Protokoll der Sitzung vom 26.02.2014

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat Herr Wankum das Wort.

Herr Kollege Schmidt, um einen anderen Bereich, in dem wir beide tätig sind, zu benennen: Das war ein Rückfall in die analoge Zeit. Die Platte hatte einen Sprung, es wiederholte sich immer wieder.

(Sören Schumacher SPD: Jetzt noch Kopf- noten vergeben!)

Welche 100 000 Arbeitsplätze sind in den letzten Jahren geschaffen worden? In den letzten zwölf Jahren hat sich die Anzahl der Arbeitsplätze im Tourismus auf gut 100 000 entwickelt.

(Dietrich Wersich CDU: Aber nicht in drei Jahren 100 000 neue!)

Dinge wie das Reeperbahn Festival und andere, die Sie genannt haben, sind übrigens auch in unserer Zeit entstanden. Das wollte ich Ihnen nur einmal als kleinen Hinweis geben, damit wir künftig auch dieselbe Basis haben, auf der wir zusammenarbeiten. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Nun hat Herr Dr. Tjarks das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will einmal auf diese kleine Randfrage eingehen, über die wir heute auch noch zu entscheiden haben, nämlich das dritte Kreuzfahrtterminal. Das wird nachher abgestimmt und keiner hat sich getraut, es zur Debatte anzumelden. Da fragt man sich, warum eigentlich nicht. Es gibt noch andere komische Anträge, die nachher zur Debatte stehen. Die SPD hat sogar FDP-Anträge zur Debatte angemeldet.

(Zurufe von der SPD)

Darüber werden wir dann nachher reden können.

(Hansjörg Schmidt)

Aber das dritte Kreuzfahrtterminal haben Sie nun einmal nicht angemeldet, und ich wollte etwas zu der Sachlage sagen, denn es ist schon so, dass wir das, was wir hier erleben, so nicht häufig erleben. Beim dritten Kreuzfahrtterminal geht es um eine in der Sache richtige Entscheidung, aber es droht eine handwerklich schlechte Umsetzung. Wir stehen unter Zeitdruck, und diesen Zeitdruck hat vor allem der Senat verursacht.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Nein!)

Seit mehreren Jahren wird mit AIDA Cruises verhandelt, um dann zu einem Ergebnis zu kommen, wenn – ich zitiere sinngemäß – das Schiff sich quasi schon auf dem Weg nach Hamburg befindet. Dass man dann Zeitdruck hat, ist doch völlig klar. Und dann kommen Sie in den Haushaltsausschuss der Bürgerschaft, ohne konkrete Zahlen vorzulegen, sodass nachgearbeitet werden muss und Herr Meyer der gerechten Niederlage des HSV gegen Bayern beraubt wird, weil er da drüben herumsitzen muss. Gleichzeitig stehen Sie beim Bau unter Zeitdruck. Alle Experten, die sich damit beschäftigt haben, sehen ein Problem in der bisherigen Planungstiefe des Gebäudes. Sie warnen vor drohenden hohen Nachforderungen, weil die notwendige Planungstiefe überhaupt noch nicht erreicht sei. Ein Kreuzfahrtterminal ist zwar nicht so kompliziert zu bauen wie die Elbphilharmonie, aber das Grundproblem ist dasselbe. Vor diesem Hintergrund werden wir uns bei der Abstimmung enthalten, weil zwar inhaltlich die richtige Entscheidung getroffen wird, sie handwerklich aber schlecht gemacht ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Andreas Dressel SPD: Eine mutige Enthaltung!)

Meine Damen und Herren! Wenn es keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Thema gibt, kommen wir zum zweiten Thema, angemeldet von der CDU-Fraktion:

Nehmerland im Länderfinanzausgleich, Wirtschaftskraft sinkt – Senat muss Alarmzeichen erkennen

Es beginnt Herr Dr. Heintze.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Debatte eben hat schon gezeigt, wie die SPD mit den drängenden Fragen der Stadt umgeht. Es wird stundenlang dargestellt, welche Zahl man wie betrachten könnte, um ein Erfolgserlebnis zu produzieren, aber eigene Vorstellungen, wie dieser Bereich weiterentwickelt werden könnte – Fehlanzeige.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist ja Quatsch!)

Wir haben es beim Tourismus exemplarisch mit einem der wenigen Bereiche zu tun, bei denen der wirtschaftspolitische Puffer, den wir in dieser Stadt geschaffen haben und dem Sie innerhalb von drei Jahren mit Bravour die Grundlage entzogen haben,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ach so!)

noch nicht aufgebraucht ist. Dennoch lassen Sie keinerlei Anzeichen erkennen, diesen Bereich weiterentwickeln zu wollen.

(Beifall bei der CDU – Dorothee Martin SPD: Sie sollten mal zuhören!)

Ich nenne Ihnen Beispiele. Es gibt Probleme beim Versicherungsstandort – Abwanderung –, beim Medienstandort – er wackelt – und im maritimen Sektor, wo der Senat komplett ohne Plan ist. Die Probleme sind da und werden nicht angegangen. Hamburg tritt auf der Stelle, ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht, und das ist eine sehr gefährliche Situation.

(Beifall bei der CDU)

Das erste Signal dafür ist der Länderfinanzausgleich. Wir werden für 2013 87 Millionen Euro erhalten. Wir sind seit 1994 erstmals kein Geberland mehr und sind zum dritten Mal in der gesamten Nachkriegsgeschichte Nehmerland. Hinzu kommen erstmalige Bundeshilfen in Höhe von 42 Millionen Euro. Wenn Sie dieses Warnsignal nicht erkennen wollen, dann verstehe ich nicht, wie Sie in dieser Stadt verantwortungsbewusst Politik machen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Nun wird der Senator sagen, das könne man so nicht sehen, es sei kompliziert, und er wird wieder stundenlang erklären, was daran kompliziert ist. Ich stimme mit ihm überein, dass näheres Hinsehen lohnt, aber nicht auf die Probleme des Finanzausgleichs, sondern auf die wirtschaftlichen Rahmendaten, die zu dieser Nehmersituation führen.

Das reale Bruttoinlandsprodukt pro Erwerbstätiger in Hamburg sinkt: minus 1 Prozent. Die Produktivität der Wirtschaft sinkt also, und wenn man sich den Bundesvergleich anschaut, dann braucht man nicht den Länderfinanzausgleich zu bemühen, dann sieht man sehr deutlich, dass Hamburg hier eine Position einnimmt, die keine Spitzenposition ist, sondern ganz im Gegenteil: Hamburg lahmt.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Das Nächste ist die Anzahl der Insolvenzen in 2013, rund 1000. Wissen Sie, wie viele Insolvenzen wir auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2009 hatten? 764. Wenn wir auf den Bundesvergleich schauen, zum Beispiel nach Berlin, dann sehen wir, dass dort die Zahl der Insolvenzen kontinuierlich gesunken ist. Das bedeutet, dass Hamburg auch hier deutlich lahmt. Das sind Warnsignale,

(Dr. Anjes Tjarks)

die Sie ernst nehmen sollten, anstatt sich am Strohhalm der Tourismuswirtschaft festzuhalten.

(Beifall bei der CDU)

Das entscheidendste Warnsignal – ich weiß nicht, ob das wirklich Grund zum Amüsement ist – sind die Arbeitslosenzahlen. Wir haben Anfang 2014 mit 7,9 Prozent einen Höchststand erreicht. Überall in der Bundesrepublik, außer in NRW und Hamburg, ist allerdings ein Rückgang der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen. Liebe SPD, dieses Thema ist Ihnen zu Recht wichtig, aber erklären Sie mir doch bitte einmal, wie das zustande kommt, wenn das nicht mit der lahmenden Wirtschaft in dieser Stadt zu tun hat.

(Beifall bei der CDU)

Noch schlimmer ist es bei der Steuerkraft pro Einwohner. Da haben wir 2008 noch 175 Prozent des Bundesdurchschnitts gehabt, heute sind wir bei 148 Prozent des Bundesdurchschnitts. Das sind immer noch stabile Werte, aber es ist ein ganz deutliches Signal. In Hamburg steigt die Arbeitslosigkeit, die Steuerkraft pro Kopf nimmt ab, die Zahl der Unternehmensinsolvenzen nimmt zu. Diese Stadt lahmt, und das können wir uns als wachsende Stadt nicht leisten. Hier müssen wir dringend gegensteuern.

(Beifall bei der CDU)

Nur, das Problem sitzt auf der Senatsbank. Die sind nicht zum Gegensteuern angeheuert, die sind zum Verwalten da, und verwalten tun sie. Aber in einer solchen Situation reicht es nicht zu verwalten. Sie müssen anfangen zu gestalten, wenn Sie die Arbeitsplätze und die Unternehmen in dieser Stadt sichern wollen. Da herrscht leider totale Fehlanzeige.

(Beifall bei der CDU)

Es war immer ein Markenzeichen der CDU-Senate, sich Gedanken darüber zu machen, wie man die Stadt wirtschaftspolitisch stabil hält und wachsen lässt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie haben immer gedacht, nie gehandelt!)

Das ist uns gut gelungen. Ich kann Sie an dieser Stelle nur auffordern: Beenden Sie den Nehmerstatus im Länderfinanzausgleich, handeln Sie. Machen Sie diese Stadt wirtschaftlich so stark, wie sie sein muss, damit die Menschen hier gut leben können, und hören Sie auf, einfach nur zu verwalten, sondern gestalten Sie.

(Beifall bei der CDU)

Nun hat das Wort Herr Quast.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Heintze, als ich den Titel Ihrer Anmeldung "Nehmerland im Länderfinanzausgleich, Wirtschaftskraft sinkt" gelesen habe, habe ich mich gefragt, ob Sie sich neuerdings auf ADAC-Befragungen stützen,

(Beifall bei der SPD – André Trepoll CDU: Wechseln Sie mal den Rhetorikkurs!)

so absurd ist es, vom Länderfinanzausgleich auf die Wirtschaftskraft eines Landes zu schließen. Sie müssten es doch besser wissen, Herr Heintze. Der Länderfinanzausgleich ist Teil eines mehrstufigen Systems der Steuerverteilung in Deutschland und kein Indikator für die tatsächliche Leistungsfähigkeit und Wirtschaftskraft eines Landes. Es geht vielmehr darum, die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen auszugleichen. Kennzahlen für die Entwicklung der Wirtschaftskraft sind das Bruttoinlandsprodukt, die Erwerbstätigkeit und die Entwicklung von Löhnen und Gehältern. Sie picken sich Zahlen heraus, die Ihnen ins Bild passen, und ignorieren, wie die Entwicklung tatsächlich ist.