Protokoll der Sitzung vom 09.04.2014

Aber was Sie im Petitum stehen haben, ist ziemlich substanzlos. Jeder Kubikmeter der Esso-Häuser hat mehr politische Aussagekraft als der Text am Ende Ihres Antrags.

(Beifall bei den GRÜNEN – Andreas C. Wankum CDU: Darum überweisen!)

Vielen Dank, Herr Duge. – Das Wort hat Frau Suding.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Debatte hat bisher gezeigt, dass der Backstein als prägendes Fassadenmaterial überall im Hamburger Stadtbild für das kulturelle Erbe und auch für die Identität der Stadt eine sehr, sehr große Bedeutung hat. Die Backsteinstadt Hamburg hat sich über das Erscheinungsbild ihrer Gebäude und ihrer Ensembles bei vielen Besuchern, aber natürlich auch bei den Hamburgern selbst, in das Bewusstsein eingeprägt. Und um die Identifikation der Bewohner mit ihrer Stadt zu bewahren, müssen die ortsbildprägenden und teilweise auch denkmalgeschützten Gebäude erhalten bleiben.

Wir dürfen nicht die Augen davor verschließen – und in genau diese Richtung zielt der SPD-Antrag –, dass sich durch notwendige und großflächige Fassadendämmungen und Sanierungsmaßnahmen in den letzten Jahren das Hamburger Stadtbild verändert hat. Diese Entwicklung soll nach dem Willen der SPD-Fraktion durch eine Gestaltungs- oder Erhaltungsverordnung für die bekannten Backsteinquartiere gestoppt werden. Nicht nur einzelne Quartiere, sondern ganze Stadtteile sollen unter Schutz gestellt werden. Im Antrag ist von Hamm, Horn, Rothenburgsort, Barmbek und Bahrenfeld die Rede.

(Dirk Kienscherf SPD: Nur Teile davon, nur Teile!)

Allerdings stammt der Gebäudebestand dort zu großen Teilen aus den Sechziger-, Siebziger- oder Achtzigerjahren, und ein baukulturelles Erbe von internationalem Rang kann ich dort nicht wirklich erkennen.

(Dirk Kienscherf SPD: Ich führe Sie da mal durch! Es geht ja nur um Teile!)

Natürlich gibt es auch dort Bestände, die es zu schützen gilt und die nur mit ganz großer Sorgfalt unter Wahrung der Backsteinfassaden und der für die Bauzeit typischen Details saniert werden können und sollten. Aber es handelt sich eher um einzelne Gebäude und nicht um ganze Siedlungen. Eine Unterschutzstellung ganzer Quartiere ist unserer Auffassung nach deshalb auch nicht nötig.

(Beifall bei der FDP)

Qualität statt Quantität sollte doch hier das Motto sein. Zudem greifen Sie mit Ihrer geplanten Maßnahme erheblich in die Eigentumsrechte der Gebäudeeigentümer ein. Sie wissen doch, dass die FDP das nicht unterstützen kann.

(Beifall bei der FDP)

Wir dürfen bei der notwendigen Debatte über den Schutz von Backsteinfassaden nicht verkennen,

(Olaf Duge)

dass viele der Gebäude, über die wir reden, energetisch gesehen tatsächlich in einem katastrophalen Zustand sind. Wenn diese Gebäude weiterhin auf dem Markt bestehen sollen, dann müssen sie eben auf absehbare Zeit saniert werden. Das kostet sehr viel Geld, und das wird sich nicht jeder leisten können. Zusätzliche Vorschriften und Regelungen für ganze Quartiere werden aber eher dazu führen, dass Eigentümer ihre Gebäude nicht sanieren und der Bestand zunehmend verfällt oder dass es zu weiteren Mietsteigerungen kommt. Leider kommt an dieser Stelle wieder einmal die Kurzsichtigkeit der SPD-Politik zum Vorschein.

(Beifall bei der FDP und bei Andreas C. Wankum CDU – Jan Quast SPD: Ach nee!)

Das Problem haben Sie erkannt, aber anstatt sich dem Problem mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl zu widmen, wird ohne Rücksicht auf Verluste eine Pauschalantwort aus dem Hut gezaubert, die die ganze Breite der Thematik jedoch ignoriert.

(Gabi Dobusch SPD: Ich glaube, Sie haben da was ignoriert!)

Liebe SPD, lieber Herr Kienscherf, wenn Sie ganze Quartiere mit zusätzlichen Vorschriften und Auflagen unter Schutz stellen wollen, gegen die sich die Eigentümer dann gar nicht wehren können, dann müssen Sie auch sagen, wie Sie die Eigentümer dabei unterstützen wollen.

(Gabi Dobusch SPD: Sie wissen aber schon, was eine Erhaltungsverordnung ist!)

Im Antrag der SPD-Fraktion lesen wir dazu jedoch nichts. Stattdessen lassen Sie die Gebäudeeigentümer einfach so im Regen stehen.

Die bestehenden Förderprogramme werden mit dieser Unterstützung aber überfordert. Es ist illusorisch zu glauben, dass die eingeplanten Mittel ausreichen werden für den vorhersehbaren Anstieg an Anträgen zur Förderung einer backsteingerechten, energetischen Sanierung, beispielsweise durch Innendämmung. Dessen sollte sich die SPD auch bewusst sein.

Meine Damen und Herren! Da wir aber die Sorge, die dem SPD-Antrag zugrunde liegt, durchaus teilen, legen wir Ihnen heute einen Zusatzantrag vor. Wir meinen, dass es notwendig ist, das Förderprogramm Wärmeschutz im Gebäudebestand umzustellen. Um den Charakter von Backsteinfassaden bei der energetischen Sanierung zu erhalten, ist insbesondere die Innendämmung dazu geeignet, einen tragbaren Kompromiss zwischen dem Wärmeschutz und Wohnkomfort auf der einen Seite und der Erhaltung des Erscheinungsbildes auf der anderen Seite zu erzielen. Herr Duge, Sie sollten sich fachlich vielleicht noch einmal informieren, wie das funktioniert.

(Beifall bei der FDP)

Die Innendämmung wird aber nur mit 3 Euro pro Quadratmeter gefördert, während die Außendämmung, durch die der Backsteincharakter jedoch zerstört wird, mit 12 Euro gefördert wird. Wir fordern daher, die Zuschüsse für Innen- und Außendämmung anzugleichen, und zwar auf 12 Euro pro Quadratmeter. Außerdem ist zu prüfen, ob die vorhandenen Förderprogramme für das Vorhaben der SPD, ganze Quartiere unter eine Gestaltungsoder Erhaltungsverordnung zu stellen, überhaupt ausreichen.

(Dirk Kienscherf SPD: Nicht ganze Quartie- re!)

Wenn nicht, dann muss zwischen anderen Förderprogrammen umgeschichtet werden.

Es ist gut, dass unser Zusatzantrag überwiesen wird. Ich bin gespannt auf die Beratungen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Suding. – Das Wort hat Frau Sudmann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Fünfte in der Debatte werde ich jetzt nicht alle Punkte wiederholen. Ich werde auch nicht das machen, was Herr Kienscherf gemacht hat, denn er hat inhaltlich viele Sachen gesagt, die sehr in Ordnung sind. Man könnte auch sagen, eigentlich war die Rede ohne auffällige Befunde verglichen mit dem, wie die Diskussion in den letzten Jahren gelaufen ist.

Das Einzige, was neu ist und was auch DIE LINKE begrüßt, ist, dass Sie jetzt überlegen, eine bauliche Erhaltungsverordnung zu erstellen.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Das ist eine gute Angelegenheit. Aber Sie haben komplett ausgespart, wie es denn finanziell werden soll, wie die Grundeigentümer/-innen dann auch Möglichkeiten erhalten, eine Unterstützung zu bekommen. Da fehlt also noch einiges.

Aber Sie haben das Thema wirklich gut aufgearbeitet, denn Sie haben Ihre eigene Verpackung, Ihre Außendämmung, sehr vehement betrieben. Sie haben sich lange gesonnt in dem Ruhm von Schumacher, Oelsner und Ostermeyer. Damit haben Sie alles abgedeckt, was mit dem Thema heute nicht mehr ganz so viel zu tun hat. Aber es klang gut, und Sie haben viel Applaus von Ihrer Fraktion bekommen; das sei Ihnen gegönnt.

(Beifall bei Dr. Andreas Dressel und Frank Schmitt, beide SPD)

Allerdings sind Sie nachher doch etwas sehr pathetisch geworden.

(Katja Suding)

(Gabi Dobusch SPD: Bei dem Thema!)

Dass wir die Handlungsfähigkeit des Staates zurückgewinnen über den roten Backstein, das hat schon wirklich etwas. Das ist eine Leistung, da kann man Herrn Kienscherf noch einmal beklatschen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielleicht findet es Aufklärung in dem Antrag, denn mich wundert, dass die Fraktion diesen Antrag stellt. Eigentlich hätte ich in dem Fall von der BSU eine Vorlage erwartet, zumal Herr Kienscherf auch gesagt hat, dass die BSU an dem Thema dran ist. Aber wir können dem Antrag entnehmen, dass schon im Herbst 2014 die ersten Berichte kommen sollen. Also können wir sicher sein, dass die BSU das schon relativ fertiggestellt hat. Es macht sich natürlich im Wahlkampf viel besser, wenn die SPD einen Antrag stellt.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Die treibt der Senat vor sich her!)

Sie treibt im Wahlkampf vor sich her.

Wenn man sich die Pressemitteilung anschaut, die eben verschickt wurde, dann ist dort eine sehr hübsche Überschrift, die ich als Linke natürlich sehr begrüße, nämlich "Hamburg muss rot bleiben". Damit sind natürlich der Backstein und das Tiefrot gemeint, aber tiefrot ist nur DIE LINKE. Und ihr Schwach-Rosa wird sich hoffentlich nicht so lange halten.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Sudmann. – Das Wort hat Herr Hamann.

Vielen Dank, Herr Präsident. Schon um Herrn Kienscherf den Gefallen zu tun und den Wunsch einer kurzen Ansprache aufzunehmen, mache ich ein paar kurze Anmerkungen. Zunächst einmal sollte es sowohl Ihnen als auch Ihrer Fraktion zu denken geben, dass Sie das größte und uneingeschränkteste Lob natürlich von der LINKEN bekommen haben.

(Dirk Kienscherf SPD: Wir waren immer nach links offen!)

Ob Sie sich daher mit Ihrem Antrag im richtigen Gefilde bewegen, wage ich schon deswegen deutlich zu bezweifeln.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)