Protokoll der Sitzung vom 12.12.2013

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Zweitens halten wir es schlicht für falsch, von einer Kategorisierung Abstand zu nehmen. Die Beschäftigtenzahl im Bereich der öffentlichen Unternehmen steigt, und die Bilanzsumme stieg seit 2008 von 23 auf rund 30 Milliarden Euro. Wir haben die HSH Nordbank und die Wohnungsbaukreditanstalt herausgenommen, weil das starke Schwankungen

sind, die das Ergebnis verzerren. Die Verbindlichkeiten steigen ebenfalls seit Jahren, und wir haben 2012 einen negativen Abschluss. Wer in einer solchen Situation auf Kategorisierung und Kennzahlen verzichtet, der handelt fahrlässig und geht Risiken für Hamburg ein, die aus meiner Sicht nicht eingegangen dürfen. Dahinter steht keine verantwortungsbewusste Finanzpolitik.

Diese Finanzpolitik hat zunehmend System. Wenn man sich nämlich auf eine Kategorisierung einlassen würde, Herr Senator, dann müsste man einen Plan haben. Auf Pläne verzichtet man aber neuerdings konsequent und sagt lieber, dass man erst einmal schaue, was passiere, und dann entscheide, was man mache. Man will um Gottes Willen bloß nicht mit eigenen Vorschlägen und Strategien nach vorn preschen, denn man könnte a) als innovativ wahrgenommen werden, b) wirklich beweisen, dass man etwas bewegen will, c) die Lage dann doch irgendwie nicht im Griff haben und d) dann lieber darauf verzichten.

Die vorgelegte Senatsmitteilung ist wieder ein beredtes Beispiel dafür, dass die Finanzbehörde konsequent darauf verzichtet, für die wichtigen Fragen Hamburgs eigene Strategien zu entwickeln. Das gilt für das maritime Cluster und die dort liegenden Risiken, und es gilt für die Frage, wohin wir mit unseren öffentlichen Unternehmen wollen. Das finden wir schade. Es geht uns nicht darum, mit dieser Kategorisierung zum Thema Privatisierung beizutragen; das haben wir immer deutlich gemacht. Wer sich die vier Kategorien anschaut, der weiß, dass es nur eine gibt – vielleicht bei einem Unternehmen wie dem Reisering –, bei der man sagen kann, dass die Hansestadt Hamburg auf eine Beteiligung verzichten kann.

Ich bin gespannt auf die Diskussion im Ausschuss und muss persönlich sagen, dass diese Senatsdrucksache und das, was Herr Dr. Kluth aufgezeigt hat, ein beredtes Beispiel dafür ist, dass es bei den hohen Risiken, die in diesem Bereich liegen, leider auf Senatsseite keinerlei Vorstellungen gibt, wo sie hinsteuern soll. Das ist fahrlässig, und wir werden das im Ausschuss thematisieren.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Kerstan.

(Zuruf aus dem Plenum: Die Jacke wech- seln! – Norbert Hackbusch DIE LINKE: Falsche Jacke!)

– Die bringe ich morgen zurück.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch dieser Beteiligungsbericht wird wie alle anderen vorher auch an den zuständigen Ausschuss über

(Andrea Rugbarth)

wiesen, und zwar an den Ausschuss Öffentliche Unternehmen. Dort werden wir bei jedem einzelnen Unternehmen, das wir aufrufen, über Geschäftszweck, wirtschaftliche Lage und Zukunftsaussichten diskutieren, und ich freue mich auf diese Debatten. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Hackbusch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Viel länger wird es bei mir nicht dauern, aber doch drei Sätze. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass einem im Zusammenhang mit dem Namen Peiner, der Liste und der Stadt als Erstes einfallen muss, dass dieser Mensch, diese Liste und diese Art und Weise von Politik zu eine der größten und dramatischsten Eigenkapitalvernichtungsmaßnahmen in dieser Stadt geführt hat.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Herr Peiner war dafür verantwortlich und hat im Wesentlichen mitentwickelt, was bei der HSH Nordbank an verrücktem neoliberalem Abenteuer- und Glücksrittertum in Gang gesetzt worden ist. Sie müssen sich dafür schämen, das als Vorbild zu nehmen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD – Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Das Argument ist unter Ihrem Niveau!)

Ein Unternehmen muss natürlich in dem Augenblick gegründet werden, wenn es einen Sinn ergibt. Wir werden das bei all diesen Unternehmen kritisch hinterfragen.

Bei der Zunahme der Zahlen im Bereich der öffentlichen Unternehmen bin ich deswegen kritisch, weil ich den Eindruck habe, dass bestimmte Tätigkeiten der Verwaltung mittlerweile in öffentliche Unternehmen geschoben werden. Die Möglichkeit, das kritisch nachvollziehen zu können, ist mir entzogen worden, und ich stelle ein gewisses Demokratiedefizit fest. Wir wissen, dass wir diese Unternehmen nicht so genau kontrollieren können wie den normalen Bereich der Verwaltung. Wir werden das kritisch hinterfragen, das gehört zu diesen Maßnahmen, und ich finde es völlig richtig.

Insgesamt sind die Erfahrungen der letzten Jahre, Herr Kluth, auf all diesen Ebenen, dass wir doch darunter gelitten haben, dass Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert worden sind. Darunter leiden wir als Stadt auch weiterhin. Die Erfahrung hat auch gezeigt, dass es zum Teil notwendig ist, mehr Staat als privat zu haben, weil wir nur dadurch in der Lage waren, durch diese Krise zu kommen. Das sind zwei wichtige Voraussetzungen für die Zukunft. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD – Olaf Ohlsen CDU: Immer ver- staatlichen, logisch!)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass wir zur Abstimmung kommen können.

Wer einer Überweisung der Drucksache 20/10016 an den Ausschuss Öffentliche Unternehmen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Dann kommen wir zum Punkt 36 zusammen mit Punkt 4, den Drucksachen 20/10102 und 20/9377, Bericht des Haushaltsausschusses: Änderung des Gemeinschaftstarifs des Hamburger Verkehrsverbundes und Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Anhebung der HVV-Tarife.

[Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksache 20/9603: Änderung des Gemeinschaftstarifs des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) (Senatsan- trag) – Drs 20/10102 –]

[Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Anhebung der HVV-Tarife – Drs 20/9377 –]

Die Große Anfrage aus der Drucksache 20/9377 möchte die FDP-Fraktion an den Verkehrsausschuss überweisen.

Wird das Wort gewünscht? – Frau Sudmann.

Ich muss die Uhr stellen, denn ich habe 20 Minuten, habe ich gerade gehört. Aber ich glaube, wir machen es etwas schneller.

Schönen guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle Jahre wieder freuen sich viele Hamburgerinnen und Hamburger auf Weihnachten, und alle Jahre wieder sind die meisten HVV-Kundinnen erbost, weil die Fahrpreise regelmäßig steigen. In den Ausschüssen haben wir – wie alle Jahre wieder – lange über die HVV-Fahrpreiserhöhung diskutiert. Eigentlich stellt sich nur noch die Grundfrage, ob der HVV ein Wirtschaftsunternehmen ist, das die Einnahmen steigern

(Finn-Ole Ritter FDP: Nein, die Einnahmen sinken doch!)

und irgendwann hundert Prozent Kostendeckung erreichen soll, oder ob der HVV sicherstellen soll, dass für alle Menschen in dieser Stadt Mobilität möglich ist – auch für Menschen mit wenig Einkommen. Wir finden, dass Mobilität für alle möglich

(Jens Kerstan)

sein muss, auch für diejenigen mit wenig Einkommen. Deswegen sagen wir als LINKE, dass die HVV-Fahrpreise eine soziale Frage sind. Wer sagt, dass Mobilität möglich sein muss, der darf die Fahrpreise nicht weiter erhöhen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dem Senatsantrag, den Herr Horch bestimmt mitgeschrieben hat und den er kennt, den Sie aber vielleicht nicht alle kennen, ist zu entnehmen, dass die Fahrpreise im Durchschnitt um 3,2 Prozent steigen sollen. Sie werden alle wissen, dass das wesentlich mehr als die Inflationsrate und die durchschnittliche Einkommenserhöhung ist. Besonders empörend ist, wenn Sie sich die Fahrpreissteigerung anschauen oder mir jetzt zuhören, dass die Seniorinnen viel mehr zahlen sollen, nämlich 4 Prozent. Meine Kollegin Frau Cansu Özdemir hat heute Nachmittag in der ersten Debatte schon gesagt, dass in Hamburg mittlerweile 18 000 ältere Menschen von der Grundsicherung leben und dass niemand genau einschätzen kann, wie hoch die Dunkelziffer der älteren Menschen ist, die sich nicht trauen, Grundsicherung zu beantragen, aus Scham oder welchen Gründen auch immer. Man kann auch nicht behaupten, dass die Seniorinnen viel zu hohe Rabatte bekommen; das ist ein Armutszeugnis.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Haushälterinnen und Haushälter haben vielleicht bei einem Punkt leuchtende Augen bekommen, als sie die Senatsdrucksache gelesen habe. Dort stand nämlich, dass es 14 Millionen Euro Mehreinnahmen geben soll – wow.

(Olaf Ohlsen CDU: Wow!)

Wenn man aber alles liest, Herr Ohlsen, was Sie bestimmt getan haben,

(Olaf Ohlsen CDU: Natürlich!)

dann werden Sie auch wissen, wer diese 14 Millionen Euro Mehreinnahmen finanziert – nämlich wer, Herr Ohlsen?

(Olaf Ohlsen CDU: Wir alle!)

Nein, nicht wir alle, sondern ausschließlich die Fahrgäste, und das ist der völlig falsche Weg.

(Beifall bei der LINKEN)

Man und frau muss sich wundern, dass trotzdem immer mehr Menschen mit dem HVV fahren. Das mag damit zusammenhängen, dass wir eine Staustadt haben, wie Herr Schinnenburg glaubt. Es kann aber auch damit zusammenhängen, dass viele Menschen gern mit dem HVV fahren wollen, weil das umweltfreundlich ist. Diejenigen, die jetzt mit dem HVV fahren, werden sich ärgern, wenn ihnen klar wird, was wir durch unsere Große Anfrage herausgefunden haben.

(Dirk Kienscherf SPD: Ach!)

Herr Kienscherf, ich sage es Ihnen gern, dann können Sie sich auch gleich wundern.

Es ist festgelegt worden, wie hoch der Zuschussbedarf für den HVV ist. Dieser ist von 2008 bis 2012 jährlich prognostiziert worden, und in der Realität sind durchschnittlich 30 Millionen Euro weniger an öffentlichen Zuschüssen gezahlt worden, als der Senat veranschlagt hat.