Protokoll der Sitzung vom 22.05.2014

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Das ist für mich total unverständlich, wenn ich den Kollegen Schinnenburg hier zu Recht gegen das Busbeschleunigungsprogramm wettern höre. Die FDP sollte vielleicht auch bei uns in Hamburg-Nord ein bisschen Rückgrat zeigen.

Altona ist angesprochen worden. Dort haben die GRÜNEN zusammen mit der CDU in der vergangenen Bezirksversammlung noch einen verkehrspolitischen Antrag auf den Weg gebracht, der der SPD keine Freude macht und der genau das besagt, was wir hier beim Busbeschleunigungsprogramm in vielen anderen Bereichen auch erleben. Es gibt in allen Bezirken Unzufriedenheit über die Maßnahmen, die dort stattfinden, und ein Kernpunkt dafür ist dieses Busbeschleunigungsprogramm. Sie könnten – und hier hat die Kollegin Sudmann vollkommen recht – zumindest noch das Schlimmste verhindern, wenn Sie es jetzt einstellen würden. Aber auch hier stellt sich wieder die Frage, wann man solche Anträge einbringt. Jetzt ist es noch nicht zu spät. Werfen Sie nicht noch mehr Geld für ein solch unsinniges Busbeschleunigungsprogramm hinaus.

(Beifall bei der CDU)

Nun, liebe Kollegin Koeppen, komme ich noch einmal zu unserem Antrag, weil Sie ihn anscheinend nicht verstanden haben. Dabei habe ich mir diesmal wirklich Mühe gegeben, ihn für Sie einfach zu formulieren.

"[…] die Schaltung der LSA [Lichtsignalanlagen] auf den Strecken der MetroBus-Linien für eine verbesserte Busbeschleunigung zu optimieren […]."

Wenn Sie sich nur darum kümmern würden, aber das ist gar nicht der prioritäre Ansatz Ihrer Politik. Sie buddeln, buddeln, buddeln und machen Maßnahmen, die vor Ort eigentlich überhaupt niemand will. Das ist das Problem des Busbeschleunigungsprogramms. Wenn Sie sich darum kümmern würden, die Lichtsignalanlagen mit einer Vorrangschaltung vernünftig zu schalten, dann hätte hier wahrscheinlich niemand Probleme mit kosmetischen Eingriffen, die vor Ort teilweise im Straßenverkehr stattfinden müssen.

Nun zum Thema Fahrscheinautomaten. Ich will die 3,5 Jahre nicht strapazieren und auch nicht die 34 Fahrscheinautomaten, die Sie aufstellen wollen, liebe Genossinnen und Genossen. Wenn man wirklich etwas herausholen will, dann muss man den Fahrscheinverkauf in den Bussen stoppen. Dann muss man wie bei U- und S-Bahnen die Fahrscheinautomaten an den Haltestellen anbringen. Damit kann man wirklich Zeit sparen, damit kann man Busse beschleunigen. Das tun Sie aber ausdrücklich nicht, Frau Koeppen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das tun wir doch auch!)

anders, als Sie es hier dargestellt haben.

(Beifall bei der CDU)

Das Gleiche passiert beim Thema Zweite-ReiheParker. Hier würde ich wirklich gern einmal Fortschritte sehen. Ihr Senat scheint eine andere Vorstellung als Sie zu haben. Sie meinen, das Vorgehen gegen Zweite-Reihe-Parker finde schon statt. Es findet ausdrücklich nicht statt. Es ist kein Schwerpunkt Ihrer verkehrlichen Tätigkeiten, gegen Zweite-Reihe-Parker vorzugehen. Das muss es aber werden, denn es ist ein maßgeblicher Störungsgrund für die Beschleunigung der Busse. Insofern ist Ihr Busbeschleunigungsprogramm ein Geldverschwendungsprogramm, ein Bürgerbeteiligungsmissachtungsprogramm, ein Verkehrsentschleunigungsprogramm. Die Quittung werden Sie bekommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

Herr Dr. Steffen von der GRÜNEN Fraktion hat nun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frage ist, was hier überhaupt passiert, welchen Vorgang wir hier bestaunen dürfen. Der Senat, tatsächlich maßgeblich geprägt durch die individuelle Entscheidung des Bürgermeisters, hat am Anfang der Wahlperiode und bereits im Wahlkampf

aus taktischen Gründen gesagt, wir wollen lieber nichts mit der Stadtbahn zu tun haben, das könnte ein paar Gegenstimmen bringen.

(Dirk Kienscherf SPD: Die haben Sie doch an die Wand gefahren, die Stadtbahn!)

Deswegen muss das Thema auf die Negativliste. Der Bürgermeister stand dann vor der Situation, einen Ersatz aus dem Hut zaubern zu müssen. Er hat letztens beim Jahresempfang der Landespressekonferenz zutreffend gesagt:

"Wir können nicht zaubern, wir sind nur Sozialdemokraten."

Wenn man nicht zaubern kann, dann muss man erst einmal ein Kaninchen in den Zylinder stecken, um eines herauszuholen. Jetzt hat er das versucht, ohne etwas im Zylinder zu haben. Das haben wir bei der Busbeschleunigung gemerkt. Was er da hervorzaubern wollte, ist überhaupt kein adäquater Ersatz für die Herausforderungen im Hinblick auf die innerstädtischen Verkehrsprobleme. Das Interessante ist, dass er es wieder versucht. Er greift wieder in den Zylinder und versucht zu zaubern, aber er ist eben nur Sozialdemokrat und es kommt wieder nichts heraus. Den Leuten wird nun eine UBahn versprochen. Wenn man fragt, wie das denn finanziert werden soll, dann sagt der Senat, das wisse er noch gar nicht; also steht er wieder mit leeren Händen da. Der gleiche Vorgang wiederholt sich zweimal hintereinander und nur aus Sorge, eingestehen zu müssen, dass man an einer Stelle vielleicht einmal falsch gelegen hat, werden nun die Hamburgerinnen und Hamburger über lange Jahre hinweg mit Phantommaßnahmen beglückt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Schön, dass eu- re Pläne alle ausgeführt wurden!)

Das ist tatsächlich ein großer Missstand in der Hamburger Verkehrspolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

Die Busbeschleunigung tobt wie ein Dämon durch die Stadt. Wir haben überall Baustellen und Planungen, die erhebliche Proteste hervorrufen. Wenn man sich mit Neuerungen beschäftigt – gerade in der Verkehrspolitik, aber auch bei anderen Planungsfragen –, dann kann man Interessantes feststellen. Häufig gibt es in den Reihen der Bevölkerung zunächst Ablehnung, Skepsis oder vielleicht auch nur Gleichgültigkeit. Es schreien also tatsächlich nicht alle hurra, wenn man etwas Neues plant. Das ist so,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das gilt auch für die Stadtbahn!)

aber man sieht auch, was bei guter Verkehrspolitik herauskommen kann, nämlich dass sich nach einigen Diskussionen oder wenn man zunächst einmal an einer Stelle anfängt, die Stimmung wandelt, dass die Leute dann sagen, Mensch, die haben in

(Klaus-Peter Hesse)

ihrem Stadtteil etwas bekommen, was wirklich gut funktioniert, das wollen wir auch haben. Das konnte man bei der Einführung des StadtRADs sehen. Da gab es keine Ablehnung, zunächst eher Gleichgültigkeit. Als es dann eingeführt wurde, haben viele Leute das als gute Sache angesehen. Nun gibt es den Wunsch nach hundert zusätzlichen StadtRAD-Stationen. Das zeigt, dass mit Neuigkeiten auch Begeisterung zu erzielen ist. Das zeigt sich auch in Städten, die die Stadtbahn neu eingeführt, wieder eingeführt oder ausgebaut haben.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist doch kein ernstzunehmender Vergleich: StadtRAD und Stadtbahn!)

In vielen anderen Bundesländern ist es tatsächlich gelungen, nach mancher anfänglichen Ablehnung schließlich Zustimmung für die Stadtbahn zu bekommen, nachdem man damit angefangen hatte und Menschen in anderen Teilen der jeweiligen Städte sie dann auch haben wollten. Und wie ist es bei der Busbeschleunigung? Hier ist es völlig anders. Die erste Maßnahme bei der Metrobuslinie 5 ist doch weitgehend abgeschlossen. An einer ganzen Reihe von Kreuzungen sind die entsprechenden Maßnahmen in Wirkung. Es ist aber eben nicht so, dass andere Stadtteile nun sagen, Mensch, ich habe das zuerst nicht verstanden, aber wenn ich das jetzt sehe auf der Linie 5, dann wollen wir das jetzt auch haben, her mit der Busbeschleunigung. Das Gegenteil ist der Fall. An sehr vielen Stellen der Stadt gibt es immer mehr und immer lauter werdende Proteste gegen die Maßnahmen der Busbeschleunigung. Jeden Dienstag treffen sich am Osdorfer Born Demonstrantinnen und Demonstranten mit der Ansage, so lange demonstrieren zu wollen, bis diese Maßnahme vom Tisch ist. Mittwochs demonstrieren Leute an der Gerichtstraße, wo eine Planung schon umgesetzt wurde, obwohl die eigentliche Begründung noch gar nicht vorliegt. Die Menschen sagen, wir demonstrieren so lange, bis unsere Haltestelle wieder dort ist, wo sie Sinn macht. Wenn Sie in dieser Weise weitermachen, dann wird an jedem Wochentag gegen die Busbeschleunigung demonstriert werden. Es ist wirklich eine stramme Leistung, das mit einer solchen Maßnahme hinzubekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, verein- zelt bei der FDP und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Das Erstaunliche ist doch, dass es nach der langen, intensiv geführten Diskussion, nach allen Bemühungen des Senats und der SPD in allen Stadtteilen – es sind alle ausgeschwärmt, um für die Busbeschleunigung zu kämpfen – keine Stimmen in der Öffentlichkeit gibt, außer von denen, die dafür bezahlt werden, die für die Busbeschleunigung kämpfen. Das ist doch eine komische Situation, weil es bei allen Verkehrsmaßnahmen eigentlich

immer Leute gibt, die etwas gut finden und andere, die es schlecht finden. Bei Park and ride zum Beispiel gibt es lebhafte Diskussionen, aber es gibt keine Parteinahme in dieser Stadt für Ihr zentrales Verkehrsprojekt. Das finde ich ausgesprochen erstaunlich.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Im Gegenteil, trotz allen Totbetens vonseiten der SPD gibt es aus vielen Stadtteilen und trotz des vermeintlich verlockenden Angebots einer U-Bahn den ausdrücklichen Wunsch, doch bitte eine Stadtbahnplanung zur Versorgung etwa von Steilshoop, Osdorf und Lurup aufzulegen. Das ist tatsächlich der Befund. Sie kriegen dieses Projekt nicht tot.

(Dr. Monika Schaal SPD: Sie kriegen es tot! – Dr. Martin Schäfer SPD: Sie machen es doch tot!)

Deswegen sollten wir insgesamt zu einer anderen Planungskultur kommen. Das ist bei der Busbeschleunigung meiner Meinung nach wirklich außerordentlich schwer zu erreichen, weil Sie das, was unter Umständen an Detailpunkten oder an grundsätzlichen Überlegungen dahinter steht, nicht mehr sinnvoll in die Stadtöffentlichkeit werden transportieren können. Das wird ausgesprochen schwer. Wir haben uns im Verkehrsausschuss zu Beginn der Beratungen intensiv mit den Erfahrungen in anderen Städten auseinandergesetzt. Maßnahmen zur Busbeschleunigung gibt es durchaus in vielen Städten, und wir haben uns gewundert, warum das in Hamburg eigentlich derart teuer sein soll. Warum soll eine solche Maßnahme stramme 259 Millionen Euro kosten, die in anderen Städten viel günstiger zu bekommen ist? Warum soll das eigentlich nicht auch hier gelingen?

(Glocke)

Herr Dr. Steffen, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dressel?

Herr Kollege Steffen, haben Sie schon einmal überlegt, wie lang Ihr Stadtbahnnetz werden soll, wie viele Baustellen das als Auswirkung haben würde – ich glaube, Ihr Stadtbahnnetz würde round about 100 Kilometer lang sein – und welche Baustellenauswirkungen Sie dann für Hamburg befürchten?

Wir sagen, wir brauchen einen breiten Planungs- und Beteiligungsprozess.

(Zurufe von der SPD – Philipp-Sebastian Kühn SPD: Bla, bla, bla!)

Ich finde es interessant, dass die Sozialdemokraten darüber lachen. Diesen Punkt haben Sie überhaupt nicht verstanden. Das ist der große Unterschied.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der LINKEN)

Tatsächlich sagt auch die CDU, die aus einer ganz anderen Historie kommt, dass man Infrastrukturvorhaben nur noch mit breiter Beteiligung umsetzen kann. Dass es bei der SPD zu Gelächter führt, wenn wir sagen, wie dieser Prozess aussehen soll, ist in der Tat erstaunlich.

(Beifall bei den GRÜNEN – Glocke)

Herr Dr. Steffen, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Dressel?

Da Sie Anwalt sind, wissen Sie doch auch, dass selbst die beste Bürgerbeteiligung oder auch ein Referendum damit nicht einzelne Klageansprüche von Nachbarn, Anliegern und Gewerbetreibenden erledigen können. Ist das nicht ein Problem für Ihre Stadtbahnpläne?