Protokoll der Sitzung vom 23.01.2014

(unterbrechend) : Herr Hesse, lassen Sie eine Zwischenfrage von Frau Koeppen zu?

Natürlich.

Herr Hesse, angesichts Ihres Wortbeitrags möchte ich Sie fragen, ob Sie die Drucksache überhaupt gelesen haben?

Sie haben sie mir eben vorgelesen, Frau Koeppen, insofern muss ich sie nicht gelesen haben.

(Beifall bei der CDU)

Frau Timmermann, das, was Frau Koeppen gesagt hat, habe ich wohl verstanden, denn das stand auch in der Drucksache. Aber das löst die Probleme, die wir in der Stadt haben, nicht. Und diese Drucksache löst sie auch nicht. Da Frau Koeppen natürlich auch darüber gesprochen hat, was der Senat alles Tolles für die Instandsetzung und Unterhaltung tut, ist es recht und billig, dass wir das ansprechen, was der Senat nicht tut.

Siebtens: Sorgen Sie endlich bei der Auftragsvergabe auch für Bonus-Malus-Regelungen mit Ihren Auftragnehmern, sorgen Sie dafür, dass es zu mehr Schichtarbeiten kommt und diese mehr Berücksichtigung finden.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Bei euch wurde das in Zentimetern gemessen!)

Sorgen Sie dafür, dass Zeitpläne eingehalten werden und die Menschen nicht den Eindruck haben, dass wir Baustellen in unserer Stadt haben, auf denen keiner arbeitet. Auch daran kann man arbeiten, aber da trauen Sie sich ebenfalls nicht heran, wenn Sie Ihre Aufträge verhandeln.

(Beifall bei der CDU)

Achtens: Kümmern Sie sich frühzeitiger um Baustellenkoordination, nicht erst vor Beginn der Maßnahmen. Es war die CDU-Fraktion, die vor einem Dreivierteljahr ihren Antrag zur A 7 gestellt

(Dirk Kienscherf SPD: Super!)

und gesagt hat, was alles getan werden muss, um diesen Stau, den wir alle durch die Baumaßnahmen auf der A 7 erwarten, zu verhindern. Vor wenigen Wochen meldet sich plötzlich der Senat zu Wort und sagt, man hätte jetzt einen Staukoordinator, der das nun alles machen solle. So arbeitet der SPD-Senat. Ein Dreivierteljahr, nachdem die CDUFraktion es gefordert hat, kommt man kurz, bevor die Baumaßnahmen beginnen, auf die Idee, einen Staukoordinator einzustellen. Herzlichen Glückwunsch, guten Morgen, Herr Senator, gut, dass Sie auch das für sich entdeckt haben.

(Dr. Till Steffen GRÜNE: Wie viele kommen noch?)

Wir werden weiter hinterfragen, ob die Mittel tatsächlich verbaut werden und wofür das Geld denn tatsächlich ausgegeben wird. Durch unsere aktuelle Schriftliche Kleine Anfrage ist nämlich wieder deutlich geworden, dass der Senat zwar die Mittel zur Verfügung stellt, sie aber gar nicht auf die Straße bringen kann, weil die Rahmenbedingungen, wie ich sie eben dargestellt habe, so sind, wie sie sind.

Zehntens: Auch das passt zu diesem Senat – lieber Till Steffen, das ist dann auch der letzte Punkt –, die Zusammenarbeit mit Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Man hat nicht den Eindruck, lieber Herr Senator Horch, dass Sie sich ein wenig darum kümmern, welche Auswirkungen Ihre Verkehrspolitik auf die Gemeinden und Kommunen beispielsweise entlang der A 7 hat. Sprechen Sie endlich mit den Kolleginnen und Kollegen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen.

(Dorothee Martin SPD: Nächste Woche!)

Machen Sie eine gemeinsame Konzeption, wie man den Staus begegnen kann, sprechen Sie auf Augenhöhe mit den Kolleginnen und Kollegen, die fühlen sich nämlich von Ihnen im Stich gelassen.

Deswegen abschließend, liebe Frau Koeppen: Kümmern Sie sich um die zehn Punkte, die ich vor

getragen habe. Dann ist das, was Sie eben als Erhaltungsmanagement vorgestellt haben, ein schöner Bonuspunkt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Wir schaffen Kilometer, ihr labert nur!)

Das Wort bekommt Herr Dr. Steffen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder sucht sich die Debatten, die er gern hätte. Die SPD debattiert über eine Drucksache, die bereits an den Ausschuss überwiesen worden ist und dort noch beraten werden soll. Es liegt auf der Hand, dass wir in diesem Punkt sehr großen Diskussionsbedarf haben, aber Sie wollten diese Debatte führen, also führen wir sie auch.

Worüber debattieren wir im Kern? Wir reden über ein großes Investitionsprogramm im Verkehrsbereich. Vor dem Hintergrund finde ich es bemerkenswert, mit welcher Aufmerksamkeit in internationalen Medien ein Plan verfolgt wird, nachdem in Hamburg binnen 20 Jahren Autos aus der Stadt verbannt werden sollen. Der "Independent" schreibt:

"Auto ban: How Hamburg is taking cars off the road".

Es wird eine Sprecherin des Senats zitiert, die sagt, wie man dieses Ziel verfolge. Da mir der Name nicht bekannt vorkam – es waren weder Herr Holstein noch Frau Meinecke –, habe ich dann doch gemerkt, dass es sich irgendwie um eine Falschmeldung handeln muss. Aber diese Sache wurde tatsächlich von den internationalen Medien geglaubt. Es liegt also im Bereich dessen, was international passiert, nämlich dass Städte daran arbeiten, ihren Verkehr zu verändern, und der Verkehr verändert sich ohnehin.

Wenn wir zurückschauen, dann sehen wir, dass sich innerhalb der letzten 20 Jahre der Anteil des Radverkehrs um 50 Prozent erhöht hat. Wir haben ähnliche Zuwächse beim öffentlichen Nahverkehr. Der Verkehr bleibt also nicht so, wie er ist. Und was macht der Senat? Der Senat nimmt sehr viel Geld in die Hand, um die Straßen haargenau so zu bauen, wie sie in den Sechziger- und Siebzigerjahren in dieser Stadt ausgebaut wurden, als man an die autogerechte Stadt glaubte und meinte, die Stadt müsse sich dem Auto unterordnen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Richtig!)

Und genau dieser Zustand soll jetzt für die nächsten 20 Jahre wieder konserviert werden; man reagiert eben nicht auf diese Veränderung. Trotz aller Lippenbekenntnisse gibt es keine gleichwertige Behandlung des Radverkehrs. Der Radverkehr muss sich hinten anstellen, und zwar ganz hinten.

Es gibt mehr neue Schäden, als alte durch das aktuelle Handeln des Senats behoben werden. Weder der Senat noch die SPD haben den Radverkehr wirklich auf dem Zettel.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN)

Das zeigt sich auch beispielsweise in der aktuellen Schriftlichen Kleinen Anfrage der Kollegen Dressel, Koeppen und anderer, die noch einmal sehr exakt eine bestellte Anfrage stellen, damit der Senat noch einmal schön ausbreiten kann, was er im Bereich der Straßensanierung so tut und wie schön das alles ist. Aber die Frage, was sich für den Radverkehr tut, wird überhaupt nicht gestellt, das interessiert gar nicht, das fällt hinten runter.

Das zeigt sich auch bei der Debatte, die wir zum Neuen Haushaltswesen führen. Im Rahmen des Neuen Haushaltswesens wird der Erhaltungszustand der Straßen, also der Fahrbahnen für das Auto, erfasst.

(Glocke)

(unterbrechend) : Herr Dr. Steffen, Entschuldigung. Meine Damen und Herren! Ich würde um etwas mehr Aufmerksamkeit für den Redner bitten.

Man kann also immer erkennen, ob durch das aktuelle Handeln des Senats der Gesamtzustand der Straßen für den Autoverkehr besser oder schlechter geworden ist. Für den Radverkehr ist jetzt nachträglich aufgenommen worden, wie viele Kilometer saniert wurden, aber der Erhaltungszustand interessiert wiederum nicht. Und das ist offenbar auch folgerichtig, denn wenn man einmal genauer nachfragt – das wurde jetzt im Hinblick auf die Bezirke Hamburg-Nord und Eimsbüttel noch einmal deutlich –, dann zeigt sich, dass sich der Erhaltungszustand der Radwege verschlechtert. Es gibt diese Erkenntnisse, aber sie werden nicht in die zentralen Kontrollinstrumente aufgenommen, die wir für die Sanierung von Straßen haben.

Das zeigt sich auch in der vorliegenden Drucksache, denn über einen großen Teil der Straßen wird gesagt, es gäbe zwar Radwege, die in schlechtem Zustand seien, aber man saniere die Straßen jetzt erst einmal so, wie sie bisher waren. Damit wird dieser für den Radverkehr mangelhafte Status quo für weitere 20 Jahre festbetoniert, und das ist ungenügend.

Es spricht nichts gegen genauere Controlling-Instrumente, aber dass der Senat genau diese Frage, die im Kern eine verwaltungsinterne Fragestellung betrifft, nämlich die Frage, wie er die Daten aufbereitet, so nach vorn stellt, ist ein Offenbarungseid. Es ist nämlich deutlich geworden, dass die große Ankündigung, man nehme nun sehr viel Geld in die Hand und dann werde es beim Erhal

(Klaus-Peter Hesse)

tungszustand der Straßen wesentlich besser werden, an zwei Stellen an ihre Grenzen stößt, zum einen bei der Frage, wie viele Baustellen man gleichzeitig in der Stadt platzieren kann, ohne den Verkehrsfluss erheblich zu beeinträchtigen, und zum anderen, ob wir eigentlich das Fachpersonal dafür haben. Es war interessant, was zwei SPDBezirksamtsleiter auf Nachfrage von Journalisten, warum sich für den Radverkehr nicht mehr tue und warum der Zustand im Laufe eines Jahres schlechter statt besser werde, geantwortet haben: man habe nicht das Personal dafür, man habe kein Fachpersonal und es würden die Tiefbauingenieure fehlen.

Zu genau dieser Frage haben wir einen Antrag im Rahmen der letzten Haushaltsberatungen eingebracht. Wir haben dazu aufgefordert, die Möglichkeit zu nutzen im Rahmen des Tarifvertrags, um ein besseres Angebot zu machen und um konkurrenzfähig zu werden im Kampf um qualifizierte Fachkräfte. Dieser Antrag ist abgelehnt worden. Das Handeln der SPD ist in dieser Frage inkonsequent, weil Sie sich tatsächlich nicht darum kümmern, alle Möglichkeiten zu nutzen, um allen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern bessere Straßen zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Dr. Schinnenburg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dr. Steffen, um Ihre Frage zu beantworten, die eventuell gleich kommt: Herr Hesse hatte zehn Punkte, ich habe zwölf, die Sie sich anhören müssen.

(Olaf Ohlsen CDU: Oh!)

Senator Horch ist mit der Straßensanierung völlig überfordert; das zeige ich Ihnen an zwölf Punkten auf.

Erster Punkt: Im Dezember 2012 habe ich eine Schriftliche Kleine Anfrage an den Senat gestellt und gefragt, wo es in Hamburg Straßenschäden gibt – eigentlich eine ganz einfache Frage. Die Antwort des Senats lautete – Zitat –:

"Die zur Beantwortung benötigten Daten werden statistisch nicht erfasst."