Protokoll der Sitzung vom 26.03.2014

(Heiterkeit bei der SPD)

Ich will mich hier nicht auf 2 oder 3 Millionen festlegen, aber es ist seriös.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wie bei der Elb- philharmonie! – Heiterkeit bei der SPD)

Bei einer Summe von 2,7 Milliarden Euro. Ihre Planung möchte ich da jetzt nicht zugrunde legen.

(Beifall bei der CDU – Glocke)

Herr Hesse, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Sudmann?

Sehr gerne.

Herr Hesse, finden Sie es nicht auch etwas arrogant, von einer Fraktion zu verlangen, dass sie je

den Kilometer ganz genau berechnet, wie es hier gerade passiert?

(Dr. Andreas Dressel SPD: Von der LINKEN haben wir das auch nicht verlangt!)

Ich will den Elfmeter jetzt nicht reinschieben, Frau Sudmann. Wir wollen das mit den Menschen vor Ort diskutieren. Unsere Kalkulation enthält den Punkt Unvorhergesehenes, weil wir die Menschen vor Ort mitnehmen wollen. Es muss ein Diskussionsprozess stattfinden, und der kann dann natürlich auch, wenn es um Begleitmaßnahmen geht, Kosten mit sich bringen. Da muss man schauen, ob das reicht und wie das vielleicht auch an anderer Stelle läuft. – Die SPD ist, wie sie ist.

(Beifall bei Farid Müller GRÜNE und Tim Golke DIE LINKE)

Lieber Kollege Schinnenburg, etwas zum Thema Stau. Das ist tatsächlich eines unserer Lieblingsthemen. Seien Sie sich sicher: Wenn wir bei diesen Planungen auf etwas geachtet haben, dann darauf, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und eben nicht durch Altbauquartiere zu gehen, nicht sensibelste Strecken mit unseren Stadtbahnplanungen verkehrlich lahmzulegen. Wir haben darauf geachtet – das ist eine andere Herangehensweise, als wir sie damals mit den GRÜNEN hatten –, dass wir eher den stadtentwicklungspolitischen Ansatz im Blick haben. In der Analyse haben wir festgesellt, dass, wenn wir unser Netz entlasten wollen, insbesondere die innerstädtischen Verkehre entlastet werden müssen. In dem bestehenden System fahren viele Leute durch die Innenstadt, die das eigentlich gar nicht bräuchten, wenn wir Tangentialverbindungen hätten. Insofern schaffen wir mit unserem Stadtbahnsystem für diese Menschen Angebote, die es bisher noch nicht gab. So funktioniert dann auch ein vernünftiges Verkehrs- und Staumanagement. Es ist doch nicht so, dass Sie oder ich der SPD vorwerfen, dass es Baustellen gibt und die Straßen instand gesetzt werden; das ist doch gut, das ist richtig so. Wir werfen Ihnen vor, dass Sie die Baustellen nicht managen, dass Sie sie nicht koordinieren, dass Sie nicht an den entsprechenden Stellen Personal einstellen, was sich um diese Themen kümmert. Das ist der Punkt, und das machen wir anders bei unserer Stadtbahnplanung.

(Beifall bei der CDU und bei Katharina Fege- bank GRÜNE und Martina Kaesbach FDP)

Ich komme noch einmal auf die Kosten zurück. Was bisher noch gar nicht kalkuliert wurde, sind die Erschließungspotenziale, die wir durch die Stadtbahn haben – ich empfehle dazu die Drucksache der Handelskammer. Wir sind eine wachsende Stadt. Der Bürgermeister will Wohnungen bauen – 6000 im Jahr – und Bereiche unserer

Stadt erschließen. Aber solche Bereiche erschließt man nur, wenn man einen attraktiven öffentlichen Personennahverkehr hat. Da reicht es nicht, Herr Bürgermeister, eine U-Bahn nach Steilshoop, Lurup oder Osdorf zu planen, da müssen Sie den Menschen mehr anbieten, die in diese Stadt ziehen und hier langfristig eine Perspektive haben sollen. Was Sie machen, ist kurzfristig gedacht, es hilft den Menschen nicht weiter. Wir brauchen eine Planung, die jetzt anfängt, die bis 2030 läuft und eine Perspektive für den öffentlichen Personennahverkehr in der Stadt schafft.

(Beifall bei der CDU und bei Katharina Fege- bank und Jens Kerstan, beide GRÜNE)

Eines finde ich sehr schade: Ich hatte in der Diskussion letztens mit Frau Suding bei Herrn Schalthoff eigentlich den Eindruck, dass die FDP ein bisschen aufgeschlossener ist. Einen Tag später haben wir nämlich eine Pressemitteilung der FDPFraktion gesehen: Wir wollen eine Enquete-Kommission. Schade, dass daraus nichts mehr geworden ist und Sie sich einer vernünftigen Diskussion verschließen, Herr Schinnenburg. Es wäre schade, wenn Sie das auch zukünftig tun würden. Ich lade Sie ein, mit uns im Mobilitätsbeirat darüber zu diskutieren, was die beste Konzeption für Hamburg ist. Schieben Sie das nicht gemeinsam mit der SPD auf die lange Bank, wie die Sozialdemokraten es wollen. Von der SPD fordern wir heute noch ein klares Wort dazu, ob sie die Stadtbahn zumindest als Option mit uns diskutieren will oder nicht. Da fehlt bisher eine Antwort; die brauchen wir. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Herr Kienscherf, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Hesse, weil Sie eben immer den Begriff "schade" gebraucht haben: Ich glaube, schade ist, dass solch ein wichtiges verkehrspolitisches Thema in Klamauk unterzugehen droht.

(Dietrich Wersich CDU: Wo, Herr Kien- scherf?)

Das ist schade und verantwortungslos, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Dietrich Wersich CDU: Geben Sie doch mal Antworten!)

Sie spielen sich hier auf, Herr Hesse. Dann beleuchten wir doch einmal die letzten Jahre. Es ist ganz richtig darauf hingewiesen worden, dass Eugen Wagner gemeinsam mit der damaligen GAL bis 2001 die Stadtbahn entwickelt hat. Und wer hat

das dann einkassiert? Das waren Sie. Sie haben 2002 die Stadtbahn kassiert.

(Jens Kerstan GRÜNE: Und die U-Bahn ge- baut!)

Dann gab es einen erneuten Versuch, zusammen mit den GRÜNEN. Und wer hat das kassiert? Das war die CDU. Die Partei, die das Projekt Stadtbahn jedes Mal kassiert, stellt sich jetzt hier hin und fordert in einem Antrag mit gerade einmal fünf Zeilen, dass wir kurzerhand über 2 bis 3 Milliarden Euro beschließen sollen – ohne jegliche Argumente oder Zahlen, ohne Bezeichnung der Strecken.

(Dietrich Wersich CDU: Wo ist Ihr Konzept?)

Das ist unseriös, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Das Fatale in den letzten Jahren war nicht die Diskussion über die Stadtbahn, die hätte man führen können; Herr Schinnenburg hat darauf hingewiesen. Wir haben bestimmte Finanzierungsmöglichkeiten, und die müssen wir nutzen. Wozu haben denn die Planungen rund um die Stadtbahn in den letzten Jahren geführt? Das müssen wir doch einmal ganz deutlich benennen. Es ist unterblieben, die S21 voranzutreiben.

(Dietrich Wersich CDU: Was kostet das?)

Es ist unterblieben, die S4 voranzutreiben. Sie als ehemaliger Sozialsenator sollten sich das besonders aufmerksam anhören, Herr Wersich. Der barrierefreie Ausbau wäre, wenn es nach Ihnen gegangen wäre, 2070 immer noch nicht fertig. Das ist eine Schande, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen war es richtig, dass wir mit unserem Mobilitätsprogramm deutlich gemacht haben, was wir kurz- und mittelfristig tun wollen. Kurzfristig bauen wir die Kapazitäten im Busbereich aus, weil wir gar keine andere Alternative haben. Mittelfristig ist, das ist eine der wichtigen Entscheidungen, die wir getroffen haben, die S21 nach Kaltenkirchen auf einem guten Weg. Das haben wir Sozialdemokraten zuwege gebracht.

(Beifall bei der SPD)

Dass wir mit der S4 nach Bad Oldesloe endlich den Hamburger Osten an den S-Bahn-Verkehr anbinden, haben wir zuwege gebracht, das waren nicht Sie.

(Beifall bei der SPD)

Das Programm für den barrierefreien Ausbau des ÖPNV ist das größte Ausbauprogramm, das es in dieser Stadt jemals gab. Sie haben 50 Prozent der Mittel gestrichen, wir haben sie vervierfacht. Das ist die Leistung, die wir erbracht haben.

(Beifall bei der SPD)

(Klaus-Peter Hesse)

Im Bereich E-Mobilität haben wir ganz neue Weichenstellungen vorgenommen.

(Dietrich Wersich CDU: Hamburg als Modell- region!)

In der Tat geht es darum, was passiert, nachdem wir diese ehrgeizigen Projekte abgeschlossen haben werden. Was passiert danach mit dem ÖPNV in Hamburg?

Wir glauben, und das haben wir auch in unseren Antrag geschrieben, dass es einen breiten Konsens darüber gibt, den Schienenverkehr in dieser Stadt auszubauen. Das berücksichtigen wir. Wir haben diese Formulierung bewusst so gewählt, und ich finde es gut, dass Sie, Herr Steffen, diesen Antrag aufmerksam gelesen haben. Wir glauben aber auch, dass wir statt dieser Diskussionen – jeder bringt in den Bürgerschaftssitzungen seinen Lieblingsantrag ein und fordert ein bisschen mehr Fahrrad hier, ein bisschen mehr Stadtbahn da,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Und ein bisschen mehr U-Bahn!)

ein bisschen mehr Busverkehr dort – eine langfristige Strategie entwickeln sollten. Wenn Sie unseren Antrag anschauen, dann geht es genau darum. Sie sollten ihn sich vielleicht auch einmal durchlesen, Herr Wersich. Wir wollen – das haben wir so auch in unseren Antrag geschrieben –, dass diese Stadt in Ruhe über bestehende oder zukünftige Planungen zum Beispiel der Hamburger Hochbahn, aber auch über die Konzepte, die von der Handelskammer oder aus dem politischen Raum vorgelegt wurden, diskutiert, und wir wollen dafür auch Beteiligungsmöglichkeiten schaffen.

Wenn wir langfristig vernünftige Lösungen finden und diese Stadt besser anbinden wollen, dann werden wir ausführlich über Akzeptanz, Finanzierungsmöglichkeiten und Erschließungswirkung diskutieren müssen, aber natürlich auch darüber, wohin sich unsere Stadt in den nächsten zehn oder fünfzehn Jahren stadtentwicklungspolitisch entwickeln soll. Wo wollen wir die neuen Wohnungen bauen? Wie schaffen wir es am besten, diese Wohnungen anzubinden? Dies ist alles – nicht Kaltenkirchen – zu diskutieren. Wir wollen nicht heute schon eine Antwort geben, sondern das entwickeln, wir wollen das in der Bürgerschaft beraten und wir wollen bis 2016 einen Plan haben.

(Dietrich Wersich CDU: Das Versprechen ist seit 40 Jahren nicht eingelöst!)