Protokoll der Sitzung vom 22.01.2014

Wir haben sehr breit darüber diskutiert, welche Möglichkeiten es gibt. Es gab eine Große Anfrage, die dargestellt hat, wie vielfältig diese Möglichkeiten in Hamburg sind und wie sich Bürgerinnen und Bürger einbringen können. Hamburg belegt einen Spitzenplatz bei der Bürgerbeteiligung, und darauf können wir alle stolz sein.

(Beifall bei der SPD)

Aber zur Einordnung ist es schon einmal interessant, woran Sie sich ein Beispiel nehmen. Da wird nicht das Beispiel Berlin gebracht, auch nicht das Beispiel Köln oder vielleicht die Überlegungen in München, sondern Ingolstadt. Ich weiß nicht, ob Ingolstadt so richtig vergleichbar ist, aber Sie sagen, da dürften auf einmal alle mitmachen und alle Bürgerinnen und Bürger würden mitgenommen.

(Arno Münster SPD: Alle beide?)

Schauen wir uns doch einmal an, wie es denn in Ingolstadt aussieht. In Ingolstadt dürfen alle Vorschläge machen. Und wer beschließt darüber? Schauen Sie sich das doch einmal an: CSU, CSU, CSU und CSU, das ist der sogenannte Bezirksausschuss, zu vergleichen mit der Bezirksversammlung, der darüber beschließt.

(Dr. Roland Heintze CDU: Wie SPD, SPD, SPD!)

Die Bürger können ein paar Vorschläge machen, aber beschließen tut letztendlich die Bezirksverwaltung, der Bezirksausschuss, also die Politik. Das hat auch nicht so viel mit Bürgernähe zu tun, wenn Sie das schon so anders rüberbringen. Und deswegen ist das auch unehrlich, was Sie uns hier vorgetragen haben, Herr Heintze.

(Beifall bei der SPD)

Sie wissen auch, dass es in Ingolstadt letztendlich der Bezirksausschuss bewilligt, dann geht es an den Stadtrat, der sich das anschaut, es prüft und gegebenenfalls ablehnt, dann kommt die Stellungnahme wieder in den Bezirksausschuss und der erklärt dann den Bürgerinnen und Bürgern, warum

es etwas geworden ist oder auch nicht. Aber was ist der Gegenstand dieser Mittel? Da sind Sie auch nicht präzise, und das finde ich eigentlich schlimm als Haushälter. Wenn das ein Sozialpolitiker macht, würde man darüber hinwegsehen, aber gerade als Haushaltspolitiker, der eigentlich besonders seriös sein sollte, bringen Sie alles durcheinander und sagen, die Sondermittel seien etwas ganz anderes.

(Finn-Ole Ritter FDP: Stadtentwicklungspoli- tiker sollten auch seriös sein!)

Was macht denn Ingolstadt? Ingolstadt finanziert damit unter anderem seine Schulen und seine eigenen Kindergärten, und Ingolstadt finanziert darüber natürlich auch Institutionen, und zwar zu 90 Prozent.

(Finn-Ole Ritter FDP: Und Audi!)

Es ist eben nicht so, dass der Bürger XY für seine Blumen da irgendwie 20 Euro bekommt. Das gibt es vielleicht manchmal, aber das ist doch nicht der Schwerpunkt des Bürgerhaushalts, sondern der Schwerpunkt des Bürgerhaushalts sind Investitionen in den öffentlichen Grund, in den öffentlichen Raum und in die öffentlichen Einrichtungen. Das müssen Sie hier doch auch sagen, wenn Sie seriös sein wollen, aber daran fehlt es Ihnen, Herr Heintze.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen sagen wir, dass Bürgerbeteiligung wichtig ist, man aber auch schauen muss, welche Kosten und welchen Nutzen das hat. Die Modelle in München, die da gerade zusammen mit den GRÜNEN entwickelt werden, aber auch die Modelle in Köln und Berlin zeigen eines deutlich: dass wir als Politik in der Tat gefordert sind, die Bürgerbeteiligung auszuweiten, aber dass wir uns auch, wie wir es vom Freiburger grünen Oberbürgermeister gelernt haben, sehr genau anschauen müssen, wo denn die Grenzen liegen und wie hoch der Aufwand ist und wie hoch der Nutzen.

Alle Untersuchungen, die dort aufgelistet sind, und das wissen Sie doch auch, haben einen Aktivierungsgrad zwischen 0,3 und 1,5 Prozent erreicht. Ich will damit nicht sagen, dass man die Bürgerbeteiligung nicht weiter ausdehnen sollte, aber man muss doch sehr genau darauf achten, in welchem Umfang man das machen kann, welches die geeigneten Methoden sind und wie wir es wirklich schaffen können, Bürgerbeteiligung hochzutreiben. Es darf jedoch nicht passieren, dass wir hier reine Symbolpolitik machen und letztendlich die Bürgerinnen und Bürger gar nicht erreichen, die wir erreichen wollen. Dafür stehen wir nicht, sondern wir wollen eine handfeste Politik.

(Beifall bei der SPD)

Dann ist es natürlich interessant, bei Ingolstadt einmal zu schauen, wie das denn so ist mit den Stadt

teilen, was Herr Heintze hier sagt. Ingolstadt hat sieben Bezirke, und die Frage ist doch wirklich, wenn ich mir zum Beispiel in meinem Bereich Hamm oder Borgfelde anschaue, ob es nicht richtig ist, da einen Regionalbezug herzustellen, oder ob es wichtig ist zu sagen, in Borgfelde unterstütze man eine Kultureinrichtung, aber das Geld für Hamm wolle man nicht haben. Geht es nicht darum, Regionen zu entwickeln? Diese regionale Entwicklung wird hier ermöglicht. Sie wird ermöglicht in den RISE-Gebieten, wo die Bürgerinnen und Bürger mitmachen können, in den Fördergebieten, aber auch durch die Sondermittel in Höhe von 1,9 Millionen Euro, die Sie so geringschätzig abgetan haben. Da kann sich doch jeder einbringen und Vorschläge machen, und die Verwendung der Sondermittel ist so ähnlich wie zum Beispiel in Ingolstadt oder Berlin-Lichtenberg. Also sind wir doch an einem Punkt, wo man sagen muss, dass das, was wir haben, schon eine ganze Menge wert ist.

Über das Thema Bürgerbeteiligung und Quartiersbeiräte und wie wir das weiterentwickeln, werden wir morgen noch berichten. Aber im Rahmen Ihres Europawahlkampfes mal eben 12 Millionen Euro auf den Markt zu werfen, ohne dass Sie überhaupt eine Idee davon haben, wie Bezirksversammlungen oder Bürgerbeteiligung funktionieren, das ist doch zu kurz gesprungen. Herr Heintze, da haben wir mehr von Ihnen erwartet. Ein bisschen mehr Seriosität, gerade bei diesem Thema Bürgerbeteiligung, wäre angebracht gewesen. Wir werden diesen Antrag ablehnen im Gegensatz zu anderen Anträgen, das kann ich hier schon einmal sagen. Sie hätten sich zum Beispiel besser mit dem Thema EFRE beschäftigen sollen, wie die GRÜNEN es getan haben, deren Antrag darauf abzielt, wie wir mit EFRE-Mitteln umgehen und es auf europäischer Ebene schaffen können, mehr Fördermittel für Hamburg einzuwerben.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Das ist ein ganz anderes Thema!)

Das werden wir entsprechend an den Ausschuss überweisen, und wir werden uns damit auseinandersetzen, aber Ihr Klamaukantrag, der selbst in Ihrer Fraktion höchst umstritten ist,

(Finn-Ole Ritter FDP: Woher wissen Sie das, Herr Kienscherf?)

ist mit seiner unseriösen Finanzierung dieser 12 Millionen Euro nicht geeignet, die Bürgerbeteiligung voranzubringen. Viel Spaß in Europa, aber hier in Hamburg brauchen wir eine ernsthafte Diskussion. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Duge, Sie haben das Wort.

(Dirk Kienscherf)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich würde den Antrag nicht so in Bausch und Bogen zurückweisen, Herr Kienscherf, weil darin zwei Elemente enthalten sind, die Sie im Prinzip auch angesprochen haben und die der Diskussion würdig sind und im Ausschuss durchaus weitergedacht werden könnten. Das ist zum einen die Frage der Stärkung der Bezirke und der eigenständigen Entscheidung von Bezirken. Da haben wir auch immer wieder kritisiert, dass die Ausstattung zu gering sei und die Bezirke insgesamt besser gestellt werden müssten. Das zweite Element, die Beteiligung, haben Sie eben auch angesprochen. Sie haben die Beteiligung in Hamburg hoch gelobt, aber wir meinen, dass es hier noch einiges zu verbessern und weiterzuentwickeln gibt und dass es allemal die Sache wert ist, darüber auch im Ausschuss zu sprechen.

Allerdings – da sehe ich auch einige Einschränkungen – ist der Vergleich mit Ingolstadt oder mit einem Bürgerhaushalt schon etwas problematisch, denn damit hat das nicht genügend zu tun, Herr Heintze. Das würde noch sehr viel weiter führen, als hier nur über einen solchen Fonds oder einen solchen Titel zu sprechen. Darüber muss man natürlich auch mit den Bürgern sprechen, wo die Mittel herkommen sollen und wie das entsprechend verschoben werden soll. Es ist durchaus richtig – Sie haben einen Vorschlag gemacht –, dass es hier um Verschiebungen von Mitteln geht, und es stellt sich die Frage, inwieweit man dies aus den Fachbehörden herausholen kann. Ich würde mich freuen, wenn 1 oder 2 Millionen Euro dafür aus der Innenbehörde kämen, das wäre auch einmal nett. Herr Neumann ist jetzt nicht da, wie auch immer, aber das wäre eine Möglichkeit. Man kann natürlich auch darüber sprechen, inwieweit zum Beispiel Troncmittel dafür eingesetzt werden. Es gibt noch andere Varianten, die man durchdenken sollte, um vielleicht einmal die eingefahrenen Bahnen etwas zu verändern.

Im Augenblick habe ich ein bisschen den Eindruck, dass es eher zu einem "Wünsch dir was" in den Bezirken führt, weil eine ganze Menge Dinge, die in dem Zusammenhang noch geklärt werden müssen, fehlen. Hier vielleicht ein Grillplatz, da ein Spielplatz oder eine Spielwiese, aber die Frage ist: Wer plant das, wer soll das unterhalten? Die Konnexität ist in dem Zusammenhang gefragt, denn die Bezirke haben nicht nur eine Einmalausgabe, sondern es kommen Folgeausgaben dazu. Wer soll das eigentlich tragen? Gibt es Träger, die das entsprechend übernehmen können? Da ist also noch eine ganze Reihe offener Fragen zu klären.

Um von diesem "Wünsch dir was" wegzukommen, ist erstens die Frage wichtig, wie man beteiligt, sodass dann auch eine gewisse Seriosität drin ist und sich möglichst viele mit einbringen können – Beteiligungsverfahren müssen übrigens auch finanziert werden, das ist ein weiterer Punkt dazu –

und dann die Frage der Verbindlichkeit. Wenn wir das zu einem "Wünsch dir was" machen und dann andere Entscheidungen zustande kommen, besteht doch die Gefahr, dass Bürgerinnen und Bürger letztlich eher demotiviert werden, weil am Ende nicht zustande kommt, was dort eingebracht worden ist. Da muss mehr Verbindlichkeit hineinkommen.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN)

Wir denken, dass dieser Antrag eine gute Diskussionsgrundlage ist und werden ihn auch überweisen. Wir halten ihn aber in der jetzigen Form noch nicht für zustimmungsfähig und werden uns, falls es zur Abstimmung kommt, enthalten.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Duwe, Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Heintze, ich konnte, als Sie hier am Rednerpult standen, den virtuellen Fensterrahmen sehen. Es war eine sehr schöne Fensterrede, die Sie gehalten haben zum Wohle der Bezirke und der Bürger. Ich finde auch sehr gut, dass die CDU ein paar Monate vor den Bezirksversammlungswahlen ihr Herz für die Bezirke und für die Bürger dieser Stadt entdeckt hat.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich finde die Überschrift Ihres Antrags auch sehr schön: Näher am Bürger. Sie haben auch das Wort Subsidiarität benutzt, und da könnte man doch erst einmal daran denken, Kompetenzen in die Bezirke zu verlagern und nicht temporär ein bisschen mehr Geld hineinzuschütten, das man dann jedes Jahr wieder vorenthalten kann. Was Sie vorschlagen, ist eine Aufstockung von Geldern, die die Bürgerschaft von Jahr zu Jahr verändern kann. Das finde ich keine gute Nutzung von Geld.

Was ich gut an dem Antrag finde, ist die Idee, die Bürger bei kleineren Investitionen in den Stadtteilen mitzunehmen. Es ist auch richtig gesagt worden, dass bei der Bereitstellung von Investitionsmitteln Folgekosten entstehen können und wir natürlich schauen müssen, wer sie bezahlt. Es wird vorgeschlagen, aus den Haushalten der Fachbehörden investive Mittel herauszunehmen. Es wird nicht gesagt, aus welchen Behörden. Wie ich den Antrag verstehe, weiß man auch im Vorhinein nicht, ob da irgendetwas gebaut werden soll oder ob das eher für den Bereich Gesundheit oder für Grünanlagen sein soll. Das heißt, man kann gar nicht vorhersagen, aus welchen Behördenhaushalten Gelder bereitgestellt werden sollen. Sie müssten einmal sagen, wo Sie das Geld hernehmen wollen, und zwar müsste das dann nicht aus den einzelnen Behörden, sondern aus dem Gesamt

haushalt entnommen werden. Da bin ich gespannt, wie Sie das in den nächsten Haushaltsberatungen begründen wollen.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Dann ist er ja nicht mehr da!)

Sie sind aber eine Pessimistin. Zumindest haben wir noch Wahlen, und man weiß nie, was dabei herauskommt.

(Jan Quast SPD: Zum Glück!)

Bei den Bundestagswahlen wusste bei uns auch nicht jeder, was hinten herauskommt. Aber man kann auch Wünsche äußern. Auf jeden Fall haben wir die Möglichkeit einer weiteren Entwicklung, was man bei der absoluten Mehrheit einer Partei nicht mehr feststellen kann. Da geht es meistens nur bergab.

Wir finden einige Ideen in diesem Antrag debattierenswert und würden beiden Überweisungsbegehren auch entsprechen. Wir werden uns bei dem Antrag aber enthalten, weil man nicht so richtig weiß, wohin er eigentlich führen soll. Mit gutem Willen kann man aber einiges Positive aus dem Antrag herauslesen, und darüber könnten wir dann weiter diskutieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Sudmann, Sie haben das Wort.

Schönen guten Tag! Mensch Meier beziehungsweise Mensch Heintze, habe ich gedacht, das gibt es gar nicht. Entdeckt die CDU die Basisdemokratie? Verstehen Sie mittlerweile die Ideen und die Anträge der LINKEN? In der Bezirksversammlung Eimsbüttel haben wir einen Bürgerhaushalt beantragt, und Sie, Herr Heintze, haben wirklich eine schöne Begründung und auch sehr gute Argumente geliefert. Dummerweise haben Sie die falschen Schlussfolgerungen gezogen, denn was Sie im Petitum fordern, ist leider nicht das Richtige. Sie haben leider auch ein bisschen mit Begriffsverwirrung zu tun. Sie sprachen eben allen Ernstes davon, dass es in der letzten Legislaturperiode einen Bürgerhaushalt gegeben habe. Das war mitnichten ein Bürgerhaushalt, das war eine Befragung,