehlt es an Personal, und genau dieses Personal nehmen Sie den Bezirken weg. Das steht für den Kurs, den der SPD-Senat mit den Bezirken fährt: nicht ausfinanzierte Tarifsteigerungen, nicht definierte globale Minderausgaben und eine Entflechtung, die zu zusätzlichen Aufgaben führt, ohne dass es eine vollständige Kompensation gibt. Die Bezirke bekommen theoretisch mehr Aufgaben, können sich aber praktisch um immer weniger kümmern. Das ist der falsche Kurs.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat nun Herr Dr. Duwe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Steine sind kein Argument, und Steine gegen Menschen sind noch weniger ein Argument als gegen Sachen.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Entweder ist es kein Argument oder nicht! Man kann das nicht steigern!)

Ich werde diesen Wortbeitrag nicht kommentieren.

Extremismus ist zu verurteilen, speziell, wenn er Gewalt einsetzt, und zwar von allen Seiten.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU)

Nun zum Thema. Die Idee eines bürgernahen Ordnungsdienstes im Jahr 2006 war schön, aber leider wurde dieser weder finanziell noch personell so aufgestellt, dass er einlösen konnte, wofür er gedacht war. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder sieht man das ein wie der SPD-Senat und tritt den geordneten Rückzug an, oder – was ich viel besser gefunden hätte – man entwickelt ein vernünftiges Konzept, wie der Ordnungsdienst bürgernah zu organisieren ist und übernimmt insbesondere die Themen, die nicht von anderen Stellen übernommen werden.

Die sieben Hundeversteher, die noch im Personal vorhanden sind, werden im Bezirk Hamburg-Mitte schauen, wie sie diese Aufgaben bewältigen können. Im Bezirk selbst bleiben etwa sechs bis sieben Mitarbeiter übrig, die die Sondernutzung unterstützen sollen. Das wird nicht viel bringen, denn vier der sieben Personen werden im Innendienst arbeiten und von den anderen dreien werden vielleicht nur ein oder zwei nach außen treten. Da sie aber keine Uniform tragen, werden sie nicht als Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger erkennbar sein, es sei denn, man erkennt sie am Zollstock bei der Prüfung, wie die Sondernutzung durch kleine Wirte vielleicht um zwei Zentimeter überschätzt wird, inwiefern der öffentliche Luftraum zu viel genutzt wird und wo Gebühren nicht eingezogen werden. Das ist aber nicht das, was ich unter einem bürgernahen Ordnungsdienst verstehe oder was man darunter verstehen sollte.

(Beifall bei der FDP)

Der Ersatz wird eine Art Behörden-Telefonseelsorge sein, also eine Telefonnummer, an die sich die Bürger wenden können, wenn sie Beschwerden haben. Sie müssen erst einmal wissen, wo sie anrufen müssen, und damit werden schon fünfzig Prozent der Anliegen vom Tisch sein. Ich freue mich natürlich nicht, dass es auch in der SPD den Gedanken gibt, Menschen durch Telefondienste ersetzen zu können. Das ist das Gegenteil dessen, wie wir einen bürgernahen Ordnungsdienst verstehen sollten.

(Beifall bei der FDP)

Ich frage mich, was als Nächstes kommt. Wenn der bürgernahe Ordnungsdienst verschwunden ist, dann könnten wir auch darüber nachdenken, die bürgernahen Polizeibeamten durch Notrufsäulen zu ersetzen. Diesen Gedanken finde ich nicht gut, und man sollte ihn nicht weiterführen, sondern sehen, dass das, was der Bezirkliche Ordnungsdienst bisher getan hat, weitergeführt wird. Das ist kein Sparbeitrag, der von den Bezirken sinnvoll für die Stadt ausgegeben werden kann. – Vielen Dank.

(Dr. Till Steffen)

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt nun Herr Golke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE hatte bisher immer Kritik am Bezirklichen Ordnungsdienst, fordert aber nicht dessen Auflösung.

(Dirk Kienscherf SPD: DIE LINKE ist immer gegen Ordnung! – Gegenruf von Christiane Schneider DIE LINKE: Nee, nee, wir waren für bessere Bezahlung!)

Ich muss den Kollegen Steffen ein bisschen korrigieren. Ronald Schill hatte sich den Städtischen Ordnungsdienst einfallen lassen, der in der Tat so etwas wie eine Hilfspolizei war. Der Bezirkliche Ordnungsdienst wurde dann im Jahr 2006 im Rahmen der Verwaltungsreform eingeführt

(Olaf Ohlsen CDU: Ja, ja, das kennen wir!)

Herr Ohlsen kennt das, ich wiederhole es trotzdem –,

und zwar zusätzlich zu den Gefahrenabwehrelementen des Städtischen Ordnungsdienstes, eben mit der Parkraumüberwachung.

Wir kritisieren, dass die Rechtsgrundlage, auf die sich der BOD bisher bezogen hat – also Paragraf 3 SOG und die Generalklausel, die dort steht –, zu unbestimmt ist im Verhältnis dazu, dass es eigentlich eine Art von Polizeitätigkeit ist und dass die Ausbildung des BOD dafür zu rudimentär ist.

(Beifall bei der LINKEN)